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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 25.10.1932
- Erscheinungsdatum
- 1932-10-25
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-193210251
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19321025
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19321025
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1932
- Monat1932-10
- Tag1932-10-25
- Monat1932-10
- Jahr1932
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 25.10.1932
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I- 251. I. Beilage zum Riesaer Tageblatt. Dienstag, 25 Oktober 1 S32, aveiws. 8». Jahr«. »er keiMsltsnÄer vor Hem irsmMerk )s Berlin. Die Obermeistertagung des Berliner und Märkischen Handwerks wurde mit einer kurzen Ansprache des Präsidenten der Handwerkskammer eröffnet, der vor allem dem Reichskanzler für sein Erscheinen den besonderen Dank der Versammlung aussprach. Ter Redner erklärte, Ueberwindung der Wirtschaftskrise durch persönliche, private Initiative als Kernpunkt des AnkurbelungSprogrammS der Reichsregierung finde einmütigen Beifall des Handwerks. Obermeister Lohmann schilderte darauf die Not des Handwcrksstandcs. Der Redner klagte über zu hohe Bet- träge für die Sozialversicherung und verlangte Neuordnung der gesamten sozialen Versicherung unter weitestgehender Einschaltung der berufsständischen Selbstverwaltung. Auch die starre Zivangsbewirtschastung der Löhne und die Gleich setzung des Handwerks mit der Industrie auf diesem Gebiet werbe vom Handwerk als hauptschulbtragender Faktor an seiner Not angesehen, bas die durch die letzte Notverordnung gewährte Auflockerung des Tarifzwanges als ersten, aber bei weitem nicht ausreichenden Schritt begrüße. Schwer ge troffen sei das Handwerk durch die Verkümmerung des Binnenmarktes infolge Verminderung der Kaufkraft des deutschen Volkes, Kürzung der Gehälter, wachsende Arbeits losigkeit. Um wieder hochzukommen, erwarte es umfassende Arbeitsbeschaffung durch weitere Maßnahmen.auf dem Ge biete der Hausinslandsctzung, sowie durch Staats- und Be- hürdenausträge. Obermeister Lohmann wandte sich dann gegen einseitige Unterstütz«»« der Großwirtschaft durch den Staat aus Kosten der steuerzahlenben Allgemeinheit und sprach im Zusammenhang mit Fragen der Osthilfe gegen Bevorzugung der Landwirtschaft zuungunsten des Hand werks. Auch bei der staatlichen Förderung des Genossen schaftswesens fühle sich das Handwerk oft benachteiligt, lieber diese u. andere Einzelfragcn hinaus strebe das Hand werk zu einer befriedeten Berussstandswirtschaft zu kom men, einem Ziel, dem alle seine Forderungen dienten. Das Handwerk rufe — mit felsenfestem Vertrauen zu der lang ersehnten starken und zielbewußten Staatsfiihrung — den obersten Beamten des Deutschen Reiches zu, dem Artikel 184 der Reichsversassung, der Schutz und Förderung des selb ständige» Mittelstandes verspricht, endlich wirkliche« Sinn und Inhalt zu gebe«. Hierauf ergriff der Reichskanzler v. Papen »as Wort zu etwa folgenden Ausführungen: Ich betrachte es als meine Aufgabe, auch vor Ihnen in erster Linie die Grundgedanken der Wirtschaftspolitik der Reichsregierung zu entwickeln. Seien Sie versichert, daß alles» was das Handwerk und den Mittelstand in dieser schwere» Notzeit bewegt und bedrückt, offenes Ohr bei uns findet und «ns Veranlassung gibt, nach Linderung und Ab hilfe zu suchen. Die bisherigen Maßnahmen der Neichsregierung haben sich, bas bars ich wohl erneut feststellen, bisher als richtig er wiesen. Bewährt hat sich vor allem der Grundgedanke der Maßnahmen, in erster Linie die Initiative des Unter nehmertums wieder anzuregen, und den Binnenmarkt, der ia gerade für Hgndwerk und Kleingewerbe entscheidend ist, zu stärke«. Auch die Kritik, die der Wirtschaftsplan auf der Tagung -er Zentrumspartet in Münster erfahren hat, be deutet im Kern