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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.01.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-01-17
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010117018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901011701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901011701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-01
- Tag1901-01-17
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BezugS.PreiS I» der Hauptexpeditto» oder de« Im Stadt bezirk und den Bororten errichtete« Aus gabestelle« ' bgeholt: vierteljährlich ^l 4 50, bei zweimaliger täglicher Zustrll»«g in» Haus 5.50. Durch di» Post bezogen für Deutschland u. Oesterreich: vierteljährl. S. Man avonmrt ferner mit entsprechendem Postaufschlag bet den Postanstalten in der Schweiz, Italien, Belgien, Holland, Luxem burg, Dänemark, Schweden und Norwegen, Rußland, den Donaustaaten, der Europäischen Türkei, Eg ptea. Für alle übrigen Staaten ist der Bezug nur unter Kreuzband durch dit- Expedition diese» Blatte» möglich. Die Morgen-Ausgabe erscheint um '/,? llhh di« Lbend-AuSgao» Wochentag» um 5 Uhr. NeLaction nn- Lrve-itiou: JohanniSgaffe 8. Filialen: Alfred Hahn vorm. O. Klemm'» Sortim. Unrversitätsstraße 8 (Paulioum), 8oui» Lösche, katharinenstr. 14, part. und LönigSpIatz 7. 3V. Morgen-Ausgabe Anzeiger. ÄmksUatt des Äonigkichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Aathes und Nokizei-Äintes der Ltadt Leipzig. Donnerstag den 17. Januar 1901. Anzeigen-Preis die 6g«spaltene P^ilzeile Lü Reklamen unter dem Rrdaction»strich (»gespalten) 75 H, vor den Familiennat^ richten (8 gespalten) 50 Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Brbühren für Nachweisungen und Offertenannahme 25 (rxcl. Porto). <?rtra - Beilagen (gefalzt), «ur mit der Morgen-AuSgabe, ohne Postbesürdernng ^l 60.—, mit Postbeförderung ^ll 70.—, Anaahmeschluß für Anzeige«: Abend-AuSgabe: Bormittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestelle« je ein» halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet» an die Exyetzitirs zu richten. Dir Expedition ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi» Abend» 7 Uhr. Druck und Berlag von E. Bolz in Leipzig 95. Jahrgang. Der jüngste russisch-chinesische Vertrag. —V. 8. Zwischen Rußland und China ist es nun doch zum Abschluß eines Vertrages gekommen, der über die Mandschurei ein förmliches Protektorat des Zaren errichtet. In den Ver handlungen zu Mukden zwischen General Tseng und Admiral Alexejew hat Rußland die Berechtigung erhalten, die chinesische Verwaltung der Provinz Fengtien durch einen Ministerresiornten controliren zu lasten; derselbe erhält ähnliche Befugnisse, wie der Vertreter in Buchara. Diplomaten des Kaisers Nicolaus in China werden von nun an die tatsächlichen Oberherren der Mandschurei sein, deren Anordnungen die Chinesen folgen muffen. Damit ist eine, seit langem betriebene große Action zu End« geführt worden, welche die Machtstellung der Rusten be deutend erweitert und sie der Hegemonie über Asten um einen wichtigen Schritt näher gebracht hat. Was man vor vier Jahren verinuthete, als das Abkommen über die „ostchinesische Bahn" veröffenticht wurde, das ist jetzt zur Thatsache geworden. Der Zar gebietet ungehindert in der Mandschurei. Ueberraschen konnte der jüngste Vorstoß der russischen Politik Niemanden, der die Entwickelung der Dinge in Asien beobachtet und die verschiedenen