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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.04.1896
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-04-21
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960421022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896042102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896042102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-04
- Tag1896-04-21
- Monat1896-04
- Jahr1896
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Mademoiselle lachte laut auf. Im Uebrigen war sie aber recht ärgerlich und unbefriedigt. Und als Thea nach Hause kam, erzählte sie ibr von dem Besuche mit dem Zusatze: „Der Blonde hat petite Lydia zwar sehr gefallen, wie sie sagt. In Wahrheit scheint er aber nicht ganz bei sich zu sein. Und wenn er anfängt zu kauderwelschen, könnte einem vor seiner bruchigen Stimme ganz angst und bange werden. Hoffentlich kommt er nicht wieder. Claire'S ganze Enttäuschung lag in den letzten Worten ausgeprägt. In Wahrheit hoffte sie natürlich sehr darauf, daß er wiederkommen würde, aber freilich anders, ganz anders als heute. Ein hübscher, feiner Mensch war er eben dock. Und wenn er auch wirklich nicht sollte französisch sprechen können, waS ja eigentlich undenkbar war — eS gab eine Sprache, durch die er trotzdem hätte zu ihr reden und die sie hätte verstehen können, die der Augen. Und er hatte so rührend«, schwermüthige Augen. WeShalb sprach er mit denen nicht zu ihr? Mademoiselle Elaire hätte sich ohne besondere Ziererei rühren lassen. Thea nahm Mademoiselle- Bericht übrigen- mit einem Glrichmuth auf, der freilich bei ihr kaum mehr überraschen konnte. Sie hörte kaum zu. Miene und Blick sagten deutlich: Wa- geht das alles mich an. Und Mademoiselle wartete vergeblich darauf, den merk würdigen Menschen, der ihr gegenüber so unempfindlich ge blieben war, wiederrusrhen. Sie mußte sogar erleben, daß der alte Herr eine- Tage« in der Villa Brau Negard erschien und sich von einem Diener batte dorthin rollen lassen, der mit dem interessanten, blonden Manne nickt die geringste Aehnlichkeit hatte, und zwar französisch sprach, auch äußerst zugänglich war und sich srbr um sie bemühte, ihr aber gar nicht grsiel. E- war eben «in richtiger Domestik und wollte gar vertraulich mit ihr thkn, wahrend sein H«rr sich an gelegentlich mit der dir-mal anwesenden Madame unterhielt) Mademoiselle war innerlich empört darüber, ließ r- den schwarzbärtigen Menschen, der sie ganz frech mit seinen kleinen, schlauen Augen ««blinzelte, aber nicht gleich inerken, sondern benutzte seine AnnäberungSversuche, um ihn geschickt über den Blonden au-zuhorchen. Und da erfuhr sie denn di« wunderlichsten Ding«. Ja, der Blonde! Bon dem hätte der schwarze Jos- stundenlang erzählen können, ohne daß er übrigen- selber genau wußte, wer er eigentlich war und welche Bewandtniß e- mit ihm hatte. Man munkelte eben allerlei darüber. Ein Brasilianer wat «r Nicht, da- stsnd fest, wahrscheinlich rin Engländer, di« waren meistens so blaß und blond. Und der Herr — Don Luis Teffino, einer der reichsten Plantagenbesitzer im ganzen Lande — batte ihn eines Tages auf seine Hacienda mitgebrackt, — kein Mensch wußte genau, von wo und weSbalb? Wahrscheinlich hatte er ihn aus Barmherzigkeit irgendwo als Landstreicher von der Straße aufgezriffen, denn dergleichen that er öfters und e« war auch gar nichts Seltenes, daß