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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.12.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-12-06
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19041206023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904120602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904120602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-12
- Tag1904-12-06
- Monat1904-12
- Jahr1904
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Beilage Dienstag, 6. Dezember 1904. Leipziger Tageblatt. Teile 5. Nr. 621. Abeud-AuSgabe. Deutscher Reichstag. 105. Sitzung. Berlin, 5. Dezember. (Schluß.) Graf Bülow (fcrtfahrend): Nun ist Bebel auch gar nicht damit einverstanden, daß ich den eng lischen Journalisten empfangen habe. Ich möchte Bebel einerseits darauf Hinweisen, daß ich nich glaube, daß ich Mr. Bajhford irgend etwas gesagt habe, was für das deutsct>e Publikum etwas Neues gewesen wäre. Ein Urteil darüber, wann und wie ich eS für richtig und zweckentsprechend lxüte, die öffentliche Meinung anderer Länder zu orientieren, be- halte ich mir selber vor. Wenn aber Bebel weiter gesagt hat, ich hätte Auseinandersetzungen im Reichstage machen sollen, so glaube ich, daß es wenige Minister des Äeußern gibt, die sich so oft eingeheird über auswärtige Fragen aussprechen, wie ich. (Zustimmung.) Ich bin aber nicht ein Feuerwerker, der einmal oder zweimal jährlich aufzutreten hat,- um zu einem bestimmten Dermin Feuerwert abzubrennen. (Große Heiterkeit.) Der Grund, weshalb ich Mr. Bashford empfangen habe, war die unverkennbare Tatsache, daß gewisse englische Publizisten »nährend der letzten Monate ihren Platz in der Presse benutzten, um Unkraut auf den Acker der deutsch-englischen Beziehungen zu säen. Ich hielt cs für besser, einige besonders stachelige Disteln zu beseitigen, insbesondere die Behauptung, wir hätten uns in die Tibet-Angelegenheit eingemischt, was eine Lüge war. Ebenso hätten wir den Hüller Zwischenfall hcrbeigeführt, was die zweite unverschämte Lüge war. Ich habe mich also bemüht, derartige Unwahrheiten aus der Welt zu schaffen. Wenn solche Hetzer zur Basis ihrer Angriffe die Annahme nehmen, als wenn wir mit unserer Flottenpolitik Aggressivpläne gegen England verfolgten, dann frage ich alle, die an unserem Flottenprogramm mit gewirkt haben, ob unsere Flotte nicht nur rein defensive Zwecke verfolgt. Dafür sorgt nicht nur das Friedens bedürfnis — selbstverständlich in Ehren — soirdern sorgt auch die rapide Zunahme der maritimen Machtmittel aller Nationen. Was hat heute das Volk gewonnen, wenn es die maritimen Nebenbuhler niederzwingt? Es wird vielleicht den wirtschaftlichen Organismus des Gegners zerstören, aber es wird sicherlich dem eigenen .Handel die schwersten Wunden schlagen. Wer auch als Sieger aus dem Kriege zurückkehren würde, würde es nicht ohne den allerschwersten Schaden für sich tun. Wenn ich aus diesen Darlegungen eine praktische Anwen dung ziehen soll, so ist es folgende: Ich wiederhole ausdrücklich vor dem hohen Hause: Ich kann mir nicht denken, daß der Gedanke eines deutsch-eng lischen Kriege s bei den vernünftigen Leuten in beiden Ländern einen ernstlichen Anklang finden würde. Ich hoffe, die Länder werden immer von kühlen Köpfen geleitet werden, die wissen, daß Deutschland und England nicht nur für die Gegenwart, nicht nur für die Jetztzeit, sondern für alle Zukunft, soweit sie einem menschlichen Auge erkennbar ist, mit der Aufrecht erhaltung der gogenlvärtigen