01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.02.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-02-02
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040202018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904020201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904020201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-02
- Tag1904-02-02
- Monat1904-02
- Jahr1904
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Anzeigen-Preis die 6 gespaltene Petitzeile 25 Reklamen unrer dem Redaktionsstrich (4gcspalten> 7b vor den Famtliennach- richten (6 gespalten) 50 Tabellarischer und Ziffrrnlatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Lsfrrtenannahme 25 Eptra-VeilaGen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbefbrdrruug SO—, mit Postbrsörderung 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgab«: vormittags 10 Uhr. Morgen-AuSgabe: nachmittags 4 Uhr. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Dir Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von G. Pall in Leipzig (Inh. vr. B., R. ät W. Ltinkhardt). Dienstag den 2. Februar 1904. 98. Jahrgang. Var AiGtigrtr vom rage. * Herzog Friedrich II. von Anhalt hat anläßlich seiner Thronbesteigung eine Amnestie für geringere vergehen erlassen. * Da« Artilleriematerial aus Kamerun ist in Swakopmund eingetroffen. * Die Lage im fernen Osten erscheint nach offiziösen Petersburger Meldungen über russische Kriegsvorbereitungen umfassender Natur, sowie über neuerliche Unruhen aus Korea wieder ernster, doch glaubt map in Berliner unterrichteten Kreisen am Montag Abend noch an die Er haltung des FriedeuS. UnrchaiimlgrMelliÄt. Der Kampf tn Crimmitschau ist beendet! Die sozia listische Presse, deren einzige- Spiel in den letzten Wochen: „Das Ganze avancieren!" war, Hatzum Rückzüge geblasen und die Arbetterdataillone, deren dröhnender Schritt dem blumigen Etil de» vorwärts" zu «köstlich gerundeten Phrasen begeisterte, find geschlagen. Ruhmvoll — sagen die einen, rühmlos — die andern! Die Wahrheit wird auch hier in der Mitte liegen. Zwar, mit den vielen billigen TobeShymnen, die man in der Bebekschen Gefolg schaft anstimmt, hat'S nicht viel auf sich: das ist Ward auS dem alten Liebknechtschen Ramschbasar, die nach etwas aussieht, aber nicht viel Wert hat. Und mit den preislichen Gründen, die die Streikenden zur Beendigung des Kampfes angeblich veranlaßt haben, kann man uns auch nur auf Momente ein ironisches Lächeln abgewinnen: Wer davon lieft, daß die Erhaltung der Blüte und das Gedeihen des ganzen Gemeinwesens Pflicht und Streben des Volkes sein müße — wird sich der höflichen Frage nicht entschlagen wollen, weshalb man'S denn vor der Sitzung anders las, — und wenn das Flugblatt der Streikleitung die Liebe zur Heimat und zur Vaterstadt im Btedermannstone anpreist, darf darauf hingewiesen wer den, daß sonst so patriotische «Skrupel und Zweifel den Unentwegten nicht zu scheren pflegen. ES wir- schon so sein: der Streik ist beendet, weil den Arbeitern die drei Waffen zu fehlen begannen, die zum SriegfüHren nach MontecuccoliS auch jetzt noch modernem Reepte nötig sind, und weil der Zudrang der Arbeitswilligen — „Streik brecher" nennt sie das Rotwälsch der roten Presse — schließlich so stark wurde, daß der Moment nahe