02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.05.1899
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-05-04
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18990504021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899050402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899050402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-05
- Tag1899-05-04
- Monat1899-05
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Größere Schriften laut uiiserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer und Ziffernjay nach höherem Tarif. itztra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-AuSgabe, ohne Postbesörderung 60.—, mit Postbesörderung 70.—. Jinnahmeschlnß für Anzeige«: Abeud-AuSgabe: Vormittag« 10 Uhr. Morgeu-A usgab«: Nachmittag» 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halb« Stunde früher. Anzei,en sind stet» an di« Expedition zu richten. Druck und Verlag von S. Polz in Leipzig. 225. Donnerstag den 4. Mai 18S9. S3. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 4. Mai. Die am vorigen Mittwoch abgebrochene Beratbung der socialpolitischrn Initiativanträge, betreffend die Einführung von Arbeiterkammern und eines ReichS- arbeitSamtö, Ausstattung der Berufsvereine mit Rechtsfähigkeit und Ausdehnung der Zuständigkeit der Ge werbegerichte auf die Fabrikberrtebe, ist zwar auch gestern im Reich-ta» noch nicht ru Ende geführt worden, aber au« dem Verlaufe der gestrigen Debatte läßt sich wenigstens schließen, daß nur der Antrag auf Errichtung von Arbeiterkammern di« Zustimmung einer Mehrheit im Lause finden werde. Wie sich die Regierung zu ihm stellen wird, ist heute noch ebenso fraglich wie vor acht Tagen, denn auch gestern erschien der Director im Reichsamt des Innern v. Woedtke nur als flüchtiger Gast am verödeten VundeSrathStische. Die ge ringste Stimmenzahl wirb der Antrag Hryl auf Ausdehnung der Zuständigkeit der Gewerbegerichte auf die Fabrikbetriebe auf sich vereinen, der nicht einmal von der Mehrheit der nationalliberalen Fraktion al» geeignete Grunvlage für gesetz geberische Maßnahmen angesehen wird. Daß er trotzdem ein gebracht worden ist, hat seinen Grund jedenfalls in der Ab sicht, aller Welt ersichtlich zu machen, daß eS auch unter den nationalliberalen Großindustriellen Männer giebt, die mit Selbstverleugnung ein rascheres Tempo der socialpolitischen Reformgesetzzebung wünschen. Aber daS hätte auch auf andere Weise, als durch Einbringung eines aussichtslosen und über dies den Mangel an wünschenSwerther Einigkeit in der Fraktion sichtbar machenden Antrages geschehen können. So groß ist übrigen» dieser Mangel nicht, wie der Abg. Stöcker anzunehmen sich de» Anschein gab, der für die sämmtlichen Anträge eintrat und aus der vom Abg. Büsing im Namen seiner den Antrag Hehl ablehnenden FractionSgenoffen ab gegebenen Erklärung den Schluß zog, sie nähmen sich für ibre Haltung die Abg. v. Stumm und v. Kardorff zum Muster, die von weiteren socialpolitischen Reformen nichts wissen wollen und statt solcher positiven Maßregeln zur Ver besserung der Lage der Arbeiter ein scharfes Socialisten- gesetz und Ausschluß aller socialdemokratischen Agitatoren vom aktiven und passiven Wahlrecht auf fünf Jahre ver langen. ES wird sich bei der Abstimmung zeigen, daß auch der Theil der Nationalliberalen, der das von ihrem FractionS genoffen v. Heyl empfohlene Experiment für zu gewagt ansieht, doch die edlen Absichten des Antragstellers nicht ver kennt