fick unter den Aus gegriffenen dann Leute befanden, die einmal weit bessere Tage gesehen batten und nur durch Unglück, Krankheit, Leichtsinn — Gott weiß wodurch? — so herabgekommen waren. Solche wieder in die Höhe zu bringen, war rin Sport Don Luis TrffinoS und er konnte ihn sich schon gewähren. Gewöhnlich waren die betreffenden dann nach einiger Zeit, mit Geld mitteln, guten Rathschlägen und Ermahnungen versehen, wieder davongezogen. Diesmal aber warS anders gekommen. Der blonde, sehr krank aussehende Mensch war auf der Hacienda geblieben, hatte gleich dem gewöhnlichsten Tagelöhner dort zu arbeiten begonnen und war allmählich, immer still und abgeschlossen für fick lebend, so daß ihn die meisten für taubstumm hielten, so in der Gunst des Gebieter» gestiegen, daß dieser ihn zuletzt zum Aufseher und sogar rn seinem Stell vertreter und Bevollmächtigten wahrend der häufigen, lange andauernden Geschäftsreisen de« Gebieters in« Innere de- LandrS ernannt hatte. Den Anlaß dazu batte freilich ge geben, daß der Blonde eine- Tages dem Gebieter das Leben gerettet hatte, denn er war dazu gekommen, al- sich rin paar Arbeiter, die Don Luis auf einer Pflichtwidrigkeit betroffen und sofort entlassen hatte, wüthend über ihn hatte» werfen wollen, um ihn niederznmache», und eS war ihm gelungen, die Rasenden abznwehren, bis weitere Hilfe berbeiaerufen war. Seitder hieß es, Don Enrico — wie man den Blonden allgemein nenne --- sei von Don LuiS Teffino zum Erben eingesetzt worden und es werde ihm doch wenigstens rin be deutender Thril der ungeheuren Erbschaft zufallen, denn Don Lui- hatte keine Kinder, die er alle, ebenso wie seine ffrau, vor sich hatte sterben sehen müssen. Ob sich da» Gerücht bewahrheiten würde, wußte übrigens keiner. Den Anschein hätte «S Nicht. Denn Don Enrico lebte eher wie ein Diener de« Don Lui- weiter Und nicht wie sein Vertrauter. Nun erst gar, seit den Gebieter die schwer« Krankheit befallen hatte, von der er sich wohl nicht wieder erholen würde. Da wich Don Enrico Ihm kaum Mehr von der Seite. Nur nack Europa war «r nicht aern mitgegangeN, al« die Aerzte drüoeN gesagt hatten, Don Lui- könne nur dort wieder besser werden, — übrigen- wahrscheinlich blo- um ihn lo- zu werden, denn sie hatten eben überhaupt kein Heilmittel für seine Krankheit mebr gewußt. Don Luis hatte erst sehr bitten müssen, ehe Don Enrico mitgegangen war. Wahrscheinlich war ihm von früher her der europäische Boden nicht ganz geheuer. Denn daß von den Europäern, die nach drüben kamen, neun Zehntel mit den Gerichten in unangenehme Conflicte gekommen sein würden, wenn sie geblieben wären, wußte ja Jedermann. Don Enrico war aller Voraussicht nach auch einer von denen. Uebrigens ging eS mit dem arme» Don Luis allem Anschein nach von Tag zu Tage mehr bergab, und wenn man nicht schleunigst nach Brasilien zurück kehrte, würde man ihn wohl hier in der fremden Erde als bald begraben müssen. Mademoiselle Elaire batte diesem Bericht mit gespannter Aufmerksamkeit zngebört. Der Nimbus des Abenteuerlichen, der den blonden Don Enrico umgab unv der ihr von vorn herein wahrscheinlich gewesen war, gefiel ihr ungemein. Sie hätte bloS noch gern gewußt, warum er beute nicht mir- gekommen war. Darüber wußte aber Jos- nichts. Man batte ihn selber gerufen, um den Gebieter hierher zu fahren, da- war Alles. UebrigenS war eS ibm nicht entgangen, daß Don Enrico in der letzten Zeit den