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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.12.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-12-12
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19011212010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901121201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901121201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
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- Tag1901-12-12
- Monat1901-12
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Und wenn trotzdem beute das ganze Sachsenvolk in treuen Gedenken und inniger Dankbarkeit den hundertjährigen Geburtstag König Johann'S feiert, so ist das der beste Beweis dafür, daß die Eigenschaften dieses Fürsten und seine Verdienste um sein Land daS Mittelmaß weit überragen. Die neuere Geschichtschreibung drängt in ihrer Darstellung die einzelnen Personen mehr zurück, sie erfaßt die Entwicke lung als etwa- Ganzes, dem allenfalls einzelne Per sönlichkeiten ihren Stempel aufgedrückt haben, daS aber doch mebr da» Product einer Summe von Faktoren ist, die ihre Wurzeln im Volke, seinem Charakter, seiner Anschauung seiuem Fleiße u. s. w. finden. Daher beschäftigt sich die moderne Geschichtschreibung eingehend nur mit solchen Fürsten, die durch ihre Größe, ihre Willensstärke und ihre Erfolge thatsächlich zu geschichtlichen Persönlichkeiten geworden sind. Sie wird daher König Johann nicht auf die Höbe stellen, auf die sie manche» andere gekrönte Haupt stellt, wird ihn nicht mit Alexander, Karl, Peter oder Friedrich vergleichen. Und doch steht er an Verdiensten um sein Land keinem nach und über ragt an Reinheit deS Charakters uud andern fürstlichen und menschlichen Tugenden viele, wenn nicht die meisten von ihnen. Sein Volk hat also nicht nur ein Recht, sondern auch die Pflicht, an seinem hundertsten Geburtstage ihm uachzurühmen, wa» der vergleichende Historiker vielleicht zu gering einsckätzt. Er kam erst zu einer Zeit zur Regierung, als Sachsen sich schon von dem furchtbaren Schlage von 1813 erholt hatte. Preußen hatte 1815 mehr als die Hälfte deS Lande» annectirt und doch hatte besten Einwohner zahl 1830 die ehemalige Ziffer bereit» überschritten. Es lebte in dem kleinen Sachsen ein reger Geist, ein rast loser Fleiß. E» schien, als ob jeder da» Gelübde gethan hätte, das Verlorene sobald al» möglich wieder einzubringen. Der Anschluß an den Zollverein und der Bau der Eisenbahnen förderten Handel und Industrie mächtig, und wenn auch schon früher der Gewerbfleiß in Sachsen auf einer großen Höhe gestanden hatte, so wurde doch fieberhaft auf dem vorhandenen Grunde weiter gebaut, so daß daS Königreich sich zum industrieellsten Lande nicht uur in Deutschland, sondern auf dem Continente entwickelte, in gewisser Beziehung nur von Belgien über ragt. Handel und Industrie brachten Reichthum und Wohl habenheit und füllten nicht nur den Staatssäckel, sondern auch die Taschen der Bürger; so konnten sich Bürgerthum und Staat manche AuSyabe gestatten, konnten verbessern und helfen, bilden und fordern. Wenn man aber etwa» erreichen will, so muß sich der Wille auf ein bestimmte» Ziel richten; wenn ein Staat seine hohe Aufgabe erfüllen soll, so muß seine Leitung zielbewußt sein. Und diese» Zielbewußtsein war König Johann in seltenem Maße schon frühzeitig zu eigen. Der Mitlebende kennt freilich nicht immer die eigent lichen Triebfedern der stillen staatlichen Leitung, und so wußten denn auch die sächsischen Bürger nur wenig von dem Ein flüsse