friedlichen Beziehungen am besten gedient ist. Von verschiedenen Seiten ist auch die Lage der Dinge in Südwestafrika berührt worden. Als im vergangenen Jahre die ersten Nachrichten über Süd- westasrika bei uns eintrafen, habe ich der Hoffnung und Zuversicht Ausdruck gegeben, daß das hereingebrochene Unglück das deutsche Vclk und seine Vertretung ein mütig finden würde zur Wahrung der Ehre des Landes. Wenn Bebel es soeben als Fehler der gegenwärtigen Politik bezeichnet hat, da zu blechen, wo wir sind, so glaube und hoffe ich. daß die große Mehrheit des Hauses und die große Mehrheit des Volkes gerade der ent gegengesetzten Ansicht ist. (Beifall bei der Mehrheit.) Wenn wir das hohe Haus für diesen Zweck nicht schon im Sommer cinberufen haben, geschah cs, weil sich da mals die Lage der Dinge nicht übersehen ließ. Wir haben mit. denkbarer Beschleunigung alle Truppen und Hiilfs- mittel nach Slldwestafrika gesandt, die von militärischer Seite für notwendig erachtet wurden. Es lwt sich herausgestellt, daß wir gegen einen weit zahlreicheren, besser beivafsncten, besser organisierten und besser geführten Feind zu kämpfen hatten, als auch von Kennern des Landes vorher angenommen worden war. Wir verdanken cs der Aus dauer und Tapferkeit der Mannschaften und der nin- üchtiaen Führung des Generals Trotha und der Tiich- ngkeit der Offiziere, wenn von einer Beendigung der Kampagne gesprochen werden kann. Aller dings ist den Truppen eine neue schwere Aufgabe aestclli durch den Ausstand dec Witbois und anderer Stämme. Dadurch ist eine Teilung der Truppenmacht erforderlich aewordcn. Wir haben wieder einen Verlust von Men- ichenleben zu beklagen. General Trotha l)at mit mög- lichster Beschleunigung alle disponiblen Truppen nach dem Schauplatz der Unruhen geschickt. Vor allem handelt cs sich darum, in den» verwüsteten Gebiete die Sicherheit und Ordnung wieder herzustellen. Eins aber möchte ich ausdrücklich sagen: Wir sind weder so grausam noch so töricht, die aus den Wüsten des Sandfeldes hervorströ- inenden halbverhungerten und verdursteten Herero- banden erbarmungslos niederzuknallen. Aber von einer Ausrottung dec Eingeborenen kann schon aus praktischer Erwägung nicht die Rede sein. Auch darüber wird kaum ein Zweifel walten können, daß wir eine Truppenmacht halten müssen, die stark genug ist, jeden neuen Auf standsversuch im Keime zu ersticken. Dann hat Bebel auch gesagt, der Wert Südwestafrikas sei gering, cs fei eine Sandwüste, die den gemachten Aufwendungen spotte. Das ist nicht die Ansicht der Kenner des Landes. Eine große Gesellschaft hat sich bereit erklärt, auf eigene? Kosten eine Bahn von Swakopmund nach den Kupfer lagern zu bauen, und hinter dieser Gesellschaft stehen große Banken, die nicht gewöhnt sind, ihre Gelder L kouäs psräu hinzugeben. Es ist notwendig, daß wir die Kolonie für diejenigen Leute erhalten, die in jahre langer mühsamer Arbeit dort eine eigene Heimstätte und einen gewissen Wohlstand erworben hatten, bevor der Aufstand ausbrach. (Lebhafte Zustimmung rechts.) Ich möchte dringend bitten, die Entschädigungfrage nicht als Rechtsfrage zu behandeln, ich bin der Ansicht, daß das Reich gegenüber den Ansiedlern, welche cs unter feinen Schutz genommen hat, mindestens moralische Vcr- Pflichtungen hat (Beifall) und daß es eine Ehrenpflicht für das Reich ist, den angerichteten Schaden wieder gut zu machen. Deshalb bitte ich das hohe Haus, nach Rege- lung dieser hochwichtigen Frage den Vorschlägen, die wir machen werden, die Zustimmung nicht zu versagen. Es