Gasthof fast gar nickt mehr verließ und daß er, Jos-, an seiner Statt Don Luis immer ans die Promenade schieben mußte, was jener sick früher um keinen Preis hätte nehmen lassen. „ES thut Ihnen wohl leid, Mademoiselle, daß er nickt wiedergekommen ist?" fragte der schwarze Ioss mit ver schmitztem Augenblinzeln. Und als Claire nur verächtlich di« Ackseln zuckte, obne verhindern zu können, daß ihr eine heiße Nölbe ins Gesicht stieg, setzte er hinzu: „Bei dem sind alle weiblichen Bcrfüdrungskünste nutzlos, Mademoiselle, obwohl eS daran gerade nicht gefehlt hat, — im Gegentheil. Der sieht überhaupt kein Frauenzimmer an. Wahrscheinlich hat er ein Gelübde darauf gelhan. Und er macht ja über Haupt den Mund bloß auf, Wenns gar nicht anders geht. Er ist wie ein Eiszapfen so gefühllos und fladr. Die Leute auf der Hacienda baben ausgebracht, er hätte in Europa einen ermordet und deshalb könne er nicht mehr lachen, denn da« kann er nämlich wirklich nicht. Nun, wie dem auck sei, ei» curioser Heiliger ist er schon. Wenn ich an seiner Stelle wär«, ich machte mir da- Leben leichter und angenehmer al- er, ick — Jos- konnte für diesmal Mademoiselle nickt mehr darüber ausklären, was er an Don Enrico- Stell» alle- anders Machen würde, d«nn «in Pfiff de- alten Herrn, der »en WaS der ArbeitrrauSschuß an den beiden Arbeitsgenossen auSzusetzen habe, und verlangte die schriftliche Angabe der Gründe der Verfehmung. Er erhielt statt dessen eine Streikandrohung, und alS diese, wie begreiflich, zurückgewiesen wurde, die Erklärung, daß, wenn die beiden Leute nickt binnen N/, Stunden entlassen wären, alle Arbeiter in den AnSstand eintreten würden. So geschah es denn auch. Die „Magdeb. Ztg.", die noch angiebt, daß der niedrigste IahreSverdienst der — ungelernten — Arbeiter der Baren felder Fabrik fick auf über 1200 der höchste auf nicht weniger als 1700 beläuft, äußert sich über die hier zu Tage tretende maßlose UnterdrückungS- sncht mit einer Entrüstung, die jeder Unbefangene ebenso theilen wird, wie er Mit ihr Gewicht auf Len Umstand legen wird, daß der frevelhafte Kampf von einem Arbeiter- au«schusse, „dieser vermeintlich dem socialen Frieden dienenden Institution", heraufbeschworen worden ist. Weniger begründet will eS erscheinen, wenn da- Blatt in dem Boycott, mit dem die Socialdemokratie in Hamburg den Streikenden „zur Hilfe" gekommen ist, ein Bedenken gegen die Margarine vorlage findet. Die „Magdeb. Ztg." schreibt: „Hier kommt nun das Margarinegesetz in Sicht, nach welchem bekanntlich jede- Stück Margarine und jeder Margarinekäse künftig als solcher gekennzeichnet unv mit der Fabrikfirma versehen sein soll. Diese Bestimmung eröffnet für künftige Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitern von Margarinefabriken eine recht angenehme Perspective, und die Socialdemokraken werden nur wünschen können, daß die Gesetzgebung auch noch auf andere VerbräuchSartikel ihnen eine „Controlmarke" setzt, damit sie in ungenirtester Weise die Fabrik boycottiren können. Tbatsächlich haben bereits in Hamburg und Berlin „gesinnungs tüchtige" Socialdemokraten Len Händlern gesagt: „Sie haben Mohvsche Margarine, wie dort angeschlagen stebt, dann kaufen wir wo anders ... es wird der Streik frivol vom Zaun gebrochen, die Socialdemokratie verhängt den Boykott und das Margarinegesetz hilft ihn durchführen." Es ist richtig, daß der Zwang, auf der Margarine die Erzeugungsfirma