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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.05.1899
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-05-11
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18990511017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899051101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899051101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- S. 3752-3755 fehlen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-05
- Tag1899-05-11
- Monat1899-05
- Jahr1899
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Größere Schriften laut unserem Preis- verzrichniß. Tabellarischer und Zisternsatz nach höherem Tarif. Hrtra«Vrilagen (gefalzt), nur mit irr Morgen»Ausgabe, ohne Postbeförderung ^lt 60.—, mit Postbesörderuug 70.—. Iinnahmefchluß für Äuzeigen» Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig- S3. Jahrgang. Donnerstag den 11. Mai 1899, 237. sinnige Vereinigung 2,52, bayerischer Bauernbund 1,81, Bund der Landwirthe 1,42 und deutsche Volk-Partei 1,39 Proc. aller abgegebenen Stimmen. * - - - Die Invalidenversicherung. ii. Gegen das bestehende Gesetz Huben sich die Lohn- classen um eine vermehrt; während es jetzt nur vier Lohn- classen, bis zu 350 <^l, 350—550 550—850 über 850 gab, bringt das neue Gesetz eine fünfte Elaste, nach 850 bis 1150 über 1150 <>A. Bis jetzt galt als Maßstab für die Lvhnclasse bei den land- und forstwirthschaftlichen Arbeitern der durchschnittliche Jahresverdienst, bei den anderen Arbeiterklassen im Allgemeinen der dreihundertfache Betrag des Tagelöhner. Nach dem Entwürfe ist für die Zugehörigkeit det Versicherten zu den Lohnclaffen nicht die Höhe des thatsächlichen Arbeitsver dienstes, sondern ein DurchsnchittSbetrag maßgebend. Das ist nur eine bester« Fassung des 'Gesetzes, indessen hat sie doch die Folge, daß der jetzig« 8 31 mit seiner Bestimmung der Lohnsätze weg fällt. Der Versichert« kann die Versicherung in einer höheren Löhnclafse beanspruchen. In diesem Falle ist jedoch der auf den Arbeitgeber entfallende Betrag, wenn -nicht vereinbart, nur nach der für den Versicherten maßgebenden Lvhnckasse zu berechnen. Die Berechnung der Invalidenrente ist gegen daS bestehende Gesetz geändert. Bisher wurde dem von den Ver sicherungsanstalten aufzubringenden Beitrage der Betrag von 60 <?/( zu Grunde gelegt und dann stieg die Rente mit jeder Bei tragswoche in den Lvhnclasten um 2, 6, S, 13 Psg. Jetzt ist der Grundbetrag der Rente in den einzelnen Elasten verschirden, er ist in Elast« I 60, II 70, III 80, IV 90, V 100 Der Berechnung des Grundbetrage» der Invaliden rente werden stets 500 BeitragSwochen zu Grunde gelegt. Sind weniger als 500 BeitragSwochen nachgewiesen, so werden für die fehlenden Wochen Beitrag« der Lvhnclasse I in Ansatz gebracht; sind mehr als 500 B«itragswoch«n nachgewiesen, so sind stet- di« 500 Beiträge der höchsten Lvhnclasten zu Grunde zu legen. Der Steigerungssatz beträgt für jede Beitrag-Woch«: in der Lohnclasse I 3 Pfg., II 6 Psg., III 8 Pfg., IV 10 Pfg., V 12 Pfg. Der von den Versicherungsanstalten aufzubringende Theil der Altersrente beträgt: in der Lohnclaste I 60 vL, II 90 »L, II1120 cF, IV 150 v^, V 180 Kommen Beiträge in ver schiedenen Lvhnclasten in Betracht, so wird der Durchschnitt der diesen Beiträgen entsprechende Altersrente gewährt. Sind mehr als 1200 Beitragswochen nachgewiesen, so sind die 1200 Beiträge der höchsten Lvhnclasten der Berechnung zu Grunde zu legen. JnBezug auf dietheilweis«ZurückerstattungderEinzahlungen an die Hinterlassenen sind die Vorschriften mannigfach gemildert, ein besonderer Ton ist auf die häusliche Gemeinschaft der Ehe gatten gelegt. Bei der Bestimmung über