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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 07.08.1907
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-08-07
- Sprache
- German
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070807016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907080701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907080701
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-08
- Tag1907-08-07
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Morgen-Ausgabe 8. Be-ugL-Prei» WgcrTagMM Handelszeitung. Amtsblatt -es Nates und -es Nolizeiamtes -er Lta-t Leipzig. Ar und Vorort« durch »nkr« träger und Spediteur« tu« Hau» gebracht: Lutgab« ä <»ur morgen») vierteljährlich 3 M, mon-Nt-b t «., vutgabe N (morae»« und -t«nd») viertel jährlich «.« M., monatlich 1.50 M. Durch di« Poft tr>«aen: (2 mal täglich) innerhalb reutichlaud» und d«r deutjchen Kolonien vierteljährlich 5,25 M., monatlich 1,75 M. au»ichl Poft, besiellgclb, lür Oesterreich 8 L S6 d, Ungarn 8 L vierteljährlich. Abonnement-Annahme: Augustuäplatz 8^ bei unseren träger», Filialen. Spediteure» «ad LunaiMefteöen. sowie Postämtern und Briefträgern. Vie einzelne Stummer kostet IS Pfg. sUedaktton und Expedition: Johannilgaste 8. Lüephon Str. 11692, Nr. l«Sij, «r. 11694. lvrrltnrr «edaktiont-ivurean: Berlin HIV 7, Prinz Laut» Ferdinand- Strabe 1. telephon I, Nr. 9275. AuzeigenPrei» liir Inserate au« Leipzig nnd Umgebung dl, «gespaltene Petit,eile 25 P«., finanziell» Anzeigen 30 Ps., Neklamen 1 N.; von -u-wärt« 30 Ps., Reklamen 1.20 M., »omAuSlandSIPs., finanz. Anzeige»75Ps., Reklamen 1.50 M. Inserate v. Behörden im amtlichen teil 10 Pf. Bcilagczebühr 5 M. p. Tausend «xkl. Post- gebühr, ideichästsanzcigen an bevorzugter Stelle im Preise erhöht. Rabatt nach TarU. Fcsterteilte Busträgc können nicht zurück gezogen werden. Für das Erscheinen an bestimmten Tagen und Plätzen wird keine Barcntie übernommen. Anzeigen-Nnnabme: Äugustuäplatz 8. bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen- Ezpeditionen des In- und Auslandes. Haupt Filiale Berlin Carl Dunck: , Herzog!. Bahr. Hofbuch» handlung Lützowstraße 10. (telephon VI, Rr. 1603). Nr. 2l7. Mittwoch 7. August 1907. W. Zahrqanq. Da» wichtigst« vom Tag«. * Der Zar ist gestern von Swinemünde abgereist. sS. Dtschs. Reich.) * Das Li n i e n s ch iff „P o m m e r n" ist heute in Kiel in Dienst gestellt worden. * Wie daS „Reutersche Bureau" aus London erfährt, besteht zwar berechtigter Grund zu der Annahme, daß die Verhandlungen -wischen England und Rußland in nächster Zeit zu einem glücklichen Abschluß gelangen werden, sie sind aber noch nicht be endet und daS Abkommen ist noch nicht unterzeichnet. sS. Ausl.) * In PedroS Solyodos fanden vorgestern Demonstratio. »en gegen den König von Portugal statt. sS. Ausl.) * Die Stadt Casablanca ist von französischen Kreuzern be schossen und alsdann von den gelandeten Mannschaften besetzt worden. lS. Ausl. u. Letzt? Dep.) * Im ProzeßHauist eine neue Wendung eingetreten. Allem Anschein nach ist, wie sich jetzt herausstellt, Haunichtder Mörder der Frau Molitor. lS. Neues a. a. W.) * Aus Kingston wird gemeldet, daß ein starker Erdstoß in Port Antonio im nördlichen Jamaika große Panik unter der Einwohnerschaft hervorrief. Verluste an Menschenleben sind jedoch nicht W beklagen. Jur Reform -es Gesin-evechts. Von verschiedenen Seiten schon ist eine Reform des Gesinderechts als in absehbarer Zeit unumgänglich bezeichnet worden. Die Beteilig ten sowohl wie Politiker und auch die Wissenschaft haben sich