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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.05.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-05-25
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190205253
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19020525
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19020525
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-05
- Tag1902-05-25
- Monat1902-05
- Jahr1902
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.05.1902
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Bezug-»Prol ¬ in der Hauptexpedttion oder den im Stadt bezirk und den Bororten errichteten Au-, gabestellen abgeholt: vierteljährlich 4.L0, — zweimaliger täglicher Zustellung in« Hau« >sl V.LO. Durch di» Post bezogen für Deutschland u. Oesterreich vierteljährlich 8, für di« übrigen Länder laut Zeitung-Preisliste Nedactton und ErpedMo«: Iohanntsgaffe 8. Fernsprecher 153 und 222. FUteUZwpodM-»««»» Alfred Hahn, Buchhandlg., UniversitLUstr. S, d. Lösche, Katharinenstr. ich u. Lünigspl. 7. Haupt-Filiale Dresden: Strehlenerstraße 8. Fernsprecher Amt I Rr. 171L Haupt-Filiale Serliu: Königgrätzerstraße 116. Fernsprecher Amt VI Nr. »SS». MpMerTaMlÄ Anzeiger. Amtsblatt des A-nigkichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Nattzes «nd Volizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Anzeige«'Preis die 6gespaltene Petttzeile 25 -S,. Necla meu unter dem RedaetionSstrich (ä gespalten) 75 L», vor den Familiennach- richten (8 gespalten) KO L,. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Lffertenanuahme SS H (excl. Porto). Ertra Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen.AnSgabe, ohne Postbestrderung .41 SV.—, mit Postbeförderung 70.—. Änuahmeschluß fir Änzeigen. Abend-Au-gabe: Bormittag« IO Uhr. Morgen-AuSgabe: Nachmittag« 4 Uhr. Anzeige« sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag« ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi« Abend« 7 Uhr. Druck und Verlag von S. Polz in Leipzig Nr. 260. Sonntag dm 25. Mai 1902. 96. Jahrgang. Ans der Woche. Die Berliner Parlamente sind noch nicht wieder ver sammelt, aber es fehlte dennoch in dieser Woche nicht an politischem Gesprächsstoff, der durch Kundgebungen, Aus zeichnungen u. deral. m., geliefert worden war. Freilich, die Gewöhnung schwächt das Interesse etwas ab und Bewegung wird, wenigstens bei den Denkenden, fast nur noch erzeugt durch die Auslegung, die allzu dienstfertige Federn den Kundgebungen der höchsten Stelle im Reiche zu geben pflegen und die gewiß auch an dieser Stelle nicht erwünscht sind. Eine besonder« starke Leistung dieser Art haben die letzten Tage ans Licht gebracht. Die Aufhebung de« sogenannten Dictaturparagraphrn hat die Erörterung reichsländischer Dinge nahrgelegt, nirgend« aber war die Maßregel zum Anlaß einer Besprechung der Geschichte und der Vorgeschichte der Wiedererwerbung von Elsaß und Deutschlothringen genommen worden. Dafür bot da« Ereigniß auch keinen AnknüpfuugSpunct. Dennoch schreibt ein freiwilliger Hofpublicist in einem süddeutschen Blatte: „Au» den Betrachtungen, die au di« Frage der Aushebung de» Dictaturparagraphrn anknüpften, konnte bisweilen der Eindruck ge wonnen werden, al« ob die Rückgewinnung von Elsaß - Lothringen eine Bi«m arckisch« Erfindung sei, die auS der Zeit des 1870/71 er Krieges datire. Hin und wieder liest man sogar, Bi-marck hab« lediglich den militärischen Rathgebrru König