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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.10.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-10-28
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19031028011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903102801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903102801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-10
- Tag1903-10-28
- Monat1903-10
- Jahr1903
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BezrrgS-PretS ia der Hauptrxpedttion oder deren Ausgabe- stelle» abßetzolti »ietteliützrlich .AI 8.---», bet zweimaliger täglicher Zustellung inS Hau» ^l 8.7k. Lurch di» Pest hetogen für Deutsch land «. Oesterreich eterteljäurlich ^8 4.80, für di« übrigen Länder laut Zeitung»pret»üste. Nttaktton vnd Lrpe-itioar T»dünni»g«lffe 8, Feriisprecher 1KS Add ff» Fitt»le»l»»dttt»nr» r Alfred Hah», vuchtzauvl»., llnioersttätestr.Ü, 8, »tdsch«, Katyatttirnste. 14, «. Künigspl. Haupt-Flttalr Vrea-rn: Matttnsftaßt 84. tzeeosprechtt Amt 1 sk. 17iS. Haupt Ftttale SttNtt: Aart vüttcktt, Herzgl. Bayr. hdsbnchhandlg., Lützowsttaße 10. vernsptechtt ««1 Vl R». 4M8, Morgen-Ausgabe. MpMcr TllgMM Anzeiger. Äittls blatt -es Äöniglichen Land- und des königliche« Amtsgerichtes Leipzig, des Nates und des Nolizeiaintes der Stadt Leipzig. Anzeigen.PretA die 6 gespaltene Petitzeile 2S Reklameu uatee dem Redakti»n«strtch (ägefpalten) 78 vor den Familieunach. richten (6 gespalten) 80 H. Dabeltarischer und Ziffernsatz entsprechend Häher. — Gebühren für Nachweisungen und Offerttnanuahme L8 (excl. Porto). Srtrs-Beilagen (gefalzt), nut mit der Morgen.Ausgabe, ohne Voflbefärberttng ^l SO.—, mit Postbefärdtrung 7V.— Annahmeschluß für Anzeigen: Abeud-Au-gabe: vormittags 10 Uhr. Morgen.Ausgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Anzeigen sind stet» au di» Uppeditto» zu richten. Die Expedition ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi- abend» 7 Uhr. Druck uud Verlag von E. Polz iu Leipzig. Nr. 54S. Ho)1aldemokrM und Freiheit. SS Da die Sozialdemokraten nachgerade einsehen, daß sie enff natürlichem Möge bei den bevorstehenden Landtags wahlen keine Lorbeer» ernten können, so versuchten sie e» mit dem Terrorismus. In Hivbesheim hat be kanntlich eine schfiuldemokrattsche Versammlung beschloßen, Geschäftsleute, bei denen viele Arbeiter kaufen, auszufordern, für sozialdemokratische Wahlmänner zu stimmen, widrigenfalls sic von ihren bisherigen Kunden boykottiert werben würben. Wir wissen nicht, ob die Hildesheimer Genossen mit dem von ihnen gegebenen Beispiel« Nachahmung finden werben, wir wißen auch nicht, ob ihr Erprcflungsversuch in Hildesheim selbst einen Erfolg zeitigen wirb. Auf da» pvaktsche Ergebnis kommt es aber auch gar nicht an, sondern barairf, daß gus dem Hildesheimer Vorgänge klar hervorgeht, wie die Sozialdemokratie die Wahlfrei- hett mit Füßen tritt, wo sie nur die Macht dazu hat. Das ist dieselbe Partei, die immer neue Kautelen zum Schutze der Vahlsrethett fordert: das ist die. selbe Partei, die Gutsbesitzern oder Fabrikanten die herb, sten Vorwürfe macht, wenn diese versuchen, ihre Arbeiter oder Angestellten zu bestimmen, im Sinne des Prinzipals zu wählen; da» ist dieselbe Partei, die es für unerhört er klärt, wenn Minister im Reichstage oder im preußischen Landtage rmrd heraus bekennen, sie würden keine Beamten -uüden, die für die Sozialdemokratie tätig wären. Die selbe Partei also, die gegen jede Einschränkung der freien