die Entziehung oer Invalidenrente ist ein neuer Grundsatz eingeführt worden. Ist nämlich begründete Annahme vorhanden, daß der Empfänger einer Invalidenrente bei Durchführung eines Heilver fahrens die Erwerbsfähigkeit wieder erlangen werde, so kann die Versicherungsanstalt zu diesem Zweck ein Heilverfahren ein treten lassen. Dabei kann an Stelle der für die Angehörigen zu leistenden Unterstützung die Invalidenrente treten. Hat sich der Rentenempfänger solchen Maßnahmen der Versicherungsanstalt ohne gesetzlichen oder sonst triftigen Grund entzogen, so kann ihm die Rente auf Zeit ganz oder theilweise entzogen werden, sofern nachgewiesen wird, daß er durch sein Verhallen die Wieder erlangung der Erwerbsfähigkeit vereitelt hat. Die Regierung hatte, um die Formalitäten bei Bewilligung von Renten zu vereinfachen, «ine neue Instanz, die Renten- stelle, oorgeschlagen, die, als Theil der Versicherungsanstalt, auf einen «ngbegrenzten Kreis angewiesen, mit den Invaliden in steter Fühlung bleiben und an deren Verwaltung sich Arbeitgeber und -Nehmer betheiligen sollten. Insbesondere sollten der Renten stelle obliegen die Entgegennahme und Vorbereitung von An trägen auf Bewilligung von Invaliden- und Altersrenten oder auf Beitragserstattungen; die Begutachtung der Anträge; die Begutachtung der Entziehung von Invalidenrenten; die Begut achtung der Einstellung von Rentenzahlungen; die Erstattung von Anzeigen an den Vorstand der Versicherungsanstalt über die zu ihrer Kenntniß kommenden Fälle, in welchen Grund zu der Annahme vorliegt, daß Versicherte durch ein Heilverfahren vor baldigem Eintritte drr Erwerbsunfähigkeit bewahrt werden, oder daß Empfänger von Invalidenrenten bei Durchführung eines Heilverfahrens die Erwerbsfähigkeit wieder erlangen werden; die Eontrole über die Entrichtung der Beiträge; die AuskunftS- ertheilung über alle di« Jnvalidenversich«rung betreffenden An gelegenheiten. Bei der Commission hat sie mit diesen Bestimmungen keine Gegenliebe gefunden, wenigstens hat die Com mission cs abgelehnt, solche Rentenstellen in das Gesetz aü^urwhmen, denn si« hat nur bestimmt, daß für di« Wahrnehmung d«r den unteren Verwaltungsbehörden obliegenden Geschäft« für d«n Bezirk der Versicherungsanstalt oder Theile desselben dom Vorstände der Versicherungsanstalt unter Zu stimmung deSAussschusseSRentenstellen errichtet werden können. Sind die beamteten Mitglieder des Vorstandes von der Landes- Centralbehörde zu -ernennen, so ist auch die Zustimmung der letzteren erforderlich. Die Landes-Centralbehörde kann nach An hörung der Vorstände und Ausschüsse der beteiligten Ver sicherungsanstalten die Errichtung von Rentenstellen an- I, 42, 2,42, 0,6ö und 0,22, beim bayerischen Bauern« Kunde 1,81, 3,21, 0,56 und 0,17. Bei den A n t i s e m i t r n treten die größeren Gemeinden nur wenig vor den anderen hervor. Im ganzen Reiche entfallen aus sie 3,67 Proc. aller Stimmen, in den kleineren Gemeinden 3,36, in den mittleren 3,17 und in den größeren 4,43. Auch bei den Nationalliberalen ist die Stimmenzahl von der Größe der Ortschaften ziemlich unab hängig. Im ganzen Reich entfallen 12,53 Proc. aller Stimmen auf die nationalliberale Partei, in den kleineren Gemeinden II, 84, in den mittleren 13,59 und in den größeren 13,06 Proc. Wie die nationalliberalc, so hat auch die d e u t s ch c Volks partei den größten Antheil in den mittleren Gemeinden. Im ganzen Reich entfallen auf diese Partei 1,39, in den kleinen Orten 1,56, in den mittleren 1,79 und in den größeren 0,97 Proc. aller Stimmen. Bei der freisinnigen Vereinigung teigen die Stimmen mit der Größe der Ortschaften nur sehr angsam. Im ganzen Reich kommen auf diese Partei 2,52 Proc., in den kleineren