Wilhrlm's I. nach gegeben, indem er die Rückforderung von Elsoß-Lothringeu erhob: DaS ist durchau« uogeschichtlich. Schon nach der erstmaligen Besiegung Napoleon'« im Jahre 1814 war in Deutschland die For derung laut geworden, daß, um das deutsche Boll für di« viele» Leiden und Opfer, welche die Napoleonische Herrschaft ihm auf erlegt hatte, zu entschädigen, zugleich aber dir Rückkehr ähnlicher Zeiten nach Möglichkeit zu verhüten, die einst dem deutschen Reiche entrissenen alten deutschen LandeStheile Elsaß und Lothringen an Deutschland zurückgrgeben und damit zugleich dessen Grenze gegen Frankreich besser als bisher gesichert werden müßte." Was soll daS? Der hier erwähnte Eindruck ist, Wiegesaat, nirgends erweckt worden und daß auf dem Wiener Congressr, namentlich von Preußen und Württemberg, ernste Anstreog- nngen gemacht wurden, mindestens daS Elsaß an Deutschland anzuglievern, da« ist an unzähligen Stellen gedruckt und daS weiß, darf man beinahe sagen, jedes Kind. Auch der deutsche Einheitsgedanke ist keine „Erfindung" BiSmarck'S. Er selbst, der als Student die Absicht erwogen, der Burschenschaft wegen der von ihr, wenn nicht ersonnenen, so dock gepflegten deutschen Idee beizutreten, Bismarck hat sich niemals als Urschöpfer des EinigungSgedankenS ausgegeben und kein Mensch hat ihn als solchen bezeichnet. Aber wie er und Wilhelm I. den lange ersehnten Nationalstaat ge sch assen haben, so sind diese beiden Heroen auch die Erwerber von Elsaß-Lothringen, sie und ihre großen militärischen Helfer, sie und keine Anderen. So wenig das deutsche Reich zusammen gesungen und zusammenpoculirt worden ist, so wenig sind Straßburg und Metz zu Deutschland herübergeflötet worden. Wem soll damit gedient werde», daß man das Verdienst des ersten Kaisers und BiSmarck'S dadurch zu eScamotiren sucht, daß man ihre Thateu mit früher gesprochenen Worten und älteren, feblgeschlagenen Versuchen verhängt? Hat man Mißbrauch mit der kaiserlichen Entschließung hinsichtlich des „Dictaturparagraphrn" getrieben, so nicht minder mit den Aussprüchen, durch die der Kaiser die Gründe zur Wahl des Zeitpunktes für seine Maßnahme dem Vor stände deS elsaß-lothringischen Landesausschusses erklärte. Der Monarch sagte, nachdem er auf Schwierigkeiten bin- gewiesen, die durch die Thatsache seine« Regierungsantritt« nach seiner Ansicht entstanden waren, das Folgende: „Nachdem nunmehr daS Reich im Innern befestigt und nach Außen eine überall geachtete Stellung erlangt hat, erachte Ich iw Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts den Augenblick sür gekommen, in welchem Ich der Bevölkerung des Reichslandes diesen Beweis Meines Kaiserlichen Wohlwollens und Bcrtrourn« zu geben im Stande bin." Diese Worte interpretiren Leute, die Prrßschranzen werden möchten, dahin, der Kaiser habe sagen wollen, erst durch sein Regiment sei da« Reich befestigt worden und habe es nach Außen eine überall geachtete Stellung erlangt. Selbstverständlich geben die ausdringlichen Schmeichler diese Erläuterung unter Aus drücken der Zustimmung von sich. Aber sie werden keinen Dank ernte», am wenigsten da, wo besonderes Gewicht auf die Pflege deS deutschen Geschichtsunterrichts in der Schule und die Einpflanzung bewundernder Dankbarkeit für die Thaten Wilhelm'- „des Großen" in die Gemüther der deutschen Jugend gelegt wird. Daß das Reich in den letzten vierzehn Jahren sich weiter ein gelebt, ist eine ebenso unbestrittene wie er freuliche