und demgemäß jenem Theile der Anträge, der ähnliche Ziele auf gefahrlosem Wege zu erreichen sucht, rückhaltlos bei stimmt. Gegen die rein negirende Haltung der freiconser- vativen Redner v. Kardorff und v. Stumm stach auch die des deutschconservativen Abg. vr. Kro patsch eck in erfreulicher Weise ab. Zwar schien auch er von einem Socialisten- gesrtze das Heil zu erwarten, von einem Socialistrn- gesetzt aber, das im Sinne des Grafen Botho zu Eulenburg nur den Schutzzaun bilden sollte, hinter dem man ungestört von den „Genossen" wirklich Socialreform betreiben könnte. Außerdem fanden wenigsten- die CentrumSanträge «Arbeiterkammern) bei den Conservativen Gnade, und beachtenSwerth war eS, daß vr. Kropatscheck, im Gegensatz zu Denen um Stumm, ausdrücklich erklärte: seiner Ansicht nach sei das Ziel, da» sich der Kaiser in den Februarerlassen gesteckt, noch lange nicht erreicht. Da auch der freisinnige Abgeordnete Wiemer für den die Arbeiterkammern be treffenden Antrag Sympathien bekundete, so wird die social politische Anregung auS dem Hause wenigstens nicht ganz so wie daS Hornberger Schießen ausgehen, wenn nicht die Negierung einen solchen AuSgang herbeiführt. Wenn etwa dl« in der nationalliberalen Partei zu Tage getretenen socialpolitischrn MeinungSperschiedrnhriten die ,Deutsche Tageszeitung" zu dem Versuche veranlassen sollten, diese Verschiedenheiten zu principiellen Gegensätzen auf zubauschen, so wird man das Organ deS Bundes der Land- wtrthe darauf aufmerksam machen können, daß zwischen ihm, resp. seinem der eonservativeu Partei angehörigen Leiter vr. Oertel, und dem führenden Blatte der conservativen Partei in der Beurtheilung der auswärtigen Politik Deutschlands sehr schroffe Gegensätze zu Tage treten. Während die „Kreuzzeitung" den Leitern unserer auswärtigen Politik lebhafte Anerkennung zu Theil werden läßt, setzt die „Deutsche TagrSztg." mit ungeschwächtem Eifer ihr« Bemühungen fort, Mißstimmung gegen jene Leiter zu erregen und das Vertrauen auf sie zu untergraben. Zn der Form vorsichtiger al- die „Agrarcorrrspondenz" de- Herrn Klapper, der „bebend am Leichenstein deutscher Ehre steht", decken sich in der Sache die Angriffe der „Deutschen TageSztg." vollkommen mit denen der „Agrarcorrespoodenz". Weil wegen der unstatthaften Differenzirung deS deutschen Zuckers durch die Union nicht der Zollkrieg mit ihr proclamirt, weil da- Fleischbeschaugesetz einzebracht, weil Admiral von Diederichs nach jahrelanger Abwesenheit heimberufen, weil wegen SamoaS nicht die ultima ratio regis ausgespielt wurde, weil Mac Kinley dem Kaiser in englischer Sprache telegraphirte, ist nach der „Deutschen TageSztg."dieStimmung imLande außerordentlich gedrückt, hegt „man" die schwersten Bedenken über unsere Zukunft, die sich nicht günstig gestalten könne, wenn daS Bestreben Deutsck- jandS lediglich darauf gerichtet sei, dem AuSlande überall nachzugeben und bei Leibe nirgends Unzufriedenheit zu erregen. „Zn der That ist denn auch", fügt das genannte Blatt zur Bekräftigung bei, „die Befürchtung, daß unser Ansehen schweren Schaden erleiden muß, vollkommen berechtigt." Da, wie man sieht, die „Befürchtungen" der „Deutschen TageS- zeitung" überwiegend den Vereinigten Staaten gelten, sind die Ausführungen der „Kreuzzeitung" um so bemerkenSwerther. DaS führende konservative Blatt schreibt nämlich u. A.: „Die englische Politik aber ging nun gegen Deutschland vor; trotz der afrikanischen Verständigung und trotz der