politischen Willknsmcinung etsert. stellt an Geschäftsleute die Forderung, des Satzes eingedenk zu sein: Wes Brot ich eße, des Lied ich sinae. Diese unerhörte Einschränkung der politischen Willensfreiheit paßt aber ganz vorzüglich in das System des wirtschaftlichen und sozialen Terrorismus der Sozialdemokratie. In diesen lagen erst hat sich vor den Schranken deS Landgerichts zu BreSlau eine Verhand lung abgespielt, die den sozialistischen Terrorismus in seiner vollendeten 'Brutalität zeigt. Zwei Maurer waren für einen Neubau engagiert worden. Noch ehe sie mit der Arbeit beginnen konnten, wurden sic von anderen, schon ans dem Bau befindlichen ArbettSgeuossen bedrängt, ver- höhnt un»d körperlich mißhandelt, weil sie nicht der sozia listischen Maurer-Organisation angehörten. Als sie sich beim Polier beklagten und ihn fragten, ob sie überhaupt mit der Arbeit beginnen sollten, riet dieser ihnen, doch lieber fortzugrhen, weil er sie nicht vor weiteren Be schimpfungen und Mißhandlungen durch die ,-Organisier, ten" schützen könnte. Also auch der Vorgesetzte stand unter der Furcht vor dvm sozialistischen Terrorismus und war diesem gegenüber machtlos. So mußten sich ehrliche Ar- beiter beschämt und verprügelt bavonschleichen, wie Diebe in der Nacht, nur weil si« frei bleiben und sich nicht dem Zwang« etner Organisation unterordnen wollten. Der Breslau«! Vorgang wiederholt sich unzählige Male, nur da- «S selten gelingt, die Schuldigen zu ermitteln und der verdienten Bestrafung entgegen zu führen. Die Sozialdemokratie nennt sich eine Partei des For t- schritt» utnd der Fr ei h e i t, sie ist tatsächlich die Par tei der schwärz« st en Reaktion und der voll endetsten Unfreiheit. Was sic wirtschaftlich will, ist nichts Nru-eS, sondern «in von der fortschreitenden Ent wickelung beseitigter Urzustand. In politischer Beziehung steht sie vollständig auf ienein klerikalen, mit Recht al» Muster roaktionärer Auffassung hingestellten Satze: „Wir verlangen die Freiheit, wo wir die'Macht nicht haben, wir versagen die Freiheit, wo mir dieMachthaben." Oder hat nicht Herr «Bebel auf dem Dresdener Parteitage, wo er die Macht hatte, die Freiheit der Ueberzeugung und der Aeußerung dieser Ueberzeugung schlechthin negiert? Glich nicht überhaupt diese Versammlung einem Ketzergerichte au» der Zeit de» finstersten Mittelalter»? Nur dem für sie recht glücklichen Umstand«, 'daß die bestehende Gesell schaft eben noch besteht, und daß das blutige Morgenrot de» sozialistischen ZukunstSstaateS noch nicht angebrochen »st, hatten e» diesenigen, die sich einer freien Meinungs äußerung und Betätigung ihrer Befähigung unterfangen hatten, zu danken, -daß sie mit der Besudelung ihrer Ehre davon kamen, oder ihre körperliche Freiheit und Gesund heit behielten. Welchen kulturellen Rückschritt die Loqialdemokrati« bedeutet, da» beweist bas setzt mit leihen- schaftlich«m Eifer betrteben« 'Kesseltreiben gegen di« „Akademiker". Ohne di« Pionier« h«» Geist«» gibt e» keinen Fortschritt der Kultur, gerade die geistige Supre. matte aber lvtrd von dem blinden vödur d«r Sozialdemo. kratie mit der Keule niedergeschlagen. So steht die Sozialdemokratie zu keiner Weltanschauung in schärferem Gegensätze. als zu Ser de» Ltberalt«mu». Und wie der linksstehende Liberalismus sich seit einiger Zeit von dem Irrwahn« sreigemacht hat, al» ob innirhald der ultramontanrn Partei der freiheitlich« Gsdankc Raum finden könnt«, so macht er sich ,rfr»ulich«rw«ise auch Ammr «eh» »»n Sern »m»«-mtO edeqk» Wjil-rtichen Irr» Mittwoch dm 28. Oktober 1903. 