Thatsache. Auch sehr erwünschte Äußerlichkeiten, wie die gemeinsame Cocarde für die deutschen Krieger, gemahnen daran. Dem Kaiser aber in den Mund zu legen, daß diese Entwicklung — und gar di« Er ringung einer geachteten Stellung nach außen l — mit dem Ableben Wilhelm's I. oder mit der Entlassung BiSmarck'S eingesetzt habe, ist eia beleidigende- Unterfangen. Mit unermüdlich«», Eifer hat der regierende Kaiser dir weitere Befestigung deS Reiche- zu bewirken gestrebt, daS erkennt Jedermann an. Daß da- Glück dabei vielfach ge wechselt hat, ist Niemand weniger verborgen geblieben, al- eben dem Kaiser, und die Schlußbilanz zu ziehen, bleibt der Geschichte vorvehalten. Diesen Punct, auf Herausforderungen hin, wie sie die gekennzeichneten Preßstimmea sich zu Schulden kommen lassen, zu streifen, muß schon deshalb gestattet sein, weil sich dabei die Gelegenheit zu einer Bemerkung bietet, deren Richtigkeit nicht bestritten werden wird. In einem Betracht ist allerdings eine scheinbare Besserung ein getreten im Vergleiche zu den Zeiten Wilhelm'« I. Da« Reich wird von ultramontaner Seite nicht mehr in der früheren Weise bekämpft. Allein die Besserung beruht eben nur aus Schein; die klerikalen ReichSsreunde sind Reich-freunde aus Kündigung, sie finden — vgl. die Toleranzanträge — heule ihre Rechnung bei einer anderen Politik, aber sie werden diese Politik eben auch nur so lange betreibe», als sie ihr« Rechnung dabei finden. Die Ueberzeugung. daß man die Zuckerfrage so wenig überstürzen wie verschleppen darf, befestigt sich mit jedem Tage. Angesicht« der Zumuthung, im Reichstage ohne CommissionSberathung rur Entscheidung zu schreiten, haben wir hervorgehoben, daß eS sich nicht nur um die internationale Convention, sondern auch um «in heimische« Zucker- steuergesetz handelt. Diese« ist bestimmt, die Schädigungen, die der Brüsseler Vertrag für die schwer leidende deusiche Rüben-Zuckerproduction mit sich bringt, einigermaßen auSzu- gleichen. Und diese Vorlage unterscheidet sich von der Con vention dadurch, daß sie imReichStagr modificirt werden kann. Diese Aenderung«», daSist bereit-anerkannt, sind unerläßlich. Es ist die Frag«, ob sie sich auf da« Maß der VerbrauchSabgabe bezieben müsse», die in der Regierungsvorlage jedenfalls höher gegriffen ist, al- di« der Prämien beraubte und nur mäßig gege» die au-wiirtige Concurrenz geschützte Industrie ver tragen kann. E« ist möglich, daß an den Grundlagen deS bestehenden Zuckerbesteuerung-gesetze« Aenderungen vorge- nommen werden können, und eS ist nicht ausgeschloffen, daß auch außerhalb deS Rahmen- diese- Gesetzes Vorkehrungen getroffen werden können, welche die neben den guten einher gehenden schädliche» Wirkungen zu paralhsiren vermögen. Deutsches Reich. i-k- Beilin, 24. Mai. EtnwelfifcheSPronuncia- mento zu Gunsten des spanischen Präten- dentenDonCarlosistan und für sich wie der Form nach, in welcher es vorliegt, für das Wesen unserer „RechtSparteiler" zu charakteristisch, als daß cS mit Still schweigen übergangen werden dürfte. Enthalten ist dieses Pronunciamento in dem hannoverschen Welfenorgan, das wegen angeblicher Verherrlichung des Königs AlfonsXIII. durch eine „liebedienerische oder urthellslose Presse" für das „gute Erbrecht" des Herzogs Don Carlos eintritt und auf den Ursprung des „alfonsisttschen K vnigthumS" zu diesem Behuf in folgenden Sätzen hinweist: „König Ferdi nand VII. von Spanien ehelichte die Prinzessin Christina, welche ihn überredete, zu