Orten 2,13, in den mittleren 2,60 und in den größeren 3,11 Proc. Stärker ist die Steigerung bei der frei sinnigen Volkspartei, die im ganzen Reich 7,20, in den kleineren Ortschaften 5,29, in den mittleren 7,48 und in den größeren 10,13 Proc. aller Stimmen für sich in Anspruch nimmt. Am stärksten steigt mit der Größe der Ortschaften di« auf die S o c i a l d e m o k r a t e n entfallende Stimmrnzahl. Im ganzen Reich hat diese Partei 27,18 Proc. aller Stimmen, in den kleineren Ortschaften nur 14,19, in den mittleren 32,84 und in den größeren 45,19 Proc. Hiernach ist in den kleineren Ortschaften mit unter 2000 Einwohnern von den einzelnen Parteien das EentruM im stärksten vertreten mit 23,39 Proc. aller Stimmen, dann folgen die Deutschconservativen mit 15,93, dir Soctaldemokraten mit 14,19 und die Nationalltberalen mit 11,84 Proc. In den mittleren Ortschaften von 2000 bis 10 000 Ein wohnern hat bereits die Socialdemokrati» mit 32,83 Proc. den stärksten Antheil, dann folgen das Centrum mit 19,50, die Nationalliberalen mit 13,59, dir freisinnige Bolkspartei mit 7,48 und die Deutschconservativen mit 7,45 Proc. Eine ähnliche Reihenfolge, jedoch mit verstärkten Abständen, haben die Haupt parteien in den größeren Orten; nur treten hier die Rationalliberalen vor das Centrum. Auf die Socialdemokraten entfallen in den Ortschaften mit 10 000 und mehr Einwohnern 45,16 Proc. aller Stimmen, auf die Nationalliberalen 13,05, auf das Centrum 10,88, auf die freisinnige Bolkspartei 10,13 und auf die Conservativen 5,11 Proc. Im ganzen Reiche ist die Reihenfolge der Hauptparteien diese: Socialdemokraten 27,18, Centrum 18,77, Nationalliberale 12,53, Deutschconservative 11,08, freisinnige Volkspartei 7,20, deutsche Reichspartei 4,43, Antisemiten 3,67, Polen 3,15, frei- Statistik der Neichstagswahlen. Der zweite Theil der im kaiserlichen S!at'istisch>en Amt be arbeiteten Statistik d«r Reichstag-Wahlen von 1898, der soeben erschienen ist, enthält, wie bereits in Kürz« mttgetheilt worden ist, «ine Zusammenstellung der Wahlberechtigten und drr im Ganzen abgegebenen, sowie drr auf die einzelnen Parteien ent fallenden Stimmen, geordnet nach der Größe der Ge meinden. Es werden hierb«i drei Ortsgröhenrlassen unter schieden, und zwar Gemeinden, zu denen kein WohNplah von 2000 und mehr Einwohnern gehört, Gemeinden Mit mindestens einem Wohnplatz von 2000 bi» unter 10 000 Einwohnern, und endlich Gemeinden mit mindestens einem Wohnplatz von 10 000 Ein wohnern und darüber. Leider bringt die amtliche Statistik, ab gesehen von der Wahlbetheiligung, nur absolute Zahlen, so daß man auf eigene Berechnungen angewiesen ist, wenn man sich darüber klar werden will, wie die einzelnen Parteien in den verschiedenen Ortsgrößenclassen vertreten sind. Die „Voss. Ztg." stellt folgende Berechnungen zusammen: Don den 11441 094 Wahlberechtigten entfallen 5 961697 auf die Orte (Ortsgrößenclasse) von unter 2000 Einwohnern, 2 004 142 auf die Orte von 2000 bis 10 000 Einwohnern, und 3 475 255 auf die größeren Orte. Die Wahlbetheiligunz betrug im ganzen Reich 68,1 Proc., in den Orten mit unter 2000 Einwohnern und in denen von 2000 bis 10 000 Einwohnern gleichmäßig 66,9 Proc., in den größeren dagegen 70,8 Proc. Von den 7 752 693 abgegebenen giltigen Stimmen entfielen 859 222 oder 11,8 Proc. auf die deutschconservative Partei. Die Wähler dieser Partei sind um so weniger zahlreich, in je größeren Ortschaften sie wohnen. In den kleinen Orten mit unter 2000 Einwohnern wurden 15,93 Proc. deutschcon servative Stimmen abgegeben, in den mittleren von 2000 bis 10 000 Einwohner 7,45 Proc. und in den größeren mit 10 000 und mehr Einwohnern nur 5,11 Proc. Aehnlich liegen die Ver hältnisse