Etappen verfolgt hat, welche di« Peters burger Staatsmänner bei der Verfolgung ihrer ehrgeizigen Ziele zurücklegten. Der Vertrag über das Protektorat der Mandschurei ist die Folge früherer Unternehmungen, die vor Jahrzehnten tn Angriff genommen wurden, darauf eine zeitlang ruhten, und seit einigen Jahren auf's Neue eine energische Fortsetzung er fuhren. Der Gencralgouverneur von Ostsibirien, Murawjcw, war bekanntlich der erste der in der Mitte der fünfziger Jahre China zu einer bedeutenden 'Landabtretunq zwang. Das Amur gebiet wurde ohne Veranlassung und ohne den Chinesen den Krieg zu erklären, plötzlich von russischen Truppen besetzt uns im Vertrage zu Aigun im Mai 1858 den Grenzen des Zaren reiches einverleibt. Als ferner im Jahre 1860 die Engländer und Franzosen in Peking standen und die Existenz des himm- lischen Reiches bedrohten, benutzt- man die Gelegenheit zu einer neuen, wichtigen Erwerbung. In das Uffuri-Gebiet rückten ebenso, wie kurz vorher ins Amur-Land, russische Truppen zum Zwecke der Eroberung, worauf der damals noch junge Nikolai Jgnatiew — der spätere langjährige Botschafter in Konstan tinopel — einen neuen Vertrag zum Abschluß brachte, in dem die Herrschaft des Zarenreiches bis Wladiwostok ausgedehnr wurde. Seit dieser Zeit war über di« Beziehungen zwischen Rußland und China wenig zu hören, bis am Ende des Jahr hunderts der Ausbruch des Krieges zwischen Japan und dem Reiche der Mitte den damaligen leitenden russischen Staats mann, Fürsten Lobanow-Prostowski, zu einem weiteren Eingriff bewog. Er erlangte die Concession zum Bau der Eisenbahn durch die Mandschurei; damit war ver Grund gelegt, daß die Grenzen des Reiches eine abermalige Verschiebung erhalten mußten. Sie ist jetzt erreicht, zum großen Theile in Folge der Boratbeiten des verstorbenen Ministers Grafen Michael Murawjew, besten Werk sein Nachfolger, Graf Lamsdorff, voll endet hat. Wie sehr ihm der Zar «dafür dankbar ist, ersieht mar, aus der eben erfolgten Beförderung des Grafen vom Verweser des Ministeriums zum Minister des Auswärtigen. Dieses Er- eigniß stand freilich immer zu erwarten, aber es erfolgt in der Regel beim Jahreswechsel, oder zum Geburtstage, beziehungs weise zum Namenstage des Herrschers. Dieses Mal sand die Ernennung zum russischen Weihnachtsfeste statt, welches fast gleichzeitig mit der Veröffentlichung des neuen bedeutsamen Ab kommens zusammenfiel. Die englisch« Presse hat über die endgiltige Festsetzung Ruß lands in der Mandschurei ungeheuren Lärm geschlagen. Der Vorstoß soll angeblich den Verpflichtungen widersprechen, welche die Mächte in China eingegangen sind. Aehnlich haben sich einige Pariser Blätter geäußert, doch ist den letzteren keine Be deutung beizumestm, da di« Absicht, Deutschland in Verwicke lungen und Ungelegenheiten zu stürzen, gar zu offensichtlich ist. Die Taktik der Briten ist dagegen nicht recht klar. In London kann schwerlich Unklarheit darüber herrschen, daß die Mand schurei als Interessensphäre des Zarenreiches, von dem Abkommen zwischen Deutschland und England nicht berührt wird. Der Wortlaut deS Vertrages, soweit bekannt, ist allerdings so all gemein gehalten, daß anscheinend jeder territoriale Vortheil, den fremde Mächte unter irgend einer Form in China erlangen, von Deutschland und England gehindert werden muß. Man darf aber annehme, daß die beiderseitigen Diplomaten bei ihren Ver handlungen über die Art deS Einschreitens und über das Gebiet, welches ein solches