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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 27.03.1907
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-03-27
- Sprache
- German
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070327012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907032701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907032701
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-03
- Tag1907-03-27
- Monat1907-03
- Jahr1907
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BezuqS-Prei- Anzeiqen-Prets bei Z-fieS»»« i»« Ha»« «»«aade L 80 Pf^ «»««abe 8 I «art. Durch »äsen au»- wSrtig« ÄuSgabeftrll« »ad durch die Post bezogen (I «al tSglIch)i»»erdalb Deutschland« monatlich 1 «ark ausichl. Bestellgebühren, für Oefterreich-Uagar» t» L 45 tz vierteljihrlich, di« übrigen Länder laut 8eit»»g«prei«ltfte. M Be^i, «d «arm»»: 3» der -mw». Ettxditi»» ad« deren Ausgabestelle» ab» Diese Sioarma lastet auf «/d 4»k all« vahudüf« mrd bei III ll( I d« kestua»»-Verkäufer» Aetzatttv» «atz «r»e»ttta«r Iotzanut-gafi« 8. Deleph«, «r. Rr. 28^ Ar. 1173. Verltuer AetzaMaus-vurra«: Bali» IM. D Prtu» Louis Ferduumd- ktratze 1. LÄrv dou I, Ar. 9875. Nr. 86. Morgen-Ausgabe 8. MxiWrIagMaü Handelszeitung. Amtsblatt des Nates und des Nolizeiamtes der Ltadt Leipzig. Mittwoch 27. Miirz 1907. die 6 gespaltene Petttzeile iür Geschäfts» Inserat« au« Leipzig und Umgebung 85 Pf, Familie»^ Wohnuuqs- a. Stelleu-Änzeige», sowie An- und BerlLufe 80 Pf, finanzielle «»zeigen 30 Pf, für Inserate von auswärts 30 Pf. ReNameu 75 Pf, auswärts l Mark. Beilage» gebühr 4 Mart p. Tausend exkl, Poslgedübr. GejäiästSanzeigeu an bevorzugter Stelle im Preise erhöht. Rabatt nach Taris. fsür Inserate vom Auslande besonderer Tarif. An»eigrn-Auaahme: AuUNftuStzlatz 8, bet sämtliche» Filtal« u. allen Annoncen« Erpeditionru des In- und Auslandes. Für das Grlchrinen au beUimmten Tagen u. Plätzen wird keine Garantie übernommen. Fejlerteilte Aufträge können nicht zurück gezogen werde». Haupt-Ftltale Berlin . E arlD n » cker,verzgl.Bayr.Hofbuchhandlg., Lützowstraße 10 (Tel. VI. 4603. Filtal-vrve»tttau:TresSen,Marienitr.34. 161. Jahrgang. Var Aicbilgrte vsm Lagt. * Der Kaiser uud die Kaiserin haben in herzlichen Dorten ihrem Beileid be,m Tode de« Professors von Bergmann der Witwe gegenüber Ausdruck verliehe». (S. DtschS. R.) * Der Braunschweiger Landtag verhandelte gestern in geheimer Sitznng über die Regentenfrage und wurde daun hi« auf weitere« vertagt. (S. DtschS. R.) nicht erörtert zu werden. ES würde selbstredend die Lage zugunsten des Zentrums außerordentlich verschieben können Aber auch ein Zusammengehen in der Rheinpfalz allein würde die Zahl der liberalen und bündlerischen Mandate um etwa 8 verringern können, von denen der Löwenanteil den Ultramontanen zufiele. Ob die Sozialdemokraten, wie bis her, auch diesmal für sie arbeiten wollen, wird sich bald zeigen. Auch unter den schwierigsten Verhältnissen können aber die bayerischen Liberalen auf Erfolge rechnen. An Arbeit, das darf schon heute gesagt werden, lassen sie eS nicht fehlen. * Der kommandierende General de« 13. (württembergischeu) Armeekorps General der Infanterie von Hugo tritt in Ruhestand. Al« sein