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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.04.1899
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-04-24
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18990424015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899042401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899042401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-04
- Tag1899-04-24
- Monat1899-04
- Jahr1899
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der Lesestoff wurde durch Entleihen herbeigeschafft. Schon machte Klaus Groth auch Gedichte, die den Beifall seiner Freunde fan den. aber als man ihm riech, sie drucken zu lassen, da lehnte er es entschieden ab und faßte den Entschluß, das Versemachen ganz aufzugeben, um erst etwasOrdentlichez zu lernen. An diesem Ent schluß hat er zehn Jahre lang festgehalten, so daß sich dann seine poetischeEndwickelung von der dir Durchschnittstalente sehr unter scheidet. Gern hätte er nun noch studirt, aber das war nicht zu ermöglichen, und so bezog er, achtzehn Jahre alt, das Schullehrer seminar kn Tondern. Trotzdem er hier die auSgebreitetsten Privat studien trieb, Latein, Griechisch, Französisch, Englisch, Dänisch, Schwedisch, Altnordisch, ferner Mathematik und Naturwissen schaften, bestand er doch sein Examen mit Leichtigkeit und wurde darauf als Mädchenschullehrrr in seiner Vaterstadt angestellt. Hier setzte er sein« Privatstudien eifrig fort, bildete sich u. a. zu einem der besten Kenner der schleswig-holsteinischen Flora aus und leistete auch als Lehrer Vorzügliches, ruinirte aber durch nächtliche Arbeit seine Gesundheit. Die Folge war, daß er 1847 seinen Abschied nehmen mußte. Um sich wieder herzustellcn, be gab er lsich zu einem Freunde auf der Ostsee-Insel Fehmarn, konnte aber auch hier das Fortstudiren nicht unterlassen. Von jeher für sein« niederdeutsche Sprache begeistert und mit allen Fasern seines Herzens an seinem Volke und seiner Heimath hängend, hatte er bei der Lectürc von Hebbcl's „Alemannischen Gedichten" die Idee gefaßt, etwas Aehnliches plattdeutsch zu schaffen. Man rieth ihm ab, er sei zu gelehrt, aber mit unglaub licher Zähigkeit verfolgte er seinen Plan. Plattdeutsch zu dich ten war natürlich bei Weitem nicht so einfach als hochdeutsch; die Sprache war für die Poesie gar nicht ausgebildet, cs gab keine Muster; waS-etwa inDersen vorhanden war, gehörte dem niedrig komischen G«nrr an. Nur bei dem Schotten Robert Burns, der ja auch den Dialect benutzt, konnte Klaus Groth Einiges lernen. Aber «r verzagt« dennoch nicht und leistete in der That für dir plattdeutsche Dichtung di« poetisch-technische Arbeit, die für die hochdeutsche ganz« Generationen geleistet haben, ganz allein. Auf Fehmarn kam er ins Produciren und bald war der Grundstock einer Sammlung vorhanden; Klaus Harms, der berühmte Theo loge und Landsmann des Dichters, und Gervinus lernten sie theilweise im Manuskript« kennen und sprachen ihren wärmsten Beifall aus, und so konnte der „Quickborn" (d. h. lebendiger, frischer Brunnen, Jungbrunnen) 1852 herdortreten. Er machte Klaus Groth sofort berühmt. Es war auch eine große That, die er vollbracht hatte. Zu nächst hatte er die Ehre seiner Sprache gerettet, die man bisher für eine gemeine Mundart des Volkes gehalten, während der Dichter nun zeigte, daß sie das ganze G«müihsleben des Menschen auszudrücken nicht blos befähigt, sondern für die niederdeutsche Menschheit