Gunsten einer Tochter die von alterSher bestehende salische Thronfolge, wonach die Krone nur im ManncSstaunne forterbt, willkürlich zu ändern. Der älteste Bruder des Königs protestirte als nächster An erbe. Außerdem unterlag die Echtheit der Abstammung der zur Thronfolgerin erklärten jungen Prinzessin begründeten Zweifeln." — Was die letzteren Zweifel anbelangt, so per- lautet in den unS zugänglichen GcschichtSwerken über sie nichts. Ebenso wenig ist den GcschichtSwerken zu ent nehme», daß der Protest des Don Carlos im Jahre 1880 die Frage der Echtheit der Abstammung der Prinzessin Isabella berührte. Es handelt sich hier wahrscheinlich um ein carltstisches Agitationsmanöver, das erst später zur An wendung gelangte, für dessen objective Berechtigung aber unseres Wissens kein Beweis geliefert werden kann. Die sonstige geschichtliche Darstellung des WelfcnblatteS ist voll kommend irreführend. Jeder Unbefangene mutz aus den oben wiedergegcbenen Sätzen den Eindruck gewinnen, als sei die spanische Thronfolge durch Ferdinand VII. unmittel bar z>: Gunsten der Prinzessin Isabella, d. h. zu einer Zeit geändert worden, wo Prinzessin Isabella bereits geboren war. In Wirklichkeit erließ Ferdinand VII. das neue Hausgesetz, die sogenannte pragmatische Ganction, am 29. März 1830, während Isabella erst am 10. Octobe r 1830 das Licht der Welt erblickte. Die in Spanien „v o n alterSher" bestehen de Thronfolgeordnung war auch nicht die salische; vielmehr trat letztere erst im Jahre 1713 auf Bestimmung Philipp'S V. in Kraft, nachdem bis 1713 daS altkastilische Erbrecht -er Töchter Bestand gehabt hatte. Die Wiederherstellung deS altkastilischcn Erbrechts hat schon König Karl IV. im Jahre l789 in Aussicht genommen. 1822 beantragten die Cortes die Aufhebung des salischen Ge- setzcs. Unerhört ist eS daher öurchausnicht gewesen, daßKönig Ferdinand im Jahre 1830 seine pragmatische Sanction er ließ. Die damit getroffene Abänderung der Thronfolge ordnung mißfiel der sogenannten apostolischen Partei des halb, weil sie ihr ganzes Vertrauen auf Fcrdinand's jün geren Bruder Don Carlos fetzte und von! seiner muth- matzltchen Regierung goldene Tage für den monarchisch hierarchischen Absolutismus erwartete. Auf ihren Antrieb protestirte Don Carlos gegen jeden Act, der ihn seine eventuellen Thronrechts beraubte, und auf ihr Anstiften wurde von dem earNstischen Minister Calopiarde, unter Verwendung einer bestochenen Hofdame, der erfolgreiche Versuch gemacht, den halbtobten König Ferdinand znm Widerruf der pragmatischen Ganction zu bewegen. Als aber der König sich wieder erholt hatte, verbannte er in ge rechter Empörung über daS mit ihm getriebene Spiel seinen Bruder, rief dieEnrtcS zusammen und ließ durch sie da neue HauSgcsetz bestätigen, dessen Widerruf er als erschlichen erklärt hatte. — Angesichts der vorstehenden Angaben über den Ursprung des alfonsisttschen KünigthumS erscheint das „gute Erbrecht" de» Herzog» Don Carlos in einem anderen Lichte al» in dem welfischen Pronunciamento. Don einem „RechtSparteiler" darf billiger Weise verlangt werden, baß er bet der Darstellung geschichtlicher Verhält, ntsse die offenbare Irreführung der Leser vermeidet. Aber kennzeichnend sür die welfischen RechtSparteiler ist eben das entgegengesetzte Verfahren, mag es sich um die An sprüche de» Herzog» von Cumberland auf Hannover und vrannschweig oder um den spanischen Prätendenten handeln. verlt», 24. Mat. Die Bekämpfung der neuen