Nachfolger wird der Kommandeur der 29. Division (Freiburg i. B.) General der Infanterie voa Falloi« genannt. * Ul« Mörder der Fra» Roßberg in Gohlis ist der Schuhmacher Naumann verhaftet worden. Er hat die Tat eiugestautzeu. (S. Leip,. Ang.) * Nach einer Meldung der .Ageuce HavaS* hat die französische Regierung ihre Vertreter im Ausland« beauftragt, der» Signatarnrachten der Akte von Al geciras den Beschluß de« französischen Ministerrate« über die provisorische Besetzung voa Udschdazur Kenntnis zu bringe». * Bei de» fi»uischeu Wahlen erhielten Sozialisten und Altfiuaische Partei die große Mehrheit der Stimmen. (S. AuSl.) * Die aufständischen rumänischen Bauern bedrohen Bukarest. (S. d. des. Art.) vir Aablsnrrichte« in vavem. (Bon saserem Münchner Korrespondenten.) Bier Parteien kommen für die Landtagswahlen in De« tracht: Zentrum, Sozialdemokratie, die in der Kammer unter dem Namen »Freie Vereinigung" zusammengeschlofsenen Bündler und Konservativen, endlich, dank der Einigung, der B-loch her Liberalen. Sonst noch daneben vereinzelt it» Wahlkampfe auftretende Gruppen, so z. B. die Anti semiten, sind bedeutungslos. . Bei dem Versuche, ein Bild von den Wahlaussichten zu gewinnen, muh leider der unumstößliche Sah vorausgeschickt werde», daß auch der künftige, aus dem allgemeinen, direkten Wahlrecht hervorgehende bayerische Landtag im Zeichen desAltramontanismus stehen wird. Das Zentrum Wird ohne Anstrengung seine absolute Mehrheit bewahren. Löhnend vermag die Zentrumspresse zu schreiben, daß selbst «n Bündnis aller Parteien daran nichts ändern könnte, »en Grund gibt sie freilich nicht an. Es liegt nicht in der tstneren Stärke der Partei, nicht in der Zahl der Stimmen, welche das Zentrum auf sich vereinigen kann und wird. Es h-t sehr gut gewußt, warum es den liberalen Antrag auf Einführung der Proportionalwahl als ganz undurch führbar, nicht einmal der Beratung wert erklärte; denn mit der Verhältniswahl wäre seine Machtstellung vernichtet ge wesen. Der Grund liegt vielmehr einzig und allein in der im Wahlgesetze selbst sanktionierten, d. h. gesetzlichen Wahl kreiseinteilung, welche die Regierung gehorsam ihrem Herrn, nämlich dem Zentrum, auf den Leib zugeschnitten hat. Die Kunst dieser Wahlkreisgeometrie ist, wie man auch über sie denken mag, bewundernswert. Die Art, wie z. B. Bauernbündler in Niederbayern, Liberale in Schwaben tot geteilt sind, beweist vollendete Meisterschaft. Da« Zentrum wird aber auch von dem Prinzip der relativen Mehrheit profitieren, an dem es gegen alle andern Parteien hartnäckig festhielt. Für diese Betrachtung müssen selbstverständlich etwaige Bündnisse in Berechnung gezogen werden. Hier steht die Frage im Vordergründe, ob die s ch w ar - - r o t e Verbrüde rung wieder zustande kommt. Nach meinen zuverlässigen Informationen ist sie für das diesseitige Bayern ausge schlossen. Es kann hierbei unerörtert bleiben, ob die Zen- tr»mSleitung nach den Erfahrungen bei der Reichstagswahl den Mut fände, ein solches generelles Bündnis einzugehen, der Wille wäre sicherlich vorhanden. Aber er fehlt bei den Sozialdemokraten, die, wie es scheint, sogar lieber mit den Liberalen ein Abkommen getroffen hätten. Anders könnte eS, wenn es