auch berufen war. Dann aber erhielten wir Deut schen in dem Quickborn die erste Gedichtsammlung, die ein ge summtes Volksleben allseitig lyrisch und lyrisch-episch darst«llte. Man nehme die Sammlungen unserer berühmten Lyriker her: Geben si« jemals viel mehr, als das eigene Leben des Dichters? Nur Burns unv H«bb«l kann man mit Klaus Groth vergleichen, aber so vielseitig wie er sind dies« b«iden auch nicht. Weiter war der „Quickborn" sozusagen die Entdeckung der Poesie im nieder deutschen oder doch niedersächsischen Leben. Man hatte di« Leute „an der Wasserkante" immer für sehr prosaisch gehalten und ihr Land für reizlos; nun erwies sich, daß Land und Volk eine Fülle poetischer Element« in sich barg. Wie wundervoll aber kam die Poesie Niedersachsens gleich zurErscheinung! GeinDichtrr trat so fort reifvorseinWolk; eben,daher diePoesie so lange in sich zurück gedrängt, hatte bewirkt, daß sich Alles in ihm voll entwickelt hatte, daß er nun gleich Vollendetes und nur Vollendete» geben könnt«. Auch in dieser Hinsicht sind dem „Quickborn" wenige Gedicht sammlungen an die Seite zu stellen. Man nahm ihn geradezu mit Entzücken auf, Auflage folgte auf Auflage. Gewiß trug auch der Umstand dazu bei, daß das Buch aus Schleswig-Holstein, dem Land« de» verlassen«» Lrud«r° stammes, nicht lange nach Idstedt kam, aber vor Allem empfand man doch, daß «» »in« poetisch« That s«i. Da» sprach «tn«r d«r be ¬ rufensten, der Germanist Karl Müllenhof, auch öffentlich aus: ,)Der Quickborn ist nicht nur eine d«r bedeutendsknErschrinungen unserer neueren Literatur, sondern der Literatur überhaupt. Es ist damit eine That vollbracht, an deren Möglichkeit der Einsich tige zweifeln durfte; denn die Kluft, die in ganz Norddeutschland Gebildete und Volk lrennte, ist durch ihn versöhnt und geschlossen. Der Quickborn geht nicht blos unser ästhetisches Interesse an, son dern unser ganzes Leben. Daher liegt für Jeden, der ihn näher kennen lernt, auch eine Aufforderung vor, für ihn nach allen Seiten, so weit er kann, Propaganda zu machen. Der Quick born wird das Bild norddeutschen Lebens nach Süddeutschland tragen und zum Heil der Nation die Tiefen desselben dort kennen lehren, wo sie so oft verkannt. Die That, die Groth vollbracht, ward nie verjähren, ihr« Wirkung wachsen." Auch heute darf man dies wohl noch nachsprechen, das Werk ist poetisch vollständig frisch geblieben. Süddeutschen und uns Mitteldeutschen ist der Zugang zum „Quickborn" nun freilich nicht leicht, da die Dithmarscher Mund art schwierig ist, und so kann ich von dem Werke auch schwer eine Anschauung geben, da ich plattdeutsche Proben nicht geben darf. Uebersetzen aber läßt sich Klaus Groth ins Hochdeutsche im Grunde ebenso wenig, wie etwa Mörike inS Plattdeutsche. Um aber doch zu zeigen, daß Klaus Grotb ein Port, «in echter Lyriker ist, bringe ich hier einige selbftverfaßte Derhochdeutschungen. Alsichwegging. Du brachtest mich den Berg hinauf, Die Sonne sank hinab. Da sprachst du leise: Es wird Zeit, Und wandtest jäh dich ab. Da stand ich da und sah den Wald, Die Abendsonne drin, Und sah den schmalen Weg entlang — D«n schrittst du ruhig hin. rNld. da» 119,— ius,«o 132,— 380,— 680,— 330,— 156,50 183,25 337,7b 152,10 122,— 188.4b 21b,80 213 20 215,90 öai» Ideiw ktr L etr.-X l«dtr. krckd. iesad. »oa -Ksck. »«d srcksd. »»»ab r»»d. ioa »»titdl a»»»r. ISS,4V 310,— 158,50 372,2b 307.— 142,7b 134,bv 194,- 250,— 170,— 177,70 171,40 145,— 228,7b cd.