87. Jahrgang. Mahn« frei, daß die Sozialdemokratie gewißermaßen nichts anderes wäre, als ein stark radikaler LiberaltlsmuS. Nein, -die Manteuffel, Hammcrstetn und wie sonst immer die Schreckgespenster Ser Reaktion aus dem vorigen Jahr hundert heißen mögen, haben in ihren Auffassungen gewiß wenig Berührungspunkte mit unseren modernen sozialisti schen Terroristen gehabt, aber ebenso, wie sich die Natur in tausend verschiedenen Arten und Formen von Vögeln oder Nischen und Schmetterlingen betätigt, so betätigt sich die reaktionäre 'Gesinnung in Tausenden von Nuancen, von denen aber die sozialdemokratische eine der gefährlichsten und widerwärtigsten ist. Vie gelbe Gefahr. lieber die in Indo-China und auf der Halbinsel Malakka angestedelten Chinesen schreibt Andre- Siegfried in einet Pariser „Revue" das folgende: Der Einfluß der Chinesen ist hier immer mehr im Steigen. In Cholon, in dessen Nähe Saigon, die jetzige Hauptstadt des fran zösischen Indo-China, liegt, sind jetzt 100 000 Chinesen, in Bangkok 60 000, in Manila 50 000, in Tingapore 150 000. Das sind die Arbetterarmecn, die das übervölkerte China in die Hauptstädte Ostasiens sendet, ohne von den zahl reichen Abteilungen zu reden, die in den kleineren Städten verbreitet sind, wo sich nur irgendwo Arbeit findet und etwa» Geld zu verdienen ist. In solcher Weise ist der Chinese fast in demselben Grade wie der Europäer zum Kolonisator Ostasiens geworden. Seine ungewöhnliche Rührigkeit, seine unerschöpfliche Ausdauer helfe» ihm, überall einzudriiigen und sich an- znpaßen. Um diese ungewöhnliche und kräftige Rasse gut zu verstehen, genügt es nicht, sic bloß in ihrem eigenen Lande zu beobachten; man muß vielmehr sehen, was aus dem Chinesen wirb, wenn er, von der Routine seiner Vorfahren entfernt, unter einem besseren Regime steht und sich mit der westlichen Civilisation bekannt gemacht bat. Der chinesische Kaufmann erinnert durch seine Eigen schaften — eine ungewöhnliche Vorsicht, gevaart mit der Fähigkeit, all«» aufs Spiel zu setzen — in einem gewissen Grade an die Eigenschaften der industriellen Unternehmer Amerikas. Daneben haben die Chinesen bei ihrer Fähigkeit zur Initiative ein tiefes Bewußtsein ihrer Solidarität. In Tingapore, wie in Kanton, bestehen Tausende von Formen verschiedener Vereinigungen. Unter den Arbeitern und Bediensteten blüht ein Syndikat. Die sogenannten „bo^!," (Burschens bilden in Singapore einen sehr starren Verband. Wenn bet ihm eine Klage gegen einen Euro päer etngeht, so wird dieser unvermeidlich boykottiert, und cs wird ihm vollständig unmöglich, jemand zur Bedienung zu finden. Die Organisierten haben besondere geheime Zeichen, die ihnen die Möglichkeit geben, miteinander in Beziehung zu trete«. In besonderer Weile aufgestellte Gegenständ« z. B. haben einen besongercn, nur den Mitgliedern deS Verbandes verständlichen Sinn. Sonach kann ein Koch, der seine Stelle verläßt, im vor aus seinen Nachfolger durch eine besondere Ausstellung des Küchengeräts über den Mert ober den Unwert einer Stellung in diesem Hause verständigen. Die Kulis bilden auch eine wohlorgantsierte Gesellschaft und können jeden Augenblick Streik ansagen. Ganz dieselbe Disziplin be steht bet allen Arbeitern. Bei den Großindustriellen ist, wenn auch keine so starke, so doch ebenfalls eine sehr be deutende Solidarität bemerkbar. Singapore ist sehr reich und sehr bevölkert. Es hat die- inhohemGrade denChinesen zu verdanken, weil, wen» sie viel