de» Prinzen Johann, der in Rechts- und StaatS- wiffcnschaft Wohl erfahren war und ein offene» Auge für die Entwickelung der wirthschaftlichen Verhältnisse hatte, dem aber die Wissenschaft mehr als alle» Andere, wenn nicht ausschließlich am Herzen zu liegen schien. Erst die spätere Zeit hat erkennen lassen, daß der Prinz schon frühzeitig die Wahrheit deS alten Wortes erkannt hatte, Wissenschaft und Handel im Bunde erobern die Welt. Nach seinem Jugendideale sollten nicht nur Tuche und Manufaktur- waarea, Eisen, Maschinen, Porzellan, Papier u. s. w. den sächsischen Namen in aller Welt zu Ehren bringen, auch der Geist, die Wissenschaft sollten Sachsen berühmt machen uad Saatkörner ausstreu«» für tausendfältige Frucht. In dieser Richtung wirkte schon Prinz Johann, und als ihm Minister vou Falkenstein spät in der Nacht die Kunde vom Tode seine» Bruder», König Friedrich August'» II., der in Tirol verunglückt war, brachte, gelobte er sich wohl im Stillen und brachte e» später genugsam zum Ausdruck, daß er dieser Entwickelung sriae» Lande« sein ganze« Leben weihen wollte. In der Beharrlichkeit der Verfolgung dieses in dem Geiste, mit dem er di« Mittel dazu ergriff, liegt die Größe diese» Manne«, die, mehr al- Schlachten und Siege, in ihren segensreichen Folgen zum Gedenken zwingt. König Johann hatte al» zweiter Prinz kaum den Gedanken hegen dürfen, einmal den Thron seiner Väter zu besteigen; des halb war seine Ausbildung nicht die übliche einseitig militärische, sondern erstreckt« sich, neben der Rechtswissenschaft, auch auf die schönen Wissenschaften, und die Beschäftigung mit der Dichtkunst ist Zeit seine» Lebens dem Fürsten rin Bedürtniß und eine Erholung gewesen. Seine auf Reisen in Italien gewonnene Vorliebe fürDante'sGLttlicheKomödie.die er später übersetzte und unter dem Namen PbilaletheS herauSgab, bat ihn in die Reihe erster Uebersetzer und Förderer der deutschen Sprache gestellt, aber auch seine eigenen Gedichte erheben sich weit über deu Dilettant«»mu» fürstlickerPersönlichkeiten, sie sind schön und inner- lich tief empfunden. König Johann war überhaupt ein Meister de» Wort» und nicht nur seine poetischen Gaben sind trefflich, auch seine Prosa ist mustrrziltig. Gerade in lrtzter Beziehung sind eine Menge Schriftsätze von ihm vorhanden, die einen Einblick in sein Innere«, seinen Charakter und seinen reichen Geist gestatten. Seine erste schriftstellerische Leistung war riue Beschreibung der Rückkehr Friedrich August'» de« Gerechten am 7. Juni 1815 in sein verkleinertes Land. Im Ver trag von Wie« war Sachsen mehr al» die Hälfte Landes weggenommen worden. E» war Friedrich August I. gewiß bang und traurig um» Herz, al« er bei Hellendorf die sächsiscke Grenze überschritt und auf der alten Landstraße nach Gottleuba zog. Da empfing den unglücklichen Fürsten eine Anzahl weißgekleideter Jungfrauen mit grünem Schmuck, und da» Bild entzückte deu Monarchen so, daß er be stimmte, di« bi«her,g»a meißvischeu Laude-farben Blau und Gelt sei« abzufchasf«», f»rtaa sei,« es Weitz u»d Grün. Diesen Einzug schilderte damals Prinz Jobann als vierzehn jähriger Knabe in recht anschaulicher Weise. Nach dem Tode Friedrich August'S bestieg sein Bruder Anton den Thron. Sein Beiname der Gütige kennzeichnet seine Re gierung. Und dennoch, — da» Volk wachte eifersüchtig über seine protestantische Religion und batte und hat es nur schwer verwinden können, daß Friedrich August, der Sohn August'S de« Starken, um sich die Krone Polens zu sichern, zum KatholicismuS übertrat. Als im Jahre 1830 die