kenntlich zu machen, den Verruf gegen eine bestimmte Fabrik erleichtert. Der Barenfelder Fall zeigt, daß Margarine fabriken freiwillig die Verbraucher auf ihr Product ausmerkfam machen—, aber er er leichtert zugleich dieAbwehr. Wenn. dieMargarinefadrikantcn sich gegenseitig verpflichten, den Wieder verkäufern eines boycottirten Fabrikats keine andere Waare zu liefern, so wird die auf Grund des Gesetzes auf jedem Stück Margarine angebrachte Fabrikfirma ein nie versagendes Controlmittel für die getreue Beobachtung des Abkommens bieten. Lassen aber die Arbeitgeber die Solidarität, zu der die Socialdemokratie ihre Arbeiter zwingt, vermissen, so können sie billiger Weise nicht verlangen, daß der Staat aus eine sonst als zweckmäßig anerkannte gesetzliche Vorschrift verzichtet, nur um einen Ersatz für die von Len Unternehmern mißachtete Selbsthilfe zu schaffen. Die Enbapolitik des Ministeriums EanovaS macht nunmehr, nachdem der Ausfall der CorteSwahlen dem Cabinet freie Hand in parlamentarischer Hinsicht gegeben, Anstalten zur Inangriffnahme von politischen und administrativen Reformen. Mit dieser Entschließung betritt die spanische Regierung einen Weg, der vor Jahresfrist, als Mar schall Martinez CampoS mit dem Oberbefehl auf der Großen Antille betraut wurde, zu gedeihlichen Ergebnissen hätte führen können, einmal, weil die Persönlichkeit des Marschalls Bürgschaft für di« Ehrlichkeit, sowie für die zureichende Bemessung der den Cnbanern zugedachten Reformen bot, und zweitens, weil eS sich damals noch der Mühe verlohnte, an der Erhaltung und Fort bildung des Bestehenden im Wege organischer Neuerungen zu arbeiten. Heute, wo General Weyler den Krieg st vutisuev führt, wo die jedenfalls Euba zur Last fallenden Kriegs kosten zu ungeheurer Höbe angewachsen sind, wo ter wirthschaftliche Ruin der Insel ein nahezu vollständiger ist, wo die Entfremdung zwischen dem Mutterland und der Colonie einen früher nie gekannten Grad erreicht bat und wo die Anerkennung der Insurgenten als kriegführender Macht seitens der Vereinigten Staaten immerfort drohend im Hintergrund steht, sind die Aussichten, daß mittels Reform ankündigungen dem Aufstande die Wurzel abgegraben werden könnte, sehr tief gesunken. Das Mindeste, was geschehen müßte, um den Cubanern die Frage der Reformen überhaupt diScutabel erscheinen zu lassen, würde die Abberufung Les Generals Weyler und die DeSavouirung des von ihm ver tretenen Systems der Kriegführung sein. Andernfalls wird die ungeheure Mehrzahl der Cubaner es sich nicht nehmen lassen, daß die Refvrmaction des Madrider CaoinetS nur eine Finte sei, um die Energie und Thätiakeit der AufstandSleitung einzusckläfern und Zeit bis zur Möglichkeit der Jnscenirung eines Herbstfeldzuges in großem Stile zu gewinnen. Einst weilen mutz daher der praktische Werth des neuesten Schach zuges der spanischen Cubapolttik als gleich Null angesehen werden, wie denn auch spanisckerseits an eine Einstellung der Feindseligkeiten nicht gedacht wird. Dies zeigt folgende Meldung: * Madrid» LO. April. Rack einer amtlichen Depesche aus Havana schlug das Bataillon Luzon die vereinigte» Jnsur- gentenbanden unter Zayas und Rego bei Ciento FuegoS. Die Insurgenten hatten 86 Tobte und zahlreiche Verwundete, di» Spanier 8 Tobte und einige Verwundete. Wie wenig übrigens auf den Wortlaut dieser amtlichen Siegesdepeschen zu geben ist, weiß man zur Genüge, di« Spanier haben