ist natürlich, wenn sich an den Vorgang eine Kritik unserer kolonialen Verwaltung geknüpft hat. Sie er streckt sich hauptsächlich auf die Frage, ob eine Militär oder Zivilverwaltung einzufiUhren sei. Ich möchte ge rade in organisatorischen Fragen eine Ueberstiirzung ver meiden. Es ist meine, vom Kaiser gebilligte Absicht, für die Zukunft die eigentliche Verwaltung des südwest- afrikanischen Schutzgebietes entsprechend den Wünschen dec Bewohner einem Zivil gouverneur zu unter stellen. (Zustimmung.) Die vorbereitendien Schritte sind durch Generalkonsul Lindequist getroffen, der mit den Verhältnissen des Schutzgebietes genau bekannt ist und allgemeines Vertrauen genießt. Er ist zum Reichs kommissar für die Zivilverwaltung der Kolonien er- nannt werden. Auch in der Organisation der Zivil verwaltung müssen wir zu einer Aenderung kommen. Die Kolonialverwaltung ist keine oberste Reichsbehörde, sondern eine Abteilung des Auswärtigen Amtes. Daß die Organisation auf die Dauer nicht haltbar ist, hat sich deutlich giczeigt. (Zustimmung.) Bei der Ausdehung und Wichtigkeit der Kolonialverwaltung muß der Reichs kanzler in der Lage sein, einen verantwortlichen Stell vertreter zu haben wie sür die anderen Ressorts. Be sonders wichtig und schwierig ist die Organisation der kolonialen Streitkräfte. Der Gang der deutschen Ge schichte während der letzten Jahrhunderte war der Ent wickelung des Verständnisses für die kolonialen und über seeischen Aufgaben nicht günstig, es fehlte uns vielfach die Tradition und Erfahrung, über die andere ältere Kolonialvölker verfügen. Am letzten Ende wird uns'ere koloniale Zukunft, unsere Stellung als Weltmacht davon abhängen, daß das deutsche Volk selbst ein volles Ver ständnis für die Aufgabe gewinnt. Es ist auch die Diätenfrage berührt wordlen. Auf diese Frage werde ich heute nicht näher eingehen. (Oh! links.) Was ich auf die Frage sagen kann, das hat fchon Graf Posadowsky wiederholt «usgcführt. Ich glaube, daß diese Frage besser einen! späteren Zeitpunkte Vorbehalten bleibien kann. (Unruhe links.) Aber gegen die Aeußerung Bebels muß ich mich wenden: Er bat sc gesprochen, als ob es eine Rücksichtslosigkeit dec verbündeten Regie rungen wäre, daß sie einem Beschlüsse des Reichstages über Gewährung von Anwesenheitsgeldcrn noch n'cht die Zustimmung erteilt hätten. Wenn die verbündeten Re gierungen einem solchen Anträge nicht ohne weiteres ihre Zustimmung erteilen, so ist das ebensowenig Rück sichtslosigkeit, als wenn der Reichstag die Gesetzentwürfe der verbündeten Regierungen nicht gleich oder gar nicht annimmt, was doch oft genug vorgekommen ist. Bebel sagte dann, wir seien nicht reich genug, um unsere Rüstungen aufrecht zu erhalten. Diese Melcdie ist er- klungen, so lange es deutsche Geschichte gibt, sie Hörste man schon auf dem Regensburger Reichstage, auch zwischen 1860 und 1870. Was wäre aus uns geworden, wenn der Standpunkt Bebels die Oberhand gewonnen hätte! (Sehr richtig.) Gegen die Behauptung muß ich mich noch tuenden, das deutsche Volk machte unverhältnis. mäßige Ausgaben für militärische Zwecke. Nach einem Aufsatze des Generals Pelet-Narbonnc konstatiere ich, daß Frankreich für militärische Zwecke 35 Prozent, Ruß land 25 Prozent, Italien 22 Prozent und Deutschland nur 20 Prozent ausgibt. Es kann also keine Redc'sein, daß wir nicht können, es fragt sich nur, ob wir wellen. Sie werden niemand einreden können, daß das Volk, das konstatiere ich hier öffentlich, das jährlich 3 Mlliarden für geistige Getränke ausgrvt, nicht