02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.02.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-02-16
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040216023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904021602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904021602
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- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images teilweise schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-02
- Tag1904-02-16
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vezugS-PreiS st, d«r Ha«pttxp«ditt<m oder derrn Ausgabe pelle» ab geholt: vierteljährlich ^4 8.—, bei tweimaliger täglicher Lüsteltuna in» Hau« >l S.7Ü. Durch btr Polt bezogen für Deullch- land a. Oesterreich vierteljährlich 4.Ü0, für di« übrige» Länder laut ZeÜungSpretSltst«. NetzaMo» «»» SrPrSttt»»: IohauutSgaffr S. Fernsprecher ISS «. »W. Siltale«>e»tttv»e»: -lfrrdtzahn, Buchbandlg., Unlversität«ftr.S <ffernspr.Nr. 4046), L. Lüsche, Katharinen« slraß» 14 (Fernsprecher Rr. LS3Ü) u. Königs- Platz 7 (Fernsprecher 7505). Hocht-Ftliale Lre»de«: Marieastraß« 84 (Fernsprecher Amt I Nr. 1718). Haupt-Ftltale Berlin: LarlDon cker, Herzgl.Bayr.Hofbuchbandlg^ Llitzowstraßr W(FerchprechrrAuUVlNr.460a.) Abend-Ausgabe. WpMerIaMaü Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- und des Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, des Aales und des Aolizeiamles der Lladt Leipzig. Anzeigen-Preis die 6gespaltene Petitzeile SV Reklamen unter dem Redoktiontstrich (4gespalten) 7b nach den Familiennach- richten (6 gehalten) 50 Tabrllattschrr und Liffernsatz entsprechend höhn. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme 25 Ertra-Vetlagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbrfvrderung 60.—, mit Postbesörderung ^l 70.-». Annahmeschluß für Anzeige«: Abend-Ausgabe: vormittag- 10 Uhr. Morgen-Au-gabe: nachmütag« 4 Uhr. Anzeigen sind stets au die Expedition zu richten. Dir Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi« abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig Huh. vr. B., R. » W. Kliukhardt). Nr. 85. Dienstag den 16. Februar 1904. 98. Jahrgang. Var MckMgrie vom tage. * Bei der Reich-tag-ersatzwahl in Eschwege- Schmalkalden ergab sich die Notwendigkeit einer Stich wahl, und zwar wahrscheinlich zwischen Raab (Aatisem.) und Hugo (Tozd.) * Bei dem Aufstande der Herero find auch die Far men der Damaralaad-Farmaesellschaft zerstört worden. Die Tabakernte eines Jahre» und viel Vieh sind verloren. * In Warschau schoß ein Irrsinniger in die Volks menge, tötete drei und verletzte zwanzig Personen. * Japan legte eine fünsprozentige Kriegsanleihe in Höhe von 100 Millionen Mark auf. Der russisch-japanische Arieg. Kleiner r«ssisch»er G folg. Ein in Petersburg einaetroffeneS Telegramm des Statt halters Alexejew vom 15. Februar meldet, daß nach telegra phischer Mitteilung deS Chefs der Kreuzerabteilung Kapitäns Reitzenstein die Abteilung unweit der Tsugari- schen Straße (an der Südspitze der nördlichsten japaniichen Insel Jesso) einen Dampfer vernichtete und drei Tage lang einen starken Sturm bei 9 Grad Frost und Schnee gestöber auShielt. Der Feind sei der Abteilung nicht begegnet. Port Arthur. General Pflug meldet unterm 15. Februar aus Port Arthur nach Petersburg: Die Lage des gestrigen Tages war in Port Arthur unverändert. — AuS Inkau verlautet gerüchtweise, die Japaner bereiteten die Landung in Tschingwantao vor. — Bon