-», ölecd „II. o -cka»«. e.».s 279,30 159,75 Bezugspreis in der Hauptrxpedittoa oder d«a km Stadt« bezirk und den Vororten errichtete» AuS- aavestellen abgrholt: viert« ljtthrlich ^S4.b0, bei zvrtmaliger täglicher Zustellung tn» HauS ^l -HO. Durch di« Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: virrtrljährUch S.—. Dtrect» tägliche «rruzbandienduag tu» Ausland: monatlich 7-öO. Di« Morgeu-AuSgab« «rscheint um '/,? Uhr. di« Abend-Ausgab« Wochentag« um - Uhr. Ar-actlon und Erve-Mo«: Aa-annt-iafie 8. Di« Expedition ist Wochentag» «uunterbroch«» gröffnrt von früh 8 bi» AkxndS 7 Uhr. Filialen: vtt« Klemm's Eortim. (Alfred Hahn), UniverMtsstraße 3 (Paultmnn), Loui» Lösche, Kathartneustr. 14, pari, und KünigSplatz 7. Morgen - Ausgabe. Wp)igcr.TagMM Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes und Motizei-Änttes der Ltadt Leipzig. Anzeigen-PreiS g die 6 gespaltene Petitzeile LV Pfg. Reklamen unter dem RedactionSftrich (4ga- spalten) 50vor den Familiranachkicht«» (llgrspallen) 4V Größere Schriften laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer und Ztffernsatz nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit de» Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung SO.—, mit Postbeförderung 70.—. Ännahmrschluß fiir Aryeizen: Abend-AuSgabe: vormittags 10 Uhr. Morgea-AuSgab«: Nachmittags 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen j« »in« halbe Stund« früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richt«». Druck und Verlag von E. Pol- in Leipzig. diu dörie kest. vä Kork, oibc . Lsssa/Ludr. Ur". 91,30 438,80 177,40 263 121,2b 137.10 247,7.. 200.50 194.60 217,00 121,7b 12110 88,-0 b9,40 Vl«o ,-vr. ua t.-kr. vsrdowv i 8stck! 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Xasssr- >t ui><I eia »trss sdec- icd, iacke»» Isar tisdn- iov»t aocd Sedvekei -r» stsrdc« tsfolxeack« axsa virck asdsck 20 »cd Llsiv- > v»cd Nir 100 Ux. ack I» verckeu »rd XIlea «b wr I» »u iw «dr kielt cd Ri«»» !d tlsvxe »ev «vr- l»Lck«dar« I)«r V«r »» Vss^r -r »vk cksr n« dsttev oxetrst«», Vs»,«r, >r<t«v uvv :k«r t.»u» > Lacdsr- it v«,«vt- cd O»Ids -i« v»cd !d R»ll« 100 kx »vU«r«v elck« v»cd »o d»b«o >t«»tr Nir dli«»»licd illtsrksid i»t v»cd in ü»vx cdt. v«r >o r»r«u «dv» »w «s virck v«it«r«w lsdsa cksr 2V5. Montag den 24. April 1899. Die Schrecken des Krieges und die Humanität. Nicht lange mehr, so tritt im Haag, der glänzenden Resioenz der Könige der Niederlande, wo schon so mancher welthistorische Friede unterzeichnet wurde, die Friedenskonferenz zusammen, die nach der hochfliegenden Idee des jungen Zaren Nicolaus Vie Aer-a einer Ireubi» ckei für alle Völker der Welt, wie das Morgenroth einer neuen Zeit heraufführen soll, da der Löwe mit den Lämmern weidet u-ntd der Adler mit der Taube girrt. Nun, es ist heute wohl selbst dem kaiserlichen Schöpfer dieses Traumes unverborgen, daß für das Menschengeschlecht, wie es nun einmal ist — und es ist „böse von Jugend auf" —, solch hehre, fast über irdische Ziele ins Reich der Utopien gehören. Immerhin ist man sich darüber einig, daß der eingehende Gedankenaustausch so vieler auserlesener Fachmänner, wenn auch vielleicht sonst nicht sonderlich viel, so doch eine Vereinbarung über die Mittel und Wege zeitigen wird, wie «die auch in Zukunft unvermeidlichen Kriege menschlicher als bisher geführt und ihr« Schrecken ge mildert werden können. Außerordentlich viel ist in dieser Hinsicht während der zweiten Hälfte des Jahrhunderts, namentlich