dreihundertjäbrige Jubelfeier der AugSburgischen Con- fession begangen wurde, glaubte man in der Haltung der Behörden in Dresden und Leipzig eine gewisse Zurückhaltung zu bemerken, die man dem katholischen Fürsten zuschrieb. Darüber kam eS zu lebhaften Meinungskämpfeu und ernstlich erörterte man die Frage, ob es nicht gut wäre, dem alten König Anton in der Person seines beliebten Neffen Friedrich August einen Mitregenten zu geben, der vorher zum evangelischen Glauben zurückträte. DaS erstere geschah, da» letztere nicht. DaS sächsische Königshaus blieb katholisch, und wenn man geneigt war, hierfür insbesondere den Prinzen Johann, dessen katbolisch-kirchlicker Sinn bekannt war, verantwortlich zu machen, so irrte man wohl nicht. Aber wenn ihm hie und da in evangelischen Kreisen unter stellt wurde, er unterschätze den Protestantismus und seine Errungenschaften, so unterschätzte man in diesen Kreisen seine Objektivität, seine historische Einsicht und seine väterliche Liebe für alle seine Untertbanen. Gerade Prinz Johann batte sckon Jabre vorher, bei Gelegenheit der Instruction Langenns, des Erziehers seines SohneS, des jetzigen Königs Albert, diesen Mann, der selbst Protestant war, darauf hin gewiesen, daß seine Kinder in der Achtung vor anderen Con- fessionen erzogen werden müßten. Wie man damals dem Prinzen Johann Unrecht that, so that man ihm Unreckt, als man ihn bei der Jnspicirung der Communalgarde 1845 in Leipzig verdächtigte und durch einen Putsch beklagens- werthes Blutvergießen herbeifübrte. Sein landeSväterlickeS Herz und sein strenges Gerechtigkeitsgefühl verleugneten sich in keinem Augenblicke seine- Lebens. Auch dann nicht, als er gezwungen war, zu wichtigen politischen Fragen Stellung zu nehmen. Diese nahm er nach ernstester Erwägung der Folgen, die er für sein Land vorauSsetzen zu müssen glaubte. Und wenn dabei sein politischer Scharfblick hinter dem Scharfblicke deS Gelehrten, nnv Cultur- fördererS zurückblieb, wer könnte ihm daraus einen Vorwurf machen? Seit 1850 war zwischen Oesterreich und Preußen eine Spannung eingetreten, die daS bisherige Einvernehmen zu zerreißen drohte. Zwar hatte 1850 Friedrich Wilhelm- Friedensliebe den Riß vermieden, allein eine Gefahr lag immer noch vor und diesem Ernste der Lage trug König Johann in seiner ersten Thronrede 1854 Rechnung. Seine Politik neigte, wie die der übrigen deutschen Mittelstaaten, zu Oesterreich hin, dem sich König Johann nicht nur ver pflichtet fühlte, sondern an dessen Seite er die ruhigste und gedeihlichste Weiterentwickelung seines Landes erhoffte. Dieser Treue und dieser Hoffnung gab er auch in jener Thron- rede Ausdruck. Es kam 1866 anders als er gehofft, und wer mag ermessen, wie tief sein Schmerz darüber war, daß er sich getäuscht? Auf demselben Wege, auf dem er mit seinem Oheim 1815 von Böhmen aus in das Vaterland ein gezogen war, verließ er es wieder, in PeterSwald war er auf böhmischem Boden. Unser jetziger König Albert führte die sächsische Armee und daß er sie gut führte, das bat ein Moltke anerkannt und das haben seine Tbaten vier Jabre später in Frankreich gezeigt, wohin ibn König Johann'S wärmste Wünsche für den Sieg der deutschen Sache begleiteten, der er schon als Förderer der deutschen Sprache und Cultur ge dient und der er auch im Jabre 1866 zu dienen geglaubt hatte. Nach dem Frieden trat Sachsen in den Norddeutschen Bund ein und wurde mit den andern Staaten ein kräftiges Glied des deutschen Reiches. Nur drei Jahre überlebte König Johann die Gründung des Reiches, die ein um so hellerer