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01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 07.10.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-10-07
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19141007016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1914100701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1914100701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1914
- Monat1914-10
- Tag1914-10-07
- Monat1914-10
- Jahr1914
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 07.10.1914
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8V. Jahrgang. ZK 278, vezu»s> Gebühr ^«rUIIIHr«. »ilr D«««. ,»W »« rlpltch melier Lutta,un,t«n S«m>.». »i-in-v» nur 2 bo «.. »urch Mt,«int« «nnnhm». „»den N» »» M. «,t ,tmn-II,«r Zu- ft«Iun, »urch dt« Post ,M.<-nk»«»«UvId). Luoland: kW,r- »ich-Un-oni b«S Nr., Schwrt, d »L Frk»., IxUUn 7.17 Ltr«. - jiochdru« nur mit driUllcher vu,N«n. »»»ad« <-D««dn«» r>»chr->ptIMm-Un- «rlani»« Schnststttik« wrrd.ntchtoustx wahrt. t.t > , > Mittwoch, 7. Oktober lSIL. Telegramm-Adresse: Nachricht«» Tres-en. 18LH Druck und Verlag von Liepsch L Reichardt in Dresden. Äauxtgestchäftrstelle: Marienstrahe 58/10. Sammelnummer für sämtliche Telephonanschlilsse: 25 241. Nachtanschluß: 20 «11. Nnzelgeu-Pretse «nnahin« von Nnkltn. dt«»n,«n bt» nachm. » Uh«. Lanntaa» nur MaNenIIrah« « ,»» >1 Uhr. »I« «Ini-aM-« A«u» <rt«a 8 Ltld«n> «» Ps.. dt« «wthwUtz« Z««I« au» T«rtl«ite 70 Ps., dt« »uxtlpalt. >lrklam«i«tle I.dS M.. gamUl«n Nachrtchlrn au» Pr«»- da» dt« «tnloqlt ä«U« 2d Pf. — In Slum- m«rn nach G»»»- und getertaar» «rhdhi, Prrt»Itl»t.-«u»wer. Na« Auftrle« nur e«-«n Vorau^rradlnna. — IrdoVrlegU-lUoP,. >L' l.srsi'ett- tt»ü MlrMelMlikel neck bewährten Lixenmcutellen empkeklt Lpr! Millllinli M §1i'llve8ll'S88e ll. MM USnI»>. Siolia. ftoftlakront MDM 3n Rusfisch.Polen nahmen die Deutschen 3000 Russen gefangen. Die Reise des Präsidenten Poincars ins Hauptquartier. — Frankreichs Wintersorgen. — Die finanziellen Schwierigkeiten in Frankreich. — Französische und englische Verleumdungen. — Englische Verluste in Südafrika. (Amtlich.) Großes Hauptquartier, 8. Okt. abends. Die fortgesetzten Umfaffungsverluche der Franzosen gegen unseren rechte» Heeresflügel haben die Kamps, front bis nördlich Ar ras ausgedehnt. Auch westlich Lille und westlich Lens trafen Unsere Spitzen auf feindliche Kavallerie. In «»seren Gegenangriffe« über die Linie Arras—Albert—Roye ist noch keine Ent scheidung gefallen. Auf der Schlachtfrout zwischeu Oise und Maas, bei Verdun und in Eisatz-Lothringen sind die Verhältnisse unverändert. Auch von Antwerpen ist heute nichts Besonderes z« melden. Auf dem östlichen Kriegsschauplätze ist der russische Vormarsch gegen Ostprcutzeu im Gouvernement Suwalki zum Stehen gebracht. Bei Suwalki wird der Feind seit gestern erfolgreich angegriffen. Ju Russisch-Polen vertrieben deutsche Truppen am 1. Oktober die russische Gardeschützen - Brigade aus einer befestigte« Stellung zwischen Opatow und Ostrowiec und nahmen ihr etwa 8N00 Gefangene» mehrere Geschütze und Maschinengewehre. Am 5. Oktober wurde» zwei» efnhalbe russische Kavallerie-Divisionen und Teile der Hauptreserve von Jwangorod bei Radom angegriffen und auf Jwangorod zurüikgeworfen. (W. T. B.) Wie». (Amtlich verlautbart de» 8. Oktober») Da« plötzliche Vordringen der deutsche« und öfter. reichisch.uugarische« Streitkräfte in Ruf» fisch» Po len scheint die Russe« vollstäudig überrascht zu haben. Sic verschoben zwar starke Kräfte aus Galizien nach I dem Norden, wurden jedoch bei ihrem Versuche, die Weichsel in der Richtung nach Opatow zu überschreiten, von de» Verbündete» über den Flutz zurückgeworfen. Unsere Truppen eroberte» den russischen Brückenkopf bei Sandomir. I« Galizien rücke« wir plangemäß vor. Bei Tarnobrzeg wurde eine russische Infanteriedivision unsererseits geworfen. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes: o. Höfer. (Nichtamtlich. W. T. B.) Me Wahrheitsliebe englischer Minister. ES ist erstaunlich, über was für eine außerordentlich widerstandsfähige Haut gewisse englische Minister ver fügen: auf deutsch nennt man das Dickfelligkeit. Männer wie Lloyd George, der bereits seit Jahren den ihm von seinen konservativen Gegnern im eigenen Lande bei gelegten Spitznamen des „Lügenministers" führt, Churchill, der mit der Wahrheit auf kaum minder ge spanntem Fuße lebt, und Grey, dem nicht einmal, wie seinen beiden Kollegen in der Unwahrhaftigkeit, die Ent schuldigung eines hitzigen Temperaments zur Seite steht, sondern der kaltblütig und mit allem Raffinement die Wahrheit verdreht und entstellt — das sind drei Typen des heutigen Albions, die den abgrundtiefen Niedergang des öffentlichen Lebens in England in drastischer Weise kennzeichnen. Es gab eine Zeit, wo es in England als die schwerste Beleidigung galt, die einem Manne zugefügt werden konnte, wenn man ihn einen Lügner schalt. Und heute? Der ganze amtliche Apparat, über den das moderne Jnselreich verfügt, ist mit mehr oder weniger groben Un wahrheiten gesättigt. Die Lüge ist so sehr zur Gewohnheit englischer Minister geworden, daß sie das Beschämende und Entwürdigende einer fortgesetzten bewußten Unwahr haftigkett überhaupt nicht mehr empfinden. Daraus er- Üärt sich die sonst nicht begreifliche Erscheinung, daß keine noch so oft wiederholte Festnagelung auf die englischen Minister irgendwelchen moralischen Eindruck macht, son dern daß sie mit einer Hartnäckigkeit, die einer besseren Sache würdig wäre, an ihrer verwerflichen Methode fest- halten. Mit besonderem Starrsinn setzt der Minister des Aus wärtigen Grey seine Bemühungen fort, die öffentliche Meinung des neutralen Auslandes über die wahren Be weggründe Englands zur Teilnahme am Weltkriege irre zuführen. Schon wiederholt haben unser Reichskanzler und der Staatssekretär des Auswärtigen Amtes sich ge nötigt gesehen, gegen derartige Londoner Täuschungsver suche mit offiziellen Kundgebungen vorzugehen, die in ebenso würdiger wie schlagender Weise die britischen Be hauptungen widerlegten und den wahren Stand der Dinge scharf und klar herausmeitzelten. Neuerdings ist von Lon- don wieder eine Erklärung in die Welt gesetzt worden, die in der bereits sattsam bekannten Art das längst für jeden klarblickenden Politiker völlig entschleierte hinter hältige Spiel mit der belgischen Neutrali tät mit einigen weiteren Winkelzügen zu verhüllen und den wirklichen Standpunkt durch dialektische Künste zu verschieben unternimmt. Bon deutscher offiziöser Seite ist darauf prompt mit der Erwiderung gedient worden, daß hier zwei neue englische Unwahrheiten aufgetischt werben, nämlich dt, doppelte unrichtige Behauptung, daß Gren unserem Botschafter Lichnowsky das Eingreifen Eng lands zugunsten Frankreichs einmal für den Fall einer Verletzung der belgischen Neutralität und zum andern für Len Kall eine- deutschen Vorgehens aus Paris in Aussicht gestellt habe. Demgegenüber stellt unser Aus wärtige» Amt als Wahrheit fest, daß die Auslastung Grey» sich lediglich auf die Möglichkeit eines deutschen Angriffes gegen die Südküste des Kanals bezogen hat. Nicht also die Rücksicht