dahin ausgesprochen, und die Stimmen, die sachlich und mit Rücksicht auf tat sächliche Möglichkeiten einer Reform des bestehenden Dlcnstbotenrechts das Wort reden, mehren sich. Es handelt sich dabei um materielle wie um formal« Gesichtspunkte; die formalen aber überwiegen zunächst an Bedeutung und ziehen die materiellen zum Teil erst als Folgen nach sich. Denn es ist rein formal betrachtet ein unhaltbarer Zustand, daß wir in Deutschland 40—50 Gesindeordnungen, die alle in Geltung sind, be sitzen. Da die Dienstboten nun oft genug aus dem Geltungsbereich der einen Gesindeordnung in denjenigen einer anderen engagiert werden, oder da sie oft genug mit ihrer Herrschaft bei Aenderung des Domizils mitziehen, so unterstehen sie alsdann in vielen Fällen so verzwickten Rechts verhältnissen, daß deren Kenntnis dem Dienstboten wie der Herrschaft unmöglich ist. Mag nun aber Anlaß zu Rechtsstreitigkeiten vorliegen oder nicht, in jedem Falle ist die durch solche lokale Differenzen hervor gerufene Ausschaltung der Rechtskenntnis für die eigene Stellung ein unwürdiger Zustand. Und wenn Nebelstände im Gesindeverhältnis vor liegen, die zum Teil gewiß zu schr aufgebauscht werden, zum Teil aber unleugbar vorhanden sind, so ist diesen eben bei den gegenwärtigen for malen Gesetzesverhältnissen so gut wie gar nicht in irgendwie weiterem Maße beizukommen. Zudem schleppen die teilweise recht alten Gesinde ordnungen sPrsußen von 1810, Sachsen von 1835) eine Menge Ballast mit sich, der teils wertlos, teils längst durch andere Gesetze überholt ist. Die Motive zum Bürgerlichen Gesetzbuch haben seinerzeit die Nicht- regelung der wichtigen Materie des GesindeverhältnisscS ausdrücklich damit begründet, daß sie sagten, das Gesinderecht habe bei einer Kodi fikation die weitestgehende Rücksicht auf örtlich engbegrenzte soziale Ver- hältnifse zu nehmen und könnte daher in Rücksicht auf -iese lokalen Ver schiedenheiten nur von der Landesgesetzgebung mit Aussicht auf guten Er- folg gelöst werden. Bon solchen unüberwindlichen Schwierigkeiten darf man aber nur mit großer Vorsicht reden, ja es erscheint wenig am Platze, hier so große Schwierigkeiten zu sehen, während weit schwierigere Dinge im Bürgerlichen Gesetzbuch gut gelöst worden sind. Wie hinfällig viel mehr dieser Hinweis auf außerordentliche wirtschaftlich-soziale Schwie- rigkeiten ist, zeigt schon der Umstand, daß daS Bürgerliche Gesetzbuch durch Artikel 95 seines Einführungsgesetzes einige von den schwierigen Punkten de? Gesinderechtes autonom und zwingend regelt. Es sind dieS u. a. die Bestimmungen über die Haftung für fremdes Verschulden und die Haftung für Dritte, über die Fürsorgepflicht und die Haftung für Einrichtungen und Geräte, über den Schadenersatz bei Verleitung zum widerrechtlichen Dienstaustritt, über Geschäftsfähigkeit, Züchtigungsrecht und anderes mehr. Auch in vielen anderen Punkten sind, wie Prof. Hedemann erst neuerdings in der „Deutschen Juristenzeitung" nachzu weisen unternommen hat, die Vorschriften der Aesindeordnungen ser zeigt es paragraphenweise an der preußischen Gesindeordnung) durch Para graphen deS Bürgerlichen Gesetzbuches nud der Gewerbeordnung voll- ständig überflüssig geworden. Und es sind nicht gerade die wenigst schwierigen, die hier schon ihre reichsgesetzliche Regelung gefunden haben. Was also dann noch an zivilrechtlichen Sähen, ja auch an verwaltungs rechtlichen, für eine moderne Gesindeordnung übrig bleibt, ist herzlich gering und hat Analoga bereits in allerlei Vorschriften der Gewerbe ordnung. Hedemann ist deshalb sogar geradezu