Höflichkeiten, die hüben wie drüben ausgetauscht waren, kam eS zu der außer ordentlich perfid angelegten Action tn Samoa, bei welcher die Engländer sich im Hintergrund hielten und einige, nach träglich von ihrer Negierung desavouirte amerikanische Hitzköpfe vorschickten, um erst eine amerikanisch-englische Waffenbrüderschaft zu begründen und dann Deutschland mit den Bereinigten Staaten so zu verfeinden, daß eine Verständigung zwischen beiden Mächten wenig wahrscheinlich würde. Denn das ist sicher, ein gutes Berhältniß zwischen unS und den Bereinigten Staaten ist zur Stunde die Combination, die der britischen Politik am allerwenigsten gefällt. DaS gab für uns eine ganz außer- ordentlich schwierige Position. Daß sie trotzdem sich heute in aus- sichtSvoller Entwickelung befindet, rechnen wir der Leitung unserer auswärtigen Politik sehr hoch an . . . Mit de» Vereinigten Staaten normale Beziehungen friedlichen und reellen wirthschaftlichen Verkehrs zu finden, ist so sehr im Interesse beider Nationen, daß es nothwendig erreicht werden muß. Auch hier wird daS Wort gelten: Politik heißt Eompromiß." Sehr richtig I Compromisse auf dem Gebiet der Handels politik aber werden vom Bunde der Landwirthe al- un zulässige Nachgiebigkeit Deutschland- gegenüber dem Auslande auSgegeben; besonder- in Bezug auf die Bereinigten Staaten wird vom Bunde — vergl. den osficiellen Bunde-kalender für das Jahr 1889, S. 77 — dem Kaiser gerathen, mit dem Krückstock dreinzufahren! Wir können nur wünschen, daß die „Kreuzzeitung" bei ihrer besonnenen Darlegung der auswärtigen deutschen Politik und der deutschen Handels politik bleibt und die Tiraden deS Bundesorgans und seines „conservativen" Leiter- dauernd uä »bsuräuw führt. Wenn die französische Deputirtenkammer nickt durch die auf den Stand der „Affäre" bezüglichen Znterpellationen für andere Dinge vollständig unempfänglich gemacht wird, so wird sie Gelegenheit finden, ihr Augenmerk in stärkerem Maße als bisher dem Schutze Ver Eolonten und der Sceküstc» Frankreichs zuzuwenden. Eine in der Bevölkerung des Landes weit verbreitete und ständig an Terrain gewinnude Ueberzeugung geht nämlich dahin, daß Frankreichs coloniale und seestrategische Interessen bei der jetzigen Organisation der colonialen und der Küstenverthei- digung nur unvollkommen gewahrt sind, und daß, um dieser Aufgabe in vollem Umfange gereckt zu werden, die Schaffung eines besonderen Colonial- und MarineheereS angereigt ist. Diese Armee würde völlige administrative Selbstständig keit, sowie ihren eigenen Etat haben und dem Marine ministerium zu unterstellen sein. Ebenso müßte sie ihren eigenen Generalstab haben und in dem Großen Generalstabe durch einen im Generalsrange stehenden Osficirr vertreten sein. Gleich der Hauptarmee würde auch die sog. „Marine-Armee" in Brigaden, Divisionen und Corps orgauisirt werben, und ihre Aufgabe würde in der Vertheibigung der Kriegshäfen, derFloltenstntzpuncte und der Colonien bestehen; eventuell würde sie auch bei der Vertheibigung der Landeshauptstadt mit zuwirken haben. Die jetzt auf zwei Ministerialressort» ver- theilte Bcfehlsführung uud Verwaltung der Colonialtruppen würde künftig in der Hand de« Marin-.ministerS vereinigt werden. Die Stellung der Officiere der Marinearmee würde in ganz specicller Weise durch ein CadreSgesrtz zu regeln sein, und würden sie, von den Generalen abgesehen, niemals außer halb deS Rahmens ihre» besondere» HeereSverbandeS zu verwenden sein. Nur die