auf Frankreich und Belgien ist für England be stimmend gewesen, sondern lediglich das eigene britische Kanalintereffe, für das nun die beiden „befreundeten und verbündeten" Staaten in erster Linie bluten müssen. Es ist sehr anerkennenswert von der Lei tung unseres Auswärtigen Amtes, daß sie keinerlei Mühe scheut, um die andauernden englischen Vergewaltigungen der Wahrheit vor aller Welt aufzu decken und in den neutralen Staaten ein wirk sames Gegengewicht gegen die falschen Londoner Dar stellungen zu schaffen. Nach den mehrfachen scharfen Ab fuhren, die sich die Londoner Drahtzieher in Berlin be reits geholt haben, darf man wirklich gespannt darauf sein, ob sie weiter an dem fruchtlosen Beginnen festhalten wer den, das Märchen von -er englischen „Aufopferung" für Frankreich und von dem durch die deutsche Verletzung der belgischen Neutralität „aufgepcitschten britischen Rechts- gesühl" aufzutischen. Helfen werden solche Mätzchen sicher nichts mehr. Dazu hat die nachdrückliche Aufklärungs arbeit unserer leitenden Stellen in den neutralen Staaten denn doch zum Glück bereits zu merkliche Früchte gezeitigt. Ucberdies sorgt die Londoner Regierung schon selbst dafür, daß die öffentliche Meinung in den neutralen Staaten nicht mit einem allzu starken Tropfen englandsreundlichcn Oeles gesalbt wird. Die blindwütige Art, wie in Lon don immer nur das eine Ziel verfolgt wird, Deutschland „auszuhungern", läßt die britischen Staatsmänner jede Rücksicht auf die berechtigten Interessen der neutralen Länder vergessen und erzeugt bei den Neutralen heftigste Verstimmung und Verärgerung. Die neueste britische Maßnahme zum Zwecke der Erdrosselung des deutschen Wirtschaftslebens, wonach Kupfer, Erze, Kautschuk nfw. als Konterbande behandelt werden sollen, hat bei den Neu tralen, insbesondere in Schweden, unwillige Proteste her vorgerufen, und die schwedische Presse reibt den Eng ländern unter die Nase, daß dieser gegen Deutschland ge richtete Hieb das Deutsche Reich und Volk viel weniger treffe als die neutralen Staaten. Auch zwischen Washing ton und London hatte sich eine gereizte Stimmung entwickelt, weil England die Verschiffung von Lebens mitteln von Amerika nach Holland auf neutralen Schiffen nicht dulden wollte, um Deutschland von der Nahrungs mittelzufuhr über Holland abzuschneiden. Wenn jetzt ge meldet wird, daß Großbritannien in diesem Punkte nach- gcgeben habe, so darf man darin wohl einen Beweis dafür erblicken, daß Sic Amerikaner mit ihren angelsächsi- fchen Stammesgenoffen bei den diplomatischen Ausein andersetzungen nicht besonders glimpflich verfahren sind. In Wirklichkeit liebt auch der Amerikaner den Engländer mit Nichten. Die ganze amerikanische Nationalgeschichte trägt auf Schritt und Tritt die Spuren der britischen Feindschaft, und die Abneigung gegen England liegt dem richtigen Amerikaner sozusagen im Blute. Die neueste „Freundschaft" zwischen England und Amerika ist nicht älter als anderthalb Jahrzehnte und von London aus unter Beihilfe der hohen amerikanischen Finanz und der von dieser beeinflußten Presse künstlich und krampfhaft ins Werk gesetzt worben, ohne daß die amerikanische Nation als solche mit dem Herzen dabei beteiligt wäre. Deshalb ist auch zuversichtlich zu erwarten, daß die Bemühungen der deutschen maßgebenden Stellen, die öffentliche Meinung in Amerika gegen das englische Lügensystem hieb- und stichfest zu machen, ebenso wie in den übrigen neutralen Staaten schließlich von Erfolg gekrönt sein werden. Drei amtliche deutsche Dementis. In der englischen Presse ist von einem Tagesbefehl