Polenvorlage wird von freisinniger Seite mit ganz untauglichen Mitteln versucht. DaS gilt ins besondere von den Bemühungen deS Richter'schen Organ», Stimmung gegen die neue Borlage zu machen. Wenn die »Kreis. Ztg." argen sie anfuhrt, daß die Ankäufe au» deutscher Hand in Zukunft noch gesteigert werden würben, und im Anschluß hieran fragt, wo dann da» Gegengewicht gegen die Ankäufe der Polen an» deutscher Hand bliebe, so zeugt ein solcher Gcdankengang von großer Kur-sichttgkett feine» Urheber». Die Fälle, tu denen deutsche Besitzer an Iolen Verkauften, wett kein deutscher Käufer vorhanden war, sind nur zu zahlreich gewesen. Tritt jetzt die AnstedelungScommisston bezw. der Staat als Käufer, sei es für bäuerliche Grundstücke, sei cs für Do mänen, in gesteigertem Grade auf, dann sind deutsche Be sitzer der Nothwendigkeit, an Polen zu verkaufen, über hoben. Die neue Absicht, daß die ««gekauften Güter pacht weise den alten Besitzern gelassen werden sollen, dient ohne Zweifel zur Stärkung des deutschen Gegengewichts gegen über den Polen. Denn auf diese Weise werden viele Deutsche — das erkennt auch die „Köln. Bolksztg." an — in der Ostmark festgehalten, während sie sonst leichter znm Kortziehen geneigt gewesen wären. Die „Freis. Ztg." bc- hauptet ferner, daß die neue Vorlage einen Gegensatz zum Vorgehen des Fürsten Bismarck bedeute, der Bauern und Arbeiter habe ansiedeln, nicht aber die Staatsdomänen habe vermehren wollen. Die Politik des Fürsten Bismarck in den beregten Punkten ist von ihm selbst in der Ansprache erörtert worden, die er am 16. September 1894 in Barzin beim Empfange der Posener gehalten hat. Damals führte Kürst Bismarck aus: „Die Massen unserer polnischen Bevölkerung seien zufrieden mit der gerechten preußischen Behandlung. Es habe daher ntchtin seinem Programme gelegen, die Ansiedelung kleiner Leute zu befördern. Die auS dem Hundertmillionen-Konds angekaufteu Güter sollten Domänen bleiben. Erhabeaberdiese seine Anregung nicht leiten und über wachen könne n." — Im Hinblick auf die vorstehende klare Auslassung des Fürsten Bismarck darf seine Autorität nicht gegen die neue Vorlage ausgespiclt werden, sondern ist vielmehr zu ihren Gunsten ins Feld zu führen. Als selbstverständlich mutz dabei gelten, was die „Freis. Ztg." zu bezweifeln scheint, datz polnische Pächter bei der Ver pachtung der Domänen ausgeschlossen werden. Wünschens werth und nothwendig ist allerdings, den Domänen pächtern die Heranziehung und Seßhaft- machung deutscher Arbeiter aufzugeben. Es lafscn sich zur Verwirklichung solcher Arbeiteransiedelungen Erleichterungen sicherlich schaffen und durchführen. In Bezug auf die Arbeiter stellt die „Kreis. Ztg." ohne Grun in Frage, ob durch die Vermehrung des staatlichen Forst- besitz es in der Ostmark der Abwanderung der Arbeiter entgegengewirkt werde. Dieser Auffassung liegt eine Unterschätzung der Rolle zu Grunde, welche die Forst arbeit namentlich in der Jahreszeit, während welcher die eigentliche Landarbeit ruht, zu spielen vermag. Ins besondere kann die Forstarbeit in Verbindung mit der Seß- haftmachung ländlicher Arbeiter als wirksames Mittel gegen die Landflucht bleuen. Deshalb sollte die neue Vor lage im Sinne der Ansiedelung von Landarbeitern durch die Domänenpächter gegen gewisse Erleichterungen ergänzt werden. Was aber die vermehrte Ansiedelung von Bauern betrifft, so schreibt die katholische „Rheinische Bolksstimme" sehr richtig, datz „fleissige