zurzeit auch noch nicht sehr wahrscheinlich ist, in der Rheinpfalz kommen. Wenn hier die Sozialdemokraten die Hand des Zentrums wirklich ergreifen sollten, dann wür den sie sich dem Wunsche und Einflüsse jener bisherigen Ab geordneten fügen, die ohne solche Koalition ihres Mandates verlustig gingen. Liberale und Bauernbündler werden sich überall gegenseitig unter st ützen, zumeist, beson ders in der Pfalz und in Franken, sind schon heute Verein barungen getroffen worden. Dabei darf nicht vergessen wer den, daß ein sehr erheblicher Teil der Bündler nur wegen der agrarischen Fragen und Forderungen seinerzeit von den Liberalen abgeschwenkt ist und die Hoffnung auf ihre Rück- kehr in der Znkunft nicht ausgeschlossen erscheint. Unter der Voraussetzung, daß die Sozialdemokraten überall selbständig vorgehen, läßt sich nun die Zusammen- setzung der künftig 1K1 fbiSber 159) Abgeordnete zählenden Kammer wie folgt denken: Die Liberalen werden einige 30, im allerbesten Falle 36—37 Sitze erobern, während sie im letzten Landtag infolge de« schwarz-rote» Bündnisses und einer beispiello« hetzerischen Agitation nur 23 Mandate zählten. Die Bündler könne» mit 19 Mann in ihrer bis herigen Stärke ,»rückkehr«, die Sozialdemokraten steigen von 13 auf 17. DaS Zentrum hätte die Zeche zu bezahlen, — die ihm vorlL » fig nicht sonderlich weh tut. Denn wenn es von seinen 102 Mann auch 10, maximal 15 Sitze verlieren sollte, so bliebe ihm doch noch eine Anzahl Mandate über die 81 betragende absolute Mehrheit. Die Folge« eine« allgemeine« Bündnisse zwischen Sogiakdemokratt» und Zeutru» traschen «ach de» Gch^e» stumönien. Man hatte sich im Laufe der Jahre daran gewöhnt, in der ruhigen gefestigten Haltung Rumäniens einen Hauptfaktor zur Erhaltung deS Friedens auf der sonst so unruhigen Bal» kanbalbinsel zu erblicken. Wenngleich im Jahre 1888 einige Straßenrevolten in Bukarest uud lokale Bauernaufstände aus dessen näherer Umgebung das friedliche Bild geringfügig trübten, so waren diese Begebenheiten nur a!S eine Bojarenmache zu bezeich nen, bei denen Volksleidenschaften im wesentlichen nicht in Frage kamen. Mannigfaltig waren in jeder Beziehung die Reformen, die unter der weisen Führung eine- Hohenzollernfürsten stattfanden. Am gespanntesten war schon immer das Ver hältnis des rumänischen Bauern zum Großgrundbesitz, zu den Bojaren oder deren Pächtern, die vielfach Juden sind. Um dem stellenweise mit der äußersten Anspannung der Kräfte arbeitenden Bauernstands zu helfen, erfolgten von 1889 ab Verkäufe von Staatsdomänen zugunsten der Bauern; das waren aber Tropfen auf einen heißen Stein. Auch mit Schutzzoll wurde gearbeitet, ohne den Kern der bäuerlichen Unterbilanzen zu treffen. Tas erdrückende Gewicht deS Großgrundbesitzes und die Belastung der Bauern blieb die selbe. Da kam im Jahre 1899 nach mehr als halbjähriger Dürre die große Mißernte, und damit ein ganz entschiedener wirt schaftlicher Niedergang der bäuerlichen Kleinbetriebe. Es kommt dazu, daß dem Bauern in jeder Beziehung Kapital und Kenntnisse obgehen, um intensiver wirtschaften zu können. Man kann sogar behaupte», daß es den Bauern in vielen Distrikten gar nicht an Land mangele. Mit dem Hungerjahr 1899 ging naturgemäß eine