veranlassen könnte, Klarheit geschafft haben. Die wiederholten Betheuerungen officiöser Blätter, die Inter essensphären der einzelnen Staaten würden durch daS Abkommen nicht betroffen, nöthigen zur Annahme, daß man um Alle-, waS Rußland in der Mandschurei beginnen wird, sich nicht weiter kümmern wolle. Im Ernste kann Niemand an der Themse glauben, daß Deutschland wirklich so thöricht wäre, die Kreise des Zaren innerhalb seines anerkannten MachtgebieteS stören zu wollen. ES bleibt deshalb nur die Voraussetzung übrig, daß der Zorn der Briten über die Errungenschaft ihrer Nebenbuhler in unüberlegter Weise zum Ausdruck kam. Politischen Werth können die Erörterungen der Londoner Blätter dieses Mal un- möglich beanspruchen. Erklärlich ist der Unwille der Engländer, wenn man bedenkt, welche hohe Bedeutung die Herrschaft der Mandschurei, besonders der Besitz der Hauptstadt Mukden, in sich schließt. Letztere Stadt ist zunächst handelspolitisch von großem Werthe. Sie ist der Knotenpunkt der ostchinesischen Eisenbahn in ihrem südlichen Ausläufer nach Port Arthur und in der über Tientsin nach Peking führenden Linie. Sie soll ferner bald mit Port Arthur durch den Telegraphen in Verbindung gesetzt werden, von hervor- ragender Wichtigkeit ist aber Mukden für die strategischen Ope- rationen der Russen. ES bildet auf diesem Gebiete daS Mittel glied zwischen Ostchina und Korea. In Mukden treffen die großen Straßen von Osten und Norden zusammen, um vereinigt nach Westen den Liauno-Fluß zu überschreiten, dann sich dem Süden zuzuwenden, endlich wiederum die Richtung nach Westen einzu schlagen und Peking zu erreichen. Die Bedeutung MukdenS wurde von den Ingenieuren im Kriege 1894 «benfallS anerkannt, und man batte die Abficht, vor Allem sich der Hauptstadt der Mand schurei zu bemächtiaen. BerpslegungSschwierigkeiten und Terrain hindernisse veranlaßten indeß damals eine Aenderung deS Plane». ES läßt sich mit Bestimmtheit sagen, daß Mukden d«r Schlüssel der russischen Interessen- fpßär« in China ist, daß sein v»fitz dir Machtstellung des Zarenreiches in China verbürgt und daß das Vorgehen der Russen gegen Korea ebenfalls durch Mukden be günstigt wird. Das Alles ist durchaus geeignet, in London Be klemmungen hervorzurufeiz. Aendern freilich werden die Artikel der „Times" und ähnlicher Organe an Vieser Sachlage nichts. Der mandschurische Vertrag wird von England ertragen werden müssen, wie so Manches früher und wie Vieles, welches noch im Schooße der Zukunft ruht. Die Wirren in China. Rechtspflege in Peking. Eine Pekinger Drablmeldung an „Laffan'S Bur." besagt nach der „Vcss. Ztg.", daß die verbündeten militärischen Befehlshaber in Peking am 15. Januar eine neue Rechts pflege eingefüdrt baden, die von chinesischen Richtern, die in jedem District von dem betreffenden fremden General ernannt werden, gebandbabt werden soll. Die Tvdesstr a fe sei vorgcschrieben für Bcthciligung an der Boxerbewegung, für Schädigung des Leben» und EigenthumS von Chinesen wie von Ausländern, sür Angriffe auf die fremde Polizei oder deren Vertreter, sür Widerstand gegen Verhaftung, ferner sür Mord, Mordversuch, Naud, Plünderung, Falschmünzerei, Einbruch und Vergewaltigung. Todesurrheile müssen vor der Vollstreckung vom commandnenden General des Bezirks, in dem sie gefällt worden sind, bestätigt werden. * Petersburg, 16. Januar. (Tel.) Aus Odessa ist der Dampfer „Saratow" mit 1450 Necruten zur Ergänzung der Truppen des Kwautunggebietes