Bauernsöhne sich in den O st marken mit ge ringen Mitteln eine sichere Zukunft grün de n k ö n n e n." * Berlin, 24. Mai. (Friedensbotschaften.) Unter dieser Überschrift veröffentlicht die „Südd. ReichS-Corr." die folgende, ihr auS Berlin zugegangene Erklärung: „Der Be such Kaiser Wilhelin'S in den NeichSlanden ist mehrfach be nutzt worden, um in der Presse Angaben über sonder bare Gerüchte zu verbreiten, die sich auf angeblich von höchster Stelle geplante Aenderungen in der Ver waltung oder sogar der verfassungsrechtlichen Stellung Elsaß-Lotbringens beziehen sollten. Ter Rücktritt deS Fürsten Hohenlohe-Langenburg von der Statthalter schaft und seine Ersetzung durch den deutschen Kron prinzen war noch die harmloseste Ankündigung. Niemals ist au dieser Geschichte oder anderen ezusckem karivas ein wahres Wort gewesen. Es sollte aber der Anschein erweckt werden, als ob in bundeS fürstlich en Kreisen Grund zu Bedenken wegen irgendwelcher besonderen Absichten gegeben sei, die der Kaiser mit den Reichslanden vorbabe. Solchen Ausstreuungen konnte nicht gründlicher der Boden entzogen Werden, als durch rie schönen Worte, mit denen Kaiser Wilhelm in Kürzel unter bereitwilliger Anerkennung der treuen Mitarbeit seiner Verbündeten im Reich den friedlichen Grundcharakter seiner Politik bezeugt hat, — ein erfreulicher Rückblick auf die wohlauSgcuutzte Vergangenheit und ein all- seitizer Zustimmung sicheres Programm sür die Zukunst. Werthvoll als Ergänzung dieses friedenssürstlichen Bekennt nisses ist eS, daß mit ihm die Kundgebungen der Ober häupter zweier anderer großer Festlandöstaaten in willkommener Uebereinstimmung Zusammentreffen." * Berlin, 24. Mai. (Entscheidung über die Zu rechnungsfähigkeit von Angeklagte».) Die in einer Reihe von Strasprocessen zu Tage getretene Tbatsache, daß die Gericht« sich über das die Zurechnungsfähigkeit der Angeklagten verneinende Gutachten von Sachverständige» hinweggrsetzt haben, hat besonders in ärztlichen Kreisen zur Aufstellung der Forderung geführt, de» Richter unter daS Gutachten de« sachverständigen Arzte« zu stellen. Der Heraus geber der hamburgischen Zeitschrift „Der Loolse" hat im Hin blick auf diese Strömung im Wege der privaten Enquete sachverständige Aeußerungen über die Frage gesammelt, ob e« sich nicht empfehle, beim Borliegen begründeter Zweifel die Frage der Zurechnungsfähigkeit von einem Collegium von Psychiatern in bindender Weise für den Richter entscheiden zu lassen. Die Rundfrage ist von allen Seiten in vernei nendem Sinne beantwortet worden. Nicht nur die wenigen Juristen, die zu Worte gekommen sind, wie Professor Birk- meyer in München, sondern auch alle befragten Psychiater sprachen sich mit der größten Entschiedenheit gegen den Vorschlag au-, die Entscheidung über die Zurechnungs fähigkeit in die Hand von Sachverständigen zu legen. Dazu gehören Pcofessor Jolly-Berlin, Hitzig - Halle, Bin-wanger-Jena, Fürstner-Straßburg, die zum Tbeil noch besonder- Bezug nehmen auf einen nn gleiche» Sinne ge haltenen Aussatz de- Straßburger Professor- Hoche m einer Fachzeitschrift. Keine eiuzigr der befragten medicinischen Autoritäten hält eS sür richtig, den Sachverständigen an die Stelle deS Richters zu setzen. Die Argumentation ist in ver- schiedenen Aeußerungen ungefähr gleich. Sowohl die Juristeu wie die Medicinrr weise» darauf hin, daß der Sachverständige immer nur ein Gehilfe und Beirath deS Richter- sein dürfe und daß die ganze Grundlage der