rapid steigende Ver schuldung Hand in Hand. Da aber die Geldgeber allent halben Juden waren, die stellenweise die Not skrupel los ausnutztcn, so richtete sich dementsprechend der Haß der zum äußersten ausgesogenen Landbevölkerung gegen diese. Zur Ehrenrettung der rumänischen Juden sei erwähnt, daß es unter ihnen eine sehr große Zahl gibt, die in jeder Be ziehung reinliche Geschäfte vollziehen — doch Verschuldung bleibt Verschuldung, auch wenn sie ohne Uebervorteilung eingetreten ist. Der Dampf, der, zur Explosion treibend, sich angesammelt batte, fand auch dieses Mal das Ventil, welches zurzeit in den slawischen Ländern häufig gezogen wird, wie dieS in mittelalterlichen Zeiten auch im übrigen Europa gang und gäbe war. Tie rumänischen Politiker und Spekulanten — und das sind die Hechte im Karpfenteich — brauchten ja nur an dem ihnen opportunen Ventile etwas nachzubelfen. Doch das Quantum des austretenden Dampfes dürfte begrenzt sein, denn die Regierung wird es an dem guten Willen nicht fehlen lassen, die Ordnung wieder herzustellen. Ich glaube, daß die Lebensfähigkeit der Aufruhrbewegung, auch wenn sie sich noch über die Walachei ausdehnt, keine allzu lange sein wird. Ernste Bestrebungen zur kulturellen Hebung des rumä nischen Bauernstandes müssen jedoch in der kräftigsten Form einsetzen, wenn sie nachhaltig zur Geltung kommen sollen; die Grundlagen dazu sind vorhanden. Durch ein ziel bewußtes System hat sich seit 1901 das Staatsbudget stetig verbessert, was sich in den im allgemeinen gestiegenen rumä- nischen Staatsrenten dokumentiert. Auch im übrigen hat sich Handel und Industrie in recht anerkennenswerter Weise gehoben, so daß sich eine Regierung auf wirtschaftlich ver hältnismäßig gut fundierte Unterlagen stützen kann. Es beißt aber, einen nicht leichten Kampf gegen monopolisie rende Bojaren und Großgrundbesitz aufnehmen und Agrar reformen im großen Stil durchführen. K Aus den rumänischen Bezirken Telcorman und Aleran» dria laufen immer schlimmere Nachrichten ein; es soll zu großen Metzeleien gekommen sein. Große Scharen aufständischer Bauern schicken sich an, gegen Bukarest zu marschieren. Die Generale Corniceanu uud Gheorgiu erhielten von der Regierung den Befehl, mit ihren Truppen den Schutz der Hauptstadt zu übernehmen; über viele Distrikte ist der Belagerungszustand verhängt, c - * Der Rücktransport von Flüchtlingen nach Jtzkani schreitet fort; gestern sind mehr als 800 heimbefördert worden. Die Lage ist jetzt etwas ruhiger. In Mihailem herrscht volle R»he. Das Gendarmerieanfgedot in Synoutz ist entbehrlich geworden und wurde deshalb zurückgezogen. Telegraphisch wird weiter gemeldet: Frankfurt a. M-, 26. März. Wie die „Frmckf. Ztg." ans Bukarest meldet, herrscht i» d« Bezirke» Temeorua »ad Wlaschka völlige Panik. Die Bauer» verwüst« und zerstvre» alle- uud morde» jeden, der sich ihn« in d« Weg stellt. Die Betroffenen sind nicht Juden, sonder» christliche rumänische Gutsbesitzer und Pächter. Jener Teil der BevSkstrnug, der sich au de« Ausstand« leicht beteiligt, befindet sich im Zustande der BerP»eiflnng. Bakarrst ist von geflüchtet« Gutsbesitzer» »ad Pachter» llberiüüt. Die Flüchtig« schildern die Z-stflude al« fürchterlich. Di« Baue« drr,«u