auf dem Gebiete der staatlichen und der frei willigen Krankenpflege im Felde, schon gethan, gewaltige Fortschritte sind gemacht worden, und sie werden der einst zu den schönsten Ruhmesriteln unserer Tage gerechnet* werden. Das Errungene sich zu vergegenwärtigen und es durch Ausdehnung des in der Genfer Convention geschaffenen inter nationalen Schutzes immer wirksamer und segensreicher zu ge stalten, würde zu den dankenswerthesteN Aufgaben des Haager Congrefles zählen. Wer wissen will, wie es noch zu Anfang dieses Jahrhunderts um die Pflege der Verwundeten und Kranken bestellt war, der lese die Geschichte der Befreiungskriege. Der ungeheure, drei Tage dauernde Völkerkampf warf 100 000 Tobte und Ver wundete auf das Schlachtfeld von Leipzig hin, und 34 000 der Schwerstvecwundeten mußten in der Stadt allein untergebracht werben. Von diesen sind mehr als II(XX) an den Folgen ihrer Wunden und an Hospitalkrankheiten zu Grunde gegangen. Bei dem damaligen Stand der preußischen Finanzen war für Sani tätseinrichtungen nichts übrig geblieben, wozu kam, daß auch die ganze russische Armee von mehr als 80 000 Mann ohne Ambu lanzen ausmadschirt war und sich in dieser Beziehung auf die Hilfe der Deutschen verlassen-hatte. In Folge dessen fehlt« es für die Ver wundeten und Kranken geradezu an Allem, an Geld und an Aerzten, an Transportmitteln und Lazarethbedürfnissen, und so ist es begreiflich, daß die Schilderungen Reil's und Anderer von den Zuständen auf dem Schlachtfelde und in den Lazarethen in höchstem Maße grauenerregend sind. Man sollte meinen, schreibt Friedrich von Esmarch, unser großer, um die Kriegschirurgie und das Lazarethwesen hoch ver dienter Medicimr, dessen Ausführungen wir hier «in Stück folgen, in seiner trefflich«», im Aprilheft der „Deutschen Revue" veröffent- lich!enArbeit„Ueb«rden Kampf der Humanität gegen di« Schrecken des Krieges, — man sollte meinen, solch« Scenen, die-die Herzen der Mitlebenden mit Schauder und Entsetzen erfüllten, hätten dazu führen müssen, die Sanitätseinrichlungen gründlich zu verbessern. Aber es zeigte sich nach einer längeren Friedenspause in den Kriegen der neueren Zeit, daß die Zustände wahrlich nicht viel besser geworden waren. Im Krimkrieg hatte von den englischen Regimentern keines mehr als zehn Tragbahren und einen Packpony für die Mcdicin- tiste. In der blutigen Schlacht an der Alma wurden 1600 Eng länder, meist durch Kartätschen, schwer verwundet, und nur da durch, daß ihnen am folgenden Tage die Franzosen und die Marine zu Hilfe kamen, wurde verhindert, daß sie auf dem Schlachtfeldc liegen blieben und umkamcn. Dann starben wied«r, da es während der entsetzlichen Stürme des kalten Winters 1854 an Dorpflegung -und ausreichender Kleidung fehlt«, Tausende und Abertausende dahin und die Sterblichkeit nahm in einer Weise zu, daß ganze Regimenter verschwanden. Als die französische Armee in Italien einrückte, hatten die Ambulanten nicht mehr als den vierten The-il ihres Etats an Aerzten, die Hauptlazarethe waren in Frankreich zurückgelassen. Es fehlte besonders, außer an Aerzten, an Krankenwärtern, chirurgischen Instrumenten und an Verbandzeug. In der Schlacht bei Solferino kämpften 300 000 Mann 15 Stunden lang. Mehr als 40000 Verwundete blieben auf dem Schlachtfeld«, ebensoviel Kranke verlangten in den nächsten Tagen Aufnahme in die Laza- rethe. Hier zeigte sich die Unzulänglichkeit der officiellen Hilfs mittel in ihrer ganzen Furchtbarkeit. Die