nur eine Zustimmung zu den Grundideen unseres Programmes. Wenn man dann allerdings als „Kardinalfehler" dieses Programmes eine angeblich ein seitige Hilfe an die Unternehmer feststellen zu können glaubt, so geht dieser Vorwurf völlig fehl: denn unsere Maßnahmen gelten der wirtschaftlichen Rettung des ge samten deutschen Volkes. Ich möchte auch meinen, daß der Verbesserungsvorschlag, das Steuergutscheinsystem auch auf die Einkommensteuer anszudehne«, technisch undurchführbar und praktisch außerordentlich gefährlich ist. Die Reichs regierung hat sich mit der Frage, ob nicht auch die Lohn empfänger durch Steuergutscheine entlastet werden könnten, sehr eingehend befaßt. Es stehen der Durchführung dieses Gedankens aber unüberwindliche technische Schwierigkeiten entgegen, ja es würden sich nicht zu verantwortende Unge rechtigkeiten ergeben. Bei dem Steuerabzug vom Arbeits lohn kann das Stcuergutscheinverfahren deshalb nicht ange wandt werden, weil der Arbeitgeber unmöglich mit einem etwa unter Pari aufgekauften Steuergutschein den Steuer abzug vom Arbeitslohn entrichten darf, während gleichzeitig dem Arbeitnehmer der volle Steuerbetrug abgezogen wird. Eine Kontrolle solcher Vorgänge ist völlig unmöglich. Aus diesem Grunde mußte auch die veranlagte Einkommensteuer aus dem Steuergutscheinverfahren herausbleiben, weil eine Bevorzugung des Veranlagten, also des größeren Arbeit nehmers vor dem kleineren, unter keinen Umständen zu rechtfertigen gewesen wäre. Die Ausdehnung des Steuer gutscheinverfahrens ans die Einkommensteuer würde dem Arbeitgeber die Möglichkeit geben, mit den Steuergelbern seiner Arbeitnehmer zu spekulieren. Wollte man nun gar weiter solche für gezahlte Einkommensteuer ausgegebencn, doch auf kleine Beträge lautenden Steuergutscheine „unmit telbar im Verbrauch" umsetzen, so würbe man damit durch eine starke Ausweitung der Zahlungsmittel unzweifelhaft eine wirklich begründete Jnflationsgefahr heranfbcschwören. Wenn also Herr Prälat Kaas in Münster in seinen kri tischen Bemerkungen zum Wirtschaftsprogramm der Reichs regierung meint, wir unternähmen „höchst gewagte Experi mente", so glaube ich, daß diese Kennzeichnung weit zutref fender auf den eben geschilderten Vorschlag der Zentrums partei anznwenben ist. Wir wissen, baß unser Plan gewisse Risiken in sich trägt, aber wer nicht wagt, gewinnt auch nicht. Ich begrüße es deshalb, wenn auf der Tagung des ADGB. Herr Abgeordneter Tarnow die Bereitschaft der Gewerkschaften erklärte, dem wirtschaftlichen Teile des Regicrungsplanes die Chance zuzubilligen, seine Branchbar- kekt unter Beweis zu stellen. Denn nur unter der willigen Mitarbeit unseres ganzen Volkes kann bas Werk der Krisenüberwinbung gelingen. Die Zeiten, da man tatenlos beiseite stand, in der von parteipolitischen Rücksichten dik tierten Hoffnung, der andere werde mit seinen Plänen Schiffbruch erleiden, müssen vorüber sein. Ganz zu Unrecht wird der Reichsregierung vorgeworfen, ihre Sorge gelte in erster Linie der Großwirtschaft. Ein solcher Vorwurf verkennt völlig die enge Verflechtung, die alle Zweige der Volkswirtschaft miteinander verbindet. Ge rade die Ereignisse der letzten Jahre haben ja im Osten unseres Vaterlandes zur Evidenz die Schicksalsverbunden heit des deutschen Handwerks mit der Landwirtschaft er wiesen. Hier bringt übrigens die jetzt veröffentlichte zweite Entschuldungsvcrordnung für das Osthilfcgebiet gerade den durch die Entschuldung in Schwierigkeiten geratenen Hand werker- und Handclskreisen eine rasche und fühlbare Er leichterung. Wer von Ihnen, meine Herren, den Westen des Reiches kennt, wird wissen, wie augenfällig Handwerk und Kleingewerbe gerade in der Zeit des guten Geschäftsganges der Industrie und Landwirtschaft reiche Arbeit und Ver dienstmöglichkeiten finden. Das Arbeitsbcschasfungsprogramm wirb aber für die handwerkliche Wirtschaft nicht nur den