und mord«. De« GaiSbefitzera uud Pächtern wurde» die Ringe von den Finger» gezoge» »nd, wo dies nicht ging, ward« die Finger abgeh«»«. Alle« Getreide in deu Schein« neard« verbrannt. Der Schad« beziffert sich auf Millionen. Da« Gerücht, daß die Petroleum- selber in Flamm« stund«, ««mist sich al« unrichtig. Ma» hofft, daß tu diese» LandeSteU« keine Ruhestörung« vor» ko»»« werd«. I» Alexandri« herrscht jetzt Ruhe; aber st» tzem yuitz« Bezirke lodert di» Flamme des «ufrntzr«. Die Lage in der Walachei ist »och immer äußerst kritisch. DaS Militär schreitet energisch ein und kümvit überall mit großem Mute. Besonders zeichnen sich die Offiziere aus. In dem Dorfe Bogen, einer kleinen Ortschaft in der Moltau fand« gestern Zusammenrottungen statt; nachdem ein Gutshof ver wüstet worden war, griffen die Bauern ein Wirtshaus an, dessen Eigentümer ein Jude ist. Da? Wirtshaus sowie mehrere lüdssche Geschäfte wurden zerstört. Die Ruhe ist vom Militär wieder hergestellt worden. Bei Moman haben Bauern iu dem Dorfe Tripesti den Gutshof eines Rumänen an gegriffen; sodann schickten sie sich an, das Wirtshaus, das einem iüdisw« Pächter, der rumänijcher Bürger ist, gehört, zu stürmen. Die Bauern wollten die Weinfässer öffnen, konnten jedoch nicht in den Keller eindringen, da der Wirt dort große Mengen Schwefel angr- zündet hatte, dessen Dämpfe die Plünderer am Eindringen verhinderten. Ter Besitzer des Wirtshauses und fein Sohn stellten sich den Auf rührern mit Revolvern entgegen. Bier Baue« stürzten verwundet zu Boden, worauf die übrigen die Flucht ergriffen. Allgemein wird die Lage dahin aufgeiaßt, daß Hoffnung besteht, der Auf- stand werde dank dem energisch« Eingreifen der Regierung nicht weiter um sich greis«. Var kirenbadn-Lenttalaitil. Am 1. April tritt das vom Eisenbahnminister Dreitenbach geschaffene Eisenbahn-Zentralamt in Tätigkeit. Die Ge schäfte des Zentralwagenamtes in Berlin gehen demzufolge zum großen Teil am 1. April auf das Eisenbahn-Zentralamt über, welches mit ausführlichen Gefchäftsanweisungeu für die Behandlung der Angelegenheiten des Güterwagendienstes versehen worden ist. Bei dem Interesse, welches unsere In- dustriebezirke d:m Eisenbahn-Güterwagendienst und -Ver kehr entgegenbringcn müssen, seien die 88 2.4,5 und 6 dieser Geschäfksanweisung hier mitgeteilt: 8 2: (1) Das Eisenbahn- Zentralamt ist neben den Eisenbahndirektionen zur Ueber- wachung des Wageuumlaufs im Bereiche des Staatsbahn- Wagenverbandes berufen. Es hat sich über die Verkehrs verhältnisse und die Art ihrer Befriedigung innerhalb des Verbandes dauernd unterrichtet zu halten. (2) Zu diesem Zwecke ist es insbesondere befugt: u. Auskunft über die Ge staltung des Fahrplans und über das Einlegen und den Aus fall von Zügen, die für die Wagenversorgung von Wichtigkeit sind, zu verlangen, b. Nachweise über die zu Mangelszeitcn erstatteten Standgelder einzufordern, o. Oertliche Er hebungen über die Meldung, Verteilung, Bewegung und Ausnützung der Wagen, sowie über besondere, für die Zwecke des Wagendienstes wichtige Bktriebseinrichtungen vor-u- oehmen. ck. Anregungen zur Verbesserung des Wagen- umlaufS zu geben. (3) Von den beabsichtigten örtlichen Er hebungen hat das Eisenbahn-Zentralamt