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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 23.05.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-05-23
- Sprache
- German
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070523029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907052302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907052302
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-05
- Tag1907-05-23
- Monat1907-05
- Jahr1907
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Der Kaiser unternahm gestern nachmittag von Cadineu aus einen Ausflug nach Frauenberg und besichtigte dort unter Führung des Bischofs Dr. Thiel den Dom. ErinncruugStafcl für Kaiser Wilhelm. Der Präsident der vorjährigen MailänderAuSstellung, Senator Mangili, der Präsident der Preisjury, Senator Colombo, und Graf Iacini werden sich in den nächsten Tagen nach Berlin begeben, um Kaiser Wilhelm eine pracht volle, in Gold und Silber getriebene Erinnerungs tafel zu überreichen, die das Komitee dem Monarchen zum Dank für seine wirksame Unterstützung der Ausstellung ge widmet hat. Prozetz Pöplau. Iu der neuen Verhandlung im Prozeß Pöplau, die morgen vor der 3. Strafkammer des Berliner Landgerichts! beginnt, sind von dem Angeklagten der Reichskanzler Fürst Bülow, Staatssekretär Dernburg, Geh. LegationSrat Holstein, Gouverneur Dr. Seitz, sowie die Abgeordneten Arendt, Bebel, Rören und Erzberger geladen. Unter den übrigen Zeugen wird sich diesmal auch der Geheime expedierende Tekretär Schneider befinden, auf dessen Vernehmung der Angeklagte das letzte Mal so großen Wert legte, der aber damals seines leidenden Zustandes halber nicht vor Gericht erscheinen konnte. Der Streik der Seeleute. AuS Hamburg schreibt unser U-Korrespondent: Der Streik wird wahrscheinlich, wenn nicht in den nächsten Tagen eine Einigung erzielt wird, ungeheure Dimensionen annebmen, da nach dem Ausbruch des Streiks in Hamburg auch die Seeleute in Bremen, Bremerhaven, Geestemünde und Norden ham sich mit den Streikenden solidarisch erklären werden. Dann befinden sich die Seeleute in Flensburg, Kiel, Apenrade, Tönning, Lübeck, Schleswig, Rendsburg, Memel, Königsberg und Danzig im Streik. Mit Ausnahme von Rostock und Wismar, wo die Reeder die Forderungen bewilligt haben, befinden sich dann die Seeleute fast aller deutscher flcäfen im Ausstande Daß dieser Massenstreik für die deutsche Schiffahrt, insbesondere bei der jetzigen Hochkonjunktur und der starken Auswanderung nach Amerika einen schweren Schlag bedeutet, bedarf wohl keiner näheren Ausführung. — Aus Bremen meldet uns ein eck-Privattelegramm: Der Nordd. Lloyd hat durch Anschlag bekannt gegeben, daß die Monats heuer um 5 -4k erhöbt worden ist. Die hiesigen streikenden Seeleute haben für Freitag eine Versammlung anberaumt. In dieser soll eine aus aktiven Seeleuten bestehende Kom mission gewählt und iu neue Verhandlungen eingetreten werden. — Weiter wird aus Hamburg telegraphiert: Zur Aufnahme der nach Hamburg unterwegs befindlichen See leute liegt der Dampfer „Anchoria" der Hamburz-Amerika- Liuie als Logierschiff auf der Unterelbe bei Brunshausen bereit. Im Hamburger Hafen wird der Dampfer „Aslean Woermann" zur Aufnahme von arbeitswilligen Seeleuten hergerichtet. An Bord dieses Schiffes wird auch ein An musterungsbureau eröffnet. Ter Kampf im Berliner Baugewerbe. Zur Aussperrung im Baugewerbe wird berichtet: Die gestrige Kontrolle der Bauarbetterorganisationen ergab, daß