Lichtblick in seinem Leben sein mußte, je mehr er sich bewußt war, sie in selbstlosester Weise gefördert zu haben. Im Winter von 1872 auf 1873 erkrankte er an einem Herz übel; nachdem er vergeben« in EmS Hilfe gesucht batte, wurde sein Befinden immer kritischer, bis ihn am 29. Oktober 1873 eia sanfter Tod dieser Erde entrückte. Eine andere Freude war ihm noch vergönnt gewesen. Am 10. November 1872 hatte er daS Fest der goldenen Hochzeit gefeiert, ein Fest, da« so recht daS innige, harmonische Familien leben der Wettiner zeigte. Von seinen fünf Töchtern hatte er vier verloren, nur die Herzogin Elisabeth non Genua, die Mutter der Königin-Wittwe von Italien Margherita, war am Leben, von seinen Söhnen war Prinz Ernst im Jünglingsalter gestorben, aber Kronprinz Albert und Prinz Georg waren ,dm geblieben. Und wie da« Vorbild de» Vater» in allen Stücken ein Ansporn für die Kinder ist, so war auch die innerlich gefestigte, herzliche Ehe des König» ein Vorbild für da» innige, traute Familienleben seiner Kinder und seiner Kindeskinder, eine Mahnung für sein ganzes Land. Ein tüchtiger und ganzer Mann au« dem Volke übt einen erziehlichen Einfluß auf seine nächste Umgebung au», ein tüchtiger und ganzer Mann auf dem Throne wirkt durch sein Beispiel auf da» ganze Volk in segensreicher Weise rin. Ein solcher Fürst war König Johann und al» solcher wird er fortleben im treuen und dankbaren Gedächtniß aller Sachsen. Ver Krieg in Südafrika. Der Re«e«at Geuernl Cellier» erschossen. 6. X. Hau«, 10. December. General Jan Celliers, einer jener Renegaten, die nun als „loyale Bürger" in oen sogenannten National Scouts gegen den Judaslohn von 2^ Schilling pro Tag und 75 Procent all-s eingebrachten Bichl die Boeren in ihren den Engländern nicht geheuren Schlupf- wmkcln aufstöbern und in die englischen Netze treiben sollen und vor Kurzem noch als die tauglichsten Hilfstruppen gegen ibrr Brüder gepriesen wurden, ist mit seinem ganzen Torx» Ben Viljoen in die Falle gegangen. Nach der Anordnung Louis Bothas werden in Zukunft alle Angehörigen der ge nannten ttreiwilliqencorp», sind st« transvaalischer Her kunft, mit dem Tode bestraft, sind sie Capcolonisten, mit dem Schambock gezüchtigt. Ben Viljoen hatte in einer Schlucht als Lockspeise eine Heerde Vieh aufstellen lassen, und als sich nun General Celliers mit seinen Viehdieben wie die Mücke auf den Honig darauf stürzte, wurde er mit fast all' seinen Leuten niedergemacht. Einige fünfzehn davon, die bei den ersten Salven dem Tode ent gangen waren und mit gereckten Armen um Pardon flehten, erhielten nach Recht und Gebot ebenfalls das verdiente Blei. Die „streitbaren" Gefangenen der englischen Berichte. 6. N. Haag, 10. December. Die durch englische Depeschen vom 5. December gemeldeten Ueberrumpelungen mehrerer Boerenlager, wobei an 250 „streitbare" Gefangene eingebracht worden seien, stellen sich nach den bei uns eingangenen Nach richten in Wahrheit also dar: Die Ueberrumpelung eines Boerenlagers bei Oshoek unter Gefangennahme von 91 „streitbaren" Boeren und 25 Frauen mit Wagen, Karren und Vieh war nichts Anderes, als die Auf hebung des von wehrlosen Greisen, Frauen und Kindern ge bildeten Flüchtlingslagers an der Grenze des Swazilandes. Derselben Art ist die Ueberrumpelung eines Boerenlagers bei Nylstroom, auf der Strecke Pretoria-Pietersburg, wo 93 (nach Kitchener 104) „streitbare" Boeren in Gefangenschaft ge- rathen seien. In Wahrheit waren dies wiederum nur Greise, Frauen und Kinder des Bauenhorst'schen Commandos. — Die streitbaren Boeren