Generale können im Falle eines großen europäischen Krieges zu Commandos in der Land armee herangezogen werden. Der Effectivstand der Marine armee soll in den Colonien aus den eingeborenen Bevölkerungs elementen gedeckt werden, nur Officiere und Unterofsiciere sollen Europäer fein. Der in Frankreich stationirende Theil der neuen Marinearmee würde auS den dort zur Einstellung gelangenden Mannschaften mitgedeckt werden; man will die Capitulationen durch Zuwendung von allerlei Vortheilen für die Capitulanten begünstigen. Zu den Colonien des Senegal, de- Sudan und von Dahomey endlich sollen „ExpeditionSreserven" formirt werden, welche unter Führung von Weißen auS Negertruppen bestehen und jederzeit zur Verwendung parat sein würden. Ein diese Organisation befürwortender Antrag an die Depu tirtenkammer steht unmittelbar bevor. Durch die gestern erfolgte Demission deS italienischen TabinetteS Pellonp ist wohl Niemand sonderlich überrascht worden. ES ist über die Chinapolitik des Ministers des Aeußern Canevaro gefallen. Man kann ja getheilter An sicht darüber sein, ob eine „bescheidene commerzielle Action" in China, wie der Ministerpräsident gestern sagte, für Ztalien angezeigt ist oder nickt, jevsusalls Hal Canevaro in der Art und Weise, wie er die Sanmunbay Ztalien sichern wollte, eine sehr unglückliche Hand gehabt. Abgesehen davon, daß man über die Absichten deS Minister- nicht recht klar war — man wußte nicht, war er auf Lauderwerb, oder nur auf einen Stützpunkt für di« Handelsflotte, eine Kohlenstation aus —, zeigte eS sich, daß er die ganze Action höchst ungenügend vorbereitet hatte. Canevaro hatte versichert, e- sei gewiß, daß China zustimmcn werde. Statt dessen wurde Ztalien eine sehr entschiedene, fast beleidigende Absage durch das Tsung li Manien zu Theil, und nun zog es sich, ganz im Widerspruch mir den großen Worten des Minister-, klrinmüthig zurück; wenigstens ist in der Angelegenheit nicht- wieder erfolgt und sie scheint so gut wie im Sande verlaufen zu sein. Wollte Italien in China zugreifen, so müßte eS auch militärisch dazu gerüstet und entschlossen sein. Statt dessen Hörle man auf den Rath England-, das Ztalien nur unter stützen wollte, wenn e- die Sache auf diplomatischem Wege erledigte, und r- geschah nichts. Da- Resultat war eine neue sehr empfindliche Einbuße an Prestige für Ztalien, das den Schlag in Abessinien noch kaum ver wunden hatte. Dazu kommt, daß offenbar der italienische Vertreter in China keine klaren unzweideutigen Dispositionen hatte, sonst hätte er China kein Ultimatum stellen können, da- er nackhrr wieder zurücknehmen mußte. Zrdenfall» ist den Kammern die Lust an dem chinesischen Abenteuer ver gangen. So berichtet man unS: * Nom, 3. Mal. Einige sünzig Drputirt« der der drei Gruppen der äußersten Linken wiesen in einer heut« Abend nhgehallenen Versammlung den Gedanken, in Masse zu demonstriren, zurück und nahmen eine Tagesordnung an, die den Entschluß kundgieht, mit allen Mitteln inner, und außerhalb des Parlament- die militärische Colonialpolitik zu bekämpfen. Auch in den anderen Parteien werden sich wenig Befür worter einer colonialen Expansionspolitik finden. Mit Canevaro bat, wie gemeldet, da« ganze Eabinrt demissionier, aber es ist nach der ofsiciösen „Agenzia Stefani" nicht ausgeschlossen, daß der König den Ministerpräsidenten mit der Neubildung des CabinetS betraut. Auf alle Fälle aber wird Canevaro auSgeschifft werden, der gestern auch parlamentarisch schlecht