die Aussperrung nicht in vollem Maße erfolgt ist. Nach den Feststellungen der Maurer- und Bauhilfsorganisationen sind nur etwa zwei Drittel der Mitglieder ausgesperrt. Der Vorstand der Zimmerer gibt an, daß nur ein Drittel seiner Mitglieder von der Aussperrung betroffen sei. Es ist anzu nehmen, daß sich die Zahl der betroffenen Bauarbeiter noch vergrößert, wenn heute die Arbeit auf den Bauten nieder gelegt wird, auf denen die Aussperrungen erst teilweise vor genommen worden waren. Kaiserrcisc nach Oesterreich Wie in Wiener Hofkreisen verlautet, hat Kaiser Wilhelm gelegentlich der letzten Anwesenheit des Erzherzogs Franz Ferdinand in Berlin diesem gegenüber den Wunsch geäußert, den Kaiser Franz Joseph bei dessen 60jäbrigem Regierungs jubiläum im nächsten Jahre persönlich seine Glückwünsche zu überbringen und sich zu diesem Zweck nach Wien zu begeben. Tie amerikanische Tariffragc. Das Tariskomitee der National Association of Manufac- turers hat die Mitglieder der Bereinigung über ihre Stellung zu der Frage der Zolltarisrevision befragt. 55 Proz. der Mitglieder sprachen sich für eine möglichst baldige Tarif revision und für die Eröffnung von Unterhandlungen zum Abschlüsse von Gegenseiiigkeitsverträgen aus. Das Taris komitee Hal in diesem Sinne bei der Bereinigung Resolu tionen eingebracht, über die iu der gestrigen Sitzung der Vereinigung eine heftige Debatte geführt wurde, die jedoch mit der Annahme der Resolutionen endete. Aussöhnung mit Raifuli in Sicht. Der Kaid Henry Macleau wird sich heute nach Fez be geben, um über die Bedingungen des Raisuli zu gewährenden Pardons zu verhandeln. politisches. Mitteleuropäischer WirtschaftSvcrei n. Die Geschäftsleitung deS Mitteleuropäischen Wirtschafts vereins in Deutschland (Sitz in Berlin) hat die erste ordent liche Generalversammlung des Vereins auf den 27. d. Mts. nach Dresden einberufen. Die Aufgaben und Ziele dieser neuen Bereinigung sind im H l der Satzungen dahin zusammengesaßt, daß sie „unter unbedingter Ablehnung aller wie immer gearteten politischen Ziele bezweckt, die öffentliche Aufmerksamkeit und die der Regierungen auf solche wirtschaftliche Gegenstände zu lenken, hinsichtlich deren die mitteleuropäischen Staaten nicht einander widerstreitende, sondern übereinstimmende Interessen haben. Eine Antastung des wirtschaftlichen Selbstbestimmungs rechtes der einzelnen Staaten bleibt dabei ebenso außer Be tracht wie Las politische Gebiet". Die Vereinigung geht davon aus, daß das Gedeihen der Staaten in höherem Maße sicher gestellt werden könne, als jetzt, wenn gewisse Materien deS WirlschaftSwesens und WirtschaftS- rechts gleichmäßig geregelt würden, wenn cinzelstaat- liche Einrichtungen auch andern Staaten dienstbar ge macht würden, wenn auf die speziellen Verhältnisse der beteiligten Volkswirtschaften bei Vereinbarungen über Zölle, Eisenbahntarise ulw. wechselseitig besondere Rücksicht ge nommen und die auf diesen Gebieten vorhandenen Möglich keiten zum Gegenstände dauernder Bearbeitung gemacht würden. Schließlich ist daran gedacht, daß bei Verhand lungen mit dem ferneren Auslande, wo dies ersprießlich, im Einvernehmen vorgegangen und für Schlichtung internatio naler Streitigkeiten auf dem Gebiete deS WirtschaftS-, ins besondere des Zollwesens, Vorsorge getroffen werden könnte. D'e Vereinigung will hiernach Bestrebungen fordern, durch die der fortschreitend friedlichen Annäherung der Völker untereinander, von Mitteleuropa ausgehend, der Weg ge ebnet werden