desselben hatten lange vor der Ueberrumpelung das Lager verlassen, um sich mit dem Beyer'schen Kommando zu vereinigen. Ucber die angebliche Ueberrumpelung des Liebenberg'schen Commandos im Nordwesten Transvaals fehlt uns bis zur Stunde leider jede klärende Nachricht. Neue englische Werbungen für Südafrika. I. 6. London, 8. December. Die große Verlegenheit, in welcher sich das Kriegsamt bezüglich der Beschaffung neuer Truppen befindet, führt zu immer neuen verzweifelten Ver suchen, um Mannschaften für Südafrika zu gewinnen. So hat der König seine Zustimmung zur Bildung eines Milizregimentes aus Angehörigen der britischen Colonien, welche in London ansässig sind, gegeben. Auf diese Weise soll für die Colonien ein neuer Anstoß zur Entsendung von Hilfs truppen gegeben werden. — Sodann bildet man „Farmer- Compagnien" für Südafrika. Zu diesem Zwecke werden „gesunde, kräftige, alleinstehende Männer mit leidlicher Schul bildung" gesucht, um in Südafrika den Dienst als Farmer zu versehen. Sie erhalten freie Ueberfahrt, volle Verpflegung und wöchentlich 20 Lohn. Diese Farmer-Compagnien sollen je 100 Mann stark sein. Die erste Gruppe wird am 15. December nach Afrika abgehen. k. London, 11. December. (Privattelegramm.) Aus Standerton, 10. December, wird von Kitchener gemeldet: General Hamilton überraschte nach einem Nachtmarsche das Betbel- commando bei Trichardssontein frühmorgens. Sieben Boeren sind todt, 131 gefangen. * London» 11. December. (Telegramm.) Neuter's Bureau berichtet aus Piquetbergroad (Capcolonie) unter dem 9. December: Die Commandos in Clanwilliam, Calviretra und den benachbarten Distrikten fahren fort, eine große Geschicklichkeit und Beweglichkeit in der Vermeidung von Gefechten zu entwickeln. Zum wenigstens vier Fünftel von ihnen sind Aufständische aus Lieser Gegend; sie kennen jeden Gebirgspaß. Besonder- große Schwierigkeiten haben die englischen Colonnen in dem längs der Meeresküste sich erstreckenden Zandveld zu überwinden, wo die Wagen der Engländer die Bewegungen der Truppen in hohem Maße hindern, während die Wagen der Boeren sich leicht und schnell sortbewegen. * Utrecht, 11. December. (Telegramm.) Präsident Krüger ist heute Mittag hier eingetroffen. Auf der Fahrt nach seiner Wohnung wurde er von einer zahlreich versammelten Menschen- menge auf das Wärmste begrüßt. * Pest, 11. December. (Telegramm.) (Abgeordnetenhaus.) Abgeordneter Schmidt interpellirt den Ministerpräsidenten und den Handelsminister wegen der wiederholten Massen- ankänfe von Pferdeu durch Agenten der eng- lischeu Regierung und fragt, ob die Regierung jene die Neu tralität Ungarns verletzenden Pserdelieferungen, die von Fiume direkt nach dem südafrikanischen Kriegsschauplätze verschifft werden, künftig zu verhindern gedenke. Deutsches Reich. Berlin, 11. December. (Immer national!) Von einem in Tientsin vorgekommenen höchst bedauerlichen Zwischenfalle hatte das „Reuter'sche Bureau" eine Darstellung gegeben, nach welcher die deutschen Besatzungstruppen sich mehr als seltsam gegen ihre englischen Kameraden be nommen haben sollten; glücklicher Weise war ein amtliche» deutsches Telegramm aus Peking in der Lage, die Angelegenheit sofort richtig zu stellen. Es ist anzuerkennen, daß Blätter ver schiedenster Richtung, wie beispielsweise die conservativ- agrarische „Deutsche Tageszeitung", ebenso wie die freisinnige „Vossische Zeitung", ihrer Befriedigung über diese alsbaldige Richtigstellung und ihrer Entrüstung über die durchsichtigen Zwecken dienende englische Sensationsmeldung Ausdruck