der Meinung, daß eine künftige Regelung des GesindrrechtS der Gewerbeordnung angegliedert werden könne. Aber fragen wir zunächst noch, ob denn außer deu formalen Grün den der unerwünschten Mehrzahl von Gesindeordnuuge« auch materiell- rechtliche Gründe für eine Reform sprechen. Die Frage werden wir schon nach Anführung einiger Beispiele mit Ja beantworten müssen. Schon Kähler hat 1896 in seiner Schrift über Gesindewesen und Gesinde recht gesagt: „Die Vielheit der Gesindeordnungen ist nicht ein Ergebnis eines auf wirtschaftlichen Verhältnissen beruhenden Bedürfnisse-, son dern eine Folge des politischen Zustandes Deutschlands zur Zeit des Erlasses der geltenden Gesindeordnungen." Mit der „wirtschaftlichen Verschiedenheit" dürfen wir getrost aufräumen; denn «ine so besondere Stellung gegenüber allen anderen, doch sicher auch unter wirtschaftlich verschiedenen Lokalverhältnissen lebenden Berufen nimmt der Dienst botenberuf denn doch nicht ein, und ein solches Motiv wäre bei weitem nicht stichhaltig genug, um Rechtsverwickelungen wie die folgenden zu rechtfertigen. — In dem Falle, den das Bürgerliche Gesetzbuch teilweise regelt, nämlich in dem Falle außerdienstlicher Erkrankung des Gesindes, kann es in Preußen z. B. zu absonderlichen Verhältnissen kommen; denn da die preußische Gesindeordnung die Herrschaft nur haften läßt, wenn keine nahen Verwandten des Dienstboten erreichbar sind, und außerdem die Fürsorgepflicht, die im Bürgerlichen Gesetzbuch auf sechs Wochen festgesetzt ist, zeitlich gar nicht begrenzt, so ist diese Gesinde ordnung einmal weiter, das andere Mal enger als das Bürgerliche Ge setzbuch. Sind Verwandte erreichbar, so würde die Fürsorge gar nicht eintreten; das geht nach Reichsgesetz nun nicht mehr, die Herrschaft bat also 6 Wochen lang für den Dienstboten zu sorgen; sind Verwandte nicht erreichbar, so hat die Herrschaft in Preußen für den Dienstboten bis zu seiner Genesung, und dauert diese auch noch so lange, zu sorgen, weil das Neichsrecht, das den Dienstboten hier ungünstiger ist, um des willen eben nicht zur Anwendung kommt. In Köln kann z. B. ein Dienst bote, dem ein feuchter Raum als Schlafzimmer angewiesen wird, den Dienst sofort verlassen und Fortzahlung des Lohnes bis zum nächsten Ziehtermin verlangen, in Berlin könnte im gleichen Fall der Dienstbote erst beim nächsten Kündigungstermin kündigen und an dem darauf folgenden Ziehtermin den Dienst verlassen. Bei Versetzungen oder an deren Niederlassungsveränderungen der Herrschaft, die ihre Dienstboten mitnimmt, kann in solchen Fällen besonders Erbauliches zutage treten, und es wird einer großen Kunst der Auslegung bedürfen, den „Gesinde vertrag" dann richtig zu interpretieren. Solche Beispiele lassen sich be- liebig vermehren. Wohnt der Gesindevermittler gar noch im Geltungs- bereich einer dritten Gesindeordnung, wenn schon Gesinde und Herrschaft bei Abschluß des Gesindevertrages unter verschiedenen Gesindeordnun gen standen, so spitzen sich die schwierigen Fragen, welches Recht gelte, besonders zu, und man fragt sich, ob denn diese Schwierigkeiten wirk lich für immer notwendig sind. Hat man sich also früher hinter der „lokalen Verschiedenheit" ver schanzt, und hat man ferner von der besonderen Art des „Gesindever trages" wegen der „häuslichen Gemeinschaft" auch ganz besondere Rechts- sätze herleiten wollen, so halten heute diese Theorertre nicht mehr stand. „Das Gesindeverhältnis ist fnach A. Erster, Art. Gesindeverhältnis im „Wörterbuch der Volkswirtschaft") daS eigentümliche DertraaSverhalt- ,niS zwischen einer