kann. Sie soll somit alles andere sein als etwa eine Kampforganisation, die ihre Spitze gegen fremde Staaten richtete. Gemeinwirtschastlichen Interessen will sie dienen und daneben Vorsorge treffen „für Schlichtung etwa entstehender internationaler Streitigkeiten aus dem Gebiete des Wirtschaftswesens". Die Bildung verwandter Gruppe« in anderen Ländern, zunächst des europäischen Kontinents, ist angebahnt. In Oesterreich nnd Ungarn sind solche Gruppen schon gebildet. Es ist zu hoffen, daß dies einen Ausgangs punkt zu fortschreitender Verständigung auch über die Meere hinaus bilden wird. In der Tagesordnung der bevorstehenden Dresdner Tagung findet dieser Charakter des Wirtschafts vereins entsprechenden Ausdruck. Kommerzienrat Leo Boßen» Aachen wird über Eindrücke und Ausblicke von einer Welt reise, Geh. Justizrat Professor Dr. Rießer-Berlin über Scheckverkehr und Scheckrecht sprechen. Die angedeuteten Ziele und Perspektiven haben nicht nur den Sächsischen Behörden gestattet, die erbetene Teilnahme an dieser Ver- a:. lattung zuzusagcu, sondern haben auch, wie wir hören, den König bewogen, sein Erscheinen zu der VortragSver- sammlung in Aussicht zu stellen. « * Militärische Ernennungen. Das „Militärwochenblatt" veröffentlicht eine große Zahl weiterer militärischer Er nennungen und Beförderungen. Die wichtigsten seien tm nachstehenden mitgeteilt: Zum Generalfeldmar schall wurde ernannt: Prinz Arthur von Großbritannien uns Irland, Herzog von Connaughl, Chef des Husarcn-Rc- gimenls „v. Zielen" (Brandenburgisches! Nr. 3. — Zu Generalobersten wurden befördert: General der In fanterie v. Lindequist, Generaladjutant und General inspekteur der dritten Armecinspektion; General der Kaval lerie Edler v. d. Planitz, Gencralinspekteur der Kavallerie, ist mit Pension zur Disposition gestellt. — Herzog Johann Albrecht zu Mecklenburg zum General dn Kaval lerie. — Wilhelm Ernst, Großherzog von Sachsen, Friedrich Franz IV., Großherzog von Mecklenburg-Schwerin, Fried rich !!., Herzog von Anhalt, Ludwig Prinz von Battenberg und Generalmajor Graf v. Hohenau zu Generalleutnants befördert. — Den Charakter als Generalleutnant erhielten: Heinrich XXVII., Erbprinz Neuß j. L., Herzog Fri^irich zu Schleswig-Holstein-Sonderbnrg-Glücksburg und Prinz Adolf zu Schaumburg-Lippe. — Herzog Ernst Günchch: zu Schleswig wurde zum Generalmajor befördert. eck. Kultusminister und Lehrermangel. Aus Duisburg meldet uns ein Privattclegramm: Infolge der wie gemeldet vom Kultusminister generell auf Grund des Bremserlasses verweigerten Erhöhung der Lehrergehälter für das Ruhr gebiet hat der Lehrermangel im Ruhrgebiet bedenkliche Di mensionen angenommen. Zurzeit sind 280 Lshrerstellen nicht besetzt. Davon entfallen auf das 60 000 Einwohner zählende Hamborn allein 50 freistehende Lshrerstellen. Eine Imme diateingabe der größeren Ruhrgemeinden an den König ist in Vorbereitung. 8Ü. Thüringer Städtctag. Am 28. Juni und fönende Tage findet in Nordhausen der Thüringer Städtetag statt. Die Tagesordnung steht u. a. Beratungen über folgende Punkte vor: „Beitritt zu dem Antrag des Hessischen Städte tags, betr. die Inanspruchnahme der Gemeindebehörden zur Zustellung von Briefen, Ladungen usw. für die staatlichen Verwaltungsbehörden, sowie zur Zustellung von Gestellungs- bcfehlen, Kriegsbeorderungcn usw. für die Militär behörden." „Die berufliche Ausbildung der Polizeicxekutiv- bcamtcn durch Polizeischulen bzw. Errichtung einer solchen Schule." „Antrag des