der Grenzwache ist eine Meldung eingetroffen, daß gestern unwert der Station Schahepu auf der Hsinmintuner Poststraße eine reitende Patrouille sichtbar wurde, die man wegen ihrer Tracht für eine japanische hielt. Eine gleiche Meldung liegt auch von der Station Injatun vor. Wie die Nachforschungen ergeben haben, haben keinerlei japanische. Panzer schiffe auf der Reede von Tadungou gelegen. — Admiral Alerejeff hat allen Schiffen verboten, in die Häfen von Dalni, Port Arthur oder von anderen Orten auf Kwantung einzufahren. Ausländer dürfen nur mit mili tärischen Passierscheinen reisen. AuS Peking wird über die Zustände in Port Arthur berichtet, daß Alexejew unter der Arbeitslast vollständig nitderaebrocben fei. In Port Arthur und Dalny herrsche große Sterblichkeit unter den russischen Truppen. Tage arbeiter sind schwer in Port Arthur zu erhalten, da die Chinesen sich weigern zu arbeiten und lieber entfliehen. Die Schiffe können infolgedessen die Ladung nicht löschen. * Port Arthur, 15. Februar. (Rust. Tel.-Agent.) Bei dem Nachtangriff auf Port Arthur am 12. ds. Mts. sind drei japanische Torpedoboote untergrgangen. — Am 13. d. Mts. ist ein direkter Telegraphendienst von Port Arthur und Irkutsk nach Rußlaud eröffnet worden. Im Operationsgebiete ist alle« ruhig. * Rtutschüum», 14. Februar. (Meldung de» Reuterschen Bureaus.) EtwabOJapanrr, die sich auf dem Wege nachTienisin befanden, find tu Taschitschao an der mandschurischen Bahn M MIM« tzsrrllSlrten UM <Ue oocd nickt Abonnenten eie» Oeiprixer Taxedlatte» sind, lullen vlr ru einem firobe-ilblmiieinent pro fflörr kür IA. 1^- del ^dkolune, kür!A. I2S bei kreier 2u»tellunx ins «aus, liierllurck kreunllllcbst ein. — >Vle vir bereits deleunnt xeseden Kuden, xevtlkrt lls» l-elprlxer Tuxedlutt seinen xeekrten Abonnenten llen Vorteil einer Oraü8-ln8er11on TU 2 /eilen -- 50 pk. kür jecke« dtoaaw-^donoemeal, »ollsv mit Kllcksickt suk lliese VerxünstlLunZ ller ^donnementspreis kür iAorxea- voll ^dealluusxude Sick io >VtrlrIicklcelt stellt ... ». . . , ... uut SO k-k. pro iAonut dc ^dkolunx, »ul 7S Pt. pro iAonut bei kreier Zustellung in» lkuus. 5L»ittcde vom 2S. Februar ab nrudinrurmenlle Abonnenten erdalten vsn «lierem rage ad «nrer Sian in tSglicder Morgen- una -lbentlaurgabe dir 1. Marr aratir rngeranckt. Line 2 pf.-postlcarte an uns oller münlllicke öestellung in unseren Oxpellitionen, Fusxabestellen, bei llen Teitungsspelliteuren oller unserem l'rLgerpersonsl genügt, um llie sofortige Zustellung lles l-eipriger Tsgeblsttes ru bewirken. — sVir bitten unsere xeekrten Abonnenten llrinxenll, von etw» voricommen- llen vnpünlrllicklleiten in ller Tustellung lles Oeipriger Tageblattes dekuk» sckneller ^ddilte zretLllizxut umgekenck unsere Lxpellition, ^ok»ani»jx»sse 8, ru deauckricktixen. Unsere ^orLenau88»de mub im >Vinterksidjakr spLIeslens um 7 vftr früh Unsere ^denilLusxude muü im ZVinterkaldjskr spüleslens um 6'/z Ukr sbencks in llen liünllen unserer l.eser sein. LxpecMion Ne8 l'aLsedlattev 8 sokunniszusse 8. angehalteu uud nach Port Arthur gebracht worden. Ihre Frauen sind unter militärischer Bewachung hier ring,troffen. Der hiesige amerikanisch« Konsul Miller hat die Frei- lassung der letzteren erwirkt, Admiral Alexejeff aber ihre Wiederinhaftnahme angeordnet. Sie sind sodann mit allen übrigen in der Mandschurei befindlichen Japanern ebenfalls nach Port Arthur geschafft worden. Konsul Miller hat sein Verhalten auf frühere Zusicherungen gegründet, welche