Rechtspflege erschüttert werden müsse, wenn man einzelne Frage» von anderen Per sonen als dem Richter entscheiden lasse. (D Berlin, 24. Mai. (Telegramm.) Die „Kreuzztg." schreibt: Graf Kanitz beabsichtigt, im Reichstage eme Futcrpcllatton über den TchiflfatzrtStrnft eiazubriagen. Die couservative Fraclion wird voraussichtlich am 3. Juni über die Einbringung der Interpellation Beschluß fassen. * Düsseldorf, 23. Mai. Im weiteren Verlaus seiner Verhandlungen beschloß -er Delegtrtcntag der Evange lischen Arbeitervereine, Schritte zu unternehmen, damit die Gewerbcinspection auch auf die Hausindustrie ausgedehnt werde. Der folgende Punct der Tagesordnung betraf die mit großer Spannung erwarteten Neuwahlen zum Ausschuß. Pfarrer Naumann, um dessen Wieder wahl sich die Streitfrage zugespiyt hat, war fern geblieben. Der Ansschutz hatte beschlossen, dem Delegirtentage einen Vcrmittelungsvvrschlag in Form einer Satzungsänderung zu unterbreiten. Danach sollen die Wahlen in den Ausschuß dem Delegirtentage entzogen werden. Der Vorstand soll sich künftig folgendermaßen zusammenseyen: 1) aus dem Ausschuß, welcher sich zufammensctzt aus den Vorsitzenden der Landes- und Provinzialverbändc bezw. ihren von ihrem Verbündeten beglaubigten Stellvertretern, 2) aus dem gcschäftSführendcn Ausschuß, welcher besteht aus dem Vorsitzenden, -cm Schriftführer, dem stellvertretendev Schriftführer und dem Cassirer. Die Letzteren werden auf drei Jahre gewählt. Die Bedeutung dieses Antrages be steht darin, daß cs nach Annahme desselben ausgeschloffen ist, daß Naumann wieder in den Ausschuß gewählt wird, dasselbe gilt für Stöcker. Pastor Schmidt (Höchst a. M.) befürwortete die Annahme des Vorschlages. Man müsse einen Ausweg finden, der Stöcker und Nau mann als Mitglieder, wenn auch nicht mehr als Ausschuß mitglieder erhalte. Naumann habe das Versprechen ab gegeben, daß er beim Verbände bleiben werde, möge die Entscheidung fallen, wie sic wolle. Gegen den Antrag er hob sich in der Debatte vielfach Widerspruch, schließlich wurde er aber, wie schon kurz gemeldet, mit 53 gegen 29 Stimmen angenommen. Da ergriff plötzlich das Wort Dccan Weitprecht (Heilbronn): Ich bitte folgende Er klärung zu Protokoll zn geben: Der württembergische Ver band behält sich vor, sein Verhältniß zum Verbände binnen kurzer Zett, nachdem die Satzungsänderung beschlossen, zu regeln. Lic. Weber: Ich hoffe aber im freundlichen Sinne. Weitprecht: Kann sein, kann auch nicht sein. Sodann folgten noch einige Referate über Arbeitslosenver sicherung und paritätische Arbeitsnachweise. Znm nächsten Berbandstage wurde Berlin gewählgt. (Nat.-Zig.) * Kölu, 24. Mai. Zum Tode deS Erzbischofs I)r. HuberiuS Simar berichtet die „Köln. Ztg." noch': In vergangener Nacht um 12 Uhr 2 Minuten ist Erzbischof I)r. Hubertus Simar im 67. Lebensjahre, nachdem er etwas über zwei Jahre den erzbischöflichen Stubl innegebabt hat, nach kurzem Leiden infolge einer schweren Lungen-Entzündung sanft und gottergeben entschlummert. Am Sterbebette weilten seine Schwester, Frl. Antoinette Simar, seine Cousine, General- vicar Dr. Kreutzwald, der behandelnde Arzt Dr. Vogel, der HauScaplan Geheimsekretär Or. Schmitz und daS HanSpersonal des verstorbenen Kirchensürsten. Erzbischof I>r. Hubertus TheovbiluS Simar wurde als Sohn deS Kaufmanns Michael Joseph Simar am 14. Derember 1835 in Eupen geboren. Er war der Jüngste von acht Geschwistern und verlor schon im Aller von acht Jahren seinen Baler durch