grenzenloseste Verwirrung herrschte auf dem Schlacht felde und in dessen nächster Umgebung. Mit der unsäglichsten Mühe wurden nach und nach 30 000 Verwundete nach Brescia, 10 000 nach Cremona geschafft; aber noch am sechsten Tage warm nicht alle Verwund-cten untergebracht. Ungezählte ver bluteten und verschmachteten auf dem Schlachtfelde, während des Transportes, in den Straßen der Dörfer und Städte. Es fehlte an Kräften, die hilflos Daliegenden aufzusuchen und si: in die nächsten Orte zu tvansportire-n; es fehlte an Händen, den dürsten« den Lippen nur die erste und nothwendigste Labung, das Wasser, zu bringen. Und als später die Hilfsmittel jeder Art von allen Seiten hergesendet wurden, fehlte es an Händen, sie in geeigneter Weise zu verw.mdon. Und nun erst die Todten! In solcher Noth gehen Vie Lebenden vor, aber unter dem heißen Himmel Italiens beginnt schon nach wenigen Stunden die Verwesung und schreitet rasch vor wärts. Und bald ist das ganze große Schlachtfeld ein einziger Herd der Zersetzung unü der Pestilenz, von welchem alle in der Nähe liegenden Orte mit verheerenden Krankheiten bedroht sind. Und in diesen hatte man die am schwersten Verwundeten unterbringen müssen. EnVliäv die Schlacht von Königgrätz! Manche Verband plätze vollAkodter und Sterbender wurden erst am dritten Tag« nach -der Schlacht aufgefunden. Die Dörfer in der Umgebung waren vollgepfropft mit Verwundeten der schlimmsten Art. Als am zweiten und dritten Tage -die Acrzte Hilfe bringen wollten, waren sie ohne Vie geringsten Verband- und Erquickungsmittel. Mit Entsetzen Hören wir von jenen Schwärmen verworfenen Ge sindels, welche nächtlich, wie Hyänen, Las verlassene Schlachise.o durchstreiften, die Todten plünderten, die Sterbenden beraubten, den Verwundeten die Finger abschn itten, d«r Ringe wegen, di; Augen ausstachen, weil sie fürchteten, erkannt ,u sein. Doch jetzt ein anderes Bikd! In dem schlachl en reichen Feldzuge von 1870—71 zeigt« sich endlich in erfreulichster Weise, vast Vie betrübenden Erfahrungen früherer Kriege nicht verloren gewesen waren. In diesem großen nationalen Kr iege hat das staatliche Sanitätswesen im Felde und in den Baracken geradezu Erstaunliches geleiste-, unterstützt freilich in hervorragender Weis« von der freiwilligen Krankenvflege. In der Schlacht Eolombey-Rouilly (14. August 1870) fielen 4780, am 16. bei Mars la Tour 14 832 und am 18. bei St. Privat 19 680, in den -drei Schlachten bei Metz innerhalb fünf Tagen betrug mithin -der Verlust -der deutschen Armee 39 932 Mann. Trotz dieses ungeheuren Verlustes war bereits am 19. August Mittags sämmtlichrn Verwundeten -die erste Hilfe gebracht und der ärztliche Dienst auf dem Schlachtselde beendet. Welch' schreckliche Folgen würde die wenn auch nur kurz dauernde Anhäufung so vieler Kranker auf kleinem Bereiche gehabt haben. Der österreichische Oberstabsarzt Or. Kraus war einer der ersten, -der aus die geregelte Kranken zerstreuung hinwies. Durch unseren Esmarch wurde Vie Einrichtung von Lazarethzüg«n angeregt; sie kamen im amerikanischen Bürgerkriege zuerst in Anwendung, Nock großartiger und wirksamer waren in Amerika Vie Hospital- schiff«, auf denen im Mai 1864 26191, täglich 1500 Verwundete, transportirt wurden. Preußen fehlten 1866 noch ausreichende Mittel zum Eisenbahnkrankentiransport, der deshalb wenig be friedigte. Nach dem Krieg« aber begannen di« Vorbereitungen für Vi« San-itätszüge, di« -dann während des Krieges 1870—71 eine