die russischen Behörden dem japanischen Konsul erteilt hätten, daß nämlich alle Japaner geschützt und ihnen gestattet werden solle, das Land zu verlassen, wenn sie es wünschten. Der Konsul hat ferner gegen dir grausame Behandlung Einspruch erhoben, welcher die japanischen Flüchtlinge angeblich von russischen Soldaten ausgesetzt gewesen sind. Auch gegen einen ungarischen Reisenden hatten sich russische Soldaten grobe Aus- ichreitungen erlaubt, und den Konsul Miller, an den er sich gewandt hatte, bedroht. Der kommandierende Offizier hat den Beteiligten sein Bedauern über den Vorfall ausgedrückt. Was die Behandlung der Flüchtlinge anlangt, so hat nunmehr der russische Eiviladmini» strator persönlich di« Sorge für deren zweckmäßige Behandlung übernommen. Die Landungen der Japaner auf der Liaotung- -Halviuset sollen sich nach Meldungen unseres Londoner Berichterstatter- bestätigen. Wenigstens kabeln mehrere englische Spezial- Correspondenten, bei dem LandungSversnche unweit Talienwan seien 410 Japaner von den Kosaken niedergesäbelt, die übrigen auf die Schifft entflohen. In der Dovebucht wurden ebenso 30 ge tötet, der Rest entkam. Man ließ sie am Endpunkte der Festungs werte landen und nahm sie dann unter Kreuzfeuer. — Unter den Chinesen der Liaotunghalbinsel steigt die Gährung angesichts ter japanischen Landungsversuche stetig, zumal große Mengen von Waffen unter sie von japanischen Agenten verteilt werben. Russische Kavallerie patrouilliert die Jaluufer ab. Die Ruffen konzentrieren sich bei Fen-Huan-Tschcng. — Russische Zivilisten müssen Wladiwostok verlassen, und zwar innerhalb 2 Wochen, sofern sie nicht den Besitz von Proviant auf acht Monate nachweisen. Wird der Hafen blockiert, so müssen auch diese Verproviantierten aus der Stabt. Am 12. Februar erst würben die letzten Japanesen aus der Stadt gebracht. Etwa Tausend gingen auf dem Dampfer „Batavia" nach Japan, die übrigen wurden nach KhabarawSk in Sibirien gebracht. Weihaiwei. Anknüpfend an die Aeußerungen, welche Marquis of LanSdowne seiner Zeit mit Bezug auf Weihaiwei dem englischen Oberbause gegeben hatte, legte er gestern demselben zwei Telegramme vom 12. Februar vor, von denen das eine von der Admiralität an de» englischen Höchstkvmmandierenden auf der chinesischen Station gerichtet ist, während bas zweite die Antwort desselben enthält. DaS erste Telegramm lautet: In Petersburg ruft das GerüHt große Aufregung hervor, daß Weihaiwei im Einverständnis mit den Engländern von den Japanern als Basis für ihren Anariff auf Port Arthur benutzt worden ist. Es würbe von großer Bedeutung sein, daß die britische Regierung in die Lage gebracht würde, ent schieden diesen Gerüchten eutgegentreren zu können. Das zweite von dem Höchstkommandierenden in Hongkong her rührende Telegramm lautet: DaS Gerücht ist durchaus unbegründet; in Weihaiwei wußte man nicht eher, daß die kriegerische Operation im Gange fei, als bis ich die Tatsache dorthin meldete. Die erste private Mitteilung von der Er öffnung der Operation war über Tschifu durch einen Dampser eing gangen, welcher dorthin von Port Arthur gekommen war. D»e erste direkte Kenntnis, welche nach Weihaiwei über die kriegerischen Vorgänge gelangte, erfolgte durch den Dampser „Fuping", welcher darüber berichtete, daß aut ihn beim Ver lassen deS HafenS von Port Arthur geschossen worden sei. Die Lust ist hier voll unbegründeter, augenscheinlich frei er fundener Gerüchte. Eine japanische Kriegsanleihe. * Tokio, 