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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 02.12.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-12-02
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-189912026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-18991202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-18991202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-12
- Tag1899-12-02
- Monat1899-12
- Jahr1899
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 02.12.1899
- Autor
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— isr „Nicht nöthig. Hatte Dich nur strikt an meine Befehle. Wenn's draußen klingeln sollte, öffne, bemühe Dich aber, möglichst wenig entsetzt auszusehen. Niemand will Dir ein Leid zufügen." Marie hatte klingeln hören und dann Stimmen in der Vorhalle vernow'-?n. Sie war in ihrem Schreck bis zum Treppenkdpf gec.. u>i„ spähte ängstlich hinab. „Wasil!" rief sie, als sie den Oberst erblickte, ihn un bewußt zum erstenmal bei seinem Vornamen nennend. Er faßte sie bei der Hand und führte das erröthende Frauchen tt» ihr Zimmer zurück. Seine tiefernste Miene beun ruhigte sie. „Bringst Du schlechte Nachrichten?" fragte sie schüch tern. Einen Augenblick blitzte sein Auge freudig auf, bei dem Klange des trauten „Du", das er noch nie von ihren Lippen gehört, und er drückte wie zum Tanke ihre Hand, die er noch immer in der seinigen hielt; dann sagte er ruhig: „Ich hoffe, nein, es erfordert nur ein bißchen Muth. Aber wie geht es Dir. Marie? Du bist blaß! Nein, jetzt "iist Du wieder purpurroth. Soll ich vielleicht wieder Ma dame sagen? Verletzt Dich das „Du" aus dem Munde eines Russen?" „Tu bist grausam, Wasil," flüsterte sie. „Und Du krank?" „Nein, ich bin nicht krank " „Marie, Du bist krank," wiederholte er mit Nachdruck, „und mußt - »ort zu Bette gehen. Hörst Du? sofort!" Innerlich sagt, er sich: „Tas Ungeheuer Baruschkin wird Wohl ein Krankenzimmer respekiren." „Was thust Du?" fragte sie, als er die Tischglocke in Bewegung setzte. „Ich läure Deiner Kammerzofe, damit sie Dir beim Auslleiscn helfe. Wir haben nicht viel Zeit zum Fragen und Antworten. Du mußt krank sein, Marie, und in zehn Minuten unten im Bette liegen. Versteh' mich wohl — es ist me,r als eine bloße Laune von mir." Anna trat ein and verließ ohne weitere Erklärung daS Gemach. Zwanzig Minuten später saß er am Speise tisch vor d m eilig bereiteten Mahle. Er führte kaum den ersten Bissen zum Munde, als ein energisches Klingeln dnrch's Haus schallte. Warneford ließ vor Schreck beinahe den Teller fallen, seine Zahne klapperten. „Dummkvpf! he rrschte ihn Wasil an. „Hast Du denn ganz Deinen Verstand verloren?" „Muß ich öffnen?" murmelte er. „Selbstverständlich! Mach' daß Du hinauskommst, oder »ein, warte einen Augenblick! trink zuerst diese- Gläs chen Tokaier, das wird Dir Muth geben." Warneford öffnete mit schlotternden Beinen. Er miß traute seinem Herrn noch mehr, als es die Gräfin that. Er glaubte, daß der Oberst selbst den Ueberfall veranlaßt habe. Baruschkin war sehr erstaunt, Woronzoff so häuslich tt» Ziedlin zu finden. Ter Oberst begrüßte seinen bittersten Feind mit gleichgültigster Höflichkeit. „Haben Sie Ihren Weg so spät noch zu uns heraus- gefundmr?" fragte er, seine Zigarre ansteckend. „Oder kom me« Sie gar in dienstlicher Angelegenheit, weil Sic ein so feierliches Gesicht machen?" «ES thut mir leid, dies bestätigen zu müssen, Herr Oberst. Ich habe einen vom Gouverneur unterzeichneten HauSdurchsuchungsbcschl, wollen Sie ihn sehen?" „Wozu denn? Treten Sie hier ein, vielleicht leisten Sie Mir bei meinem Abendbrot Gesellschaft und halten mit. Ich btt» «Smlich allein . " „Die Gräfin ist doch in Ziedlin?" fragt« der Polizei- chef gespannt und ließ suchend seine Blicke in dem Speise zimmer umherschweifen, wo Warneford damit beschäftigt war, ein zweites v^edeck aufzulegen. „Ja wohl, ober so leidend, daß sie ihr Zimmer hüten muß Bitte, lcdl-.ni r Sie sich — Warneford, ein Glas Bordeaux für den Polizeichef, rasch!" „Nicht dock', lüucr Oberst — bedenken Sie, was mich hergebracht! Wrr müssen mit so wenig Aufschub als mög lich auf die Suche gehen. Ich danke, ich kann wirklich