bei der deutschen Reichspartei, auf die im ganzen Reich 4,43, in den kleineren Orten 5,62, in den mittleren 4,50 und in den größeren 2,46 Proc. entfielen. Auch beim Centrum nimmt die Zahl der Stimmen mit der Größe der Ortschaften ab. Im ganzen Reich erhielt das Eentrum 18,77 Procent aller Stimmen, in den kleineren Ortschaften 23,39, in den mittleren 19,50 und in den größeren 10,88 Proc. Am stärksten zeigt sich der Einfluß der Größe der Ortschaften auf die Stimmenzahl bei den Polen, dem Bund der Landwirthe und dem bayerischen Bauernbunde. Bei denPolen betrug der Gesammt- antheil 3,15 Proc. aller Stimmen, in den kleineren Gemeinden 5,08, in den mittleren 1,86 und in den größeren 0,72. Beim Bund der Landwirthe lauten die entsprechenden Zahlen FrnrHetsn. Himmelfahrt in der Kunst. Zum HtmmelfahrtSfeste, 11. Mat. Von Theodor Lamprecht. Nachdruck verboten. Wie unsere Feste in vielen B«ziehungen in inniger Wechsel wirkung zur Kunst stehen, so spiegelt sich auch ihr Charakter und ihre Bedeutung in ihr wider. In diesem Spiegel der Kunst er kennen wir das Eine mit besonderer Klarheit, welche Feste d«n tiefsten Eindruck auf die Gemüther gemacht haben und welchen Umständen sie diesen Vorzug verdanken. Wir sehen da, wie der weihnachtliche und der österliche Stosskreis mit der Fülle ihrer rührenden und erschütternden, dramatischen und idyllischen Mo mente die Phantasie der Künstler am stärksten angezogen und zu schier zahllosen Darstellungen herausgefordert haben. Den Gegenpol bildet das Pfingstfest, dessen christliche Grundlage — di« Ausgießung des heiligen Geistes — in der Kunst nur ver einzelt behandelt worden ist; begreiflich, da der Vorgang einen ganz vorwiegend geistigen Charakter trägt. Das HimmelfahrtS- sest nimmt eine Mittelstellung ein. Von Christi Himmelfahrt besitzen wir immerhin ein« ziemlich große Reih« von Dar stellungen, di« freilich weder an Zahl noch auch — im Allgemein«» wenigstens — an Bedeutung an die Schilderungen der Ge burt oder der Kreuzigung Christi, der Anbetung der König« oder der Beweinung des Leichnams heranreicht. Auf den ersten Blick darf diese Thaksache überraschen. Man möchte glauben, daß der zum Himmel auffteigende Weltheiland, den der selige Jubel der EngelSschaaren, das tiefe ahnungsvolle Erstaunen der Erlxnkinder begleitet, ein Vorwurf sei, der die Künstler habe mächtig reizen müssen. Aber es entbehrt dieser großartige Stoff jenes sinnlichen Reichthumes an Einzeltzügen, jener (wenn das Wort erlaubt ist) anekdotischen Bestimmtheit, die di« Be gebenheiten des Weihnacht»- und Ost«rkr«ise» so au»zetchnet, st« so faßlich und klar und dennoch so unerschöpflich reich gestaltet. Zudem scheint «S — und «» ist sehr natürlich —, daß die Künstler dir Schwierigkeit in der Darstellung der Himmelfahrt fast ge scheut haben. Hier, in dem Augenblick« der Vollendung deS Lebens und de» Werke» Christi, durfte kein Mißton sich ein- schleichen, hier mußten all« Mittel der Malerei zusammenwirken zu einrm gewaltigen vollen reinen Accorde, einem Arcorde himm lischen Jubel» und erhabenster Feierlichkeit zugleich; und die Ver anschaulichung der Wirkung de» wunderbaren Ereignisse» auf die gebunden« tzassungsgab« der menschlichen Zeugen stellt« ferner an die Fähigkeit der Lharakterisirung dir höchsten Anforderung«n. E» mag di» Erkenntniß dieser Schwierigkeiten wähl mitge wirkt haben bei drr Bildung des Lypu» der Darstellung drr Himmelfahrt, wie ihn di« altchristliche Kunst un» zeigt. Da beschränkt sich di« Scene im Wesentlichen auf die irdischen Vor gänge; man sieht di« erstaunt aufwärt» -lickenden 'Jünger, wäh rend die Gestalt des Meister» selbst durch die Wölken grsitzkentheil» verhüllt zu fein pflegt. Das ist di« gewöhnliche