14. Februar. Das amtliche vlatt veröffent licht die Verordnung über die Ausgabe einer Lprozeutigen Kriegsanleihe tu Höhe von 1VV Millionen Mark zum Kurse von Sa. Die Anleihe soll in fünf Jahre» getilgt werde». (Verl. Tgbl.) Der bisherige Verlauf deS Kriege» wird in einem Beihefte der „Marine-Rundschau" ein gehend geschildert. Das Ergebnis, zu dem das Fach blatt gelangt, ist ungefähr folgendes: Japan handelt nach einem kühnen, aber überlegten und gewissenhaft vorbereiteten Plane. Es hat sich durch Benutzung der lieber» raichung einen Vorsprung gesichert, indem es das russische Hauptgeschwader zeitweise an seinen Hafen band uud gleichzeitig durch Uebersetzen von Truppen nach Korea einen Teil deS als Kriegs;«! begehrten Gebietes in seine Gewalt bekam. Für die Fortsetzung deS Kriege hat Japan das russische Hauptgeschwader zu ver nichten und überhaupt die See von russischen Streit kräften zu säubern. Einer Blockade bereitet die Lage Port Arthur- solange erhebliche Schwierigkeiten, al- der Ver teidiger sich noch auf der Reede aufzustellea vermag. Beim Verhalten Rußland« fällt auf, daß S sich trotz der langen Spannung überraschen ließ und daß eS feine Hauptkräfte anscheinend planmäßig trennte, indem es in Wladiwostok drei große Kreuzer unter einem besondern Admiral konzentrierte. Vielleickt wollte Rußland durch die Trennung seiner Hauptkräfte immer eine Gruppe frei haben, um gegen die Verbindungen oder die Bast- des feindlichen AngriffSheere« zu wirken, während di« japanische Flotte au die andere Gruppe gebunden war. Sollte diese Vermutung ricktig sein, so nimmt die russische Kriegführung damit di« Gefahr auf sich, daß die vereinigt« japanische Flott« einen rhrer Teile nach dem andern vernichtet. Ob der gleichen unter den obwaltenden Umständen richtig ist, kann Wirtschafterin empfangen. „.Gehen Sie nur i Herrn P arrer hinein, vielleicht können Sie zur Vernunft br ngen!" „WaS ist denn geschehen?" erkundigte sich Hjubtza. ,^Weiß ich eSl Gibt er mir denn eine Antwort!" — beklagte sich die alte Dienerin jammernd. „Fuchsteufels wild ist er nach der Frühmesse nach Hause gekommen — nickt einmal sein schönes Frühstück hat er angerührt — und nun rennt er drin auf und ab, raucht schon die so und ko vielte Pfeife und verräuchert mir die ganzen Vorhänge, di« ich doch erst zu Palmarum frisch aufgchängt habe. Ach ja, ach ja" — seufzte sie — „man hat sein Kreuz mit ihm, und wenn'« nicht der Herr Pfarrer wäre, so könnte man rein glauben, daß ihn unser Herrgott ver lassen Hobe, denn ein vernünftiger Lhrtftenmensch läßt doch nicht sein Frühstück stehen und nährt sich von Tabak!" „Na, beruhigen Sie sich nur, Frau Mara, ich will gleich einmal hineingehen" — versprach ihr Sjubtza — „vielleicht gelingt es mir, ihn zu besänftigen." „Ach ja, tun Ste'S" — bat diese — ,^ber sehen Sie, gnädige» Komteßchen. e» tut mir doch weh. gar kein Vertrauen zu genießen. Seit dem Tobe de» armen FränleinS führe ich ihm nun die Wirtschaft, aber glauben Sie. baß ich ihm auch nur da» geringste raten darf?! Nicht», rein gar nicht»! Und wenn ich einmal, so wie heute, frage: „Na, wo brückt s» denn, Herr Pfarrer?" da heißt e» nur: „Da» verstehen Sie ja doch nicht, Frau Mara. Sorgen Sie nur für Küche und Keller und halten Sie mir meinen leiblichen Menschen zusammen, mit dem seelischen werbe ich schon allein fertig werden." Und wenn ich Sann seufz« und von Undank rede, bann kann er — fluchen — nur Ihnen vertraue ich eS an" — be teuerte sie — „aber fluchen kann er wie ein Heide!" Ljubiza verbiß ein Lächeln. „Nun, ich will e» ein mal versuchen, ab er auch mich hinauSgrault" — sagte sie und klopfte gleich darauf am Allerheiligsten an. Feuilleton. si Ein angenehmes Erbe. Roman von Viktor von ReiSner. »Nachdruck verboten.) In dieser Stimmung kam sie am Pfarrhof an. „Ach Gott, Komteßchen, gut, daß Sie da sind" — wurde sie von der Wi " ' schnell zum ihn zur Vernunft br Da sich auch auf ein -weites und drittes Anklopfen nicht- hören ließ, so klinkte sie resolut auf und trat ein. Wütend drehte sich der Pfarrer um und wollte sich der gleichen Störungen ein für allemal verbitten, als er aber durch den dichten Tabaksqualm seinen Liebling er kannte, da glitt eS wie ein Sonnenstrahl über sein Ge sicht, und ihr die Hand zum Gruße reichend, sagte er: „Du kommst wie gerufen, mein liebes Kind. Dem alten Adame kribbeln wieder einmal die Mäuschen im Gehirn herum, und da ist es ganz gut, wenn sich so ein Schmeichelkätzchen vorS Loch setzt und sie fein im Zaum hält." „Und wa» hat denn die Mäuschen so rebellisch ge- macht?" — fragte sie herzlich. „Gedanken auS alten Zeiten, die mit der Ankunft der Höchstfeldschen Herrschaften wieder ihre Auferstehung feierten" — entgegnete er seufzend — „aber das ver stehst du nicht, mein Kind, und eS ist auch nicht gut, die bösen Erinnerungen auszufrischen. Wollen nicht mehr davon reden." Sie schob ihm seinen Großoaterstuhl zurecht, zwang ihn, seinen Dauerlauf aufzugeben und sich zu setzen, machte bann beide Fenster auf, um frische Luft herein- zulassen, und kauert« sich schließlich zu feinen Küßen nieder. ,Dater Adame, was glauben Sie, woher ich jetzt komme?" fragte sie babet spitzbübisch. „Eh, mein ltebe» Kind" — meinte er kopfschüttelnd — „wenn du schon so fragst, dann muß ich wohl auf da» Allerschltmmfte raten, um der Wahrheit Halbwegs nahe zu kommen. Du wirst wohl wieder mit deinen Brüdern irgend einen dummen Schabernack auSgcführt haben. Na, wenn es auf meine Kosten geschehen sein sollte, so sei dir im voran» verziehen, denn zu etwas Bösem gibt sich mein Herzblatt ja doch nicht her." „Ich danke Ihnen sür die gute Meinung, Baier Adame" — sagte sie mit glücklichem Lächeln — „ich habe Ihnen überhaupt so vieles zu banken." „Na, na, na" — wehrte er. „Doch" — beharrte sie — „schon vo» klein auf waren Sie mein Schutzengel und . . ." „Ein etwa» korpulenter Engel" — warf er schmun zelnd -azwlschen, „Und wenn Ljubiza irgendwr stwa» angestellt hatte" — fuhr sie unbeirrt svrt — „da haben 'Sie durch Ihre Fürbitte di« Straf« vowähr «-»»wenden gewußt." „Das war ein großes Unrecht von mir" — meinte er — „denn du warst ein Tollkopf und hast die züchtigende Hand des Vaters redlich verdient. Kreuzdonnerwetter, wenn ich denke, was du alle- angestellt hast! Weißt du noch, wie du -eine Brüder, -die armen, unschuldigen Zwillinge, die noch kaum auf der Welt waren, in den Sumpf schlepptest, wo sie beinahe elendiglich umgekommen wären?" „Und wer war daran schuld?" — fragte si« keck. Er schaute sie verdutzt an. „Ja, wer denn sonst al» du?" „Ihr" — widersprach sie — „hättet Ihr mir nicht erzählt, daß sie der Storch gebracht hat, so wäre ich doch nie auf den Gedanken verfallen, auszupaffen, ob er sie auch wieder sorttragen würbe. — Jedensall» werde ich meinen Kindern keine derartig gefährlichen Märchen erzählen." ,,Was hätte -man denn einer Pute von fünf Jahren sagen sollen?" „Daß sie ein Geschenk Gotte» seien" — antwortete sie in vollem