verdienen, sie auch andern zu verdienen geben. Die Chinesen haben die Rolle, die sie in Singapore spielen, vollständig begriffen. Mit großer Klugheit machen sic alle Konzessionen, die ihnen nur möglich sind, und geben sich gern dem Einfluß der westlichen Civtltsation hin. Ts ist schon jetzt eine neue chinesische Nation in der Bildung begriffen, die englisch spricht und mit den ihr von England gegebenen Einrichtungen so zufrieden ist, daß die Vertreter dieser Nation von der englischen Frei heit und non der englischen Initiative mit derselben Ver ehrung sprechen, wie Tatne und feine Schüler. Der klassische Chinese ist der Kaufmann in Kanton und der Verwaltung »beamt« anS Peking. Aber jetzt gibt es noch einen neuen Typus — Len Kaufmann von Singapore, -en man durchau» studieren muß, um zu erkennen, welche Ueberraschungcn noch in dieser Rasse verborgen sind. Die Chinesen in Tingapore bekennen offen, daß sie nicht für immer in China lebcm möchten, weil eS für sie schon ganz unmöglich geworden ist, sich von «uropäischcn Ge wohnheiten lo»zusagen. AVer man darf durchaus nicht denken, baß diese Neu linge der westlichen Kultur nicht in ihrer innersten Seele Chinesen bleiben. Der Vertreter »er gelben Rasse be wahrt immer ein dunkles Mißtranen gegen den Westen, und das Christentum ist »hm stets antipathisch. E» ist freilich auch nicht das Gefühl de» Bürger», das den Chi nesen oeranlatzt, sich -em englischen Regime zu fügen: er verträgt sich mit den englischen Borgern deshalb ganz gut, weil er ebenso praktisch und ein ebensolcher Opportu nist ist, wie diese. Der Chinese bat in Singapore eine für ihn gut« Regierung gefunden und unterwirft sich ihr. Er hat einen Ort gefunden, wo die Geschäfte gut gehen und wo man leicht «in Vermögen erwerben kann, und bleibt also dort. Ma- wird auS dem allem werden? Der französische Antor kommt zu folgendem Schluß: „Da» alte China zer fällt. aber ans feinen Trümmern bleibt der Chinese lebens fähiger und tätiger, al» er «» se zuvor war. Von Iabr zu Jahr wiederholt sich eine und dieselbe Geschichte: wir dellegen China; aber die Chinesen nehmen un» friedlich alle« wieder ab, wa» wir ihnen mit den Massen genommen haben. Wir nehmen ihnen Hongkong, Schanghai, Peking, in dhttn vesttz geht «Ser »atgorr, Bangkok, Tingapore. Unermüdlich in ihrer Arbeit, -ringen sie überall ein, weichen nie zurück, sondern breiten sich ans, immer weiter und weiter!" Deutsches Reich. Berlin, 27. Oktober, i Schutz der Wahikandidaten gegen Verunglimpfung.) Eine der widerwärtigsten Er scheinungen deS politischen Lebens ist die Sucht der Agitatoren zweiten Ranges in den einzelnen Wahlkreisen, durch persön liche Herabsetzung und Verunglimpfung gegnerischer Kandidaten deren Aussichten im Wahlkampfe brravzumindern. Eine in der Zeitschrift „Das Recht" wiedergebene Entscheidung deS Reichsgerichts erscheint geeignet, die politischen Manieren in dieser Beziehung ein wenig zu bessern, indem sie den bekannten, so viel umstrittenen Begriff der „Wahrnehmung berechtigter Interessen" seitens der An geklagten in einem Beleidigungsprozesse iK 193 R- Sstr.-G.