Form der Schilderung des Vorgang«» auf den altchristlichen Miniaturen und FlfenbeinrrliefS. Aber lang« noch hat sie südlich wie nördlich der Alpen nachgewirkt. Au» Italien sei die an den alten Typus sich eng anschließende und daher recht unfrei wirkende Himmelfahrt Fra Angelico'S in der Florentiner Akademie er wählt; bei uns knüpfen zahlreiche Kupferstiche an die altchrist liche Form an; so besonders drei kleine Werke von dem sogenann- ten Meister von Zwolle, -von H. L. Schäuffelein und von Albrecht Dürer. Betrachten wir dies letztere Blättchen, so sehen wir daS Erstaunen der zurllckbleibenden Gemeind« trotz der Kleinheit des Formates gar mannigfaltig und durchaus realistisch geschildert; auf dem Berge sind noch Christi Fußspuren sichtbar (ein Zug, der in Anknüpfung an das Wort des Zacharias 14, 4: „Und sein« Füße werden stehen zu der Zeit aus dom Oelberge" in all«n diesen Darstellungen alteren Stils wiederkehrt); von Christus selbst ab«r sieht man nur das unterste Stück des Mantels und die Füße, und wenn schon diese Anordnung überhaupt etwas Sonder bares, fast Komisches an sich hat, so erweckt noch der starre und schwere Faltenwurf des Mantels eher den Eindruck von etwas Statuarischem, Feststehendem, als — wie doch beabsichtigt ist — den des Schwebenden, Steigenden. So gestaltete sich die alte Form in der Hand eines Meister» — ein Beweis, daß diese Form nicht im Stande war, den Borgang der Himmelfahrt Christi künstlerisch zu bewältigen. Es war der große Bahnbrecher Giotto, der in einem der Fresken in der Capell« der Madonna dellArena zu Padua mit der Ueberlieferung kühn brach und eine eigene und überzeugende Darstellung der Himmelfahrt versuchte. Mit so entschiedenem Mücke, daß fein 'Werk noch heute in der vordersten Reih« zu nennen ist. Die majestätische Gestalt des Heilandes, der, die Hände dem Himmel entgegenstreckend, durch die anbetenden Schaaren der Engel und der Heiligen hindurch langsam empor schwebt, ist an großartiger Feierlichkeit, an schlichter Glaub würdigkeit kaum übertroffen worden. Das Moment de» Schiebens hat den Künstlern aller Epochen an diesem Vorwurf« besondere Schwierigkeiten bereitet und sie haben das Problem, unS die irdische Schwere des Leibes vergessen zu machen, auf mannigfache Weise zu überwinden versucht; aber so einfach und überzeugend, wie von diesem großen Frühflorentiner, ist «» selten wieder gelöst worden. Einen schönen Zug in Giotto's FreSko bilden auch die beiden Engel, die, die überraschte Gemeinde auf wärts weistnd, künstlerisch ein« Verbindung zwischen den beiden Theilen de» Bilde», menschlich ein« solche zwischen dem Hüben und Drüben darstellen. Unter den Andächtigen ist Maria be sonder» gelungen, deren stilles Gesicht eher anzudeuten scheint, daß sie in dem Wunder di« geahnt« Erfüllung schaut, als daß sie überrascht Ware. Dieser kühn« Wurf hat in der Schilderung der Himmelfahrt Epoche gemacht, und nur Perugino hat später eigentlich Giotto's Jiwen noch weiter entwickelt. Richten wir aber unseren Blick auf die Fürsten der italienischen Kunst, so finden wir, daß weder Raffael noch Lionardo, weder Michelangelo, noch Tizian <m Christi Himmelfahrt sich gewagt haben, und e» wird dies beson ders von Tizian zu bedauern sein, der in der berühmten Him melfahrt Mariä ein« so unvergleichlich« Schilderung aller Selig keit und Herrlichkeit dieses Momente» gegeben hat. Wir werden aber zur Ergänzung unserer Vorstellungen -Wei Werke Lio nardo'» und Raffae.s heranziehen dürfen, di« aanz verwandte Themata behandeln und un» daher andeuten, wie dies« Meister unserem Gegenstände etwa gegenübergestanden haben. In der Berliner Galerie befindet sich ein« Tafel, über deren Schöpfer di« Gelehrten