Ernst — „damit wäre allen weiteren wißbegieri gen Kragen ein Riegel vorgeschoben gewesen, acker so bleiben selbst die vernünftigsten Eltern bei dieser Ammen- erftndung, an die selbst da» sorgsamst gehütete Ktnd nicht lange glaubt." „Na, weiht du!" „Gewiß, ich rede au» Erfahrung", eretferte sie sich — „ich erinnere mich auch ganz deutlich, daß mir damals, al» ich meiner Ileberzeugung nach ganz ungerechtfertigter- weise g^traft wurde, gar seltsame Zweifel aufstiegen. ,Mögltch, daß-Lu recht hast" — sagte er nach einer Weile deS UeberlvgenS — „aber dn warst von jeher ein Laufe wind, vor dessen tollen Streichen man nie sicher war." „Und -och haben Sie mich immer lieb --habt, Vater Adame?" — fragte sie schmeichlerisch. .^vielleicht gerade deshalb" — meinte er nachdenklich — „ich war nie ein Kreunck der -Duckmäuserei. Lieber ein und das andere Mal eine gehörige Dummheit angestellt, al» kopfhängerisch durch hie Welt kriechen und glauben, baß -man damit Gott 'besonder» wohlgefällig lebt! Unsinn, unser Herrgott hat uns zum freudigen Genießen er- schassen, und solang« man »ich» zu sehr über die Stränge schlägt und sich dabei ein reine» Herz« bewahrt, kann ich darin keine Süncke finden." „Stehst d«, »»in Her,,»««»-" — führ er dann nach kurzer Pause fort — „ich müßte lügen, wenn ich behaupten wollte, daß mir alles an dir gefällt. Du bist oft in deinem Wesen zu frei, und Fremde, die dich nicht kennen, kommen dadurch leicht zu ganz irrigen Schlüffen, aber . . ." Erschrocken fuhr.sie auf und sah ihn sprachlos an. Er aber legte begütigend seine Hände aus ihren Scheitel und beruhigte sie: „Nein, nein, bleibe nur so wie du bist, sonst verlierst du -eine ruhige Sicherheit. — Dein weibliches Gefühl wir- dich schon selbst vor unrein denkenden Menschen warnen. — Und nun -beichte, was -du heute angestellt hast." Ihr -war Lurch diese Ermahnung, die ihr so viel zu denken gab, ganz bang« geworden, und recht kleinmütig entgegnete sie: ,Hetzt traue ich mich e» kaum noch zu sagen." „Slun, den Kopf wird eS ja nicht kosten" — ermunterte er sie freundlich. „Ich halbe — oben — wieder — eine Taktlosigkeit be gangen" — begann sie stockend — „ich bin — einem jungen — Btanne — auf halbem Wege entgegengekommen." Er stutzte. ,-Wom?" — fragte er. „Ach Gott, Vater Adame, eS geschah ja nur in der besten Absicht" — beteuerte sie — „und ich dachte, wenn ich mich rechtzeitig mit dem jungen Herrn von Höckstfeld ausspreche und ihm klar mache, daß die Schuld bei seinem Onkel liegt, dann wird -er schon seinen Vater Herum kriegen und..." Mit einem Ruck sprang -er Pfarrer auf und mächtige Dampfwolken vor sich paffend, durchmaß er mit großen Schritten die Stube. — Dann seine Erregung gewaltsam ntoderzwingenb, blieb er vor dem verschüchtert zu ihm aufbkickenden Mädchen stehen und sagt« mit schonendem Borwurf: „Du hast sehr unüberlegt und voreNig gehandelt, denn du mußtest wissen, daß das Geschehnis, das uns vonein ander trennt, nur durch ehrlich« Aussprache von Mann zu Mann auS der Welt zu schassen ist. Gott ist mein Zeuge, daß ich gegen ihn und gegen -di« Seinen, die ja an dem Un glück ebenso unschuldig sind als ich, nicht -en geringsten Groll hege, aber an ihm ist eS, mir die Han- zu geben und zu sagen: ich -edaure da» Vorgefallene und -in dir Freund." Ntedengeschlagenen Auges hatte ihm Lju-t-a zugehvrt, nun hob sie -en Blick und fragte ängstlich: „Und »en« «r »azu nicht ben Mut findet?"
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