abschnitt, indem er die Schuld an dem chinesischen Experi ment auf daS letzte Cabinet Rudini schob, da- damit „an gefangen" habe. Zn Wahrheit ist die Sache damals nur rein akademisch erörtert worden; und schließlich trägt doch jeder Minister seine eigene Verantwortung. Deutsches Reich. L. Berlin, 3. Mai. (Maifeier und socialdemo- kratische Stadtverwaltung.) Dem „Vorwärts" zu folge ist die Maifeier diese- Zahr in Frankreich nament lich de-halb „imposant" ausgefallen, weil sämmtlich« von Socialisteii verwalteten Gemeinden sich über ein Programm für die Maifeier geeinigt batten. Nicht nur bekamen alle Gemeindearbeiter und Beamten frei, nicht nur wurden die Armen und Invaliden besonder« unterstützt und festlich gespeist, sondern e« fanden auch statt: Schul- und Kinderfeste, Um züqe, Versammlungen, Empfang der Arbeiterdelegirten aus dem Rathhaus, öffentliche Spiele, freies Theater, Fackelzug, Errungen. Llj Roma» von M. Buchholtz. ».»»druck »<r»«I«u. „Du? Mir? — Ach, Stany, Du weißt allerdings noch nicht", entgegnete Greta, sich aus seinen Armen frei machend, um ihn dann mit glückstrahlenden Augen anzusehen, „daß mir die Sonn« der Glückes aufgegangen ist, daß ich selbst noch ge- bhentdek bin von ihrem Glanz, und es mir noch wie «in Traum ist, daß er mich wirklich liebt!" „Wer? — Der Fürst?" „O nein, freilich, der behauptete es gestern auch, aber das ist mir sehr gleichgiltig. Nein, was mich glücklich, was mich selig macht, das ist die Lieb« Heinz Ransau'S zu mir, mit dem ich mich gestern Abend verlobt habe." „Das ist nicht möglich! Nein, Greta, daS kann nicht sein! Sag«, daß da- nicht wahr ist, um Gotte-willen, sage, daß das nicht geschehen ist!" „Stanislaus, ich begreif« Dich nicht, was ist Dir?" „WaS mir ist?" — Slvnitlaus lachte wild auf, „nun. wenn ein auf d«n Tod verwundetes Wild noch einen schmalen Ausweg sieht, auf dem es dem sicheren Verderben entrinnen kann und just in dem Augenblick, da e» denselben benutzen will, sieht es ihn verschüttet — sage, Greta, ist «s dann zu verwundern, wenn es denkt, o wäre ich jetzt lieber tobt, als dem unaufhaltsamen Verderben schutzlos preisgegeben zu sein?" „Du sprichst in Rätlhseln zu mir, Stanislaus!" rief Greta geängstigt. „Sage, was fehlt Dir?" Stanislaus seufzte schmerzlich auf, ergriff der Schwester beide Hände und sagte ruhig: „Ich kam zu Dir, Greta, um wegen der Werbung des Fürsten mit Dir zu sprechen. Dich zu bitten, dieselbe anzunehmen und da — da sagst Du mir, daß Du Dich mit Heinz Ransau ver lobt hast!" „Stany, um Gotteswillen, wie kommst Du darauf? Ich, die ich Dir gesagt habe, daß ich den Fürsten nicht mag, daß ich Heinz lieb«! Wie kommst Du darauf, mich bestimmen zu wollen, dem Fürsten mein Jawort zu geben?" „Weil Verhältnisse eingetreten sind, die mich zwingen. Dich zu bitten, Deiner Liebe zu entsagen und Dich dem Fürsten zu verloben!" „Weil er Papa Geld geborgt hat?" rief Greta außer sich, „nicht wahr, Stany, das ist es? Sag' doch, das ist es, nicht wahr? Aber warum that er es?" fuhr sie leidenschaftlich fort, als Stanislaus schwieg, „nur, um mich seinem Wunsche geneigt zu machen! — Aber, ich kann mich deswegen nicht opfern! Ich liebe Heinz, und er wird sicher Rath und Hilfe wissen, um die vom Vater eingegangenen Verpflichtungen dem Fürsten gegen über zu lösen!" Stanislaus war an das Fenster getreten und schaute in das dichte Flockengewirbel hinaus. Wie unruhig das durcheinander tanzte und schwebte, fast wi« seine wild durcheinander