den Eisenbahn- direktionen zwecks Beteiligung, soweit angängig, telegraphische Mitteilung zu machen. (4) Zu einem unmittelbaren Ein greifen in oen Tienstbetrieb sind die Beamten des Eisenbahn- Zentralamtes nicht berechtigt. Vorgefundene Mißstände sind zur Kenntnis der zuständigen Eisenbahninspektion oder Eisenbahndirektion zu bringen und geeignetenfalls mit vor zutragen. (5) Soweit cs sich um Anregungen von Wichtig keit bandelt, haben die Eisenbahndirektionen dem Eisenbahn- Zentralamt von dem auf Grund der Anregungen Veranlaß ten Mitteilung zu machen. (6) Von allen größeren Betriebs störungen, die für die Wagenversorgung von Wichtigkeit sind, werden die Eisenbahndircktionen dem Eiscnbahn-Zentral- amte telegraphisch Mitteilung machen. 8 4: Das Eisenbahn- Zentralamt ist befugt, die Abgabe von Wagen trotz eigenen Bedarfs und die Zuführung der verfügten Wagen mit Sonderzügen anzuordnen. 8 5: Die Regelung des Melde wesens allgemeine Anordnungen über die Absendung und den Lauf leerer Wagen, die Einrichtung und Abgrenzung von Nnterverteilungsstellen im mittleren Verteilungsbezirk bedürfen des Einverständnisses des Eisenbahn-Zentralamtes. 8 6: Das Eisenbahn-Zentralamt erledigt die Anträge und Beschwerden der Verkehrtreibenden in den der Zuständigkeit deS Zentralamts und des Hauptwagenamts unterliegenden Angelegenheiten und tritt wegen Einholung von Auskunft mit den Verkehrtreibenden in Benehmen. Vie H«Z5»reit«ngen «er englischen frauenbewegung. (Von unserem Londoner L.-Korrejpondenten.) Die Ausschreitungen der englischen Frauenbewegung und die sittlichen Gefahren der mit ihr verbundenen Agitation werden durch nichts besser beleuchtet, als durch eine kleine Episode, die sich gelegentlich der Verhandlung gegen 75 Sussragists vor dem Westminsterpolizeigericht abfpielte. Unter den wegen des jüngsten Weibersturmes auf daS Unter haus Verhafteten befand sich auch eine ganze Anzahl halb wüchsiger Webermädels aus den traurigsten Armeleute distrikten in Lancashire. Es ist schon länger bekannt, daß unter den allerdings sozial schwer bedrückten Frauen dieser arg zurückgebliebenen Bezirke die Frauenbewegung einen an Wahnsinn grenzenden Fanatismus grobgezogen bat. Be reits bei den Suffragist-Demonstrationen im Dezember waren Weberfrauen, mit ihren Bewies im Arme, nach Unter schlagung des wöchentlichen Wirtschaftsgeldes nach London teils gefahren, teils gewandert, um gegen die Sklaverei der Frau erschütterndes Zeugnis abzulegen. Seit jener Zeit ist rn Parlamentarierkreisen der Gedanke ventiliert worden, diese Lancaster-Suffragists vor der Barre des Hauses er scheinen und ihre Sache plädieren zu lassen. Es würde sedenfallS eine sehr wirksame Anklage gegen das herrschende System werden, aber aus allgemein st>zialpolitischen und nicht aus wahlrechtlichen Gründen. Die bloße Erscheinung dieser meist hübschen, graziösen und temperamentvollen -Lancashire LassieS , die,aber von Entbehrung und Ueberaroeit degene riert sind, wäre allein schon em m Herzen dringendes Argu ment. Das erste von den im Westminsterpolizeigericht er scheinenden Mädchen, eingewickelt in ihren typischen Baum wollenschal, reichte kaum bis zum Brustgitter der Anklage bank. Die Lassie war noch nicht 17 Jahre alt und stammt auS Huddersfield, wo aus wiedergebrauchtcn Garnen die Ge webe für die billigste männliche Fertiggarderobe in Riesen fabriken hergestellt wird, und die Arbeiterschaft ein recht elendes Dasein führt. Nun entspann sich folgender Dialog zwischen dem .gütigen Richter" Horace Smith und dem MädKe». .Sie find ia nur ein Kind, verstehe» Sie? Wer bat Sie von Huddersfield weolaufen lassen?