gegeben haben. Anders das, wie immer, so auch hier, von nationalen Gesinnungen freie „Berliner Tageblatt". Nach ihm ist natürlich die Reuter'sche Meldung wahr und die amtliche deutsche Publikation verschweigt die Wahrheit. Mit der diesem Blatte eigenen Bescheidenheit verlangt es im Namen „de» deutschen Publikums" „genaue Aufklärung über die Katastrophe" und die „ungeschminkte Wahrheit". Daß „Reuter'» Bureau» dir „geschminkte Unwahrheit" melden könnte, kommt dem „Berl. Tagebl." keinen Augenblick in den Sinn. E» wär« diesem Blatt« nur zu wünschen, daß da» „deutsche Publicum" ihm einmal di« „ungeschminkte Wahrheit" über da» „Berl. Tagebl." sagte. Berit«, 11. December. (Arbeitslosigkeit und Spar zwang.) Im o««est«n Heft der .Jahrbücher für Natioaalökonomi« »ad Statistik" »«spricht vr. F. Lttl-v» bürg in Leipzig eine vom Vorort Zürick des Schweizerischen Handels- und Industrie-Vereins auf eine Anfrage des eidgenössischen Industrie- und Landwirtbschafts Departements ausgearbeitete Denkschrift über den Schutz gegen die Folgen der Arbeitslosigkeit. Diese Denk schrift und ihre Kritik sind von erhöhtem Interesse in einer Zeit, da die Ungunst der wirthschaftlichen Lage daS Problem einer organischen Bekämpfung der Arbeitslosigkeit wieder in den Vordergrund gerückl hat. DaS Züricher Gutachten fußt ganz auf dem Gedanken deS Würzburger Nationalökonomen Georg Schanz, die Arbeitslosigkeit durch den individuellen Sparzwang zu bekämpfen. Die öffentliche Arbeitslosenversicherung hat bisher, wie bekannt, keinen Erfolg gehabt: die Abneigung der Arbeiterschaft selbst gegen obligatorische Versicherung, die Streitigkeiten, welche der Begriff der „unverschuldeten" Arbeitslosigkeit und die Verpflichtung zur Annahme „an gemessener" Arbeit involvirten, die Frage, wie eS bei Ausständen und Aussperrungen mit der Unterstützung zu halten sei, haben sich bis jetzt, von der finanziellen Seite ganz abgesehen, als unüberwindliche Schwierigkeiten erwiesen. Dem gegenüber beruht der Spar zwang auf dem ganz individualistischen Gedanken, daß Jeder für fick selbst sorgt, daß aber diese Sparpfsickt obligatorisch gemacht wird. Die Ausführung ist so zu denken, daß die Sparpflichtigen nach ihren Berufen in Lohnclassen eiagetheilt werden. Für jede solche Berufslobnclasse wird zunächst die durchschnittliche Arbeits losigkeit statistisch ermittelt, um danach die Prämie ermessen zu können. Die Einzahlungen sollen etwa 10 Proc. des TagelohneS nicht übersteigen; andererseits dürfen die Bezüge auch nicht unter ein gewisses Existenzminimum berabsinken. Jeder Arbeiter verfügt nur über sein eigene« Guthaben, da» sonach individuelles Eigenthum bleibt. Er kann Bezüge erheben, sobald rein formell festgestellt ist, daß Arbeitslosigkeit vorhanden ist — ganz gleichgillig, ob sie verschuldet ist oder nicht. Natürlich erfolgt die Auszahlung erst nach einer Wartefrist von 1—3 Tagen und überhaupt bei Erreichung einer gewissen Sparsumme. Die Einrichtung einer Arbeits losenstatistik und die Regelung des Arbeitsnachweises muß mit dem Sparzwange Hand in Hand geben. Zweifellos bat der Gedanke deS SparzwangeS eine Reihe von Vortheilen, die der öffentlichen Arbeitslosenversicherung abgebeu: ein Mißbrauch ist dort weit eher ausgeschlossen als hier und sällt zudem ^anz dem Sparenden selbst zur Last. Die um ständlichen Streitigkeiten über Verschuldung und andere» mehr scheiden aus. Auch bat der rein individualistische Ge danke als solcher viel Sympathisches für sich. Troddem enthält das Princip eine theoretische Unklarheit, die nach