stürmenden Gedanken. Es war ihm furchtbar, der Schwester die volle Wahr heit sagen zu müssen, aber er fühlte, daß ihm nichts übrig blieb, daß er es seinem und ihrem Namen schuldig war, ihr Alles zu gestehen und ihr die Entscheidung anheim zu stellen. So wandte er sich ihr zu und sagte ernst: „Komm, Schwester, setze Dich zu mir und höre mich ruüig an, ich muß Dir «twas sehr Trauriges erzählen, was ich Dir, weiß Gott, lieber nicht sagen möchte!" Greta, die wieder das dumpfe Gefühl hatte wie gestern im Walde, al» ihr der Fürst von seiner Liebe gesprochen, das Ge fühl, als wenn etwas geheimnihvoll Entsetzliches sie treffen müßte, folgte dem Bruder mechanisch zum Sopha, setzte sich an seine Seite nieder und überließ ihm ihre eiskalt gewordenen Hände, während sie ihn mit ihren großen, angstvollen Augen fragend ansah. So zart und schonend, wie es ihm möglich war, begann Stanislaus von dem gestrigen Abend zu erzählen, b«richteie von seiner Unterredung mit dem Fürsten und wie er dessen Bitte, sie seiner Werbung geneigt stimmen zu wollen, abgrwiesen habe. Dann erzählte er weiter und streichelte mitleidig die lieben Schwesterhände, als sie bei Erwähnung von deS VaterS Schuld einen wehklagenden Ruf ausstieß. Eine Weile schwieg Stanislaus, und dann sprach er von dem heutigen Briefe des Fürsten und wie er keinen anderen Ausweg sehe, als daß Greta ihre Liebe opfern und des Fürsten Werbung Gehör schenken würde. „Denn sieh", fuhr er fort, „wenn Du es nicht thust, bricht die Schande, die des Vater» Handlung über uns gebracht, unauf haltsam über uns herein und begräbt auch sicher Dein Lebens« gTück, denn «S ist nicht anzunehmen, daß die Liebe Heinz Ransau'S stark genug ist, um sich darüber hinwegzufetzen!" „Sie hat sich über Viele- schon hinweggesetzt", rief Greta, „ich weiß, er wird trotz Allem zu mir stehen!" „Nun wohl, und selbst wenn das der Fall wäre und Du könntest glauben, Dich unter fremden Menschen, unter dem Namen des geliebten Mannes vor dem besudelten Vaternamen zu bergen, denkst Du denn gar nicht an Vater und Bruder!" An Vater und Bruder! Wie ein Mahnen an das heilige, der sterbenden Mutier gegebene Versprechen klangen diese Worir Stanislaus' an Greta's Ohr, und es war ihr, als wenn sie dir brechende Stimme der geliebten Verstorbenen sagen hörte: „Sag« nie, das kann ich nicht, Schweres können Lieb' und Pflicht, Schweres kann di« Liebe." Sie legte in plötzlich ausbrech«nden Thränen ihr Antlitz an des Bruders Schulter, während dieser fortsuhr: „Sieh, Greta, der Vater thut mir trotz Allem leid. Er ist ein alter Mann und steht vereinsamt unter den Seinen, er hat mit manchen Sorgen zu kämpfen und ist jetzt sicher tief gebeugt unter der unseligen That eines unseligen Augenblickes. Wir als seine Kinder wollen nicht den Stab über ihn brechen; sei barm herzig und sühn« die Schuld des Vaters, denn auch ich, Greta, will es Dir danken, mein Leben lang; denn thust Du es nicht und bringst nicht das Opfer, den Fürsten zu heirathen, dann ist auch meine Carrier« vernichtet, und auch ich muß meiner Liebe entsagen." „Hella?" rief Greta, „o, Stany, das wäre das Wenigste, denn Die verdient nicht, von Dir geliebt zu werden." „Es schmerzt mich, daß Du Dein« Abneigung gegen Hella gar nicht überwinden kannst, Greta, besonders da Du weißt, wie unendlich lieb sie mir ist." Der Ausdruck, mit dem Stanislaus das sagte, während seine Augen zärtlich und sehnsüchtig aufleuchteten, machten, daß Greta nicht die Worte über die Lippen