imstande ist, 1 Milliarde 200 Millionen als Versicherungsprämie für seine Sicherheit aufzubriuMN. Sie haben gesagt, das französische Offizierkorps stehe auf der Höhe des deutschen Osfizierkorps. Ich widerspreche dein durchaus nicht, ich habe eine hohe Achtung vor dem französischen Offizier korps, aber inan muß auch in Betracht ziehen die Revanchegelüstc, die dort herrschen. Ich verweise auf das, was Jaures gesagt hat. Danach werden sie zu geben, daß auch wir ein Recht haben, für die Sicherheit zu sorgen. Sagen Sie nicht, daß wir die Mittel nicht aufbringen können, denn das trifft nicht zu. (Beifall.) Schluß Kl/, Uhr. WeNerberamng deS ReichShauShalts- etatS Dienstag 1 Uhr. ZSchrircber HanOtag. Erste Kammer. Dritte öffentliche Sitzung. 2. Dresden, 6. Dezember. (Telegr.) Am Regierungstische: die Staatsminister von Metz sch, Dr. v. Seydewitz, Dr. Rüger und Dr. Otto. Ter Präsident Dr. Graf v. Könneritz eröffnet die Sitzung um 12*/4 Uhr mittags. Auf der Tagesordnung steht: Festsetzung von Zivilliste und Apa nagen. Den Bericht der zweiten Deputation erstattet Ober- bürgermeister Dr. Tröndlin-Leipzig. Die Deputation be- antragt, in Uebereinstimmung mit den Beschlüssen der Zweiten Kammer die Einstellungen der Regierungsvor- läge zu genehmigen. Die zweite Deputation hat es, wie der Berichterstatter mitteilt, abgelehnt, auf die in der Zweiten Kammer erörterten Einzelheiten einzugehen. (Lebhaftes Bravo!), da die Zivilliste zur absolut freien Verfügung des Königs steht. Rittergutsbesitzer Dr. Pfeiffer nimmt die In- tendantur der Königlichen Hoftheater gegen den Vorwurf in Schutz, als ob sie verschwenderisch wirtschaftete. Kammerlwrr Dr. von Frege-Weltzien wendet sich gegen die Schundliteratur. Oberbürgermeister Beutler-Dresden zollt der König lichen Hofkapelle vollste Anerkennung. Es folgt dann die namentliche Abstim- mung, welche die einstimmige Annahme der Regierungsvorlage ergibt. Nächste Sitzung: Morgen (Mittwoch) I211 Ubr. Tagesordnung: Vortrag der ständischen Schrift über das Dekret Nr. 1. Leipziger Mgeiegenbeiien. * Leipzig, 6. Dezember * Von der Universität. Das Personalverzeichnis der Universität Leipzig sür das Winterfemester 1904,5 ist erschienen und beim Kastellan in der Universität (Haupiportal) oder durch die Unwersitälsbuchhandlung (Dörrienstraße 9, I.) zu beziehen. * Der Erbprinz von Reust j. L. weilte gestern nach mittag, aus Gera kommend, einige Stunden in Leipzig. Die Rückkehr nach Gera ersolgte in den Abend stunden. * Ter Generalanzeiger für Leipzig und Umgebung zeigt in seiner heurigen Nummer an, daß das Blatt rurch Kauf in den Besitz des Herrn Waldemar Szpitter aus München übergegangen ist, der das Geschäft persönlich leiten wird. Die Mitarbeiter unv das Personal des General anzeigers sind von dem neuen Besitzer übernommen worden. * Auszeichnungen. Das Ministerium des Innern hat das tragbare Ehrenzeichen sür Treue in der Arbeit dem seit 1. Juni 1867 ununterbrochen in der Spiegel rahmen- und Leistenfabrik von Will». Mittentzwei) in Leipzig, Grimmaische Straße Nr. 26, Färberstraße Nr. 1l, beschönigten Vergolvergehülsen Herrn Carl Heinrich Weber in Leipzig, dem seit 27. September 1874 ununterbrochen in der Leipziger Schnellpressenfabrik, Akt.-Ges., vorm. Schmiers, Werner L Stein in Leipzig, Dösener Weg 12 20, beschäftigten Montagemeister Herr Ludwig Anton B rack- low in L.-Rendmtz und ten seit l. November 1874 ununter brochen bei dem Leipziger Rollsuhr-Berein (Paul Krahl, Otto Jaeger L Co.) in Leipzig, Berliner Straße 22, beschäftigten Ausladern Herren Friedrich Evuard Spott und Johann Gottlieb Grau pner m L.