und Les Amur-Militärbezirkes nach Port Arthur abgegangen. — Der Maler Wereschtschagin hat sich nach China begeben, um Schlachteubilder zu malen. Der Krieg in Südafrika. De Wet's rigorose Massregel. Die Londoner Abendblätter vom 14. d. M. beschäftigen sich auf das Eifrigste mit Lord Kitchener's letzter, noch unklarer als je gehaltenen Depesche: „Drei Agenten ves Friedcnscomitös nm 10. als Gefangene nach De Wet's Lager nahe Lindley gebracht worden. Ein britischer Unterthan gepeitscht und dann erschossen, zwei Boeren gepeitscht worden auf Befehl De Wet's." Einige Blätter bemühen sich, den Vorfall als Bruch des Völkerrechtes hinzustellen, die „Westminster Gazette" jedoch ist ehrlich genug, zu sagen: „Wir haben von allem Anfang an die Schwierigkeiten vorausgcschen, die sich daraus ergeben würden, daß man unter den activ im Felde stehenden Boeren Proklamationen circulirt und daß Boerenführer solche Schritte sicherlich ahnden und für die Zukunft unmöglich machen werden. Es trifft uns wie ein Schlag ins Gesicht, daß ein britischer Unterthan, der an diesem Werke betheiligt war, nicht blos, als ob er ein Spion wäre, erschossen, sondern vorher auch aus gepeitscht wurde. Es ist denkbar, daß es für diese doppelte Strafe eine Erklärung giebt; wenn nicht, so ist das Aus peitschen absolut nicht zu entschuldigen, wenn auch das Er schießen gerechtfertigt werden kann." Nach heute aus Capstadt eingetroffenen Nachrichten liegt dem Vorfall jedoch etwas ganz Anderes zu Grunde. Leitende Männer des Afrikander-Bonds erklären, daß die beiden Boeren und der Engländer, die auf Befehl De Wet's ausgcpeitscht resp. der Letztere dann erschossen wurde, ohne Akkreditive, ja selbst ohne einen formellen Auftrag oder irgend welches Beglaubigungsschreiben von General Kitchener oder der englischen Regierung die Boerenlager besucht und dort den Ver such gemacht hätten, die Feldcornets und Truppen zur Fahnen flucht, bezw. zur Meuterei und zur Niedrrlegung der Waffen zu verführen. Wenn das wahr ist — und es ist thatsächlich kein Grund vorhanden, die Glaubhaftigkeit dieser Dar stellung des Vorfalles in Zweifel zu ziehen — dann hat De Wet, wenn auch außergewöhnlich strenge, so doch mit vollem Rechte gehandelt. War es Lor-d Kitchener darum zu thun, den Frieden öder wenigstens einen Waffenstill stand herbeizuführen, so hätte er, männlicher Moral und inter- nationalem Brauche entsprechend, einen Parlamentär mit den nöthigen Vollmachten zu Dewet schicken müssen. Der Sieger von Chartum und Zerstreuer der Mhadigebeine jedoch hat es vorg«zog«n, zwei gefangene Boeren, die — o«r Himmel weiß mit welchen Mitteln — der heiligen Sache ihres Volkes abtrünnig gemacht worden waren, ohne jede Vollmacht, ohne jedes bindende Wort von seiner Seite mit dem Auftrage auszusenden, ihre St>amm«sgenossen zur Untreue, zum Verrath, zur — im Eng lischen ja gebräuchlichen, aber unter den Boeren bisher fremden — Meuterei zu verlocken. Der „englische Unterthan" war ihnen wohl mitgegeben worden, um sie, ihre Handlungen und Worte zu überwachen, und vielleicht auch nebenbei unter dem Schuhe dieser Boeren in Dewet's Lager «in wenig Umschau zu halten und dann verläßlich zu berichten. Jeder rechtlich Denkende muß zugefiehen, daß diese Drei, be sonders aber der Engländer, ihr Schicksal in ihre eigenen Hände nahmen, als sie sich zu solchen Diensten liehen, und das Loos, das si« ereilt hat, nur ein gerechtes war. Dewet'S Handlungs weise, wir wiederholen es, mag