so oft „gesiegt" und schon so viel Insurgenten getödtet, daß kaum noch von einem Heer derselben die Rede sein kann, und Loch zieht da« Cabinet CanovaS die Ge währung von Reformen in Erwägung! Gegenwärtig macht der angebliche Wortlaut eine geheimen Vertrags zwischen China und Rahland die Runde durch eineu Theil der Press«. Di« „Rorth China Daily News" haben denselben veröffentlicht, nachdem sie durch Vertrauensbruch eines Pekinger Ministerial - Beamten in seinen Besitz gelangt sein soll. In dem Vertrag gewährt China gegen die Zusage russischen Schutzes bei ver schiedenen Eventualitäten Rußland: freie Benutzung aller chinesischen Häfen; freie Bewegung russischer Truppen in den östlichen Provinzen Chinas; Rassisicirung der chinesischen Armee; Gestaltung der nördlichen Hälfte Les chinesischen Reiche« bis zum Hangtsekiang zu einer Art russischen Schutzstaats. Dieser Vertrag, den Li-Hung-Tsckang, wie es beißt, zur Ratificirung mit nach Moskau bezw. Peters burg bringen soll, würde nichts Anderes als die Auslieferung LeS nördlichen China an Rußland bedeuten. Allein man wird sich beruhigen können. Der angebliche Vertrag wurde fast im gleichen Wortlaut schon einmal kurz nach Beendigung des japanisch-chinesischen Krieges veröffentlicht, damals aber von russischer wie chinesischer Seite sofort amtlich mit aller Be stimmtheit als nicht bestehend bezeichnet. Daß der Kaiser von China zum Dank für die Rückgewinnung der Halbinsel Liaotong eingewilligt haben sollte, China zu einem Annex Rußlands zu degradiren, kann von vornherein für aus geschlossen gelten. Indessen darüber kann man nicht im Zweifel sein, daß Rußland die moralischen Erfolge, die eS Abend-Ausgabe UchMrTagMM Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig SV. Jahrgang. ^?2«1 DienStag den 21. April 1896. z L9) 8 «). V) Die iKpkgen-Aü-gabe erscheint um Uhr. die Abend-Ausgabe Wochentag- um b Uhr. 146.75 105.80 120,— 159.— 122.75 d 188.75 167.50 154.75 164.25 108.75 84,40 97,80 216.25 111.70 103,40 96,25 58.50 104.50 109.— 103.70 99.70 88.60 52.50 73.60 49.40 58.20 8310 79.70 ! 101,40 100.90 96,50 102,40 104,- 96,50 102,40 104,- 97,75 103,20 113,75 141,50 184,- 155,— 95, 169 90 216,00 I a In der Margarin efabrik von A. L. Mobr in Baren feld bei Altona ist bekanntlich ein Streik auSgebrochen, dem die Socialdemokratie in Hamburg-Altona den Boykott gegen die Erzeugnisse der genannten Fabrik hat folgen lassen. Erne Erzählung de« Hergang« in der „Magdeb. Ztg." läßt er kennen, daß man es hier mit einem Musterstück von social demokratischem Terrorismus zu thun hat. Der Arbeiter ausschuß hatte dem Fabrikbesitzer aufgegeben, zwei Arbeiter, mit denen er durchaus zufrieden war, auf vier Wochen zu entlassen. Der Arbeitgeber wollte doch wenigsten« wissen, 86,30 108.50 209.25 180.50 149.75 125.25 188.50 120.75 309.75 204.50 85,75 165.75 103.50 122.50 I 324,— 283 — 185 — 150,— 217,— 85,— 60, — 296,— 317.50 ! 124,- 347,— Ännahmeschluß für Hiyei-eit: Abrnd-Au-qabe: Vormittag- 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag» - Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen j« eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Ertzr-ttton zu richten. Ar-attio« «ad Lr-rLMo»: Äohanns-ßass« 8. DirltzpeRtton «stWochtatd», »Nunttrbrvche« gesffurt von früh S bi- Abend» 7 Uh« Anzeiger. Amtsblatt -es Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Rathes un- Polizei-Amtes -er Stadt Leipzig. ». u v r. 154.10 210 — 155.30 110,20 141.50 305 836,- 159.10 157,70 40,80 156.30 166 — 155.10 165.50 2-„ I 102.20 210.20. d'est. 154.80 165.80 156.50 157.50 r. n t. .