-Sellerhamen verliehen. Die Ehrenzeichen wurden den Genannten heute durch Herrn Bürgermeister Dr. Dittrich in Gegenwart ihrer Vorgesetzten an Ratsstelle ausgedändigr. * Eine Geiuerbeausstclluug hat der Gewerbe- ver ein Leipzig-Eutritzsch im großen Saale des „Goldenen Helm" veranstaltet. Gestern abend sand die Eröffnung statt. Der Vorsitzende, Herr Dr. Phil. Krebs, begrüßte zunächst die zahlreich Erschienenen darunter den Vertreter der Gewerbelammer, Herrn Obermeister Knappe, und die Vertreter der Presse, und schloß seine Ansprache, der er die Schill erscl)en Worte: „Arbeit ist des Bürgers Zierde, Mühe ist des Segens Preis" zu Grunde gelegt hatte, mit einem begeistert auf genommenen Hoch auf dieFördercr treuer deutfcherArbeit, Kaiser Wilhliu und König Friedrich August. — Die Ausstellung selbst ist von 56 Ausstellern der verschie densten Branchen beschickt und geschmackvoll gruppiert. Tie Tapczicrergenossensck)aft „Pura" hat gereinigte Teppiche, Garderobe, sowie das Mottenvertilgnngs- mittel „Motten-König" ausgestellt. Sehr interessant sind die Arbeiten des Lehr-Instituts für Grund- und Kerb- schnitt von F. Rudloff. Der Orchesterraum hat die Aus- slellung von künstlerischem Wandschmuck des Kunstver lages von F. E. Wachsmuth ausgenommen, vortreffliche Phonographen führt Wilh. Müller vor. Georg Winter stein hat Nähmaschinen mir Stickapparat, welcher prat tisch vorgcführt wird, ausgestellt. Dr. Krebs zeigt Lehr mittel und Rohprodukte der Tapezierer-Fachklasse und einen selbstgefertigten Plan ran Eutritzsch. Auch die be kannte Pianoforte- und Flügclfabrik von Alexander Bretschneider ist vertreten. Wir erwähnen ferner noch folgende Aussteller: Paul Tietze, Handels- und LandschastSgärtncr: Martin Strcller, Glasmalerei: Rich. Schreiter, Möbelmagazin: Ccnrad Krenick, Eisenwarcn, Haus- und Küchengeräte: F. G. Schmidt Ko., Erste Leipziger Holz-Rouleaufabrik: Emil Pinkau L Ko., Farbendrucke: Richard Jordan, Fahrräder; Groß L Ko., landwirtschaftliche Maschinen: B. Gählers, Photogra- phien: Joh. Hcditsch, Polstcrmöbel und Dekorationen: Albert Schlicht, Pclzwaren; Lidleff, Honig, ufw. Die Ausstellung ist bis mit Sor'^rg. den 11. Dezember, täg lich von srüh 10 bis abends 10 Uhr bei freiem Eintritt geöffnet. * Zwei Selbstmorde. Heute früh stürzte sich in der Marianncnstraße zn L.-Volkmarsdorf eine 31jährige Buchbindersehefrau aus einem Fenster ihrer in der vierten Etage gelegenen Wohnung auf die Straße herab und mar sofort tot. Andauernde Krankheit ist der Beweggrund zur Tat gewesen. — In der Nähe des Pfahlbautenrestau^mts wurde heute vormittag der Leich- uam eines hiesigen, 54jährigen Kaufmanns aus der Pleiße gezogen. * Unfälle. In der Bayerischen Straße frei ein 34jähriger Geschirrfllhrer infclge Scheuwerdens der Pferde von seinem im Gange befindlichen Lastgeschirr und wurde überfahren. Er erlitt einen Bruch Les rechten Oberarmes und wurde ins Krankenhaus ge schafft. — In der Querstraße stürzte ein Pferd und mußte von der Feuerwehr mittels Hebeapparat wieder auf die Beine gebracht werden. — In der Nürnberger Straße brach eine Arbeiterin aus Wahren bewußtlos zusammen und wurde im Krankenwagen ins Kranken haus gebracht. * Von Budenhand wurde in der Nacht zum 3. d. M. eine große Schaufensterscheibe im Werte von 700 in einem Grundstücke am Thomasring zertrümmert. Der Vandalismus ist vermutlich mittels einer Steinschleuder ausgeführt worden. * KsUzeibericht. Aus der Kirche zu Portitz wurden in