nicht einmal ein Glas Wein annehmen." „Sie wollen sich also nicht überreden lassen? Umso schlimmer für mich, denn ich habe einen Wolfshunger. Aber ich kann warten." „Nicht doch," rief Baruschkin, „ich bitte Sie, nicht auf mich warten zu wollen. Ich werde das Schloß verlassen, sobald ich meine Pflicht erfüllt habe." „Ganz recht," entgegnete Woronzoff, „aber es ist meine Pflicht, anwesend zu sein, während Sie die Ihrige er füllen." „Bitte, nehmen Sie in Ruhe Ihr Abendbrot ein. Wenn ich die Wahrheit sagen soll, Oberst, möchte ich die Haus suchung lieber ohne Sie vornehmen." „Sie scheinen zu vergessen, daß ich der Herr dieses Schlosses bin und außerdem auch ein Offizier säuer Maje stät des Zars," sagte Woronzoff, sich zu seiner ganzen Höhe aufrichtend. „Was Sie in diesem Hause finden, geht auch mich an, ich habe meine Ehre zu verteidigen! Sind Sie bereit, Herr Polizeichef?" „Ja wohl, Herr Oberst," brummte der Polizeichef. „Es ist ja doch nur Formsache; in diesem Hause kann es ja nur Formsache sein." „Ganz richtig," bemerkte Woronzoff spöttisch lächelnd, „und da meine Frau nicht wohl ist und die Geschichte unter den Hausleuten Aufsehen erregt, wollen wir sie je eher je lieber erledigen." Er wartete gar nicht die Antwort ab sondern gab Warneford ein Zeichen, die Thüren zu öffnen und führte den Polizeichef und dessen Trabanten durch eine Flucht von Empfangszimmern. Zwei ewig lange Stunden suchte« Ba ruschkin und seine Häscher vergebens nach Ladislaus und nach verdächtigen Schriften. Woronzoff beobachtete ihr Ge bühren mit höhnischem Lächeln, begleitete sie von den Dach kammern bis zu den Kellerräumen, in Ställe und Wtrth- schaftsgebäude, wo sie keinen Winkel undurchstöbert ließen, rauchte gemächlich eine Zigarre, während sie Wolken von Staub und Schmutz aufwirbelten und, mi: Spinnweben bedeckt, aus den unglaublichsten Winkeln kroch«,. (Fortsetzung svlgü) Lenk- uud Simisprüche. Wobin, o Bächlrtu schnelle? ..tzbwb tn'S Thal * Verhalte deine Welle; »Ein andermal." WaS treibt dib so v n hinnen? .Ei, hielt ich je?" Willst du nicht ruh'n und staue« ? »Ja, dort im See.' Bist du schon gram der Erd«? »Ich eile »>." Du wirst tchrn stille werden! „Nicht minder du." Martin Greis Mm» «Utz »eriag von Sauger » »tuterlich tu Riesa. — Für di« Redattion vermUwortllch: Hermann Schmidt tu Riesa. Erslkhler an der We. velletr. SratiSdeilage znm „Meiner Tagedlatt". Nr. 48. d«» ». rx-e-i-r »«»». Gräfin Leßczynska. Bon Harriet Bucklry. Autoristrte Bearbeitung von Bertha Kätscher. (Fortsetzung.) Zum Glück leitete jene schreckliche Nacht eine Woche voll Regen und Sturm ein, sodaß Marte sich, ohne Verdacht zu erregen, auf ihrem Zimmer aufhalten konnte und auch nicht von lästigen Besuchen gestört wurde. Ter Patient machte ihr viel zu schaffen. Er kam tagelang aus dem De lirium nicht heraus, und doch wagte es Marie nicht, einen Arzt kommen zu lassen. Sie verbrachte Tag und Nacht an seinem Bette und gönnte sich kaum vM Stündchen Sä'laf. Ladislaus war jung, von Natur kräftig und Überstand daher die Krisis. Seine Genesung schritt jedoch nur sehr langsam vorwärts. Bleich und eingefallen lag er auf seinen Kissen, und Marie zweifelte oft an seinem Aufkommen. Sie lebte in einem Zustande chronischer: Entsetzens. Nicht nur, baß ihr um das kheure Leben bangte, sie schrak auch bei jedem Geräusch zu sammen, aus Angst, daß die Spürhunde Baruschkins dem edlen Wild auf der Spur seien. Aber die Tage vergingen, ohne daß sie von der Polizei gestört wurde. Die heftigen Südwest-Stürme brachten einen trüben Herbst ins Land. Die grauen Regenschleier schienen Ziedlin von der übrigen Welt abzuschließen, was seiner Herrin allmählich ein gewisses Gefühl der Sicherheit verlieh. An einem der stürmischesten und regnerischesten Tage speiste Oberst Woronzoff bei einem wenige Meile»: von Leckinau wohnenden Freunde zu Mittag. Der Hausherr be mühte sich, Wasil zu überreden, bei ihm zu übernachten, beim die Straßen waren bereits an mehreren Stellen über schwemmt, auch war'S stockfinster. Vergeblich! Woronzoff erinnerte sich noch zu lebhaft an die Ereignisse, die während seiner letzten Abwesenheit von Leckinau passirt waren und beharrte bei seinem Entschluß, heimzureiten. „Du