> ) f. Ii 9,55 138, - 245.50 56,90 t 538,— I 84.60 173.50 99.30 ! 58.82 120,30 I 47.80 9,55 58,82 z > 1,27 i 115,— 285,— I var üts Bezugs-Pret- B b«r Haupkxpedtttou oder den im Stadt- batrk und d« Borort«» errichteten Aut- aäorstellm abgeholt. vierteljährlich -.KO, bei zweimaliger täglicher Zustellung ms Hau» L.KO. Durch die Pvst vsjotztN fiir -rutschNMd and Qtsterrrick: vierteljährlich ^L'^^'ndffnduu, ms etavlandt monatlich 7.oU l 169,35 . 216,05 214,25 216,20 it. >>«»» r>ei 120,50 24, per Llru E-tra-Veiiagen (gefalzt), nar mit der Morgen - Ausgabe, ohne Postbefördrrung 60.—, mit Postbefötderung 70.—. 151.50 153,— 285.50 ! 126,— 126. 113,10 67,— <9, — 101 — I 101,25 125,— Filialen: ktt» Klemm s S-rktm. (Mfrrd Hahn), Unlversitiit-sttaße l, Lanis Lösche, ssntbariiienstr. 1-, patt, und König-Platz 7. Anz»igsn'Pret- dte 6 gespaltene Petitzeile LV Wg. Reclam« u unter dem Redactionsstrich (-ge spalten- öO^tz, v»r -en Famtitennachrickie» (8 gespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem Preis- verzejchniß. Tubrlluriicher upd Zisferusatz nach höheren, Taris. . — i . 49Z 510 llLMM -I 1b>, .1 07-., ^Mische Tagesschau. * Leipzig, 21. April. Der Reichstag bat grsttr», Nachdem er die zweite Be- rathung d«r Novell« zum Wirt hschaftSgen vssrn- schaftSgesctz beendet hatte, dir mit Spannung erwartete Besprechung der Interpellation de» Eentrums über LaS Dnellwesen begonnen. Diese Interpellation bat eine nicht uninteressante Vorgeschichte, auf dir möglicherweise heute in der Fortsetzung der Besprechung zurückgrgriffen werden wird. Aus der „Germania" ist nämlich ersichtlich, daß die Interpellation ursprünglich folgendermaßen lauten sollte: „Ist dem Herrn Reichskanzler bekannt, daß bei den in der letzten Zeit stattgehabten Zweikämpfen Miltiairpersonen betheiligt waren, und welche Stellung der Ehrenrath und die Ehren gerichte zu diesen Zweikämpfen eingenommen haben? Welch« Maßregeln gedenkt der Herr Reichskanzler zu ergreifen, um den gesetzwidrigen und da- allgemeine RechtSbewußtsein schwer ver letzenden Zweikämpfen entgegrnzutrrten?" Der im Reichstage eingebrachte Text lautet aber: „Hat der Herr Reichskanzler Nenntniß von den in letzter Zeit vorgekommenen Zweikämpfen, bei denen insbesondere Militair- personen betheiligt waren? Ist dem Herrn Reichskanzler bekannt, ob und welche Maßregeln zur Verhütung dieser Zweikämpfe getrost«» waren? Welch« Maßregeln gedenkt der Herr Reichskanzler zu er greifen, un, in Znkunit den gesetzwidrigen und das allgemein« RechtSbewußtsein schwer verletzenden Zweikämpfen wirksamer wir bisher entgegenzutretrn?" Der Unterschied fällt in die Augen, besonders aber die Auslassung der Frage, ob dem Reichskanzler bekannt sei, welche Stellung der Ebrenratb und die EhrrnHerichte zu den Zweikämpfen eingenommen haben, und die Einfügung der Worte „wirksamer wie bisher", die eine Anerkennung der bisherigen, auf die Verminderung der Duelle gerichteten Be strebungen enibält. Was das Centrum zu dieser Milderung der Tonart veranlaßt bat, ist vorläufig nickt bekannt, mannimmtaber an, daß eine Verständigung mit der Regierung der «ndgiltigen Feststellung de- Wortlautes der Interpellation vorangegangen sei. Im Allgemeinen ist gegen solche Verständigungen zwischen der