der Nacht zum 3. De zember zwei Altarleuchter von Messing, 40—50 Zentimeter hoch, und ein messingenes Sammelbecken gestohlen. Die Leuch-, rer sind mir der Jahreszahl 1718 und der Gravierung: „Der Kirch zn Portitz" versehen. Des Diebstahls verdächtig ist ein Unbekannter, anscheinend dem Arbeircrstand angehörig, der dunkles Jackett, darunter blaue Bluse, Helle Hose und grauen steifen Hut trug. Taschendiebe haben sich in den letzten Tagen ivicder vor Schaufenstern bemerkbar gemacht und Portemonnaies mit zum Teil ansehnlichen Beträgen gestohlen. Gestohlen wurde mittels Taschendiebstahls einem Herrn eine goldene Remontoiruhr. Nr. 22 341, mit Sprungdcckcl, darauf das Monogramm 3. 1. cingraviert, und ein Porte monnaie mit 10 ./<l; aus einem Lokal am Windmühlenweg 2 <ratz Elfenbein-Billardbälle nnd ein Geldbetrag; von Wagen in Plagwitz und in der Nosritzstraße in Reudnitz eine Partie RindSIeder' im Werre von 50 ,/k und ein Ballen, gezeichnet li. V. 1414, mit Künsilcr-Steinzeichnungen; von Ncubauen in der Bose- und in der Nvrdsiraßc Wasserzähler; aus einer Wohnung in der Alcxauderstraße ein Winicrübcrzicher von schwarzgrauem Stofs mir schioarz- und brauukarrieriem Futter, darin die die Firmenbezeichnung „Henrst Pöhlau"; in der Eiseubahustraße ein Damenklcid von graukarriertcm Stoss mir grüuseidenem Einsatz und ein schwarzes Tamcn-Winter- jackctt. Ein unbekannter Fcllaufkiiufcr iic dringend verdächtig, einen Hund, 4jähriger Foxterrier, ireggcfangen zu haben. Aus die Wiedererlangung des Tieres iir eine Belohnung von 20 ausgesetzt. Ter Unbekannte ist cstva 50 Jahre alt, mirtclgroß, hat hageres Gesicht, meliertes Haar und Schnurrbart. Leuilleton. Musik. V. ^philharmonischer Nsnzert. Mit Gustav Mahlers dritter Sinfonie waren wir von der breiten Heerstraße weit abgebogen. Ani gestrigen Abend fanden wir uns unter Herrn Kapellmeister Win- dersteinS Leitung wieder zu vertrauteren Orten zu rück. Wir kamen in bekanntes Revier und fühlten uns heimisch. Schumanns große Sonate in L ckur, die man unter die Sinfonien rechnet, da sie nun einmal vom Or chester exekutiert wird, wird mancher von neuem entzückt haben. Wenn einseitig Moderne ihr auch manches ab- streiten, das Larghetto können sie uns nicht verdächtigen. Wie fließt es so wundervoll klar und einfach dahin! Und wie durch und durch persönlich (schumannisch) ist cs in allen feinenTeilen! Die Aufführung ivar technisch lobens wert. Nur im letzten Satze hätten wir scksiirfec ziselierte -staccati gewünscht. Die ersten Violinen siegten da jedes- inal über die zweiten hinsichtlich der technischen Feinheit. Sehr wacker hielt sich das Orchester in der „Tannhäuser". Ouvertüre, ebenso in den Partien des „Tristan", die zu Gehör gelangten. Die Solistin des Abends war Frau Katharina Fleischer - Edel. Sie errang sich schon mit Liszts mir ivenig sympathischer Vertonung von Heines „Loreley" lebhaften Beifall und wurde am Ende des Konzertes enthusiastisch gefeiert. Frau Fleifcher-Edel gehört zu den ganz wenigen Künstlerinnen, vor deren Leistungen die Kritik verstummt. Ihre Begrüßungsarie aus „Tann- Häuser" gehörl zn dein Vollendetsten, was man heutzutage in Deutschland hören kann. Bewundernswert ist an der Sängerin neben tadelloser Aussprache und vollendeter Deklamation dieFähnfteit der feincnNüancicrung. Wenn Frau Fleischer-Edel dreimal hintereinander den Buch staben n auf e oder k oder rr singt, so ist cs ein drei farbiges n. Und im lecksten Moment wird sie mit der Sicherheit des geborenen Talents stets die richtige Farbe