als «ine allzu rigorose bezeichnet werdrn, als grundlos oder unberechtigt gewiß nicht. Und wer noch darüber im Zweifel wäre, der lege sich die Frage vor: „Wie hätte Lord Kitchener vor Chartum gehandelt, wenn zwei britische Unterthanen (entlassene Gefangen«) und «in Boer In sein Lager nach Pretoria gekommen wären, um nicht mit ihm über den Frieden zu verhandeln, sondern ohn« jegliche Art von Vollmacht es versucht hätten, di« englischen Truppen zum Ni«d«rlegen der Waffen zu veranlassen?" Vielleicht schrumpft daS ganze von Kitchener mit so großer Wichtigthuerei in di« Welt gesetzte boerische „FriedenScomitS" in Johannesburg auf di« zwei Lump« zusammen, die jedenfalls nicht einmal eingesessene Afrikander sind. Der falsche vatha. AuS dem Haag, 14. Januar, wird unS berichtet: Seitens der hiesigen TranSvoalkreise wird auf den neuesten Täuschungs versuch der Engländer hinaewiesrn, der sich an den Namen Botha knüpft. General Kitchener läßt nämlicb in beiden Boerrn- staaten Aufrufe verbreiten, unter welchen die Namen mehrerer scheinbar bekannter Boerenführer stehen, und in welchen die Boeren ausgefordert werden, die Waffen nicderzulezen und sich den Engländern zu ergeben. An der Spitze der Unterzeichner steht „P. Botha", wonach man glauben soll, daß dies der Bruder des tranvaalischen Oberfeldherrn, Philipp Botha, sei. In Wahr heit ist der Vorsitzende dieses „Friedenscomitös" ein gewisser Paul Botha, der mit Louis und Philipp Botha in keinerlei verwandtschaftlichen Beziehungen steht und einfach von den Eng ländern gekauft worden ist. Tic beginnende Umstimmung in England Charakteristisch für die Lage ist es, daß alle Blätter der Kriegspartei der Negierung empfehlen, die nach England kom mende Abordnung des Afrilander-Bonvs, Hoffmeyer, Sauer und Merriman, zu verhindern, „in England boerenfrcundliche Agi tationen zu betreiben". — Bisher hatte man die ähnlichen Ab ordnungen ruhig gewähren lassen, in der Ueberzeugung, daß alle derartigen Bemühungen völlig vergeblich seien. Augen blicklich aber fürchtet man doch eine tiefgehende Wandlung in der Kriegsstimmung des englischen Volkes. Zukunstshoffnnngcn der Boeren. Aus der schon erwähnten Unterredung des Brüsseler Correspondenien des „Daily Telegraph" mit vr. Leyds und Fischer sei noch Folgendes hervorgehoben: Nachoem Herr Fischer die Haltung Sir Milner's, die that sächlich zum Kriege führen mußte, des Weiteren besprochen hatte, fragte der Berichterstatter: „Aber Sie werden doch zugeben, daß Großbritannien unvergleichlich mächtiger ist, als die beiden Republiken, und selbst als ganz Südafrika zusammengenommen?" . . . „Gewiß, gebe ich das zu", war die Antwort Fischer's. . . . „Dann müssen Sie doch am Ende zermalmt werden?" . . . „Es ist möglich, doch nicht wahrscheinlich, daß unsere gegenwärtig im Felde stehenden Truppen vernichtet werden, aber unsere Rasse — niemals. So lange, als es Frauen giebt, die Kinder gebären und erziehen können, so lange wird das holländische Ele ment, wenn man es als besiegte Nasse be handelt, eine ständige Gefahr für das bri tische Weltreich bleiben!" „Selbst wenn ich das zugeben wollte", fuhr der Bericht erstatter fort, „so müssen Cie mir doch beipflichten, daß der Krieg Nicht ewig dauern kann. Er muß doch eines Tages enden, sei es in einem Monat, einem Jähre, in drei Jahren. Kann er anders als verhänanißvoll für sie enden? ... „Gewiß kann er das, und wahrscheinlich wird er es auch. Eng land steht heute mit den Negierungen aller