herrschenden und einer dienenden Person, welches sich .durch besondere Enge des persönlichen Bandes und wandelbare Bestimm- barkeit der Dienstleistungen vom Arbeitsvertragsvcrhältnis unter scheidet." Aber dieser Unterschied ist keineswegs so groß, um ein eigenes Gesetz zu rechtfertigen, sondern das Gesindeverhältnis ist ein Gewerbe oder Arbeitsverhältnis, das sowohl in der Gewerbeordnung, wie etwa in einem allgemeinen Arbeitsrecht als ein Vertrag eigener Art im Rahmen des Ganzen mitbehandelt werden könnte. Der wahre Grund der bis herigen Zwiespältigkeit liegt darin, daß man immer gemeint hat, das sogenannte „ländliche Gesinde" falle mit unter diesen Begriff, und es sei notwendig, die Rechtsverhältnisse für das „häusliche" zugleich mit denen für das ländliche Gesinde zu ordnen. Hierin liegt der springende Punkt und zugleich der Fehler. Es sind große volkswirtschaftliche Unterschiede hier vorhanden, und es ist oft schon der Fehler unserer formalen Juris prudenz gewesen, den volkswirtschaftlichen Rücksichten und Momenten zu wenig Beachtung zu schenken und dann Schwierigkeiten künstlich erst zu konstruieren, die von Natur gar nicht da sind, und vielleicht nur durch einen irreleitenden Sprachgebrauch vorgetäuscht wurden. Das ländliche Gesinde gehört wirtschaftlich zum landwirtschaftlichen Arbeiterstand nnd es hat seinen gesetzlichen Schutz in einem allgemeinen ländlichen Ar beiterrecht zu finden. Dann aber wird die Bahn völlig frei für die be sondere gesetzliche Ordnung des „Dienstbotenverhältnisses". Bei der Bearbeitung dieser alsdann keineswegs mehr schwierigen Gesetzgebungs arbeit wird sich ja dann Herausstellen, ob für eine Reichs-Gesindeordnung genug Stoff gegeben ist, oder ob mit einer „Novelle zur Gewerbe ordnung" das Erforderliche getan werden kann. Denn zu warten, bis man in Deutschland an die Schaffung eines modernen allgemeinen Ar beiterrechts geht, wird man doch vielleicht nicht gut tun. WaS sozialpolitisch für daS Gesinde bei einer Neuregelung der Gesindeordnung zu tun ist, wird sich erst überblicken lassen, wenn der Wust unnötiger und veralteter Bestimmungen über Bord geworfen und das bereits vorhandene Gute gesichtet ist. Auf die Wohnungsfrage und die Sittlichkeitsfrage, die in ihrer Bedeutung für die Verbreitung der Geschlechtskrankheiten erst jüngst von Dr. Springer-Berlin in einem wertvollen Vortrage behandelt worden sind, wird dabei besonderes Ge wicht zu legen sein, und wenn es dann bei dieser Gelegenheit auch ge länge, durch die Einführung etwas verbesserter Arbeitsbedingungen der Dienstbotennot zu steuern, so wäre das gewiß innig zu begrüßen. Aber eS können dies, wie gesagt, erst Folgen derjenigen Arbeit sein, die fest legt, was denn jetzt im Deutschen Reiche für die Dienstboten positiv Rechtens ist. China nn- das japanisch- französisch- Abkommen. Die Vorgänge im fernen Osten werden in der deutschen Presse bis her einfach registriert, als wenn es sich um Dinge handelte, die Europa im Grunde genommen herzlich gleichgültig sein könnten. In Wirklichkeit wird aber die Zukunft der europäischen Politik viel mehr davon berührt, als es uns bisher zum Bewußtsein gekommen ist. Wir batten Gelegenheit, die Meinung eines alten Diplomaten zu hören, der Mit den Verhältnissen Ostasiens außerordentlich vertraut ist und unS auf eine latente Gefahr aufmerksam machte, die daß japanisch französische Abkommen für China enthält. Was aber China angcht und seine Integrität unter Umständen bedrohen kann, ist bekanntlich von Schwergewicht für den Frieden der Welt, da die nächste Zukunft der großen