Eulen burg'« Ansicht auch in der Praxi» dem Princip verbängnißvoll werden muß. „Der einzelne Arbeiter wird nämlich zwar bei der ganzen Berechnung als Durchschnitt behandelt, hat aber nur Anspruch auf Bezug als Individuum. Damit wird aber gerade das Moment, auf dem der Versicherunzsgedanke beruht — die Solidarität der Tbeilhaber und das Ausgleichen der Chancen — auSgesckaltet. Denn sobald eine Durch schnittsberechnung aufgestellt ist, wird eben angenommen, daß die scheinbar „willkürlichen" Momente bei der großen Masse sich doch ausgleichen. Die ganze Grundlage der Berechnung gilt ja nur unter der Voraussetzung der großen Zahl; auf den Einzelnen paßt sie aber durchaus nicht. Der Dparzwanz ist ganz zugescknitten auf die Voraussetzung der durch schnittlichen Arbeitslosigkeit, und dem entspräche auch ein gemeinsames Tragen der Lasten und Vortbeile. Aker das individuelle Guthaben soll durchaus nur zum Gebracicke des Individuums da sein, dessen Merkmale von diesem Durch schnitte aufs allererheblichste abweichen. Für jene „fleißigen und tüchtigen Arbeiter", die wegen ihrer relativ sel tenen Stellenlosigkeit die obligatorische Versicherung nickt möchten, ist doch auch der Sparzwang überhaupt ganz zwack- und wertbloS, da er ja nur für den Fall der Arbeitslosig keit gilt, von der sie eben nicht betroffen werden; für vic häufig stellenlosen Arbeiter hingegen bleibt er ungenügend, weil sie eben erheblich unter dem Durchschnitte sieben. Die einen müssen dasselbe leisten wie die anderen, ohne dock als Individuen nachher die gleichen Cbancen zu haben." — Trotz dieser grundsätzlichen Einwände möchte Eulenburg einmal eine praktische Probe von einem Canton gemacht sehen, da sich oft gezeigt habe, daß theoretische Bedenken durch die praktische Handhabung gemildert wurden. * Berlin, 11. December. (Friedrich der Große und die polnischeSprache.) Jin Hinblick auf die heutige Post- praxi» in den polnischen Lande-theilen mit ihren IlebersetzungS- stellen dürfte ein Erlaß Friedrick's de» Großen von Interesse sein, worin den preußischen Behörden verboten wird, Schriftstücke in polnischer Sprache anzu nehmen. DaS Schriftstück lautet nach dem Grautenzer „Gesell.": „sieieript an die West-Preußische Regierung, daß an die Pohlnisch« Gerichte und Collegia in lateinischer Sprache geschrieben, dagegen aber von ihnen, wa« nicht in solcher Sprache grichriebcu, nicht angenommen werden soll. vo Onto, Berlin, den 7. Octob. 1776. Bon Gotte- Gnaden Friederich, KSnig von Preußen pp. Unser i gnädigen Gruß und geneigten Willen zuvor; Hockwohlgebohrnc, Beste und Hochgelahrt« Räthe, besonder» Lieber und Liebe Getreue! Euer allerunterthänigster Bericht vom IS. September c. ist in Unserm allgemeinen Geheimen Etats-Rath verlesen worden, worinn Ihr anzeiget, daß Ihr in Parthey-Sachen an verschieden« Grod- Grrichte ln Pohlen kequieitoriule, in deutscher Sprache erlassen hobt, solche aber, mit der Anzeige, daß sie in deutscher Sprach« nicht angenommen würden, an Euch remittiret worden, da doch vou Pohloiichen Gerichten bi»h«ro an Euch nicht in lateinischer, al» ihrer Ouriul-Sprach», sondern größtentheil» in Pohlaischer Sprache geschrieben würde. Nus Gur« diesrrhalb gethan« Anfrage, wollen wir Euch dabero hiermit in Gnaden ausgrbrn, künftighin an die Pohlnischrn Gericht« und Lollegia »war nicht aud«r» -l» in lateinischer Sprach», wie solche» »wischen andern virschiideae Sprach« habenden Nationen l»n»ft üblich g»i»«s««, »» schreiben, dag«g«n aber auch nicht» tGwn,
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