Großmächte der Welt auf gutem Fuße. D>s hat England theuer bezahlt. Der Krieg hat auch England sonst noch viel gekostet, an Menschen, Geld und — Prestige. England ist in der Lage, sich solche Opfer erlauben zu dürfen, aber sicherlich nicht auf die Dauer. Wenn solche Opfer, wie es den Anschein hat, noch lange gebracht werden müssen, so werden die Kosten des Krieges einerseits und die der internationalen Freundschaft andererseits endlich eine Höhe erreichen, die sie unerträglich machen werden. Dann wird unsere Zeit gekommen sein. Sie mag früher kommen, falls Verwickelungen mit fremden Mächten eintretcn. Auf alle Fälle wird unsere Stunde schlagen. ... Aus diesen und vielen anderen Gründen fürchten wir die Resul tate unseres Kampfes nicht und zögern auch nicht, ihn fort zusetzen. Wir sind weit davon entfernt, Menschenleben muth- willig zu vergeuden, sondern das Blut unserer erschlagenen Sol daten trägt reiche Früchte. Wenn wir uns den Bedingungen von Lord Kitchener's Proklamationen fügten, so würden unsere Todten aus ihren Gräbern auferstehen." „Aber können Sie mir irgend welche Gründe angeben, warum Sie ein gewisses Maß von Selbstregierung, falls es Ihnen an geboten würde, nicht annehmen würden, wenn es Ihnen gestatten würde, sich einer Canada oder Australien ähnlichen Autonomie zu erfreuen?" forschte der Correspondent weiter. . . . „Gewiß kann ich das. Wir sind weder Canadier noch Australier. Diese Colonisten sind englischer Abstammung und ziehen englische Ein richtungen allen anderen vor. Unser Volk ist holländischer Ab stammung und wünscht politisch auf seine Weise, nach seinen Wünschen behandelt zu werden. Die britische politische Maschine mag ganz gut und gesund sein für Briten, doch folgt daraus nicht, daß sie gleich Vortheilhaft sei für Boeren. Und überdies: als der Transvaal im Jahre 1877 von England annectirt wurde, hatte man uns einen Volksraad versprochen, und welcher Art war die erwählte Volksvertretung, die man uns gab? Eine, deren jedes Mitglied von der Regierung ernannt worden war." Die letzte Frage des Interviewers lautete: „Was also glauben Sie, wird die endliche Lösung des Problems sein?" . . . I)r. Leyds erwiderte: „Das hängt ausschließlich von der Haltung Englands ab. Macht England uns Bedingungen, die unser Volk annehmen kann, dann ist die Angelegenheit für immer ge ordnet und England hätte damit nützliche Alliirte gewonnen. Besteht England iedoch auf unannehmbaren Bedingungen, dann kommt es zur Bildung einer großen südafrika nischen Republik, die alle ethnoloaischen Elemente des Landes vereinigt und keines Schutzes von Seite Großbritanniens bedarf. Das wird das Ende sein." Herr Fischer fügte noch hinzu: „Und obgleich ich nicht mehr jung bin, so glaube ich d"ch mit vollem Herzen, daß Sieund ich eS erleben werden, diese Republik procla- mirt und anerkannt zu sehen." Deutsches Reich. ff Berlin, 16. Januar. (EntschädigungSpflich- tige Unfälle.) Im Jahve 1899, dem letzten, für welches amtliche Nachweisungen der entsprechenden Art vorliegen, Hot sich die Zahl der ent>chädigungspflichtigen Unfälle wieder gegen das Vorjahr sowohl absolut als auch relativ gemehrt. Im Ge werbe entfielen auf das Tausend versicherter Personen in 1898 7,10 und bei der Landwirthschaft 4,26 Unfälle; im Jahre 1899 betrugen die entsprechenden Zahlen 7,39 und 4,58. Die Zu nahme bei der Landwirthschaft ist demnach ebenso, wie eS von 1897 auf 1898 war, noch etwas größer gewesen, als beim Ge werbe. Auch