mittelbaren Nutzen bringen, sondern es werden in Auswirkung des Program mes gewaltige Summen an Aufträgen dem Handwerk un mittelbar zusließen. Die öffentlichen Stellen sind bereits mit der Erteilung beträchtlicher Aufträge vorangegangen. Insgesamt werden von ihnen in den nächsten Monaten öffentliche Arbeiten im Werte von nahezu X Milliarden in Aufträge gegeben werden. Pläne für weitere öffentliche Arbeiten, die in großem Umfange von den Kommunen ver geben werden sollen, sind in Vorbereitung. Mit Nachdruck wird darauf hingewirkt, daß alle betei ligten verantwortlichen Behörden und Stellen bei der Ver gebung dieser Arbeiten, soweit es technisch irgend möglich ist, Handwerk und Mittelstand Heranziehen. Auch die Steuergutscheine und die Reschäftigungsprämie werben dem Handwerk erhebliche Vorteile bringen, die für den Handwerker von entscheidender Bedeutung sind. Die Reschäftigungsprämie wird insbesondere auf die mittleren Betriebe belebend wirken. Gerade beim Handwerk ist eine Möglichkeit zu Neueinstellungcn, besonders für Hausrepa raturen und dergleichen, vielfach gegeben. Ausdrücklich ist bestimmt, daß Anspruch aus die Beschästignngsprämie die Unternehmer sämtlicher gewerblicher Betriebe haben. Da mit werden die reinen Privatbetriebe, insbesondere auch bas deutsche Handwerk, vor den vrivatwirtschaftlichen Betrieben der öffentlichen Hand begünstigt. In diesem Zusammenhang kann ich Ihnen mitteilen, daß die Neichsregierung z. Zt. eine Verordnung vorbereitet, die die Mirtschaftsbetriebe der öffentlichen Hand einer perio dischen Prüfung unabhängiger Stellen unterwirft und eine Einschränkung der vrivatwirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand zum Ziele hat. Grundsätzlich steht die Neichsregierung auf dem Standpunkt, daß die wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand sich auf die Betriebe und Produktionszweige beschränken soll, deren Bedeutung für das Volksganze so groß und deren Struktur so einfach ist, daß sie zentral bewirtschaftet werden können. Weiterhin hat die Reichsregierung eine Reihe von Maß nahmen getroffen, die der besonderen Not des Handwerker standes steuern sollen. Im Mittelpunkt dieser Maßnahmen steht die Bereitstellung von 58 Millionen für die Vor nahme von Hausrcparaturen. Schon jetzt wird von diesen Zuschüssen in sehr großem Umfange Gebrauch gemacht, ob wohl die erforderlichen Durchführungsbestimmungen erst vor wenigen Tagen erlassen worden sind. Nach einer Mit teilung aus Kreisen des Hausbesitzes sind bereits in 10 Tagen Anmeldungen für Reichszuschttne zu Reparaturen an Sausgrundstücken in etwa 250 Orten, im Gesamtbeträge von rund 23 Millionen eingegangen. Die eben von mir erwähßten Durchführungsbestim mungen, meine Herren, sehen ausdrücklich ein Verbot der Schwarzarbeit vor, das bei der hier vorliegenden Begren zung auf ein verhältnismäßig enges Arbeitsgebiet und bei den vergleichsweise einfachen Kontrollmöglichkeiten durch führbar ist. Die Voraussetzungen des freiwilligen Arbeitsdienstes sind so eng umgrenzt, daß ein Hinübergreifen in die Sphäre der Wirtschaft nicht erfolgen wird. Die Reichsregierung hat der Bank für Deutsche Jndustrieobliqationen 58 Millionen Reichsschatzanweisungen zugesührt, die diese in die Lage setzen sollen, längerfristige Kredite an kreditbedürstige Unternehmer, insbesondere des Kleingewerbes, zu geben Im Rahmen dieser Maßnahmen liegt es auch, daß die Neichsregierung bereit ist, den gewerblichen Kreditgenossen schaften als den berufenen Kreditinstituten des Mittelstandes zu Helsen. Die Reichsregierung ist sich der Schwere der sozialen Lasten, die gerade das Kleingewerbe drücken, bewußt Hier wird eine fühlbare Erleichterung erst eintrcten können wenn der Druck der ungeheueren Krise von Deutschland zu weichen beginnt. Meine Herren, ich habe schon öfter betont, daß das schwere Werk, die deutsche Wirtschaft wieder zu heucm