^ — .Oh, eine Menge!" — -Ach Gott, ach Gott! Sie gehörten von recht«- wegen m die Schule! Es ist wirklich erschutterud!" — .Meine Mutter körnte nicht selber kommen. Da bi» ich für sie und meine Schwestern gekommen." — .Sie sollten mit Ihrer Mutter gekommen sein!" erklärte der Richter mit zorn bebender Stimme. .Der Gedanke ist schrecklich, daß solch ei« kleine« Diog allem in London« Straßen herumlauft. Haben Sie irgendwelche Freunde hier?" — Das Mädchen wendet sich zu den übrigen Sussragists und erwidert: „Eine Menge." Hierauf erwidert der Anwalt der Suffra gist s: „Wird sie zurückgehen? Ich glaube nicht, daß es Sinn hat, diesen Weibern zu helfen. Ich glaube es wirk lich nicht!" Der „gütige Richter" aber fragt in seinem mil desten Tone weiter: „Willst du nach Hause gehen, mein Kind?" — Die Lassie lacht: „Ich möchte nicht wieder zurück." — „Aber du kannst doch nicht dein Lebenlang in London bleiben!" — „Ich will, solange die da (die Sussragists) mich haben wollen. — Nun aber wird sogar Mr. Smith böse: „Ich wiederhole, dies ist eine Schmach. Das Publikum sollte hiervon Kenntnis nehmen. Hier haben wir ein junges Mädchen von 17 Jahren, das nach London gelockt und in Londons Straßen „los" — („los" heißen auf Englisch gewisse Frauen) gelassen wird, um mit der Polizei in Konflikt zu kommen. Dos ist eine Schmach für jedermann, den es an geht. Sie bleibt für acht Tage in Untersuchungshaft, uud ich werde mich mit ihren Eltern in Verbindung setzen." Diese Szene bedarf keines Kommentars. Sie spricht Bände. Und die Figur der „Lancashire Lassie" könnte als Vignette vor die Geschichte der Stimmrechtsbewegung der englischen Frauen gesetzt werden. Glücklicherweise aber auch vor eine Geschichte der „guten Richter" der Londoner Polizeigerichte. Deutsches Keich. Leipzig, 27. Marz. * Zum Tatze Bergmanns. Nach dem .Rheinischen Kurier* hat daS Telegramm des Kaisers an die Witwe deS Geheim rats v. Bergmann folgenden Wortlaut: .Im Begriffe, Mich nach dem Befinden Ihres Gatten zu erkundigen, von dessen schwerer Erkrankung Ich erst soeben Kunde erhalten habe, empfange Ich die Meldung Ihres Sohnes voa der erschütternden Tatsache des bereits eivgetretenen Todes. Von Herzen spreche Ich Ihneu «nd den Ihrigen Mei» wärmstes Beileid au- zu dem schweren Verluste, an dem Ich lebhaftesten Anteil nehme. Welches Maß der Anerkennung, Dankbarkeit und Liebe ihm für sein unermüdliches Wirken uud Schaffen als Arzt, Lehrer und Forscher voa der Mitwelt ge zollt wird, hat der Verewigte noch jüngst bei der Dollen- düng seines 70. Lebensjahres erfahren dürfen. Seine Lebensarbeit sichert ihm aber auch bei der Nachwelt deu unvergänglichen RuhmeSkranz und einen Ehrenplatz in der Geschichte der Chirurgie. Neben seinen großen Verdiensten in Kriegs- uud Friedenszeiten gedenke Ich mit besoaderer Wärme und Danlbarkeit