treffen. Die Sängerin, deren Organ zu den schönsten der Jetztzeit gehört, vereinigt angeborene und erworbene Fähigleiten zu einer höheren Einheit, die ihr die Bewun- derung aller Musikalischen stets von neuem sichern wird. Ter Enthusiasmus des Publikums war in jeder Be- ziehung wohl begründet. x. 2scd. ' Nene Abonneinentsksnzerte. Ich möchte ihn symbolisch verstanden wissen, diesen ,,Till Eulenspiegel", wie ihn Meister Richard Strauß wieder zu neuem Leben erweckt hat. Er ivar eigentlich gar nicht gestorben, der Schelm, sondern hat sein luftig und satirisch Wesen nun fast fchon vierhundert Jahre lang getrieben, der Welt seinen Narrenspiegel vorgehalten und seine Pritsche über alle hohle Köpfe im großen Philisterreiche Hinwegtanzen lassen. Und an Arbeit hal's ihm nimmer gefehlt, aufzuräumen mit all dem Wust ver rotteter Denkweise, bequemen Verweilens auf erbange- sessenen Vorurteilen und behaglichen Sichfonnens im Lichte einer Moral, die doch schließlich am Wendepunkte großer Zeiten eine andere wird. Strauß' Werk ist ohne Frage eins feiner genialsten, feiner klarsten und un- mittelbarst wirkenden. Und so war es auch im fünften der Neuen Abonnement-Konzerte der Mittelpunkt des eigentlichen Interesses, in dessen Rahmen noch Wagners glanzvoller, dithyrambischer Kaisermarsch und, als Novi- täl, eine sinfonische Phantasie für großes Orchester von Rudolf Louis (in München) erschienen. Letztgenannter hat sich einen Namen gemacht durch fein Eintreten für alle modernen musi- kalischen Bestrebungen, und auch seine Orchester- Phantasie „Proteus" ist von neuem Geiste durch haucht. Ter ziemlich umfangreichen Komposition liegt ein Fr. Hcbbelsches Gedicht zu Grunde. Aber ich bin der Meinung, daß sich von vornherein gerade dieses Gedicht nicht zu einem miisikprogrammatischen Vorwurf eigne. Tenn cs sind so gar eigentümlich ineinander fließende Stimmungen darin, anderseits ist ein plötzlicher Wechsel alles Gefühlslebens dermaßen stark empfindbar, daß vielfach eine musikalische Fixierung so gut wie ausge schlossen bleibt. Ich glaube bestimmt, daß an diesem Punkte ein feglicher Tondichter scheitern wird. Was meine Meinung bestätigt, ist der Umstand, daß R. Louis gerade am Ruhepunkt des Gedichts (nämlich in» IV. Teile: „Im Kelche der Blumen") sein Bestes und Nachhaltigstes gegeben hat und auch geben konnte. Hier ist ein Stimmungsgehalt, den der Musiker fassen kann, den er mittels des ihm zu Gebote stehenden Idioms uns recht wohl verdeutlichen kann, wo er das vorliegende Poem nach- und emporzudichten vermag. Denn in diesen Versen muß eben der Musiker zwischen den Zeilen lesen und das an sich in Worten streng genommen Unaussprech liche, Ivie dieses Umströmtsein von glühendem Dufte, dieses Hineinhauchen der Liebe ins klopfende Herz u. a. in der zauberhaften Sprache feiner Kunst wieüergeben. R. Louis ist solches gerade da in höchstem Maße ge lungen, und das hat niir das Ganze lieb gemacht. Die Komposition weist übrigens auch noch eine Menge sehr schöner und auch charakteristischer Stellen auf. Vor allem fand ich es trefflich instrumentiert. Einige Stellen be- fremdeten mich allerdings, denn ich meine, der ProteuS- zauber fei ein anderer als der Tarnhelmzauber, und ge rade dieser machte sich einige Male sehr bemerkbar. Daß der Komponist durchaus im Banne der ncudeutschen Schule steht, ließ sich ohne weiteres mit Leichtigkeit herauSfühlen. Die komplizierte Komposition wurde von der Chemnitzer städtischen Kapelle unter Herrn Bern hard Stave nhagens umsichtiger und anfeuernder