war, wo die Arbeitseinstellung nur noch als ein Popanz erschien. Der Streik ist beendet, di« Arbeiter find geschlagen: Sein Mitleid wird ihnen mich der nicht versagen, dem die Diözi- pltn für den Kampf noch nicht alles bedeutet, und der gkaubt, daß die Klugheit, einen aussichtslosen Kampf nicht erst zu beginnen, zwar keine heroische, aber sehr praktische Tugend ist In früheren Zetten — wir lesen die verläßlichen Be richts mit leise staunender Bewunderung, war's ander-: Einträchttglich wohnten Arbeitgeber und Arbeitnehmer beieinander, und man wußte noch den Wert zu schätzen, -er darin lag, daß etwa austrctende Differenzen in Ruhe und im Gedankenaustausch von Mund zu Mund geschlichtet wurden. Jeder wußte, iva» er am andern hatte, und daß er aus ihn angewiesen war, und in der Zeiten Schoß schlummerte noch die jetzt und täglich gepredigte Lehre von dem unabänderlichen, historischen Gegensätze zwischen Unternehmer und Angestellten. Das war die alte Zeit, und — trotz allerRäuberpistolen vom blutigen Weberelenb, mit denen uns der ,-Vorwärts", der seit dem Dresdner Rüffel brünstig sich um -en Beifall Augusts de» Ge waltigen mldht, tagtäglich regaliert—, auchz.T. gute Zeit Mählich ist'« anders geworben: Fremd steht der Arbeiter dem Unternehmer gegenüber, und zwischen beiden klafft ein tiefer Spalt, der oft unüberbrückbar erscheint. Es gibt keine friedlich« Schlichtung der Differenzen mehr, sondern Kamps und Krieg, der erst mit -er völligen Erschöpfung der einen Partei endigt. Diese» trostlose Bild haben alle Streiks -er letzten Jahre gezeigt — immer schärfer und grimmiger —, und auch Crimmitschau weist cS auf. Aber, was in den Jugendjahren de» Streiks nur andeutung». weise auftrat, zeigt sich in den letzten Jahren mit er- schreckender Deutlichkeit: Der Ausstand verläßt La» rein sachliche Gebiet des Kampfes um Lohn oder «rbeit»zett und spitzt sich zum rein politischen Krieg« um die Macht. Bei Beginn de» Streik» dreht e» sich noch um materielle Fragen, bald mischen sich aber die Arbeiterorganisationen «in, und mit vollen Segeln geht'» auf da» uferlos« Meer der Machtfrag«. Da» angeblich die «Stärke der Arbeit nehmer ausmachen soll, ihre Organisation, wird ihre Schwäch«: der Verband kann nicht nachgeben, weil er sonst seine Ueberflüssigkeit erweisen würde, und weil er weiß, daß jeder, auch der für die Arbeiter ungtückltchste Streik, seiner Fahne neue Rekruten »uführt. Nach und nach aber — und alle Streik» müsse« ihnen lehrreichster An- schauungSunterrtcht sein — haben die Unternehmer von ihren Arbeitern gelernt, auch sie schließen sich zu Ver bünden zusammen, und was ihnen an Umfang und Zahl Vie angesebeime Lagesreiwng Leiprigb unä (nach Feststellung des Kaisers, jhaupheitungsamtes in Lettin) eines äer an Oert unä Anzeigen umfangreichsten unä reichhaltigsten Organe Sachsens ist äas - Leipziger Tageblatt — 6s ist äie einzige Leitung Leipzigs, äie SivLi Mal erscheint. Vas »»O«ip)ig«r Tageblatt" bietet äurch äie Beiträge seiner hervorragenden Mitarbeiter unä wegen äer Zuverlässigkeit unä Schnelligkeit seiner öerichterstattung äem Leser mekr als irgenci ein anckeres Vlatt wachsens. 6s Kat sich von jeher äurch einen vornehmen OvN vsr anäeren Organen ausgezeichnet. 