Kaiser Wilhelms berichtet worden, in dem unter Ausdrücken der Verachtung gegen das englische Heer zu besten Vernichtung aufgefordcrt wird. Dieser angebliche Tagesbefehl ist erfunden. Das Reutersche Bureau hat an Ritzaus Bureau in Kopenhagen ein Telegramm zur Verbreitung geschickt, worin nach einer Meldung des „Temps" eine Baronin de Bane den deutschen Kronprinzen beschuldigt, auf Schloß Baye bei Ehampaubert Kunstgegenstände und Kostbarkeiten geraubt und beim Verlaßen des Schlosses Bilder -es Kaisers und der Kaiserin von Rußland mit Füßen getreten zu haben. Diese Meldung ist eine scham lose Lüge. Der Kronprinz ist nach amtlicher Feststellung niemals im Schlosse Baye gewesen. Auch Truppen seines Heeres sind dorthin nicht gelangt. Auch die von französischen Blättern gemeldete Zer störung der dem Präsidenten Poincars gehörigen Besitzung Ribecourt in Lothringen durch die Deutschen ist eine Fabel. Ribecourt lag allerdings vom 6. bis S. September im Brennpunkte von Kämpfen, und ist in Brand geschaffen worden, aber durch französische Artillerie. (Amtl. W. T. B.s PoincarS hat sich znr Front begeben. Wie „Politiken" aus Paris erfährt, verließ Poin- car« an der Seite des Kriegsministers gestern mittag sein Hotel in Bordeaux im Auto. Viviani schloß sich ihm außerhalb von Bordeaux an. Der ganze Transport be steht aus 14 Autos. Vertreter der Presse sind nicht zu gelassen. Das gleichzeitige Eintreffen des Zaren und des Präsidenten in den Hauptquartieren dürfte eher demon strative alS praktische Zwecke verfolgen. Die Kämpfe bei Roye und Noyon. „Manchester Guardian" schreibt zu den Kämpfen in der Gegend von Roye und Noyon, daß die Deutschen zwei gute Ursachen haben, bet Noyon mit äußersten Kräften an- -«greifen. Die Franzosen seien hier nicht weit von der Eisenbahn von Noyon in nördlicher Richtung nach Saint Quentin und Maubeuge, die für die deutschen Armeen die Hauptzusuhrlinie bildet, aber es gebe noch eine wichtigere Ursache für die Deutschen, westlich Noyon anzugreifcn, näm lich die Zerschneidung der Linie der Verbün deten. Diese hätten einen langen Westflügel, der unweit Noyon mit ihrem Zentrum fast einen rechten Winkel bildet. Falls es den Deutschen gelingt, hier durchzubrechen, wür den sic die Linie der Verbündeten durchschneiden und den westlichen Flügel zum Rückzug zwingen. Dies sei wohl die hauptsächlichste Erklärung für die deutsche Konzen tration in Roye. — Der „Lok.-Anz." bemerkt dazu, ' was der „Manchester Guardian" sagt, klingt militärisch nicht dumm: vielleicht wird es so ähnlich kommen. Nur ob die Sache dann mit dem Rückzug des linken Flügels abgemacht sein wird? Unsere Brummer an der Arbeit. Von einem Feldarztc, dessen Lazarett dicht hinter den deutschen Angriffslinien gegen Antwerpen errichtet ist, wird in einem Briefe über die deutschen 42-Zentimcter- Gcschütze u. a. folgendes mitgeteilt: Fünf Kilometer nörd lich von unserem Lazarett liegen die großen Krupp schen Brummer, von denen wir zwei besichtigten, ge rade während sic ihre dröhnende Arbeit verrichteten. Alle zehn Minuten ein Schuß, eine Flamme wie bei einem Hochofen, eine ganz schwache Rauchwolke, ein donnerähnlicher, aber immerhin erträglicher Knall, dann ein Sausen, das immer schwächer wird, und das vorn spitz zulaufende Projektil nimmt steil gen Himmel seinen ver derbenbringenden Lauf. Bereits nach wenigen Schüssen war das Pulvermagazin des zuerst beschossenen Forts St. Cathe rine in die Luft gesprengt. Durch kleine, in tiefe Gräben eingelegte Feldbahnen wirb die Munition vis an das Ge schütz herangefahren und dann automatisch