Leitung ganz vortrefflich gespielt, alles in voller Klang schönheit und künstlerisch abgetönter Dynamik. Des- gleichen verdiente die Wiedergabe des Wagnerfchen Kaiser marsches volles und uneingeschränktes Lob, während Strauß' Schelmenweise (ganz abgesehen von dem verum glückten Horn-Anfang) in einzelnen Teilen noch feiner und klarer hätte fein dürfen. Fräulein WandavonTrzaska spielte Staven- Hagens (ihres Lehrers) kl mall-Klavierkonzcrt mit flüs siger Technik und musikalischer Gewandtheit, so daß ihr und dem Autor ein voller Erfolg beschicden war. Das Werk ist mehr elegant als tief, mehr pianistisch als musi- kalifch; für die Abonnement-Konzerte eine Neubeit. Ich meine ihm bereits in einem der Konzerte des Liszt-Ver- eins begegnet zu sein. Vor ungefähr zehn Jahren führte es Stavenliagen selbst auf der in Weimar stattfindenden Versammlung des Allgemeinen Deutschen Musikvercins vor. Als Komponist steht Stavenhagen durchaus unter Lisztschem Einflüsse, ja im dritten Satze, der an sich furchtbar schwach und nur eine Art von Nefumü der beiden vorausgegangenen ist, zitiert er ihn beinahe wört lich. Tie andere Solistin des Abends, Fräulein E. P l a tz- fair, lialtc ich für ein sehr bedeutendes Talent. Die noch in sehr jugendlichem Alter stehende Geigerin spielte Bruchs O ruoll-Konzert. Tas Publikum lohnte diese Leistung, die auch durch Platzen einer Violinsaitc keines wegs beeinträchtigt wurde, mit stärkstem Beifall. kwxow Losnitr. Theater. 21. X. Tas Münchner Schauspielhaus brachte wieder ein mal zwei französische Stücke heraus, „Die -schloßkellc- rci" von Tristan Bernhard und „Das elfre Ge bot" von Edmond Säe, zwei hübsche feingcschlisscne Sachen, die im Lampenlicht der Bühne funkeln und glitzern, daß inan seine Helle Freude daran hat und fast glauben könnte, man babe echtes Kristall und keine gewöhnliche Glasmasse vor sich. Diesen Sckiliss haben die Franzosen nun einmal los, auch die rein gewerbliche Seite ihrer Theatermache hat ciivas künst lerisches. Dabei überraschen sie unS stets durch eine originelle, geistreich pointierte Idee. Im ersten Stück ivcrden ein Herr und eine Dame, die Wand an Wand wohnen, durch einen Irrtum der Telephonistin verbunden und diese Verbindung wird nach einer köstlichen telephonisch» Untcrhlrung zu einer dauernden. Die paar Szenen sind so geschickt zusammcnac- stellt und der Humor ist so liebenswürdig und fein, daß der Erfolg ein starker sein mußte. DaS zweite Stück behandelt den bei den Franzosen so beliebten Schi n - E b c b ruch, aber diesmal ohne die sonst üblichen derben Sväye und Sprünge. Das 10. Gebot lautet: Du sollst nickst begehren deines Nächsten Weib. Das 11. Gebot aber, das nun einmal notwendig ist, wenn nicht, wie der Anwalt Marivon meint, Unglück über die Menschen bercinbrechcn soll, heißt: Du sollst schiveigcn. wenn du nach deines Nächücu Weib begehrst. Aber dieses Schweigen versteht der natürlich tölpelbaite Liebhahr der nickst verstan denen Heldin des Tlückec- nickst, durch seine im Ilcbcrmaß des Glückes begangenen Indiskretionen je dock' bringt er gegen seinen Willen die Ehegatten wieder zusammen. Das alles wird une bne im Flug in einer Reihe wirklich famoser Szenen borge- führt, so daß wir gar nickst zur Besinnung lammen, irnc nn lvahnUnlicki Ke innere Motivierung und wie bekannt un alle diese Personen anS anderen französi'chcn Lustspielen sind. Die Aufführung war eine dnrckmeg ladcllosc, dieses Genre liegt dem Ensemble des SckxnisviclhanscS am besten.
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