noch heut« nicht einig sind. Bode erblickt Ihn In Lionardo selbst, Andere bestreiten diese Behauptung; daß das Bild Leonardo nahe steht, halten wir für zweifellos, und jeden falls ist e» ein Wert von hoher Schönheit. E» stellt di« Auf erstehung dar. Die Siegesfahne mit dem Kreuze schwingend, entsteigt Jesus dem Grab«, an dem der heilige Leonhard und die heilig« Lucia verehrend knieen; und wenn wir den wunderbaren Adel und die sieghafte Innigkeit dieser mächtig rmporstrebenden, von allem Irdischen befreiten Gestalt, wenn wir auf den magischen Stimmungszauber der den Hintergrund bildenden Fluß- und Fslslandschast blicken, dann mag uns wohl ein« Ahnung aufgehen, mit welcher Süße, Größe und Feierlichkeit der Meister de» Abendmahls dir Begebenheit der Himmelfahrt geschildert hätte, deren 'Hauptgestalt wir ja hier vor Augen haben. AehnlicheS gilt von Raffael. Sein« derühmie „Ver klärung" im Vatikan giebt uns in ihrer oberen Hälfte (die untere zeigt bekanntlich die Geschichte des besessenen Knaben), man möchte sagen, «in 'Stück Himmelfahrtsscene. Denn Raffael substituirte dem malerisch unvorstellbaren eigentlichen Vorgänge drr Verklärung, dem schattenlosen Leuchten, da» Schweben, also so recht eigentlich das küirstlerische Hauptmoment der Himmel- fahrtsscen«, und 'von dieser Christu»geftält kann nur wiederholt werden, wa» der nun verewigte Jacob Burckhardt in der letzten Auflage seines klassischen „Cicerone" (1898, bei E. A. See mann, Leipzig) gesagt hat: „Form und Ausdruck de» Christu» sprechen eines jener großen Geheimnisse der Kunst au», um die sich bisweilen lange Jahrhunderte vergeblich bemühen." So überirdisch-mächtig ist dies Enrporschweben charakterisirt, daß zu beiden Seiten de» Heilandes Mose» und Ella», wie von einer magnetischen Kraft mit emporgezogen, aufsteigen. Welchen machtvollen Gegensatz aber zu diesem Wunder bilden dann di« drei aus dem Berge zurückbleibrnden Jünger, di« Geblendeten, Fassungslosen! Di« Beschränktheit de» Menschengeschlechter und di« unendlich holde erlösend« Freiheit deS Göttlichen sind selten so wirksam gegeneinander contrastirt worden, und in diesem Kon traste dürfen wir wohl -dir eigentlich Raffael'sche Auffassung der Himmelfahrt erblicken. Die Kunst hatte, um noch einmal an Burckhardt'» Worte an- -nlnüpsen, da» Gehrimniß lange vergeblich gesucht, und bald hatte sie «S, in Italien wenigsten», verloren. Im 16. Jahr hundert malte der Bolognese Pellegrino wieder «ine Himmel fahrt, die Agostino Earracci gestochen hat —, sie steht bereit» unter dem Zeichen des Manierismus. Aus der heiteren stillen Andacht, di« bei Raffael Christi Gesicht durchleuchtet, ist hier «In vergnügtes LNcheln geworden und eine unnatürliche Fußstellung verwandelt den Eindruck des leichten Schwebens in den eine» schweren Tretens. Bei der Darstellung der Jünger aber hat der Maker dir Sprache der Hände, durch die er die Gemllthsbrwegun- gen besonders eindringlich charäkteristren wollte, so Übertrieben, daß eine unleidliche Unruhe entstanden ist und man sich einem erregten Debattirckub gegenüber zu befinden glaubt. Gehen wir auf germanischen Boden hinüber, so dürfen wir zunächst «inen Stich deS Albrecht Altdorfer erwähnen, dem eine gewisse Originalität nicht abzusprechen ist. Diese Originalität liegt in derDarstellung des Irdischen. Altdorfer hat es verstanden, die Ueberrischung der Menschen über den Vorgang realistisch zu versinnlichen. Man sieht da ein großes Gewimmel von Schlafen den, Halbwachen, Erstaunten und Verblüfften; ja es springt sogar Emer mit einer Laterne hinzu, um den Schauplatz zu beleuchten. Das ist nun im Einzelnen ganz unterhaltlich, aber der große Voraang ist doch km Grnrestil behandelt, und daS