6in wahrhaft gediegener Feuilleton, wie es kein anäeres sächsisches Statt besitzt, zeichnet äas „Leipziger Lage blatt" aus. Hin guter So man ist in äen Lugen jeäes gebiläeten Lesers äer Makstad kür äie Güte eines Slattes. Vas „Leipziger Oageblatt" hat keine Opfer gescheut, seine Leser in äiesem Punkte völlig zufrieckenzustellen. Demnächst wirä u. a. Ulilhelm Jensens Soman..Lamms garten" zum Abdruck gelangen, ein ganr hrrvorragenürr Ulerlr. äas äen Suf äes ausgezeichneten Schriftstellers von neuem glänzend rechtfertigen wird. Das .Leipziger Tageblatt" Kat sich äen äes Romans gesichert -------- OllglltÄluAVtlLULV Das „Leipziger Tageblatt" wirä in allernächster 2eit Umwandlungen erfahren, äie äer Requemlichkeit unä äem Dützen äer Leser äienen sollen. Man abonniere clas bsckangesehene „Leipziger Tageblatt". Das Abonnement kostet für äie Monate Februar unä März nur M. A. — , frei Haus M. S.LO. «-km-, »1t küpeSilIsn ar, celorlgrr r-g«di-nrr, k. ?slr Sämtliche Teitungs-Lpeäiteure (Znkader: vr. 8. a. lll. Klinbkarck). sowie nachfolgende Ausgabestellen ärs Leipziger Lageblattrsr Hm Lentrum. « SrLbt -a, L-f-äckuderl'» Nack!., Koloni»lvar«ni>4Ig. Aatbarivevstr. »4. L. c-»ch«. eigarrrnkälg. 2935 Nitterser. 4, rinckesck« Leikbibliorktk unä 8uchkälg- Hm Ndrcke«. Server»««. S, ks. L. Kröger, 8uUerbäIg. 8624 Sneisenaustr.8. llklich. i. sa. öäs Karlmann, Papitrkätg. L2Kr»tr. >Z, 6. kfitz«r, Kolvnialwarenkölg. g/y H'orkstr. ar (Ecke 8«rlm«r Strasse), s. m. Metz, Kolonialvarenkölz. Hm Osten. ^sokanni»-»»»« S, 8»«ptucp«btion rrr Oslplat, 4, llttreä Slrt«. Ligarnnbälg. ktanfwäx Sass« 6. s. siräxr, 8»loni»lv«r,nkälg. L<dütz«N»1r. 5. 7- Lchiimichen. Koionial«ar«nkä>g. ,,78 O»v«h»«r Str. >r» 6. 8. Keich«!. vrogenkälg. 8241 Hm rücken. Arvcttslr. rz, I. s. Omitz, Kotonial^arenkälg. 3033 8»p«r»«b« Ltr.4A, 8 l2eum«isler llackN-, Ligarrenkälg. 3984 llöni-splae, L Lösch«. eigsrrenkälg. 750, St«rnr»»reevs1r. 14, ksans paklitzsch, Kolonialwkcllg. 2340 Leitzer Str. rz, V. Küster, Oigarrenkälg. Hm Westen. Neelbovevslr. ri, Oi. Peter, Kolonialwarrnbälg. 3401 frankkvrler Str. r» (Ecke kllalästr.). L. Liever«, Kolonislvoarenkälg. Nanstäckter Lteivvee-,, O. Sngelmann, Kolonialvekälg. 215, Matctalr. 3Y, 6. VeNtrleln, Kolonialvarrnkölg. westptatt 32. lll. Leissner, Oi-rrrenkälg. 2402 Hn cken vor» unck Naeddarorten. " Rnger-Oroltenckork. 8- srieätl, pigsrrtnkälg., 2««i- neunäorttr Str. 6. O. Oekler. 8«rnkarä»tr. zi. Oovnevitz. Hau fiscb«r. 8«rmannstr. 23 „ Lk. Leussing lllsisenksurstr. 2 (sm Kreuz), Eutritzsch. Doritz kläggerstk. Ogsrren-6ercb-, De ¬ litzscher Str. 2g 82a Ssutzsck. Jok. lüolt. 6che King- unä Oetzscher Str. 6oblio. 8sb«rt Kltner Dachll., Linäentkaler Str. 6 820 „ Paul Schm^ät, 8rüä«rrtra»s« 8 Kleinzschocher, g. Erützmann, 2schochersch« Str. 7a in L.-Plagvitz 258b Levlzsch, Klbert Linäner, llleNinerLtr.zi in L.-lNnäenau Linckensu, 8lb. Linäner, TieNinerStr.51 in L.-Linäensu llllöchern. Paul Schmiät, 8rüäerstr. 8 in L.-6oklis Nenstscll, Paulttuch,8nnonc.-6rp«ä., 6isenbslinskr., Neuschönekelet, Paul Kuck. Annoncen-Lrpcäition, 6irendaknrtr. 1 Oetzsch, 6arl Schellel, 6cke Ort- unä kllittelstr. H475 ptsgveilz, 6. Grützmann, 2schocherrche Str. 7» 2586 prodstkeicks, Keinkarä Sach«. 