wie bet den Schiffsgeschützcn in das Rohr gehoben. Verlängerung des französischen Moratoriums. Nach einer Meldung der „Franks. Ztg." aus Paris ist das Moratorium in Frankreich bis Ende Oktoberb. I. verlängert worden. Wie unter den augenblicklichen Verhältnissen nicht anders anzunehmen ist, dürfte der Okto bertermin seinerzeit eine weitere Verlängerung erfahren. „In vier Wochen haben wir eine« Weltkrieg." Die „Voss. Ztg." erhält aus alpinen Kreisen eine Zu schrift, die eine interessante Aeußerung des Königs der Belgier wicdergibt. Ende Juni weilte König Albert im Saas-Feer-Gebicte und ließ sich auf seinen Touren von dem Führer Benedikt Supersaxo begleiten, der ihn auch in früheren Jahren öfter geführt hat. Als König Albert in Almadcll eine Stunde vor Saas-Feer die Kunde von der Ermordung des österreichischen Thronfolgerpaarcs erhielt, äußerte er die denkwürdigen Worte: „In vier Wochen haben wir einen Weltkrieg". Der König, der bis zum 6. Juli in Saas-Feer weilte sam ». mutzte er offiziell in Lausanne sein), hat also schon Ende Juni gewußt, was kommen wird. Frankreichs Wintersorgcn. Von einem im Dienst neutraler Blätter stehenden Be richterstatter, der in den letzten Wochen Gelegenheit hatte, das Kampfgebiet zwischen Marne und Oise hinter der sranzöfischen Front zu bereisen, geht der „Voss. Ztg." nachstehende interessante Schilderung zu: Der Winter ist ein noch viel schlimmerer Feind, als die deutschen „Einbrecher", viel schlimmer, als man hier ahnen lassen möchte. Wenn es zu einem Winterfeldzug kommt, dann tritt ein Zustand in Frankreich ein. in dem die Deutschen gar nicht einmal notwendig haben, anzu- greisen. Denn Frankreich ist schon zu Beginn des Herbstes so total^rschöpst, daß es einen Kriegswinter auf keinen Fall überleben kann. Das sage ich nicht allein, das sagen alle Franzosen, die von heute auf morgen sehen können. Der Einbruch der Deutschen hat über 15 Millionen Franzosen chaotisch durch- einandcrgewirbelt. Diese 15 Millionen befinden sich ans einem fortwährenden Umzug, ohne Rast, ohne feste Nah rung, ohne zeitgemäße Kleidung, in einer seelischen Ver fassung, die auszndrttcken es an Worten fehlt. Ein in Per manenz erklärtes Nomadenleben können nicht zehn Pro zent von den genannten 15 Millionen bei Einbruch der rauhen Witterung ertragen. Sie müssen sterben und ver derben: denn so etwas wie eine Organisation für die Hebung der Not dieser 15 Millionen ist nirgends zu ent decken. Ein höherer Osfizicr sagte mir dicht vor Melun wörtlich: „Es gehen in Frankreich mehr Zivilisten in diesem fürchterlichsten aller Kriege zugrunde als Soldaten." Sr hatte bei Melun, Nogent, Sezanne und Montmirail innerhalb einer Woche Tausende und Aber tausende von Nichtkriegern in Massen gräbern beerdigen sehen. Eine Verlustliste sür diese Nichtkriegcr aber wird von der Regierung aus guten Gründen nicht herausgegebcn, denn mit ihr ginge ein ein ziger Schrei des Entsetzens durch das ganze Land. Für eine Winterkampagne ist aber auch das Heer absolut nicht vorbereitet. Die Lebensmittel könnten da sein, wenn die Verbindungen mit den Häfen auch nur einigermaßen funktionieren würden. In den Häfen alles spottbillig, das meiste an Früchten und Lebensmitteln der Verwesung und Vernichtung preis- gegeben, im Innern des Landes aber, im Herzen von Frankreich. Teuerung. Hungersnot. In der Desorganisa tion im Eisenbahnbetrieb feiert man wahre Orgien. Auch die Verwaltungen -er Militärmagazine sind mit ihrem La tein zu Ende. Die letzteren können nicht nachgefüllt wer,
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