treffliche Entwickelung erlangten. Es bestanden 21 Sanitätszüge für durchschnittlich 200 Verwundete, die in 163 Fahrt«n 36 295 meist Schwer-verwundete nach Deutschland brachten. Außerdem wurden in 305 Krankenzügen 127 582 Leichtkranke und Leicht- derwunvettz befördert. Immerhin -ist auch in Frankreich eine große Anzahl Verwundeter unv Kranker in den dort eingerichteten Lazarethen verblieben, denn es sin-d überhaupt 111244 Verwundete und 475 400 Kranke der deutschen Armee in den Lazarethen während des Krieges behandelt worden. Von den ersteren starben 10 506, von letzteren 14 648; am Tage der Verwundung starben 17 831. Diese Zahlen zeigen zur Genüg«, welche Anforderungen an das Kriegssanitätswesen gestellt werden, unv man sieht, daß der frei willigen Krankenpflege ein unbegrenztes Feld zur Bitheiligung g«geben ist. In allen Kriegen dieses Jahrhunderts, auch in denen der neueren Zeir, hat sich, vielfach mit erschreckender Deutlichkeit, ge zeigt, daß die staatlichen Einrichtungen im Kriege niemals aus reichten, um den verwundeten und erkrankten Soldaten diejenige Hilfe angedeihen zu lassen, welche ihnen gebührt; und zwar um so weniger, je größere Dimensionen der Kampf annahm; nicht minder war es eine Thatsache geworden, daß die staatliche Hilfe zu Anfang der Kriege fast immer zu spät gekommen war. Wenn also irgend etwas, so hat sich sich die Unentbehrlichkeit der freiwilligen Hufe herausgestellt. Sie hat auch in allen neueren inler arm«-« ausgefochtenen Völkerconflicten eine immer größere Rolle gespielt; ihre Leistungen sind mit der zunehmenden Noth stetig gewachsen und haben am Schluss« jedes Krieges -die groß artigsten Dimensionen angenommen. Die Barmherzigkeit ist ein Gefühl, welches sich in der Brust jedes unverdorbenen Menschen regl und ihn zur helfenden That trribt. Aber ebenso gewiß ist, daß in neuerer Zeit Vie Opfer willigkeit und Mildthätigkeit sich verallgemeinert und sich in un endlich viel großartiger Weise geltend gemacht hat, als noch zu Anfang dieses Jahrhunderts. Das giU von den Schlachtfeldern der socialen Noth im Frieden, vor Allem aber von denen des blutigen, männermordenven Krieges. Selbstverständlich ist ein Erfolg des staatlichen und des- frei willigen Sanitätswesens im Krieg nur denkbar, wenn inter nationale Abmachungen die Garantie bieten, daß die -Samariter in amtlicher Uniform oder mit dem rothen Kreuz auf dem Aermel ebenso wie die ihrer Pflege anvertrauien Verwundeten und alles zur Krankeripflege Gehörige vom Feinde als unantast bar respectirt werden. Die Barbarei vieler Jahrhunderte hat hier furchtbar gesündigt, und erst die Genfer -Convention hat gründlichen Wanvel ungebahnt. Ihr Hauptsatz lautet bekanntlich: Der im Kriege verwunde:« Feind Varf in Zukunft nicht mehr als Feind betrachtet, sondern muß fürneutral erklärt werden. Diese Neutralität ist auszudehnen nicht nur auf das Per sonal, welches der Krankenpflege obliegt, sondern auch auf die Feldlazarette, Verbandplätze, sowie auf die -Bewohner der Landes, welche Verwundete ausgenommen haben. Die Genfer Convention wurde am 22. August von den dort versammelten Vertretern von zwölf Staaten unterzeichnet und nach und nach von allen europäischen Regierungen, sowie von der Türkei, den -Vereinigten Staaten, Persien, Japan, Bolivia, Chile, der Argentinischen Republik und Peru angenommen. In der langen Reihe von Jahren, die seitdem verflossen sind, hat aber die Praxis ergeben, daß mit so weitgefaßten Bestimmungen