8uchdinäergerchält keuclnitz, kll. sugmann, Marschallstrars» > 15,6 „ O. Schmiät, Koklgartenstrass« 6/ 1/34 „ 8«rnk. (lieber, Sabelzdergerstrasre 11 Schteussig, 6. Grützmann, Känneritzstrsss« 56 2586 Lellerksusen, O. Oebler, finger-Lrottenäort, 8em- karästrssr« 51. pari. Slönz, O. Oekler.Knger-Lrottenäorl. 8«rnkarä,tr. 5, p. Lkonderg, 8. kssntrch, Keitzenkainer Strasse 58 Volkrnsrsctork, Paul Kuck, Knn.-Crpeä., 6isendakn,tr., „ Georg Niemann, Konrsästrsssr gz (Ecke 6lir»d«tkstr„se) wakren, p»ul Schmiät, Zrüäerstr. 8 in L.-Sokli» fehlt, ersetzen sie durch die bei weitem größere Reichlichkeit ihrer pekuniären Mittel. So bilden sich zwei feindliche Lager, und, wer auch zugibt, daß innerhalb und auster halb der Mauern gesündigt wir-, kann sich doch der Wahr nehmung nicht entziehen^ daß -er Kampf den Arbeitgebern aufgedrängt wird und daß sie dem vornehmsten aller Triebe, -cm -er Srlbsterhaltung, folgen, wenn sie für künftige Kämpfe schon jetzt sich schneidig« Waffen schmieden. Es ist müßig, Tinte zu verspritzen über die Frage, ob die Arbeiter berechtigt gewesen seien, den Zehn- stundentag zu verlangen. Kein Mensch wird ihnen da mißgönnen, aber man wir- verlangen können, dast die Forderungen tm Rahmen -e» Erfüllbaren bleiben und daß in einer großen Industrie nicht ein einzelner Bezirk — fkann'S überhaupt ein ganzer Staat?) teurer produ- zieren Lars al» die anderen — wir- nur -em unver ständlich bleiben, dem die Begriffe »Konkurrenz" und Konkurrenzfähigkeit" ein Buch mit staben Siegeln sind. D«»halb ist'» gleichst»!!» müssig, -en Crimmitschauer Arbeitgebern — einzelne Schretbtischpolttiker befleißigen sich heute schon so törichten Ansinnen» — anzuraten, au» eigener Herzentnitiattve den Zehnstundentag einzu führen: -er Omnibu»ftretk in Berlin lehrt da». Di« VmntbuSgesellschast Hobe «ine Reihe von GehaltSaus, befserungen vor einigen Wochen freiwillig bewilligt, un schön konnte der „Vorwärts" mit Triumphatormiene da» al» einen Erfolg de» — bekanntlich verlorenen — Streike» hinstellen. Nir können un» auch zu denen nicht bekennen, di« in» naßblaueste» OpttmiSmu» von einer »aküigen Au», sühnung zwischen Arbeitgebern vnd Arbeitnehmern träumen, und die Zeiten nahe glauben, die beide „zu- sammenftthren und zu gemeinsamen Wirken" vereinen. Daß derartiges zu erstreben Aufgabe de« Patrioten und Sozialpolitikers ist, mag sein, aber vorläufig fehlt zu solcher tröstlichen Ueberzeugung doch noch jede Be- rechtigung, und wer im «Vorwärts" liest, -aß »in jedem Streik sich die Ucberflüssigkett des Unternehmertums un- die Arbeiterschaft als pro-uktive Klaffe erweist", wird diese anmutige StNleistung nicht nur für eine Rückzugskanonaöe halten und wird sich eher zu den Pessimisten schlagen, die da glauben, daß Crimmitschau nur eine Ouvertüre war und daß noch viele Arbeiter- groschen durch die Partetkassen fließen werden, bevor Streiks als überwundener Standpunkt gelten können. Die Küinpfe werden noch heftiger und leidenschaftlicher werden als bisher: Unter -cm Drucke der Verhältnisse wird di« Organisation d«r Arbeitgeber im beschleunigten Tempo vor sich gehen. Jeder sieglose Streik der Arbeiter wird verbitterten und verhetzten Gemütern neue Nah. rung zuführen, und wohin da» schließlich führen wird, ist nicht abzusehcn. Wir gehören nicht zu den bequemen Leuten, die im staatlichen Eingreifen da» Serum für die soziale Krankheit sehen: seine Wirksamkeit ist an gewisse