Magistrats Langensalza, dahin zu wirken, daß in Zukunft die deutsche Reichsangehörigkeit in allen deutschen Staaten zum Erwerb des Gemeindebürger rechts genügt." „Welches ist die vorteilhafteste und billigsre Beleuchtungsanlage für eine Kleinstadt?" „Wasserver sorgung der Städte durch Talsperren." „Straßenrernignng durch die Gemeinden." * 16. Verbandstag der Hirfch-Dnnckerschen Gewerk- bereise. In der gestrigen Sitzung beschäftigte sich der Ver bandstag der Deutschen Gewerkvereine weiter mit der Be ratung des Entwurfs avwes Programms der deutschen Gewerkvercine. Ziegler (Kölns bc- riebtctc über die Grundsätze für d:e gemmken w Et Köstlichen Verhältnisse. Der vorge'egtc Programmentwurf fordert hierzu obligatorische Einfühmmg von Fortbildungsschulen für jugendlich' Arbeiter beiderlei Geschlechts bis zum vollendeten 18. Lebensjahre und Verlegung der Unterrichtsstunden im die Tageszeit. Für jugendliche Arbeiterinnen wird die obliga torische Einführung von .Hanshaltungsschulon gefordert. Ferner wird verlangt obligatorische Einführung von Feuilleton. Newton. r Ich weist nicht, als was ich der Welt dereinst er scheinen werde: aber ich selbst komme mir nur wie ein 6 am Meeresstrandc spielender Knabe vor, der zu seiner ) eigenen Unterhaltung hier nnd da einen glatteren » Kieselstein oder eine schönere Muschel als gewöhnlich findet, während der grostc Ozean der Wahrheit ganz ' uncntdeckt vor seinen Blicke» liegt. Oie meisten Raturforscher pflegen heute als Philo sophie einen 150 Jahre alten Materialismus, dessen Unzulänglichkeit nicht nur die Fachphilosophen, sondern alle dem philosophischen Denken nicht zu fern Stehen den längst durchschaut haben. Bald wird wohl nie mand mehr daran denken, die psychischen Erscheinungen auf Bewegung der Atome zu reduzieren, das Bewustt- > sein durch einen besonderen Stoff, durch eine eigene ) Qualität oder Energieform zu erklären. E. ONach. Dem bei Bebrüder Paetel erschienene» Buch I. Rein les: ! .Die Natur und wir" enlnoannen. V0N LinNL. (Geboren um 23. Mai 1707.) Von Paul Seliger (Leipzig). Wie zu allen übrigen Zweigen der Naturwissenschaften, so hatte Aristoteles auch zur Botanik den Grund gelegt; doch sind seine botanischen Schriften verloren gegangen. Sein Schüler Theophrastos beschrieb etwa 500 Pflanzen arten unb gab in rein philosophischem Geiste Betrachtungen über das Wesen und die Entstehung der Pflanzen. Kratcas, der Leibarzt des Mithradates, gab einer Beschreibung der ossizincllen Pflanzen sehr ins einzelne gehende Abbildungen bei, die wir, allerdings in später verdorbenen Umzeichnmngen, besitzen. Das maßgebende Werk jedoch, das bis weit über das Mittelalter hinaus große Verbreitung und Wertschätzung gefunden und namentlich als Grundlage der zahlreichen Herbarien oder Kräuterbücher gedient hat. war das Werk des griechischen Arztes Dioskoridcs aus Kilikien, aus dem ersten Jahrhundert nach Christus, das nahezu 600 Pflanzen für den medizinischen Gebrauch aus zählt. Gleichzeitig, aber unabhängig von Dioskoridcs, schrieb Plinius der Aelterc in seiner Naturgeschichte mehrere Ka pitel über die Pflanzen, die auch er vornehmlich als Arznei mittel betrachtet. Im zwölften Jahrhundert entstand dann der ,Maeor Iflorickus", ein Gedicht, das 2269 lateinische Hexameter zählt und in 77 Kapiteln ebensoviel« Pflanzen vom medizinischen Standpunkte aus behandelt. Es wurde im 13. Jahrhundert ims Deutsche übersetzt und hat sich lange Zeit großer Beliebtheit erfreut, Obgleich es ganz aus den <vchriften der Alten beruhte. Dagegen lie^t in der „phrsivn" der heiligen Hildegard eine sehr auSgiebjM Pslangenliste vor, zu der außer den einschlägigen Partien der „Orixiacs" des Jsidorus von Sevilla (einer Art Enzyklopädie aus dem Anfänge des siebenten Jahrhunderts, die eine Menge der wichtigsten Notizen über das Altertum, zunächst das römische, enthält), eine Benutzung literarischer Hilfsmittel nicht nach weisbar ist. Hildegard hat ihr beilbotanisches Wissen nicht aus Dioskoridcs, sondern hauptsächlich aus ihrer eigenen Praxis, aus der Volkstradition und aus dem Verkehr mit Knäutersammlcrn geschöpft. Einen ganz ungeahnten Aufschwung nahm die Botanik im 13. Jahrhundert durch Albert den Großen. Seit Aristoteles, dem Schöpfer der wissenschaftlichen Botanik, war dieselbe immer tiefer gesunken. In Albert erstand sie nach etwa 1600 Jahren, „wie em Phönix aus seiner Asche", wie sich E. Meyer in seiner „Geschichte der Botanik" ausdrückt. Er war der erste, oer sich der Anatomie und Physiologie der Pflanzen zuwandtc — einer Aufgabe, für die selbst Linne kein Verständnis batte —. und sein Werk enthält die ersten Bausteine zu einer Morphologie des Pflanzenreichs. Albert kannte -- - nach der Auszählung Alerandcr von Hum boldts im „Kosmos" — den Schlaf der Pflanzen, das pe riodische sich Oeffncn nnd Schließen der Blumen, die Ver minderung des Saftes durch Verdunstung aus der Oberhaut der Blätter, den Einfluß der Teilung der Gcfäßbü^del auf die Ausschnitte des Älattrandes. Es sollte über 30 Jahre dauern, ehe Andrea Ceialpino (1519—1603) den nächsten ivirklichen Fortschritt herbe (führte, indem er über die Einzelbeschreibung der Pflanzen hinaus ging und das allgemeine aus dem einzelnen, das prinzipiell wichtige aus dem sinnlich gegebenen hcrauszusindcn suchte. Auch war er der erste, der eine natürliche Einteilung der Pflanzenfamilien auf die Äofvuchtungsorgane gründete. Den selben Gedanken sprach auch ,cher deutsche Plinius" Konrad von Gesner (1516—1565) aus, nnd beide Gelahrte wurden dadurch die unmittelbaren Vorläufer Linuös. Ueberhaupt bestand Linnes Verdienst um die Botanik nicht sowohl in der Aufstellung neuer Theorien als vielmehr in der ge schickten Zusammenfassung aller vorhandenen Leistungen und der Aufstellung äußerst klarer Klassifikationen. Geboren am 23. Mai 1707 zn Nashult in Smaland, wo sein Vater Prediger Ivar, bezog Linnö *> 1727 die Uni versität Lund, uni Medizin? zu studieren, und widmete sich mit großem Eifer der Botanik. 1728 ging Linnv nach Upsala, wo er den Theologen Olaf Celsius bei einer Arbeit über die biblischen Pflanzen unterstützte. Indessen Bibliothek fand er eine Abhandlung von Vaillamt über den Bau der Blumen (Kei-rvo cko »truetura Iloinari, Ungckuai Uutuvomnn 1718, 2. Ausl. 1727) und schöpfte hieraus die Anregung zu seinem später so berühmt gewordenen Sexualsystem. Am *) Den Namen von Linne erhielt er erst bei seiner Ver setzung in den Adelstand im Jahre 1756 Bis dahin nannte er sich Linnaeus. Auch diesen Namen batte erst sein Vater NüIS angenommen, und zwar nach einer uralten Linde in seinem Kirchspiel. Bis dahin begegnen ims in dem Stammbaum des Geschlechts feine Familiennamen, vielmehr wurde nach schovedischer Sitte als Zuname mir der Llorname des Vaters mit ci-nem angehängten „son" („Sohn") gebraucht; so hieß Linuös Vater ursprünglich Nils Jngemarson, sein Großvater Jngemar Bengtson. In Seitenlinien begegnen uns übrigens auch die Namen Lindcirus und Tilionder, ebenfalls nach jener Linde. Ende deS Jahres disputierte ein: gewisser Georg ^Wallin über die Fortpflanzung der Bäume. Da Linne als Student nicht opponieren durfte, schrieb er einige Bemerkungen über die Geschlechtsverhältnisse der Pflanzen nieder, die er Cel sius zur Prüfung vorletzte. Durch diesen kamen- sie an den Professor Olaf Rudbeck, der, dadurch aufmerksam gemacht, Linnes Bekanntschaft suchte nnd von der Zeit an bestrebt war, ihn in jeder Weise zu fördern. 