Politik sich mit Wahrscheinlichkeit an den Gestaden des Stillen Ozeans entwickeln wird. Das japanisch-französische Abkommen ist na türlich entstanden auf Betreiben König Eduards, dem daran liegen mußte, das Mißtrauen der ihm verbündeten Franzosen gegen die ihm gleichfalls verbündeten Japaner aus der Welt zu schaffen. Man weiß, daß Japan eine Zeitlang im Verdachte stand, Absichten auf die ostasiatischen Besitzungen Frankreichs zu hegen, und die im fran zösischen Parlament bewilligten großen Mittel für die Neubefestigung der Häsen Cochinchinas sollten in erster Linie dazu dienen, den fernen Besitz gegen einen plötzlichen Ucberfall der Japaner zu sichern, die ihre alte Piratcnnatur niemals verleugnet haben und ausgeben werden. Wenn auch der Bevölkerungsüberschuß Japans übertrieben hoch an gegeben wird, so bedarf das Reich des Mikado doch unter allen Um ständen neuer Gebiete, um seine auswandcrungSlustige Bevölkerung unter zu bringen. Australien und Kanada haben trotz heimlichen Zuredens der britischen Regierung der japanischen Einwanderung die Türen vor der Nase zugemacht, die Vereinigten Staaten möchten je eher, desto lieber den letzten Japaner in ihrem Westen sehen. Hawaii haben sie durch den Krieg mit Spanien glücklich zur rechten Zeit sich vor der japa nischen Invasion gesichert, aber das durch den russischen Krieg nicht nur in seinem Ansehen, sondern auch in seinem Dünkel gestärkte Japan macht nun die Kraftprobe darauf, daß seine Einwanderung in den Vereinigten Staaten der europäischen gleichwertig erachtet und behandelt wird, und bei der Unberechenbarkeit der japanischen Politik kann trotz friedlicher Absichten der Staatsmänner in Tokio und Washington unter dem Druck der Volksleidenschaften der ohnehin unvermeidliche Krieg zwischen Japan und Amerika über Nacht ausbrechen. Ein Massaker in San Francisco oder Jokohama, und der erste Schuß fällt. Einstweilen sind die Vorgänge in Kalifornien vor den Ereig nissen in Korea freilich in den Hintergrund getreten. Japan hat hier bewiesen, daß es ohne Rücksicht auf die Stimmung und Gefühle einer selbständigen Nation Gewalt vor Recht gehen läßt, und trotz des Schattenkaisers in Söul ist Korea heute japanische Provinz. Man schaut im Namen zu Peking diese Vorgänge nicht sehr ruhig an, denn man weiß, daß Japan, um seiner ewigen Finanznot ein Ende zu machen, Stück um Stück im fernen Asien an sich reißen möchte und Absichten auf China hegt, die durchaus nicht friedlicher Natur sind. Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, daß zwischen Chinesen und Japanern ein gewisses Solidaritätsgefühl der Rasse herrsche. Im Gegenteil, der Chinese verachtet den Japaner, und wenn heute japanische Instruktoren statt europäischer in China tätig sind, so liegt das daran, daß die japanischen Kräfte bedeutend billiger zu haben sind als Europäer. Man achtet in China darum das Volk dieser Instruktoren nicht höher und weiß, wessen man sich von Japan unter gegebenen Umständen zu versehen hat. Das hat den Chinesen deutlich der japanisch-französische Vertrag gezeigt. In einem von der Oeffentlichkeit bisher übersehene» Punkte garantieren sich nämlich Japan und Frankreich das Recht der Intervention in den Provinzen China-, welche an den Besitz Frankreichs bzw. Japans stoßen. Die Franzosen würden also z. B. in den Provinzen Aünnan, Kwangst und Kwantung, die an Cochinchina stoßen, in die chinesische Verwaltung ein greifen können, sobald es ihnen notwendig erscheint, und zwar gedeckt von Japan. Umgekehrt würden die Japaner von der Mantschurei und Korea aus Uebergriffe