Bedingungen gebunden, und keine, noch so scharfe, Selbsthülse kann so schädlich und verbitternd wirken, wie da» — in den Augen de» einen Gegner» doch stet einseitige und parteiische — Eingreifen de» Staate». Man mag die Lehre, die der Anschauungsunterricht in Crim mitschau gibt, benützen wie man will: daß der Streik in der Textilindustrie nicht -um «»»gleich, sondern nur zur Vertiefung d«r Gegensatz« betgetragen hat, läßt sich nicht bestreiten. Wo die Mittel zu finden sind, die die bösen Kämpfe nach und nach au» der Welt schaffen werben, läßt sich später sagen, wenn der Nachhall der Kämpfe verklungen ist und die erregten Gemüter sich bis zu einem gewissen Grade beruhigt haben. Dbiuäisk. Der Anstand der Herero. * Bon einem hochgeschätzten Fachmann und Slfrikakenner, Herrn Oberleutnant Kell, wird uns folgende Beurteilung der strategischen Lage freundlich,, zur Verfügung gestellt: Die letzten Meldungen des Oberleutnants v. Zülow bestätigten, daß die Entsayversuche, die von Windhoek aus nach Okahandja unternommen worden waren, zurück geschlagen sind. Neu war tn der Meldung das Ein tressen neuer Kasfernstämme vor Okahandja. Es können damit nur dir OvambandjeruS gemeint sein, die östlich OkahandjaS bis hin nach Gobabis wohnen. Diese haben sich bereits im Jahre Mik gegen die deutsche Oberherr schaft unter ihren Häuptlingen Kahimema und Nicodemus empört. Schon damals würden sich die Herero von Okahandja dem Ausstande der vereinigten OvambandjeruS und .ühaurS-Sottcntotten angeschlossen haben, wenn sie nicht die Furcht zurückgehalten hätte. Das erste Gefecht wurde damals von Major v. Sstorsf, der gegenwärtig wieder aus dem Wege nach Slidwest sich befindet, zu Gunsten der Deutschen entschieden. Unsere tapferen Schutztruppensoldaten ritten unter ihm gegen die auSge- schwärmten Koffern, die energischen Widerstand leisteten, Attacken. Da sie keine Lanzen hatten, so stachen sie mit den anfgeslanzten Seitengewehren die Feinde nieder — nach dreistündigem Kampf erst flüchtete derGegner. Der Erfolg dieses ersten siegreichen Gefechts war der, daß die Kriegs partei des Asser, der eine schwache Partei des energielosen Obcrhäuptlings gcgenüberstand, nicht» mehr auSrichten konnte: die Herero leisteten sogar, wie die Wttbois Heeresfolge- Wie nun damals die Siege der Deutschen dämpfend wirkten, so wirken heute unsere kleinen Mißerfolge auf reizend. Die OvambandjeruS, die Betschua- n e n im Osten stehen auf. Im Norden sind die Herero vor Omarurn aufständisch und mit ihnen die westlich von diesem Platze am Erongogebirge wohnenden Berg bau« a r a s. Sind die Nachrichten, entstellt, erst noch weiter nach Norden vorgedrungen, werden wir von Un ruhen unter den SwartboiS im Kaokofeld, und schließlich hören, daß auch die Ovamb 0 s aufstehen. Diese Nach richten sind mit Bestimmtheit zu erwarten. Un'ere Hoffnung muß nun die sein, daß das 'Marine detachement, das mit 2 Maschinengewehren, 3 Revolver kanonen und 81 Mann in Karibik Milometer 198 der Bahnstreckci angclangt ist, einen Vorstoß nach Okahandja unternimmt, um dalsin (Kilometer 31t der Bahnlinie) einerseits die Geschütze und neuen Proviant vorzubringcn, anderseits etwa bei Okasisc, Kilo meter 264, ein befestigtes Lager zu beziehen zum Schutze der Bahn. Die Wasserverhältnisse — und das