1730 wurde er unter Rudbeck Demonstrator und Leiter des botanischen Gartens und begann damals die Bearbeitung feiner „Uiblintbocm botnriieu.", der „Ola^^eV und der „(lener» plnntariirn". Von 1732—1735 unternahm er verschiedene Reisen innerhalb Schwedens und begab sich in diesem letzteren Jahre nach Holland, wo er in Haderwifk promovierte, drei Jahre in Leiden und Hartekamp blieb und die genannten Schriften, das „8z-sterna naturico", die „I uackumeirta botaviea" u. a. drucken ließ. 17)16 besuchte er England und 1738 Paris, dann kehrte er nach Stockholm zurück, praktizierte hier als Arzt, ward 1711 Prozessor der Medizin und 1742 Professor der Botanik und Naturwissenschaft in Upsala. In dieser Stellung reformierte er den Botanischen Garten, dem er einen Weltruf verschaffte, errichtete ein naturhistorisches Museum, gab 1746 seine „Ibinna sueviea" heraus und sandte mebrcre seiner Schüler nach den verschiedensten Ländern zur Erforschung der Naturerzeugn-isse aus. 1764 zog er sich, nachdem er durch seinen Sohn Karl eine Vertretung im Lehr amt erhalten hatte, nach feinem Gute Hammarbn zurück nnd starb am 10. Januar 1778 zu Upsala. Denkmäler wurden ihm im Botanischen Garten zu Upsala und im Stockholm er richtet. Was Linne vor allein zum Naturforscher stempelte, war, wie Schleiden schreibt, seine Leidenschaft, alles selbst zu sehen, selbst zu untersuchen. Zur Zeit, als Lin-n-ö austrat, bestand dos botanische Studium bei den meisten darin, den Theo phrastos irnd Dioskoridcs mit ihren philologischen Kommen tatoren auswendig zu lernen nnd die Kräuterbücher deS Mittelalters mit ihren ganz unzulänglichen Abbildungen an- zuschaucn. Linne dagegen war durch feinen Vater schon in seiner Kindheit darauf geführt worden, alle Pflanzen, die er sich verschaffen konnte, selbst anzusehen, selbst zu analy sieren. Er durfte von sich fegen, daß er in seinem Leben mehr Pflanzen untersucht habe, als alle seine Vorgänger zusammen genommen, nämlich mehr als zehntausend Arten. Um die Ansichten seiner Vorgänger kümmerte er sich nicht im ge ringsten — eine Gleichgültigkeit, die ihm oft zum Vorwurf ge mocht wurde. Er ging jedoch von dem Grundsätze aus, daß das Anfftcllen und Begründen des Neuen aus der Natur mehr Nutzen schaffe, und sicherer die Wissenschaft fördere, als das ewige Wiederholen des alten »Ä> der kritische Streit nm Einzelheiten, bst, auf falschen Grundsätzen beruhend, ins gesamt falsch seien". Er war daher auch ein Feind aller wissenschaftlichen Polemik. So schrieb er einmal an Haller: „Sind unsere Behauptungen wahr oder falsch, so werden sie es bleiben, wir mögen sie verteidigt haben oder nicht. Kinder, die jetzt spielen, werden mich unserem Tode unsere Richter sein." Die erste Ausgabe, vor die sich Linnö gestellt sah, war die Sichtung, Klärung nnd Ordnung des „wüsten Chaos der Konfusion", als dos ihm die Botanik seiner Zeit erschien, „bellen Mutter die Barbarei, dessen Vater blinder Autori tätsglaube und dessen Amme das Vorurteil" war. Diese Aufgabe löste er bereits irn Hahve 1735 