den Tod. Seine Mutter, die mit den zahlreichen Kindern allein stand, ver mählte sich zum zweiten Male mit dem hoch«»gesehenen Lehrer an der höheren Stadtschule Franz Cornelius Stark, der den Kindern et» liebevoller und fürsorglicher Stiefvater wurde. Nachdem S. in Düren das Gymnasium besucht und das Abiturienten-Examen glänzend bestanden hatte, widmete er sich vom Herbst 1853 ab in Bonn dem Studium der Philosophie und Theologie. Durch den verstorbenen Wrihbischof vr. Baudri empfing er am 2. Mai 1859 die Priesterweihe. Bereits am 3. November 1858 war er in Münster zum Licentiaten der Theologie promovirt. Als Caplan wurde er zuerst an die Stiftskirche nach Bonn berufen. Zu Ostern 1860 übernahm er auf Anordnung der erzbischöflichen Behörde eine Repetentenstelle im theologischen Convict zu Bonn. Dem jungen strebsamen Geistlichen war damit die wissenschaftliche okatemstche Laufbahn eröffnet, die von da ab drei Jahrzehnte sein eigen- liches Arbeitsfeld blieb. Ende 1864 wurde er außerordentlicher Professor sür systematische Theologie. Bereits 1867 batte ihm vte theologische Facultät zu Münster in Westfalen honoris causa Len theologischen Doctortitel verlieben. In dieser Zeit gab er ein Lehr buch der katholischen Moraltheologie heraus. Er wurde Im October 1880 zur ordentlichen Professur der Dogmatik und Apologetik an der theologischen Facultät der rheinischen Fnedrich-Wilhelms-Uni- versitüt ernannt. Nachdem er 30 volle Jahre in treuester Pflichterfüllung seinem akademischen Berufe gelebt, erging an ihn, nachdem da« Domcapitel zu Paderborn ihn al- Nach, folger des ain 7. März 1891 verstorbenen Bischof« Franz Ka>par Drobr zum Bischof von Paderborn erwählt hatte, der Ruf, den Bischofssitz des heiligen LiboriuS einzunehmen. Ent sprach diese Wahl auch nicht seinen Neigungen, so glaubte er dennoch dem Rufe folgen zu muffen. In der Zeit seines segen-reichen Wirken» in Paderborn, wo sich ihm ein reiche« Feld seiner Thätig- kett bot, lenkte er durch sein entschloßene-, echt deutsches Aus- treten, durch die Lauterkeit seine« Wesen« und durch seine palrio- tische Gesinnung dir Aufmerksamkeit der Regierung in besonderem Maße auf sich. Al« dann durch den Heimgang de« Cardinal« Krementz am 6. Mai der erzbischöfliche Stuhl in Köln verwaist war und cs galt, einen würdigen Nachfolger zur Leitung der über zwei Millionen Katholiken zählenden Erzdiöcese zu finden, war die Wahl schwer. Am 24. Octobec 1899 wurde im Dom zu Köln unter Leitung LeS Bevollmächtigten de« Kaiser«, deS damaligen Regierungs präsidenten Freiherr» v. Richthofen, der Bischof vr. Hubertus Simar von Paderborn zuni Erzbischof von Köln gewählt. Auf die Mlttheilung der vollzogenen Wahl äußerte der Ge wählte, daß er die Wahl nur dann annrhmen könne, wenn er durch den au-drückltchen Wunsch oder den Befehl de« Papste« Lazu bestimmt würde. Dies geschah, und da« königlich« StoatSmintsie- rium sand eine besondere Genngthuuna gerade in der Wahl diese« al« weisen Kirchenfürsten bekannte» Priester«, der zu verschiedenen Malen in offenkundigster Weise fein echt deutsche«, von echtem Patriotismus durchdrungeur- Wesen bekundet hatte, der gelegentlich de- KaiserjprucheS bei einer Kaisrrgeburtstagkfeirr warm sür di« Verstärkung der Flotte eiiioetrrtrn war und damit dein Trrrori-muS der ultramontauro Preff« zum Trotz der Empfindung der patriotisch gesinnten katholische» Bevölkerung seine- Sprengel« be-
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