Negierung unv den Interpellanten nichts einzuwenden; es werden dadurch Differenzen vermieden, die den Zweck der Interpellation illusorisch macken können. In diesem Falle aber ist nicht recht ersichtlich, warum eine Frag« an den Reichskanzler, welche Stillung der Ehren rath und die Ehrengerichte zu dem Zweikampfe ein genommen habe, fortgelaffen worden ist. Gerade für die Beurtheilung des Falles Kotze ist diese Stellung srbr wesent lich und die Behauptung, der Reichstag bade sich darum nicht zu kümmern, weil die Institution der Ehrengerichte aus der Prärogative der Krone entstanden sei, ist kaum haltbar. In Art. 6l der Reichsverfassung heißt eS nämlich: „Nach Publikation dieser Verfassung ist in dem ganzen Reiche die gejammte Preußische Militair-Geseygebung ungesäumt einzu- sichren, sowohl die Gesetze selbst, als die zu ihrer Aussührung, Er läuterung oder Ergänzung erlassenen Reglements, Instructionen und Rescripte, namentlich also das Militairstrafgejrtzbuch vom 3. April 184L, die Militair-Strasgerichts-Ordnung vom 3. April 1845, die Verordnung über die Ehrengerichte vom 20. Juli l843 rc." Auf Bayern findet auf Grund d«S Vertrags vom 23. November 1870 dieser Artikel allerdings keine Anwendung, wohl aber für Württemberg, denn in Artikel lO der Militairconvention zwischen dem Norddeutschen Bunde und Württemberg vom 2U/25. November 1870 heißt e- aus drücklich, daß für Württemberg vie Verordnung über die Ehrengerichte zur Ausführung kommt. Daß diese für da- ganze Reich außer für Bayern giltige und 76,40 134 88 134.IH iW 92» Gottbegnadet. Roman von Konrad Trlmann. Natdnuk verbotrn. Der alte Herr aber fragte: „Und der Name der Mutter?" „Ich habe den Namen nicht behalten oder auch wohl noch gar nicht gehört. Sie sind so schwer zu behalten, diese deulscken Namen." „Madame ist doch eine Deutsche?" Während Mademoiselle Auskunft gab — sie konnte Len Namen selber nickt aussprechen, sondern stellte sich an, als müßte sie sich die Zunge dabei zerbrechen —, entging eS ihr nicht, daß der Blonde nur mühsam eine leidliche Fassung bewahrte, dann aber wiederum dem Alten einige Worte zurief, diesmal in so ängstlichem, drängendem Tone und gleichzeitig mit so scheuem Umherblicken, daß man batte meinen können, er fürchte sich vor etwa-. Wirklich wir ein Halbnarr benahm er sich. Und der alte Herr, der sonst offenbar sehr nachsichtig mit ihm war, schüttelte auch schon halb erstaunt, halb unmuthig den Kopf, zuckte dir Achseln, nahm aber dann wirklich Abschied von dem Kinde und von ihr und ließ sich fortschieben. Der Blonde selber ließ sich zum Abschiednehmen gar keine Zeit, sondern hastete, den in Federn sich wiegenden Rollstuyl vor sich hrrschirbrnd, davon, al- wäre mit jeder Minute, dir rr noch länger blieb, etwa- verloren oder man wäre ihm dicht auf drn Fersen. So rtwaS war Mademoiselle wahrhaftig noch nicht vorgekommrn. Ohne auch nur ein Wort mit ihr gesprochen, ohne sie überhauvt beachtet zu baben! Als ob sie Lust wäre! Und der alte Herr wäre offenbar noch gern geblieben. Del war Krade so hübsch ins Plaudern hinringrkoinmen. Warum dir dem tollen Menschen nur nackgegeben batte? Vrrmuthlich doch nur, um keine Scene herbeizufllbren. Selbst da- Kind war Über die schleunige Flucht der beiden, für dir doch aar kein Grund vorliegrn konnte, sichtlich erstaunt. E» fragte,, ob si« denn nicht bald wiederkämen und warum sie so schnell fotzt seitn. „Hast Du sie denn