nicht aiuszukommen ist. Zwar sin-d aus einer ganzen Reih« von internationalen Congressen Zusatzartikel berathen und ange nommen worden, aber alle diese Beschlüsse haben gesetzliche, d. h. praktische Geltung nie erlangt. Thatsächlich steht di« Convention von 1864 noch allein in Kraft. Dieselbe -bedarf aber, wie all gemein zugegeben wird, einer gründlichen Revision, unv hierfür wäre die Haager Friedenskonferenz das geeignetste Instrument. Bei einer Revision wird, abgesehen -von der Beseitigung aller die militärische Actionsfrciheit hemmenden Bestimmungen, in erster Linie ins Auge zu fassen sein, daß der -vage und unrichtige Ausdruck der Neutralität durch den Begriff Unverletzlichkeit er setzt wird, -unv Lies ist der Kernpunct —, daß die Haupt bestimmungen der reoidirten Genfer Statuts in die militärischen Reglements und Sanitätsinstructionen der contrahirenden Sta-atlm ausgenommen werden. Dann erst wird in Verbindung mit dem internationalen Verbot barbarischer Geschosse der blutige Schrecken d«r Kriege, wenn auch nicht ganz ge-bannt, so doch seiner entschlichen Formen entkleidet sein. Man wird g«than haben, was menschliches Vermög«» kann. — Oie Einwanderung böhmischer Protestanten in Lachsen. Nachdruck verboten. (Schluß.) Die Gründung von Johanngeorgenstadt er folgte besonders durch Auswanderer vor Platten, sie siedrlten sich in den Jahren 1651 und 1652 mit Bewilligung des Kurfürsten- Johann Georg I. auf dem Fastendevge an; dieser Punct wählte» sie besonders aus dem Grunde, weil er nur eine Stund« Weges von ihrer Heimath entfernt war. Bald folgten weitere Ver triebene nach, groß war anfänglich die Noth, da es an ge-' n-ügendem Unterkommen auf dem wildesten Th«ile deS Erz gebirges mangelte. Wie arg diese war, ersieht man aus den» Berichte des ersten Pfarrers Polykarp Weber, er schreibt: „Ts hat in manchem Hause getönet, indem immer in Vie 12 biL 14 Paar Eheleute, ohne die Kinder und ledig-ea Person«», bei manchem sich aufgehalien, daß, wer aufgcstanden, bald seinen Sitz missen und sich nicht wieder hat niedevsetzen können." Uns diesen unhaltbaren Verhältnissen ein Ende zu bereite-.i, beschlossen sie, auf dieser Höhe des Gebirges ein neues Städtlein zu er» bauen. Zu dem Zwecke sandten die Ansiedler ein Gesuch, Datum Fastenderg, den 12. Februar 1654, an den Kurfürsten, er möge, ihnen gestatten, eine neue Stadt zu erbauen und ihnen zur Er-^ reichung ihres Zieles eine Beihilfe gnädigst gewähren. Dies/ Vitt« fand Gehör. Unterm 23. Februar und 2. März 1654 ward die kurfürstliche Genehmigung ertheilt. Sie hatie folgenden Wortlaut: „Ehrenhafi« und liebe Getreue! Was an Uns die Exulanten' von Platten w«g«n ihres am Fastenberge geplanten Anbaues wehmüthig und rmt-erthimigst haben gelangen lassen, das habt ihr aus dem Einschluß mit mehrerem zu versehen. Um nun diesen armen bedrängten Leuten billig an die Hand zu gehen,- also haben Wir gnädigst bewilligt, daß sie eine Kirch«, Gottes acker, Pfarre und Schule daselbst aufbauen un-d mit UnsertzO- Oberen Konsistoriums Dorwissen und Einwilligung einen PMr- und Schuldiener an-aehmen mögen, sind auch gnädigst zufrieden, daß ihr einen jeden, der dieses Ortes an- und aufbauen will, gegen einen leidlichen Erbzins ein gewisses Stück und etmpi^ Holz, dessen er zum Aufbau nothwendig bedarf, ohne TntgM nnweisen und das S'tädtlein, welches Johann GeorgenS Stadt hör»-: fürs genannt werden soll, den anderenBergs-äsren ^-ich mit alb. Freiheit, Zunft und