durch sein natarae", ein Werk, das nur elf Seiten umfaßte, allerdings von größtem Formate, aber eine so klare Uebersicht, eine so feste Ordnung und nach so strengen Prinzipien durchgeführte Einteilung bot, wie sic sich niemand bis dahin hatte träumen lassen. Der Punkt, auf oen Linne offenbar den meisten Wert legte, ist die Feststellung natürlicher Gattungen. Diesen legie er bezeichnende, fast lauter neue Namen bei und wandte sich damn erst zu dcr Bestimmung und Einordnung der Arten. Er stellte die unerläßliche Forderung auf, keine Art (s^oaies) zuzulassen, wenn man sie nicht in eine bestimmte Gattung, und wäre cs auch eine neu aufznstellendc, einreihen könne. Außerdem forderte er, daß man keime neue Art in eine bestehende Gattung einordnen dürfe, ohne alle übrigen ihr angehörigen Arten genau zu kennen, mit der -neuen zu ver gleichen und danach, wenn nötig, auch die Charaktere dcr eiteren Arten zn ändern. Sv führte er die ,binäre Nomen klatur", d.h. die Benennung jeder Art durch zwei Namen, einen Gattungs- und einen Artnamen, die von seinen Vorgängern zwar schon in Angriff genommen war, zum ersten Male in der folgerichtigsten und mustergültigsten Weise durch, wobei er sich auch nicht auf die Botanik beschränkte, sondern Las gleicherweise auf Zoologie und Mineralogie ausdehnte. Auf dieser Riestnlcistung beruht Linnes eigentliches bleibendes Verdienst um die Naturwissenschaft; denn dadurch ist es möglich geworden, die sonst überwältigende Fülle der Naturcrschei'N'urgen klar zu sondern und auseinander- zuhalten. Freilich bat die fortschreitende Wissenshaft vielfach andere Bezeichnungen eingeführt: aber dies tut Linnes Ver dienst keinen Eintrag, da es hierbei nur auf dos Prinzip an kommt. Das „Linnösche System" allerdings, nach dem sämtliche Pflanzen nach den Verschiedenheiten in der Ausbildung der Äesruchtungsorgane, des A-ndroceums und des Gynä- ceums, in 24 Klallcn cingeteilt werden, von denen die ersten 23 die Phanerogamen, die 24. die Krypto gamen umfassen, und das Linnes Namen in der ganzen Welt bekanmt gemacht bat, belltzt beute nur noch historisches Inter- esse. Man hat cs dos „künstliche" genannt im Gegensatz zu den „natürlichen", die auf der natürlichen Verwandtschaft dcr Pflanzen untcreimrnder beruhen, eim Einteilungsgrund, der im Zeitalter des Darwinismus natürlich als dcr allein berechtigte gilt. Uebrigcns hat Linne sein System selbst nur als Notbehelf betrachtet, umd er bezeichnete es als die Hauptaufgabe der Botanik, ein natürliches System auf. zustellen. Er selbst lieferte den Entwurf zu einem solchen, aus dem dann Jufsieu weit erbaute; von neueren Systemen sind die von Eichler und Engler hervorzuhaben. Verhängnisvoll für die Zukumft wurde jedoch die von Linne vertretene Meinung, daß die höchste und einzig wür dige Ausgabe des Noturforsck>ers darin bestcklu-, alle Arten dem Namen nach genau zu kennen: die Morphologie, über- haupl die allgemeine theoretische Botanik, aus die jetzt das Hauptgewicht gelegt wird war ihm nur Mittel zum Zweck, und in der- Tat hat er keine irgend bedeutende Entdeckung gemocht, die auf dos Wesen der Pflanze:, ein neues Licht ge worfen hätte. Außer durch diese Veräußerlichung der Wissenschaft hat Linnö auch noch durch die Feststellung de? Beyr sfes der Art, deren Unabänderlichkeit er zuerst in voll kommener Starrheit aussprach, kremmend auf die zukünftige Entwicklung euryewivkl. Noch chm gab eS „jovret-Arten, w«
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