gern?" fragte Mademoiselle Elaire. Und die Kleine mit ihren paar französischen Bröckchen erwiderte ganz ernsthaft: „Aber sehr, besonder» den jungen Blond«»." ausdrücklich in den Bestand der ReichSverfaffung über gegangene Verordnung vom Reichstage nicht berührt und vom Reichskanzler nicht zum Gegenstände einer Erklärung gemacht werden dürfe, ist also mindestens fraglich. Der Abg. Bachem, der die Interpellation begründete, hielt fick daher auch nickt streng an den Strich, den seine Partei in dem ursprünglichen Texte der Interpellation vorgenommen hatte, weil er wohl fühlte, daß man über den Fall Kotze gar nicht sprechen könne, ohne die ehrengerichtliche Entscheidung zu erwähnen. Er begnügte sich aber mit der Erklärung, daß bezüglich der msiitairischen Ehren gerichte, wenn sie nicht mehr genügten, eine Ergänzung ein treten müsse. Auf diese Auslassung brauchte brr Reichs kanzler natürlich nicht einzugrhen, er konnte sich streng an den Wortlaut der Interpellation halten und durch seinen Stellvertreter, StaatSsecretair v. Bötlicher, einfach erklären lassen: „Der Herr Reichskanzler hat von den in letzter Zeit wiederholt voraekommenen Zweikämpfen, welche er intt dem Herrn Interpellanten auf da» Lebhafteste bedauert, stenntniß genommen. Dafür, daß die Organe der Stuat-grwalt, denen eS obliegt, strafbare Hand lungen nach Möglichkeit zu verhüte», gegenüber diesen Zweikämpfen ihre Schuldigkeit nicht gethan hätten, fehlt eS an jedem Anhalt. Wenn es auch in den Fällen, in welchen die Absicht, zum Zweikampf zu schreiten, vor der Ausführung bekannt war, nicht gelungen ist, die Duelle zu verhindern, jo kann daraus ein Vorwurf für jene Organe nicht abgeleitet werden. Es liegt aus der Hand, daß Die jenigen, welche zum Zweikampfe schreiten wollen, stets Mittel und Wege finden werden, um ihr Vorhaben auszuführen. Daß auch auf dem Gebiete des Duellwesens den Gesetzen in allen Kreisen der Bevölkerung ohne Unterschied des Standes und Berufes Achtung und Befolgung zu sichern ist, hält der Herr Reichskanzler sür eine selbstverständliche, unabweisliche Forderung des öffentlichen Rechtebewußtieins. Er ist in ernstliche Erwägungen darüber eingetretrn, welche Maßregeln zu ergreifen sein werven, um solche Sicherung wirksamer als bisher zu erreichen. Das Ergebniß dieser Erwägungen mitzutheilen, ist, da dieselben noch nicht abgeschlossen sind, zur Zeit nicht thunlich." Man muß nun abwarten, ob die Verordnung über die Ehrengerichte in den Kreis der ernstlichen Erwägungen darüber gezogen wird, welche Maßregeln zu ergreifen seien, um „wirksamer wie bisher" den gesetzwidrigen und das all gemeine RechtSbewußtsein schwer -verletzenden Zweikämpfen entgegenlreten zu können. Wird die Verordnung in diesen Kreis nicht einbezogen, so werden alle übrigen Maßregeln nicht viel nützen. Denn wer, wie wir schon kürzlich betont haben, sich durch seinen „Ehrencodex" verpflichtet glaubt. Las eigene und fremdes Leben auf das Spiel zu setzen, läßt sich davon auch durch strenge Strafbestimmungen nicht abhallen. Nur eine Läuterung des Ehrbegriffes kann durch greifenden Wandel schaffen. Und dazu sind gerade die Ehren gerichte berufen, auf die ein Wort aus dem Munde des Reichskanzlers schwerlich ohne alle Wirkung geblieben sein würde. Die Reden der Herren Bachem und Rickert werben nicht viel ändern und noch weniger die Auslassungen Bebel's.
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