Innung, Handwerks->Gewohnhciten, Brauen, Malzen, Schlachten, Back«n, Schenken und einer Brettmühle versehen möget. Wir wollet Uns auch betreffs der Biersteuer," wenn Wir den wirklichen Aufbau verspüren, gebotenermaßen' und auf euren vorgehenden unterthänigstcn Bericht mit seiner' gnädigsten Konzession heraus wissen lassen. Davon geschieht Unsre Meinung, und Wir sind euch mit Gnaden gewogen. Ge«> geben zu Annaburg am 23. Februar im Jahre 1654. Johann Georg, Kurfürst." In Gegenwart von 39 Exulanten ward am II. März 1654 der S t i f t u ng s b r i e f von Johann-Georg-enstadt veArsen. Schnell stieg die Zahl derer, di« sich hi«r nieverlassen wollten, hoffte man doch, -dem Gebirge reich« unterirdische Schätze ab gewinnen zu können, hauptsächlichabrrinRuheundOckdnungihreS Glaubens leben zu körnen. Rasch entwickelte sich die neu« Stadt, im Juli 1654 waren bereits 40 Häuser der Vollendung nah«, 1659 waren d«ren 150 vorhanden. Die Verleihung der Stadt-, Privilegien erfolgte unterm 14. März 1656, der erste Bürgermeister war Johann Löbell »en.; die Kirche ward am- 15. Februar 1657 »ingeweiht, das Rathhaus im August 1662' vollendet. Von der Einwanderung wurden kn vortheichafkr Weise auch berührt die Städte Schneeberg, Chemnitz, Schlettau, Sayda, Schwarzenberg, Marienberg, Scheibenberg, Eibenstock, Siebenlehn, Lößnitz, Frauenstein, Roßwein, Wolkenstein u. a. Ins Vogtland lenkten auch Viele ihre Schritte; sie ließen sich besonders in Klingenthal namentlich Geigenmacher, Berg arbeiter und Waldarbeiter nieder, hier «rhielten sie 1653 eine eigene Kirche. Nicht minder bot die Lausitz den Vertriebenen «ine sichere Zufluchtsstätte. Zur Unterdrückung der evangelischen Lehre FsrrsHston. Klaus Groth. Zu seinem achtzigsten LebnrtStage. Bon Adolf Bartels. Das kleine Land Dithmarschen an der Nordsee zwischen Elbe- und Eidermündung hat eine ganze Anzahl von deutschen Dichtern hervorgebracht, u. A. den Satiriker aus Martin Opitz' Schul« Samuel Rachel, den Hainbunddichter Christian Heinrich Boi«, den größten der nachclafsischen Dramatiker Friedrich Hebbel; der volksthümlichste und seiner Heimath am nächsten stehend« Dichter Dithmarschens ist aber Klaus Groth, der Verfasser des „Quick borns". Die Bedeutung dieses Poeten beschränkt sich jedoch keines wegs auf seine Heimath oder auf die Provinz Schleswig-Holstein, er ist der Schöpfer der neuplattdeutschen Dichtung, und daher ist sein Name überall, wo Plattdeutsche wohnen, selbst bei den diesen stammverwandten Holländern und Vlämen bekannt. Die all gemein-deutsche Literatur ferner sieht in Klaus Groth «inen ihrer großen Lyriker und den ersten wahrhaften Darsteller niederdeut schen VolksthumS, so daß man mit Sicherheit annehmen kann, baß die am 24. April dieses Jahres in Kiel stattfindende Feier des achtzigsten Geburtstages des Dichters in ganz Deutschland Widerhall erwcckrn wird. Klaus Groth ist in Heide, der Hauptstadt Dithmarschens, als Sohn eines Müllers geboren. Da sein Vater auch Landwirth- schaft trieb, wuchs er in engster Berührung mit der heimischen Natur und dem heimischen Volksleben auf, sah sich aber zunächst von der Welt der Bildung ziemlich abgeschlossen; denn Heide hatte nur rin« Volksschule, und die Bücher waren im Lande Dith marschen damals auch noch nicht allzu reichlich. AIS er confir- mirt war, kam er zu dem Kirchspiekvogt (etwa Amtmann) seines Heimathortes als Schreiber und halte nun viel Zeit zum Lesen,
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