wenn, wie dieS seitens des Reichi-VrrsicherungS- amtes für die gewerbliche Unfallversicherung geschieht, die Zahl der Unfälle aus Dollarbriter berechnet wird, stellt sich im All gemeinen dasselbe Verhältniß heraus. Auf 1000 Vollarbeiter (zu je 300 Arbeitstagen) kamen 1898 8,18 und 1899 8,47 ent schädigungspflichtige Unfälle. Dabei ist natürlich entsprechend der Verschiedenheit der Größe der Unfallgefahr für die einzelnen Gewerbszweige mit ganz verschiedenen Zahlen zu rechnen. Während auf Spedition, Speicheret und Fuhrwesen nach dieser Berechnungsart im Jahre 1899 14,97, auf die Binnenschifffahrt 14,73, auf die Holzindustrie 13, auf die Steinbrllche 12,40, auf den Bergbau 12,10 Unfälle kamen, erscheinen die Industrie der Nahrungsmittel, Fleischerei und Tabak mit 3^3, Leder- und Bekleidungsindustrie mit 3,30, Textilindustrie mit 3,34, Papier industrie und Buchdruck mit 4,36 Unfällen. Es läßt sich aber doch trotz der allgemeinen Zunahme der entschädigungspflichtigen Unfälle jetzt in gar manchen Gewerbszweigen eine Abnahme be merken. So verminderte sich von 1898 auf 1899 die auf 1000 Vollarbeiter entfallende Unfallzahl beim Bergbau von 12,77 auf 12,10, bei der süd- und südwestdeutschen Eisenindustrie von 8,92 auf 8,90 und von 8,68 auf 8,52, bei der sächsisch thüringischen von 9,64 auf 9,14, bei der süddeutschen Edel- und Unedelmetall-Jndustrie von 3,95 auf 3,75, bei der Töpferei von 2,38 auf 2,04, bei der Glasindustrie von 5,39 auf 5,20, bei der rheinisch-westfälischen Textilindustrie von 3,20 auf 3,00, bei der S«idenindustrie von 1,54 auf 1,41, bei der Papierindustrie von 9,23 auf 8,81, bei der Lederindustrie von 5,98 auf 4,96, bei dem Fuhrgewerbe von 18,14 auf 16,50 u. s. w. Die Zahl der in den einzelnen Jahren bei den verschiedenen Gewerbs zweigen vorkommenden Unfälle wird sicher mit vom Zufalle be stimmt, aber die lange Reihe der Berufszweige, in denen nunmehr auch schon Verminderungen der Unfallzahlen zu beobachten sind, läßt doch die Hoffnung aufkommen, daß die Zeit nicht mehr allzu fern sei, in der keine verhältnißmäßige Steigerung der Unfallzahlen mehr zu beobachten ist. X. Berlin, 16. Januar. (Städtische Beamte in der Volksvertretung.) Wie bereits mitgetheilt, hat sich der Reichstags- und Landtagsabgeordnete Pauli, Vertreter von Eberswalde, der sich seit Jahr und Tag mit den städtischen Körperschaften von Ebers wald« in einem Streite tmrüber, wer die Kosten für seine Vertretung am dortigen Gymnasium während der parlamentari schen Tagungen zu tragen habe, entschlossen, dieser Streitfrage durch Bezahlung der bisber aufgelaufenen Vertretungskosten — 2000 — ein End« zu machen, da er fürchtete, in dem Civil- processe, den die städtische Behörde anzustrengen gedachte, zur Zahlung nicht nur dieser Summe, sondern obendrein der Kosten verurtheilt zu werden. Wenn die „Freisinnige Ztg.", die gewiß für Herrn Pauli als konservativen Abgeordneten und Sieger über einen fortschrittlichen Gegenkandidaten wenig Sympathien übrig hat, erklärt, es wäre passender gewesen, wenn die Communal- behörden von Eberswalde auch ohne rechtliche Verpflichtung dem Abg. Pauli den Ersatz der Stellvertretungskosten erlassen hätten, so kann man ihr nur vollkommen beipflichten. Noch besser wäre es freilich, wenn die Entscheidung über diese Fragen nicht der Auffassung überlassen bliebe, welche eine städtische Körperschaft von dem „Noblesse oblix-e" hat, sondern wenn eine gesetzliche Regelung einträte. Ob diese