wirst nicht mit heilen Gliedern in deiner Garnison ankommen!" warnte ihn sein Freund, „entweder wird dich ein entwurzelter Baumstamm erschlagen oder Tu wirst ertrinken!" „Umso besser für den Major!" entgegneic Woronzoff, „er wartet schon lange genug auf sein Avancement!" Er bestieg sein Pferd und ritt hinaus in die stürmische Nacht. Das paßte vortrefflich zu seiner Stimmung. An fangs war die Straße ganz passirbar; je weiter er jedoch ritt, desto schlimmer wurde es. Er mußte sein Pferd durch knietiefen Koth waten lassen, und als er endlich zur Brücke kam, sah er zu seinem Entsetzen, daß das Wasser sie zum Theil weggerissen. Es blieb ihm nichts übrig, als den lebens gefährlichen Steg zurückzureiten und Leckinau auf einem großen Umweg über den Wald zu erreichen. Nachdem er über zwei Stunden in dem dunklen, sturmgepeitschten Ge hölz umhergeirrt und wiederholt mit dem Kopfe gegen herabhängende Zweige gestoßen war, die ihn mit einem kalten Regenschauer überschütteten, war er froh, als er endlich ein Licht erblickte, selbst als er sich überzeugte, daß es aus den Fenstern des Schlosses Ziedlin leuchtete. Er übergab sein Pferd dem Groom im Stalle und beeilte sich, den Haupreingang zu erreichen. Dort klingelte er so laut, daß es in allen Korridoren widerhallte. Bald näherten sich langsam schlürfende Schritte, nur ein kleiner Spalt der Thüre wurde geöffnet, und daS schreckensbleiche Gesicht Warnesords wurde sichtbar. Der arme Teufel wurde noch um einen Schatten bleicher, als er seinen Herrn erkannte, und diese schuldbewußte Angst erfüllte Woronzoff mit einem plötzlichen Verdacht. „Die Gräfin ist doch zu Hause?" fragte er barsch. „Tie Gräfin? O ja, Herr Oberst, aber sie ist. . . sie ist . . . Ich will gehen, um. sie von Ihrer Ankunft zu ver ständigen!" „Bleiben Sie! Helfen Sie mir aus meinem nassen Ueberrock!" Warneford that es und riß dann die Speisezimmer- thüre auf. Drinnen war es finster und kalt, aber er machte rasch Licht und bemühte sich, das Feuer im Kamin zu entfachen. Als ihm dies gelungen, fragte er, WaS der Oberst zum Abendbrot befehle, — die Kaminuhr schlug eben Mitternacht. „Das hat Zeit, wo ist die Gräfin?" „Sie ist nicht ganz wohl, und ich glaube, daß sie heute Niemanden empfangen kann!" „Eine angenehme Ueberraschung wird ihr gut thun. Ich werde hinaufgehen, um sie zu begrüßen!" Der alte Mann wurde unter den spöttischen Blicken seines Gebieters ganz grün. „Ich werde Ihnen hinaufleuchten!" murmelte er. „Das ist nicht nöthig, mein Freimd! Gieb mir die Kerze, ich werde mir allein leuchten. Und Du rührst Dich nicht von der Stelle, verstanden?" schloß der Oberst in einem Tone, der den Diener förmlich zusammenklappen machte. „Der junge Herr ist rettungslos verloren, der Teufel selbst ist auf seiner Spur!" dachte dieser bei sich. Woronzoff trat in Maries Zimmer, fand es aber leer, daS Geräusch, welches er absichtlich verursachte, lockte sie aus dem nächsten Zimmer. Ihr aufgelöstes Haar umwallte ihre Schultern wie ein goldener Mantel. Sie war in ein loses, weißes Nachtgewand gehüllt, und er bemerke, daß sie bei seinem Anblick die Hand auf die Brust preßte, als ob sie ihr Herz zur Rübe zwingen wollte oder als ob sie sich überzeugen wollte, daß unter den Falten der Spitzen etwas sicher verborgen sei. „Habe ich Sie erschreckt?" sragte er sanft. „Ich bin überrascht. Sie noch so spät zu sehen!" „Ja, ich habe Sie gestört!" fügte er nach einem raschen Blick auf ihre verfärbten Lippen hinzu. „Tas thut nichts. Sie müssen ja ganz durchnäßt sein, nach einem Ritt in diesem Wetter! Sie werden doch noch etwas genießen wollen, nicht?" „Ich danke, ich habe heute sehr spät dinirt. Aber ich wäre Ihnen für eine Tasse heißen Kaffees sehr dankbar, wenn Sie mir gestatten wollten, ihn hier vor dem gemäch lichen Kaminfcuer zu nehmen!" „Gewiß! Ich tverdc läuten und ihn sofort bestellen. Nur dürfen Sie nicht ungehalten sein, wenn Sie ein wenig darauf warten müssen, wir haben Sie so spät nicht er wartet !" „Das glaube ich!" entgegnete Woronzoff mit einem liebenswürdigeren Lächeln als zuvor. Marie glaubte au- feiner übergroßen Höflichkeit einen feindlichen Spott
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