-B.) für diesen Fall folgendermaßen definiert: „Bon Wahrnehmung berechtigter Interessen kann da nickt gesprochen werden, wo es unternommen wird, einen wahlagitatorischen Erfolg dadurch herbeizufiihren, daß dem Wahlkandidaten, um ihn bloßzustellen, seiner Stellung im kommunalen Leben und seines Einflusses zu berauben, ihm eine moralische und soziale Schlappe beizubringen, unwahre und ehrverletzende Dinge wider besseres Wissen nachgeredet werden, da hier schon dir Wahl der Mittel zur Erreichung des Zwecks einen Verstoß gegen die guten Sitten enthält, der eS ausschließi, dem verfolgten Interesse al» einem berechtigten Schutz zu gewähren." Es ist gut, daß hier einmal festaestellt wird, baß die „Wahrnehmung be rechtigter Interessen" und die ebenfalls sehr oft und gern herangczogene „politische Erregung in der Zeit des Wahl kampfes" denn dock nicht einen Freibrief für jegliche gehässige und persönliche Bekämpfung des politischen Gegners bilden dürfen. Die Entscheidung datiert vom 29. September d. I., sie ist also nach den diesmaligen Reichstagswahlen erlassen worden. Für die bevorstehenden preußischen LanvtagSwahlen ist sie von geringerer Bedeutung, da der LandlagswahUampf erfahrungsgemäß in viel gemäßigteren Formen geführt wird. Für die nächsten Reickstagswahlen aber könnte diese Ent scheidung wohl segensreiche Folgen haben, da es oft die beste» und politisch wertvollsten Perjönlichkeiten sind, die, von der persönlichen Art des Wahlkampfes angewidert, keine Kandi datur zum ReickStage übernebmen wollen. V.A.X. Berlin, 27. Oktvber. lBischof Benzler und die französischen Orden.) Bor einem Vierteljahre ging durch die Presse eine Nachricht, die einiges Aussehen erregt«, dann aber im Strome der Zeit wieder untcrging. Der „Schwäbische Merkur" war es, der meldete: Der Bischof Benzler von Metz hat eine Tat getan, die nicht verfehlen wird, Aufsehen zu machen. Auf das Gesuch französischer Ordenslente, sich in seinem Sprengel airsiedcln zu dürfen, gab er am 20. Juli den Be scheid, er könne ihnen diese Erlaubnis nicht erteilen, da schon sehr viele Mönche in seinem Sprengel ansässig seien. Die Franzoien baten darauf um vorübergehende Zulassung, bis sie nach Amerika und Abessinien abretsen könnten. Das Blatt setzte dann hinzu: Hoffentlich setzt der Bischof, wenn er das gestattet, ihnen auch eine Frist; sonst könnte ans der vorübergehen den Niederlassung eine dauernde werden. — Das deutsche ultramontane Blatt in Metz, die neuerdings bischöflich ge weihte „Lothringer Volksstimmc", wollte zuerst alles be streiten, als aber das jranzösifchc Schwesterblatt, der „Lorrain" — um französischen klerikalen Zeitungen zu entgegnen, die behaupteten, der Bischof nehme sich der NuSgewiesenen nicht genug an —, mit Tatsachen kam, meldete die „VolkSsttmme" ebenfalls, daß der Bischof alle möglichem Schritte getan habe, namentlich zu gunsten solcher Ordensleute, die aus Lothringen gebürtig sind, und auch solcher, die bereits ihre Nationalität ver- loren hatten. Einige der aus Frankreich auSgcwiesenen Geistlichen seien in den Metzer Diözesan klerus ausgenommen worden, und Klosterfrauen, die aus dem Lande gebürtig waren, sei durch Vermittelung deS Bischofs von der kaiserlichen Regierung der Aufenthalt und bas gemeinsame Zusammenleben gestattet worben. — Man nahm damals diese Tatsachen hin, obgleich sie doch recht wenig dazu stnmnten, daß die „Voce della Vörttit" im Oktvber vorigen Ialwes gemeldet hatte, nach Weisung von Berlin fei französischen Kongregationen die Niederlassung in Elsaß-Lothringcn zu gestatten, und daß darauf offiziell erklärt wurde, die Meldung entbehr, jeder Begründung und nicht einmal ein- zelne der au» Frankreich ausgewiesenen Mönche und Nonnen feien zur Ausübung einer OrbenStätigkeit zu gelassen worden. Nun plötzlich melden die Blätter, daß französische OrdenSa,»gehörige aus Lothringen regle- rungssettig anSgewiesen werden sollen, gleichzeitig heißt «S auch, baß schon vor zwei Jahren die Re- gierung die geistlichen Behörden darauf aufmerksam ge macht habe, eine Zulassung von eventuell aus Frankreich auAyewiesenen Religiösen könne im ReichSlande nicht ge statte» werben. Es ist also klar, baß »n Metz eine Regie- run-aSverordnung umgangen worben ist. „Lorrain" und „VolkSsttmme" sind außer sich, daß für die „harm losen französischen Lchwestern" keine Ausnahmegesetze ge macht werden; ersterer schreibt: „Andere Regierungen Europa» beweisen st» viel weit herziger. diel toleranter, viel menschliche, gegenüber den inter- essanten Opsern der religiösen Verfolgung in Frankreich, und wir müssen uns fragen, warum unsere Negierung sich selbst die Wohltat und die Ehre eines Wohlwollens versagt. daS für da» Land keine politische Schwierigkeit gekrackt hätte . . . Freilich muß man zur Entschuldigung unserer Regierung an- erkennen, daß diese ober jene Gemeinschaft ihnen eine Art Vorwand geliefert hat: und die Pflicht der Unparteilichkeit zwingt uns zu sagen, daß nach unseren Informationen man sich hier und da vielleicht ein wenig über die von der Klug. -,1t oder d« Bestimmungen gegebenen T«n<« hinweg gesetzt bat. Aber war da» ein Grund, um eine allgemeine Maßregel zu verfügen? Möge man die Schwestern bestrafen, die sich kompromittiert haben, dagegen sind wir nicht; denn wir wünschen auch nicht, bah man die Gastfreundschaft mißbraucht, um irgend jemanden Schwierigkeiten zu schaffen; aber eine ganze Kategorie von schon so wie so beklagenswerten Personen wegen der Unklugheit und des UeberetferS einiger Weniger zu treffen» heißt das nicht das Maß überschreiten und erzielt man damit nicht das Gegenteil von dem. das man er- reichen will? Welche auch die Beweggründe seien, wir be dauern die Haltung der retchSläNdtschen Re gierung in dieser Angelegenheit." Man wird die anmaßende Gpvach« de« bischöflichen Blatte« noch anmaßender finden, wen« hin-ugesetzt werden muß, daß bei den in Frage kommenden AuSge- wiesenen sich chemaligeInsassen -eSKlosters Bon Pasteur in Nancy befinden, welche» Kloster bekanntlich nach den Enthüllungen maßloser Greuel durch einen Aufsehen erregenden Prozeß von der französischen Regierung geschlossen worben ist. Daß dies» Greuel nicht allein dastanden, sondern in vielen französischen Orden gang und gäbe sind, beweisen zahlreiche andere Prozesse gegen andere Anstalten und unangefochtene ZettungS- berichte. Sie sind auch für die Ungläubigsten überzeugend znsammcngefaßt in dem sehr lesenswerten Buche von B. Guinandeau, Klostergreuel (Münchew, I. K. Lehmann, Preis 1,50 ^L). Und solche Schwestern wollte unS der „Lorrain" im Reichsbande aufzwimaenl -Und erst, nach dem sie sich auch in Lothringen nach dem wertvollen Ge ständnis des „Lorrain" höchst unnütz aufgeführt haben, ist dann die Auswcisungsversügung der Regierung ergangen! N Berlin, 27. Oktober. (Telegramm.) Der Kaiser machte gestern nackmittag einen längeren Spazierritt Über Golm, Heyneberg und da» Bornimer Amt. Zur Abendtafel waren keine Einladungen ergangen. — Heut« vormittag unternahm der Kaiser einen Spaziergang und hörte um 10 Uhr den Dortrag de» Chef» de» Militarkabinett» Grafen von Hülsen-Häseler. (-) Vertin, 27. Oktober. Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt, Der „Figaro" läßt sich au» Med schreiben, di« nächst jährigen Kaisermauöver würden zwischen Saarburg und Saarunion stattfinden. Das kaiserliche Hauptquartier käme nach Bonnefontaine in daS Schloß SchlNMmbergerS. Die Manöver würden 4 Armeekorps umfassen, da» 14., das 15., das 16. und das 2. bayerische Korps. Der Korrespondent des „Figaro" in Metz hat eine fette Gute aüfgesagt. Wenn er den Herbst 1904 erlebt, wird er sehen, daß da» Kaiser- Manöver in Mecklenburg abgehalten werden wird und daß nur zwei Armeekorps daran teilnehmen werden. — Ein preußischer Denkmalspflege-Gesetzentwurf, der schon vor längerer Zeit in Bearbeitung genommen worden sei, soll den „Hamb. Nachr." zufolge so weit gediehen sein, daß er höchstwahrscheinlich in der nächsten Tagung an den Landtag werde gebracht werden können. — Der „Sozialliberale Verein für Berlin und Umgebung" <Ort«verein der freisinnigen Ver einigung) hielt am Montag abend in der Tonhalle eine zahlreich, namentlich aus Arbeiter- und akademischen Kreisen, besuchte Versammlung ab. Pfarrer a. D. O. Naumann und vr. Barth referierten unter lebhaftem Beifall Über daS Thema: „Die preußischen Landtag-Wahlen". Nach dem man in der Diskussion auck auf den Fall Kopsch — vr. Bernstein zu sprechen gekommen war, wurde schließlich folgende Resolution gegen wenige Stimmen angenommen: „Ernsthafte politische Reformen erscheinen in Preußen ausge- schlossen, so lange das elendeste aller Wahlsysteme unverändert sott- besteht. Der Ersatz ve» durch und durch verroNtten, aller Gerrchtig. kett Hohn sprechenden DreiklassenwahlshstemS durch da» allgemein e geheime, gleiche und direkt« Wahlrecht, wie wir e» im Reiche baben, und daneben eine den veränderten Vevölkerungsver- hältnissen Rechnung tragend« Neuetntetlung der Wahlkreise müssen deshalb die wichtigsten Zielpunkte de» politischen Wirkens aller Parteien sein, dir den sozialen Fortschritt nnd di« liberale Entwickelung Preußens wollen. Nur Landtag-kandtdaten, welche bereit sind, diese Ziele nachdrücklich zu verfolge«, verdienen die Unterstützung freiheitlich gesinnter Wähler." T Atel, 27. Oktober. (Telegramm.) Da- Ober- landeögericht vertagte heute auf Antrag ve» Vertreters der Statt Kiel bi» auf weitere» die Verhandlung in dem Prozeß um den Kieler Hafen. * Braunschweig, 26. Oktober. Durch Verordnung de» Regenten wurden die Neuwahlen zum braunschweigischen Landtage auf den 1. und den 18. Dezember festgesetzt. Am 1. Dezember werden die 30 Vertreter der Stadt- und Land- aemeinden gewählt, am 18. Dezember die 18 Vertreter der sogenannten Berufsstände. E8te-ba»en, 27. Oktober. (Privattelegramm.) Wie der „Rheinische Kurier" meldet, wird der Zusammen kunft deS Kaiser- Wilhelm und des Kaiser- Nikolaus auch der Reichskanzler Graf v. Bülow beiwohnen. * Au» Sttaßdur» wird der „Schles. Ztg." geschrieben: Die Lehrerflucht au» dem Reich»lande dauert fort. Seit 1900 sind nicht weniger al- 13 Oberlehrer an reich»ländischen höheren Schulen, sowie 28 wissenschaftliche Hüssslebrer au». geschieden, um anderweitig, namentlich in Preußen, wo günstigere GehaltSverhältnisse al- hier bestehen, Stellungen anzunehmen. Bei einem reick-ländischen Gesamtstand von 50 Hülf-lebrern und Prodrkandidaten liegt e» auf der Hand, daß damit Vie Auffrischung ve- Lehrkörper- sehr erschwert ist. Die für die nächste Tagung de» Lande-au-schuffe» geplante Neu regulierung der Gehälter dürfte wohl die wünschenswerte Ab hülfe bringen. Im übrigen erfreuen sich die reich-ländi schen böKeren Schulen eine» stetig wachsenden Besuche». Im abgelaufenen Jahrzehnt ist die BrsuchSzssfer um rund 1000 Schüler gessiegp», so daß Jetzt -euüaende« Nachtouch» zu diu höher« v«ru(»art« tu Staat uu» G»»«tzch«<mal-
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