der treuen Dienste, welche der teuere Entschlafene Mir uud Meinem Hause als Arzt und Mensch geleistet hat. Gott der Herr tröste Sie in diesen schweren Tagen und Stunden. Wilhelm I. R." Die Kaiserin telegraphierte an Frau Gebeimrat v. Bergmann: .Ergriffen durch die Nachricht von dem so plötzlich« Hinjcheiden Ihres teueren Gatten sprech: Ich Ihneu, liebe Frau v. Bergmann, und Ihren Kinder» zu dem unersetz lichen Verluste, deu Ich tief mit Ihnen empfinde. Meine innigste Teilnahme aus. Gott stehe Ihnen bei! Auguste Viktoria." Die Großherzogin von Baden sandte ebenfalls ein iu warmen Worten gehaltene« Beileidstelegramm. Dasselbe Blatt erfährt, die Senerung der Leiche habe eine Knickung mit Verwachsung des Dickdarmes mit anschließender Bauch fellentzündung ergeben. Die Meldung von einem Krebs sei also nicht richtig. Die Leiche wirb heute nach Berlin übergeführt werden; die Beisetzung wird voraussichtlich am Karfreitag ia Potsdam erfolgen. * Die Vörsengesetznovellc. Mit saurer Miene bestätigt die .Deutsche Tageszeitung", daß die Einbringung des Ent wurfs sicher bevorsteht, aber sie glaubt versichern zu können, daß der Reichstag sich erst im Herbst mit der Angelegenheit beschäftigen wird. Die Verzögerung sei daraus zurückzu führen, daß man nun vollkommen entschloffen zu sein scheint, der Börse noch mehr Zugeständnisse zu machen, «IS in der Vorlage ent halt« waren, die der letzte Reichstag in der KomnmsionS- beratung erledigt hatte. Hätte man diesen Entwarf un verändert wieder einbringen wollen, so wäre die Ein- briagung ohne Zweifel bereits jetzt erfolgt oder stünde doch unmittelbar bevor. Die Abänderungen aber, die mau für nötig und wünschenswert erachtet hat, erfordern einige Zeil. Dies« für das börsenfeindtiche Organ unangenehmen Meldungen fügt die .D. TageSztg." hinzu: Wir möchten diesen Mitteilungen gegenüber nochmal» hervorhebeu, daß eine Vorlage, die der Börse noch mehr Zugeständnisse macht, auf Annahme im Reichstage kaum zu rechn« haben wird. Es würde schon fraglich gewesen sein, ob der alte Entwurf vom Reichstage angenommen Word« wäre, insbesondere da das Zentrum nicht die mindeste Neigung zu haben scheint, bei der sogenannten und angebliche« Börsenreform mitzumachen. Je weiter man der Börse «tzegenkommt, um so fraglicher wird da« Schicksal deS Entwurfs. Der Reichskanzler ist viel zu klug und viel zu gut über die Stimmungen unterrichtet, als daß er daS nicht wissen oder vorauSseh« sollte. Deshalb geben wir immer noch die Hoffnung nicht auf, daß er sich nicht zu einem Versuche drängen lassen möge, der für die gesamte innere Politik von höchst bedenklichen Folgen sein könnte. Der Zaunpsahl, mit dem hier dem .agrarischen Reichs kanzler" gewinkt wird, ist derb genug. Die Dinerrede beim LaodwirtschastSmahl hat also nichts genutzt. Ob Fürst Bülow daraus etwa» anderes les« wird al« den Ehrgeiz' der .agrarische Reichskanzler" zu heißen? l» Unsere MarineattachS« i« Ausland. Es ist selbst- verstö«^lich, daß unsere Marinoattaches im Ausland mit ihren Gebührnissen nicht Auskommen können. Wir haben 6 Marinoattaches im Ausland, welche den verschiedensten Chargen angeboren. In Paris ist es ein Konteradmiral.
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