Anzeiger »»-> Elbeblatt für Riesa, Strehla und deren Umgegend. Wochenschrift zur Belehrung und Unterhaltung. ^§ 88. Freitag, den 1V. Mai 1830. Tagesbericht. Sachsen. Amtswachtmeister Riedel im Landge richte Wurzen ist seines Amtes entsetzt worden, weil er bei der Entweichung Schmidt's nicht ganz genau seinen Amtspflichten nachgekommen sei. — In Schneeberg ist es zu gröblichen Ex c ess en zwischen Soldaten u. Bergleuten gekommen, erstere zogen wie gewöhnlich die Seitengewehre und machten von ihnen Gebrauch. Berlin. In einem neuen Parole-Befehl ist den Soldaten der. hiesigen Garnison anheimgestellt worden, außer dem Dienste an den Feldmützen die deutsche Cocarde abzulegen, während sie sie im Dienste beibehalten müssen. Eöln, 2. Mai. Heute Nachmittags 5 Uhr, wurde Kinkel und Genossen in dem Prozesse des Siegburger Landwehr-Zeughaus-Sturmes ein stimmig sreigesprochen, und wir theilen unfern Lesern die gewiß nicht uninteressante Rede, welche Kinkel zu seinerVertheidigung hielt, vollständig mit: Meine Herren Geschworenen! Das Verbre chen, dessen ich beschuldigt bin, ist ein politisches und kann nur vom polischen Standpunkte richtig gewürdigt werden. Gestatten Sie mir daher, auf die damaligen Zustände flüchtig zurückzukommen. Ich kann kurz sein, denn auf welcher Seite da mals das Recht, die Ehre und der Patriotismus standen, das hat die Geschichte seitdem gelehrt. Das deutsche Volk batte sich im März 1848 die Volks-Souverainetät errungen. Alle übrigen Rechte find nur Ausfluß derselben. Die freie Presse und das Vereinigungsrecht dient, um den Willen des Volkes zu discutiren, und die Kam mern dazu, ihn zum Gesetze zu erheben. Die allgemeine Volks-Bewaffnung gab zugleich dem Bürger die Waffen in die Faust, nm die Volks« Souveränetät für alle Zeiten zu garantiren. Aber der höchste und klarst« Ausdruck derselben waren die constituirenden Versammlungen in den kleineren deutschen Staaten und in Preußen; als ihre Spitze erschien die für ganz Deutschland nach einem ganz demokratischen Wahlgesetze berufene National« Versammlung in Frankfurt. Im Sommer 1848 hatte eine so ungeheure Majorität in Deutschland die Volks-Souveränetät anerkannt, das man sagen konnte, das ganze deutsche Volk, hege über die oberste Souveränetät der National - Versammlung nicht den mindesten Zweifel. Auch Sie, meine Herren, jetzt meine Richter, haben hieran nicht gezweifelt. Man weiß, mit welcher Mäßigung die National-Bersammlung zu Werke ging. Sie gab dtm deutschen Volke die Grundrechte als Magna Charta und zum Schirmherrn derselben den König von Preußen, indem sie ihn zum Kaiser von Deutschland wählte. — Dieser König hatte am 21. März 1848 die deutschen Farben angenom men und erklärt, sich an die Spitze der deutschen Einheit stellen zu wollen. — Um jene Zeit be fand ich mich als Abgeordneter in Berlin. Die preußischen Kammern bemächtigten sich dieser Frage. Beide Kammern kamen überein, daß Preußen diese Schritte thun, daß es im Fortschritt vorangehen und den Wunsch des Vaterlandes erfüllen müsse. Ich selbst stimmte mit einigen entschiedenen Ge sinnungsgenossen gegen die Annahme der Reichs- Verfassung. Die Erschaffung einer neuen Krone zu den vielen andern erschien mir im neunzehn ten Jahrhundert als ein Anachronismus, und nachdem die Regierung die Kaiserkrone zurückae- wiesen, schien es mir meines Wahlkreises unwür dig zu sein, um die Annahme einer Verfassung zu betteln, welche 16 Millionen Deutsche von dem Vaterlande ausschloß. Aber es giebt im parla« mentarischen Leben Momente, wo man sich freut, das man in der Minorität bleibt. .Und das lpar bei mir nach jener Abstimmung der Fall) Es war in der That damals ein Sieg des rein de mokratischen PrincjpS nicht möglich, aber doch ei«: theilweiser durch fteie Transaction der Parteien;'