nach Nordchina machen unter Garantie Frankreichs. Ein Einspruch europäischer Mächte oder Amerikas, welche bisher gemeinschaftlich die Erhaltung der Integrität Chinas als Grundsatz ihrer Politik angesehen haben, würde daher sofort einen bedenklichen Konflikt mit Japan oder Frankreich Hervorrufen. Die deutsche Diplo- matie schweigt sich bezeichnenderweise über diesen Punkt des japanisch französischen Abkommens aus. Hier wäre aber der Punkt gegeben, wo gerade wir, die wir weder mit Japan noch mit Frankreich durch be stehende Verträge Verpflichtungen haben, unS eine Vertrauensstellung gegenüber der chinesischen Regierung sichern könnten. Deutschland kann heute im Hinblick auf die durch den japanisch-französischen Vertrag ent standene Gefahr für den Bestand Chinas die Garantie deS Weiterbestehens des chinesischen Reiches in seiner heutigen Form zu einem neuen Programm euro päischer Politik erheben. Dann würden die Chinesen einerseits den redlichen Willen unserer Diplomaten erkennen und sicherlich uns nicht undankbar dafür sein, anderseits müßten aber die Mächte, denen mit einer solchen Garantie für die Integrität Chinas nicht gedient wäre, offen Farbe bekennen. Und auch das würde für die Wertschätzung der verschiedenen Nationen in den Augen der Chinesen von Wichtigkeit sein. Wir meinen, daß dieser Punkt wichtig genug sei, die Aufmerksamkeit der berufenen deutschen Staatsmänner zu finden. Deutsches Reich. Leipzig, 7. August. * Die bevorstehende Monarchenbegegnung von Wilhelmshöhe. Dem Zaren folgt der King. Auch in Wilhelmshöhe wird es eine große mili tärische Schau geben. Natürlich zu Lande. Es wird gemeldet: Bei seinem Besuche in Wilhelmshöhe am 14. August wird König Eduard, gleich wie bei seinem letzten Besuche im Schlosse Friedrichshof vom Unter- staatssekretär des Auswärtigen Amtes begleitet sein. Es wird ferner angenommen, daß, ebenso wie damals, auch bei der diesjährigen Begeg nung der englische» Botschafter in Berlin, Sir Frank Lascelles, hinzu gezogen wirb. Im Gefolge des Kaisers wird sich u. a. der preußische Gesandte in Darmstadt befinden, der bei dem letzten Besuch gleichfalls in Friedrichshof war. Zu Ehren d:S Königs von England wird bald nach seiner Ankunft in Wilhelmshöhe eine große Parade der Garnison Kassel stattfinden, an der auch die Truppen der benachbarten Städte Hofgeismar, Marburg, Arolsen und Münden teilnehmen. * Trinksvrüche! Endlich werden Trinksprüche von der Kaiser- begegnung bekanntgegeben — von der Abschiedsfeier. Bei der Abschieds feier an Bord der russischen Kaiserjacht „Standort" brachte Kaiser Nikolaus folgenden Trinkspruch aus: „Ich bin glücklich, daß ich diese Gelegenheit habe, Euerer Majestät für die mir bereitete, so herzliche Aufnahme aufrichtig zu danken und den ganzen Wert zum Ausdruck zu bringen, den ich auf die Fortdauer der Beziehungen überlieferter Freundschaft und Verwandtschaft lege, die beständig ein enges Band zwischen unfern Häusern und Ländern gewesen sind. Nachdem ich mit lebhaftemJnteresse und großer Be wunderung den Manövern der schönen deutschen Flo.^c bcigewohnt habe, erhebe ich mein Glas auf die Gesundheit Kaiser Wilhelms, des obersten Chefs dieser Flotte, und auf das Gedeihen der tapferen deut schen Marine." Kaiser Wilhelm erwiderte: „Euerer Majestät sage ich meinen herzlichen Dank für die 'oeben gesprochenen gütigen Worte, welche die Freundschaft zum Ausdruck gebracht haben, die uns und unsere Länder verbindet. Es ist das erste Mal. daß meine Flotte unter dem Kommando meines Bruder-
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