Regelung in dem Sinne erfolgt, daß die Stadt die Kosten übernimmt oder der Staat — auch das Letztere wäre durchaus berechtigt, denn in seiner parla mentarischen Thätigkeit widmet sich ja der Abgeordnete dem Dienste des Staates —, ist eine Frage zweiter Ordnung; die Hauptsache ist, daß nicht der durch das Vertrauen seiner Mit bürger in die Volksvertretung entsandte Mann Kosten zu tragen hat, denen sehr häufig seine Mittel nicht entsprechen werden. Es würden sonst der Volksvertretung Männer fern gehalten werden, die durch ihre Stellung, ihre Bildung und Intelligenz gerade be sonders berufen sind, im Dienste der Allgemeinheit zu stehen. ES ist hart genug, daß die deutschen Volksvertreter als Reichstags abgeordnete gar nichts und als Landtagsabgeordnete nur so viel erhalten, daß sie gerade eben den kostspieligen Aufenthalt in Berlin bestreiten können; wenn sie aber obendrein als materiell nicht auf Rosen gebettete Beamte noch Kosten dazu zahlen sollen, so kann man es ihnen nicht verdenken, wenn sie auf derartige Ehrenämter verzichten. * Berlin, 16. Januar. (Die deutsche Schule.) Tin Jeder, der längere Zeit im Auslande gelebt bat, kennt die Bedeutung der fremden Schulen. Nock neulich batten wir Gelegenheit, einen vollkommen wahren AuSspruch deS Direktor» der allgemeinen deutschen Schule in Antwerpen, I. P. Müller, anzuführrn : „Eine deutsche Au«laods- schule ist, wie e» in immer weiteren Kreisen allmählich zum Bewußlsein zu kommen scheint, nicht blo- eia wichtiger Factor für den Aufschwung einer Colonie, sondern geradezu die festeste Stütze de» deutschen Ansehen» und Ein flüsse» bei den Angehörigen anderer Völker." In Sofia besteht e:wa seit zwei Jahrzehnten eine deutsche Schule, die viel Gute» geleistet hat. E» sind im Laufe der Zeit viele Hunderte von deutschen und fremden Kindern durch diese Schule gegangen. Zwischen deutschen, anderen fremden und bulgarischen Kindern bat sich ein Gefübl der Zusammen gehörigkeit gebildet, da» im spateren Leben fortwirkt, viel Nutzen stiftet und der strammen Zucht deutscher Art Ehre macht. Die Schule in Sofia erhalt eine Neine Unterstützung durch da» Reick, die Hauptlast wird aber von den Deutschen und deutschen Schweizern, meist Handwerkern und kleinen Kaufleuten, getragen. Da» Schulgeld ist nicht doch und darf nicht hoch sein, um nicht bulgarische Familien, die große Eparmeister sind, abzuschrecken. Da» Reich kann selbst- verständlich nicht jeden Versuch, deutsche Schule« zu gründen, unterstützen. Wo aber eine schon bestehende deutsche Schule sich lebenskräftig erweist, wie die- in Sofia der Fall ist, da sind auch reichere Beihilfen nicht verschwendet. E» würde dann auch von Reich- wegen ein größerer Einfluß auf die Ernennung von Lehrern genommen werden könne«. Denn der Lehrer an einer deutschen AuSlandSschule braucht neben seiner wissenschaftlichen Befähigung auch viel Tact und Leben-klughei», um seine Stelle auSzufüllea. (Köln. Ztg.) (-) Berlin, 16. Januar. (Tel.) Nach der gestrige« Mittags tafel unternabm da» Kalsertzaar eine Au-fahrt mit anschließen dem Spaziergang durch den Thiergarten. Der Kaiser horte darauf im Auswärtigen Amt den Vortrag de» Reichskanzlers Graf v. Bülow und erledigte, nach dem königl. Schloß zurück gekehrt, RegierungSangelebenheiten. ZurAdeadtajel um?*/, llhr waren Prtnzesfin Heinrich mit Gefolge, der die Schloßroach« befehligende Hauptmann i« KSnigin-Lugusta-lAarda-Grenadiei»
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