Ausl stieg zu führen, vom Vertrauen breitester Volksschichten ge tragen sein muß. Alle Vcrnunstsgriinde sprechen heute da- sür, daß dieses Vertrauen in eine günstigere wirtschaftliche Fortentwicklung wieder gerechtfertigt ist. In den letzten Wochen hat die Besserung der Weltwirtschaftslage ange halten. Der Preisvcrsall der Rohstoffe, von dem der Zu sammenbruch der Weltwirtschaft ausginq, hat, wenn nickt alle Zeichen trügen, sein Ende erreicht. Durch die Beschrän kung der Produktion sind die Vorräte zahlreicher repräsen tativer Güter so stark vermindert, daß die nunmehr wieder ^wendige Wicderaussullnng der Lager zu einer Belebung der Markte und damit zu einer Steigerung der Erzeugung u,',r°n muß Erleichternd kommt hinzu, daß die Gcld- slüsstgkeit ans den internationalen Geld- n. Kapitalmärkten größer ist, als je zu beobachten war. Wenn auch diese Be wegung sich zunächst auf die Gläubiqerländer beschränkt bat so greift sie in der letzten Zeit unverkennbar auch aus Deutschland über. Es hat sich die Möglichkeit ergeben, den Reichsbankdiskont von 5 auf 4 v. H. zu senken Die NcichS- regierung wird sich nach Möglichkeit eine weitere Senkung angelegen sein lassen Dem wird sich schrittweise das ganze Zinsnivcau des Landes anpasscn. Auch der letzte Kredit nehmer kann dann mit einer Verbilligung des Kredits und mit verringerten Produktionskosten rechnen. Ich muß hier eine Behauptung richtigstcllen, die im Wahlkampfe eine gewisse Rolle spielt. Der Negierung wird vorgeworsen, daß sie einen bekannten Warenhauskonzern gestützt und damit gegen die Interessen des Mittelstandes gehandelt habe. Das trifft nicht zu. Die gute, alte Tradi tion des Handwerks geht aber über das rein Wirtschaftliche hinaus. Nein, meine Herren, nur aus innerster Ueber- zeugung, nur aus dem Glauben heraus läßt sich die Auf gabe lösen, ein Volk zu führen. Ich bin zu Ihnen ge kommen, weil ich in den Vertretern des Handwerks etwas anderes sehe, als nur die Vertreter irgendeiner Bevölke rungsschicht. Das Handwerk hat die Eigentümlichkeit an sich, daß es keine Arbeitsmarktpartci darstellt» sondern einen Be rufsstand. Wer die marxistische Idee des Klassenkampfcs ablehnt, wird in der Ausgestaltung der Berufsstände und der Arbeitsgemeinschaft den Weg zur Volksgemeinschaft finden. In diesem Zusammenhang muß ich ein offenes Wort zu den programmatischen Ausführungen des Führers der Zcn- trumspartei in Münstkr sage», den Ausführungen, die mir für eine große und — wie sie selbst immer betont — staats erhaltende Partei ein allzu reichliches Maß von Verneinung enthielten. Der Führer des Zentrums stellt in dem Be streben, seine Partei und das Parlament zu den Vorgängen des 12. September reinzuwaschcn, die Tinge auf den Kops, wenn er behauptet, die Regierung habe eine Aussprache ge scheut und sei dem offenen Kamps mit dem Parlament aus gewichen. Das Gegenteil ist der Fall. Aber es verdient festgehalten zu werden, warum eigentlich der Reichstag sich selbst ausgeschaltet hat. Als der kommunistische Abgeordnete Torgler den Misstrauensantrag auf die Tagesordnung zu sehen versuchte, rührte sich kein Arm in diesem ganzen Hause, um Widerspruch zu erheben und den ordnungs mäßigen Ablauf der Debatte zu gewährleisten. In keinem anderen Parlament der Welt wäre wohl ein solcher Vor gang möglich gewesen. Er ist kennzeichnend für das Maß, mit dein die Parteibürokratie den Parlamentarismus un fruchtbar gemacht hat. Ich habe nie die unentbehrliche Funktion von Ge sinnungsparteien für ein normales politisches Leben ver kannt. Aber es wird Zeit, daß die zur Führung solcher Ge- sinnungsgemetnschast Berufenen endlich einmal die indivi duelle politische Willensbildung wieder Herstellen. Wir sehen unsere Ausgabe darin, unsere sozialen und politischen Einrichtungen wieder auszubauen und zu be festigen, daß eine neue unerschütterliche Grundlage für die Rechte des Volkes