Kleinliche der Auffassung tritt besonder» klar zu Tage, wenn man andere be deutende Darstellungen daneben hält. Eine solch« haben wir vov Allem von Rembrandt (Münchener Pinakothek). Wie zu er warten ist, steht Rembrandt'» Christus dem Rasfael'z an idealer Größe erheblich nach; aber auch hier hat Rembrandt, um der Be gebenheit den Charakter der Weihe zu geben, mit Erfolg sein großes Zcmbermittel angewandt: da» Licht. In einer goldenen Glorie schwebt der Heiland empor und von ihm aus schwebt das ewige belebende Licht hernieder, durchdringt da» irdische Dunkel, erleuchtet die schlichten Köpf« der andächtigen Beier uns wird so zum Boten des Himmels, zum Vermittler zwischen Erde und Himmel. Dadurch ist der StimmiungSgehalt des Vorganges mit besonderer Wirkung zum Ausdrucke gebracht; das Dra matische darin hat in Ruben» seinen Meister gefunden, den eben wegen seiner Neigung zum dramatisch Großartigen unser Stoff so besonders anzog, daß er ihn mehrere Male behandelt hat. Auf der Tafel in der Jesuitenkirche zu Antwerpen hat er nur den emporsteigenden Christus mit zwei Engeln gezeigt, — etwas gewaltsam, aber doch voll triumphirender Bewegung. Sein Höchstes in der Schilderung des Vorganges hat er wohl auf dem von Schelte a Bolswert gestochenen Gemälde erreicht. Der Christus dieses Bildes ist «in Typus, den wir in dieser Voll endung noch nicht antrafen; er ist actio, er schwebt nicht, nein, er steigt mit wuchtigem Schritte, auf die Siegesfahne sich stützend, empor; er ist nicht die Verkörperung der Befreiung von allem Irdischen, sondern ist körperlich gedacht, noch in der Vollendung ein überwindender mächtiger Streiter. Die höchsten Schönheiten des Bildes finden sich in der Gruppe der Jünger. Einer, vom Wunderbaren unberührt, verharrt in dumpfem Schlafe, ein Anderer ist im Begriffe, den Druck des Schlafes zu überwinden. Spiegelt sich in ihnen die Plötzlichkeit des Ereignisses wider, so zeigen zwei andere Gestalten seine niederschmetternde Wirkung. Entsetzt wendet sich der Eine zur Flucht. Ein behelmter Krieger blickt wie versteinert mit weit geöffneten Augen, di« Hände ab wehrend vorgestreckt, dem Heilande nach, und eS ist ganz be sonders diese letztere Figur von außerordentlicher Wucht und Wahrheit. So sehen wir, daß der groß« Vlama, hier wie immer rin Monn des realen Leben», in die Darstellung der Wirkung des Vorgänge» den Schwerpunkt gelegt hat. Don Giotto's schlichter Frömmigkeit bis zu Raffael's idealer Dergeisterung und Rubens' derbem Realismus ist der Vorgang in den mannigfachsten Arten behandelt worden. Die Neueren haben wenig Originelles hinzugethan. Ein Altarbikd B. Rodes' in der Küstriner Kirch« ist unselbstständig, Mengs' einst von Winkel mann so bewundertes Bild in der Hofkirche zu Dresden wirkte schon gleich auf die Zeitgenossen so, „als habe man es bereits irgendwo gesehen". Ein« gute und fesselnde Darstellung dagegen ist die in der Nationalgalerie zu Berlin ausbewährt« unseres trefflichen Eduard von Gebhardt. Neben einer fchr sorgfältigen Durcharbeitung des Gegenstandes zieht an diesem Werke vor Allem der in ihm lebende gläubig« Geist an. Denn mehr als von so manchem anderen religiösen Stoffe gilt von diesem rein wunderbaren Vorwurfe das Goeihc'sche Wort: „Wenn ihr'» zücht fühlt, ihr werdet » nicht erjagen". Kein Grübeln, kein Künsteln hikft da, und sehr fein unterscheidet da» Gefühl, wo die Stärke der Empfindung de» Künstlers liegt. Rembrandt hat sich mit einem feinen Kunsimitlel beholfen, Ruben» das Irdische zur Hauptsache gemacht; Giotto, der einfach Innige, und Raffael, der Vollendete, hoben da» Wunder selbst in seiner geheimnißvoller» Größe glaubhaft gemocht.
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