bekam, zu denen sie schon geöffnet waren. Sie bekam es nicht fertig, di« grausamen Worte Hella'» dem Bruder zu wiederhol««, die ihn bis in» tiefst« Herz treffen und ihm Jugendlust und Jugendfrohsinn für immer rauben mußten. Wohl aber ging ihr plötzlich der Gedanke durch den Sinn, daß, wenn st« den Muth fand, ihrem Glücke zu entsagen, damit vielleicht genug geschehen sei und dem Bruder da- Seinige blieb. Denn w«nn sie sich mit dem Fürsten verlobte und er Hella dadurch un erreichbar wurde, besann sie sich vielleicht und hielt StaniSlauS ihr Wort. Hella war noch jung, wenn der sie blendende Name und der Reichthum des Fürsten für sie verloren war, dann kehrte sie wohl zu Stanislaus zurück und suchte in doppelter Liebe zu sühnen, wa» sie bereit gewesen war, ihm onzuthun. Au» Liebe zu Stani-lau» würde sie, Greta, gern schweigen, und wenn Hella den Bvuder glücklich machte, ihr di« liebten Wort« ver geben, mit denen sie sich gestern ihr gegenüber von ihm los gesagt. Alles dies ging ihr mit Blitzesschnelle durch d«n Sinn und zeigte ihr nun in doppelter Hinsicht, daß sie ihrem der Mutter gegebenen Versprechen nach gar nicht anders könnt«, als ihrem Glücke zu entsagen und sich für die Ihren zu opfern. Aber in ihrer Brust schlug auch ein junges, heiß nach Glück und Liebe begehrendes Herz, und während die kühle Vernunft ihr unerbitt lich den entsagungsvollen Weg der Pflicht zeigte, bäumte sich das Herz in rasendem Schmerz dagegen auf und jammert«: „Das Opfer ist zu groß, Du kannst «s nicht bringen!" Sie hatte sich vom Bruder abgewandt und ihr Antlitz in die Hände gedrückt. Lautlos still war es für wenige Minuten in dem Zimmer, dann kniet« Stanislaus plötzlich vor Greta nieder, zog ihr ihre Hände sanft vom Antlitz und flehte: „Greta, hab' Erbarmen! Wenn Du nicht den Muth hast, den schweren Schritt zu thun, dann habe auch ich nicht mehr Muth zu leben. Ist es doch schon schwer genug, so weiter zu leben, aber es ist unmöglich, wenn die Welt die Schande weiß und Jeder mit Fingern aus uns zeigen kann. Blick' nicht so ver zweifelt, Greta, Fürst Dietrich wird Dich auf Händen tragen, glaub' es mir! Und nun sprich ein Wort und sage, was Du denkst, ob Du es thun willst, oder ob Du es nicht über Dich vermagst!" „Ja, ich werde thun, was Li«be und Pflicht von mir for dern! Liebe zu Dir und Pflicht gegen den Vater! — Jetzt aber laß mich allein, mir bleibt noch Schweres zu thun!" Greta war auf einmal ruhig geworden, und als Stanislaus ihr in inniger Dankbarkeit die Hand küßte und fragte, ob er es dem Vater sagen könne, daß durch ihr Eingehen auf deS Fürsten Wunsch Alle» still beigelegt werden würde, «ntgegnete sie fest: „Ich hab« «s versprochen, und ich werde es halten. Den Fürsten kannst Du gleichfalls benachrichtigen, daß ich einwillige, füge aber hinzu, daß ich die Bedingung stelle, daß erst in acht Tagen unsere Verlobung veröffentlicht wird und er auch nicht früher hierher kommen soll. Es ist dies eine Rücksicht, die ich auf H«inz Ransau nehmen muß. Bitte, erwähne weder dem Fürsten, noch Papa gegenüber, daß ich mit ihm verlobt gewesen bin. Das soll Niemand weiter wissen außer uns Dreien, und ich will jetzt da» Schwerste thun und ihm schreiben, daß der Traum ves Glücke» für un» ausgeträumt ist! Geh' jetzt, Stany, geh'", drängte dann Greta, „ich wünsche nur, daß Dir noch reiches Glück beschieden sein möchte!" „An mein Glück zu drnken, kommt mir fast lieblos vor, und
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