gelegt wird. Wenn man der Regierung vorhält, jetzt sei keine Zeit für eine Versassungsresorm — ein so großes Werk müsse man verschieben, bis die deutsche Wirtschaft wieder gefestigt sei — so stellt diese Auffassung die Dinge auf den Kopf. Nein, die deutsche Wirtschaft wird nicht gefestigt werden können, wenn nicht gleichzeitig gefestigte politische Verhältnisse hergcstcllt werden. Und man wird den politischen Verhältnissen keine feste und dauerhafte Ge stalt geben können, wenn man nicht die Fehler beseitigt, die unsere Verfassung in den letzten 13 Jahren gezeigt hat. Eine Verfassung soll dem Volkswissen die Wege weisen zur verantwortlichen Mitarbeit an der Leitung der Geschicke von Staat und Volk. Ter Will: des Volkes kann aber in einem Reichstag keinen Ausdruck finden, der nur einig ist in der Verneinung. Deshalb muß das Volk befähigt werden, seinen Willen nicht nur durch den Reichstag, sondern auch durch seine anderen Vertretungen geltend zu machen: zu ihnen gehören die Berussvertretungeu. Aber neben diesen positiven Bemühungen werden vom Auslande mit beson derer Aufmerksamkeit die Methoden verfolgt, mit denen eine gewisse deutsche Presse den Wahlkamps führen zu müs sen glaubt. Darunter fällt das Geschrei von der bevor stehenden Restauration der Monarchie in Deutschland. Ich möchte nicht den geringsten Zweifel darüber lassen, daß wir niemandem im Auslande das Recht zuerkennen, darüber zu urteilen, welche Staatswrm kür Deutschland die geeignetste sei. Darüber hat allein das deutsche Volk zu entscheiden. Aber ich habe es schon einmal betont und lege Wert daraus, es unmißverständlich zu wiederholen: Wir haben eine solche Fülle von Problemen zu lösen, daß wir froh sind, nns nicht auch noch um Fragen der Staatssvrm sorgen zu müssen. Diese Frage steht nicht zur Debatte. Offene Briese, Ansprachen, Kundgebungen von allen Seiten prasseln heule am die deutsche Oesscntlichkeit her nieder. Ich denke nicht daran, mich mit ihrem Inhalt aus einanderzusetzen. In aller Politik gibt es schließlich nur ein Argument, das ist der Erfolg. Uebcr unsere Ausgabe: Wirt- schaftsproqramm und Versassungsresorm, wird man nicht bis zum 6. November urteilen können. Lassen Sie mich von dieser Stelle einen Blick zurück- wcrscn aus den Weg, den wir in diesen letzten fünf Monaten gegangen sind. Er ist wahrlich nicht arm an Ereignissen und an Arbeit. Er zeigt, daß wir keiner der Ausgaben, deren Lösung von der deutschen Ttaatssührnng zum Teil schon seit Jahren verlangt wird, ausgewickcn sind. Ich muß es als den Gipfel blinder Parteilichkeit bezeichnen, wenn der Führer einer nationalen Bewcgnng aus unwahren Tat sachen dem Ausland Massen gegen die eigene schwerringeude Regierung schmiedet. Ich beklage dieses Verhalten im natio nalen Interesse. Aber auch dieser Dolchstoß wird uns nicht verhindern, den Kamps nm Deutschlands Recht geradlinig sortzusiihren. Im Inneren bat die Regierung alles daran gesetzt, Ordnung, Arbeit und Brot zu schassen. Sie hat die Sonderbestimmungen aufgehoben, die gegen einzelne poli tische Bewegungen galten und bat damit die Gerechtigkeit und die gleichmäßige Behandlung jedes Staatsbürgers wieder hergcstcllt. Gegen den Versuch politischen Terrors hat sie mit drakonischen Maßnahmen durchgcgrincn. Die Parteiherrschast in Preußen ist beseitigt und damit der Weg zur geordneten Staatssührung beschritten worden. Die Regierung hat damit begonnen, den Staatsapparat zu ver einfachen und ihn von parteipolitischen Einflüssen zu rei nigen. Sie hat das Streben der deutschen Jugend zum Dienst an Volk und Vaterland in den Schutz des Staates genommen und ihm ein Betätigungsfeld gegeben. Sie hat den Weg sreigcmacht, um den deutschen Staat wieder mit der Kraft der nationalen Idee und mit den tausendjährigen Wahrheiten des christlichen Glaubens zu erfüllen und sie ist
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