ist sehr wichtig — find dort günstige, der Platz läßt sich gut be festigen. Wie die Engländer in der Kavkolonie ein ganzes Sizstem von Blockhäusern gegen die Boeren entwickelten, um die Eisenbahnen zu halten, so werden wir zunächst die Wasscrstativncn befestigen müssen, um erst die Bahn mit Hülfe der Marine-Infanterie wieder zu erobern und um dann durch die berittenen Dchutztruppenverstärkungen das ganze Land wieder in die Hand zu bekommen, indem wir die befestigte Bahnlinie als Operattonsbasis benutzen. Sehr gute Dienste werden hierbei die Panzerungen leisten, welche die mobile Eisenbabntruppc mit nach Südivest ge nommen hat. Es sind dies Panzerplatten für 1 Maschine und t Wagen, die bet den WtederherstellungSarbeiten an der Balm, soweit sie in der offenen Ebene geschehen, wohl öfters als Deckung gegen plötzliche Angriffe werden dienen muffen, um übergroße Verluste beim Eisenbahndctache- ment zu vermeiden. Neben dem BortranSport der kleinen Geschütze, vor denen die Herero großen Respekt haben, scheint mir das Vorbringen von Pr 0 viantam wichtigsten. Okahandja war vor dem Ausstand nur noch ganz schwach besetzt — etwa mit 10 Mann — dazu noch einige 20 Gefangene. Daß man für diese geringe Anzahl kein großes Proviantlager hielt, das habe ich selbst gesehen. Voraussichtlich ist es jedoch gelnngen, auS den Kairfläden noch einigen Pro viant in die Festung hinetnzubringen, denn v. Zülow hätte sich sonst gar nicht solange halten können- (Man be denke, -aß in der Feste bereits SO Mann waren, als v. Zülow mit noch etwa 120 Mann dazu kam.) Daraus erklärt sich meiner Meinung nach auch zur Hauptsache die Entsendung von 70 Mann in der Richtung nach «Karibib. Tie Feste Okahandja mit ihren 4 Ecktürmen, von welchen ans die Flanken mit Feuer,n bestreichen sind, läßt sich mit 120 Mann beguem halten, infolgedessen sandte v. Zülow 70 Mann zurück, nm durch diese Verstärkung vielleicht erst den BortranSport der Geschütze von Karibik (.Kilometer 19^) nach Okahandja (Kilometer 311) zu ermöglichen. Leider mißglückte der Plan. Bei Kilometer 278, mitten im dickten Vuschwalde, kam es zum Gefecht an einer zerstörten Brücke und die Unseren wurden mit einem Verlust von 4 Toten ans Okahandja zurückgcworsen. Dieser Platz ist für Ucber- sälle günstig. Daß früher hier mich bereits Kämpfe statt gefunden haben, da» sagt sein Name: Kavatuöras- sane heißt: Menschen, die sich gegenseitig stechen. Die bet Kilometer 278 zerstörte «rücke war au» Stein und Eisen. Die Kafsern müssen zn ihrer Zerstörung also Dynamit verwendet haben. Den Sprengstoff fanden sic aus einzelnen Bahnmeistereien vor, die klein« Mengen davon zur Herstellung von Steinschotter gebrauchten. Die Art und Weise deö Sprengens haben die Eingeborenen beim Bahnbau häufig beobachten können. Die- sei zur II istrierung dessen erwähnt, baß man «» durchaus nicht mit einem zu unterschätzenden Gegner zn tun Kat. Dabet ist — im Gegensatz zu den Kasfern der Kapkolonie — die Schießfertigkeit und Treffsicherheit der Herero eine ganz vortreffliche Die KhauS-Hottentotten, von denen Trupps vor Okakandja liegen, schießen noch bester. Sie nehmen jetzt furchtbare Rache sür d«n Tod ihrer beiden Häuptlinge Kahtmrmema und Rtcodemu», die 1SSS tn vkahandja, da»
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