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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 11.01.1912
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1912-01-11
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19120111029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1912011102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1912011102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1912
- Monat1912-01
- Tag1912-01-11
- Monat1912-01
- Jahr1912
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BezugSPreiS fir Leip,«» vnd Pororl« durch Hnser« Iröaec und SvedUeur« 2m »l tä-ltch tu» v<u>» gebracht: AI V>. monati., 2.7U Ml. »ierieUakrl. Bei uniernLtlialen ». A»- «ahmesteüen abaehoU: 7d Pt. mouati, LL Ml. uierteltährl. L»ech die V«Itr tuuerhalb Deutlchiand» und der deutschen Kolonien Vierteljahr«. 3.« Ml., monatl. I^U Ml. aurlchl. PosldesteUgeld. Ferner tn Belgien, Dänemark, den Donaustaaten, Italien, Luremburg, Niederlande, Nor wegen. Oesterreich-Ungarn, Nutzland, Schweben, Echweit u. Spanten. In allen iidrigen Staaten nur direkt durch di« Eelchölt»stell« de» Blatte» erhältlich. Da» i!eip»tg«r Tageblatt erscheint 2 mal täglich. Sonn- u. Feiertag» nur morgen». Bdonnenient»-Annahine: 8»h«»ni,,«ls» 8, bei unseren Trägern, Filialen. Spediteuren u»»d Lnnahmesteüen, sowie Pogämtern und Brtesträgern. Stu,«lv»rkauf»pr«t» 1l> Ps. Abend-Ausgabe. Mpsiger Tllgtb l all «el.-Änschl.! liess Tel.-Änschl. i4«S3 114694 (FL» s 14 694 Amtsökalt -es Rates und -es Notizeiamtes -er Ltadt Leipzig. Anzeigen-Preis fllr Inserat« au» Ueipjig und Umgebung die llpaltig« Petitteil« L Ps , di»Reklame. »eile l Mk.' von aurwärt» 30 Pf, Reklamen 1^0 Mk. Inserat« von Behörden im amt lichen Teil di« Petttietle » Ps T«schäft»an,eigen mit Platzo»rschrtst«a im Preis« erhöht Rabatt nach Taris. Beilogegeblldr Sesam«. auslage L Mk. p Tausend erki. Postgebühr. Tetldeilag« Höver. Festertetlt« Auftrage können nit>t zurück gezogen werden Für da» lkrschetnen a» bestimmten Tagen und Plagen wird kein» Garantie übernommen. Anzeigen - Annahme: I»ha»ni»gass« bei sämtlichen Filialen ir. allen Annoncen. Erpeditionen de» In- und Au»land«»> Druck und Verlag »«» Fische« L KLrfte» Inhaber: Paul Kürst«». Redaktion und Gelchist»st«ll«i Iohannirgall« 8. Haupt-Filiale Dre.de»: Eeestrag« ch l llelephon «Ü21L Nr. IS. Vonnrrslag, ürn ll. Januar lSl2. 106. Jahrgang. Die vorliegenve Ausgabe umfaßt 8 Leuen. Das Dichtiglte. Gerüchtweise verlautet, dass in Bayern eine Ministerkrisisbeoorstehe. sS. Pol. Nachr.) * Der aus Wilhelmshaven ausgebrochene Spion Eauh ist in London wieder fest- genommen worden. sS. d. bes. Art.) * Vor dem Pariser Zuchtpolizeigericht kam es zu K r a w a l l e n. (S. Pol. Nachr.) * Don russischer amtlicher Stelle wird eine Note über Rußlands Stellung zur Mongolei veröffentlicht. sS. d. bes. Art.) * In Rio Le Janeiro sind 7000 Ho tel- angestellte in den Ausstand getreten. (S. Pol. Nachr.) * Bei den Leipziger Vergiftungs fällen ist nunmehr einwandfrei als Ursache Methylalkoholvergiftung festgestellt. Zu Besorgnissen liegt kein Grund vor, da allenthalben umfangreiche Vorsichtsmaßregeln ein geleitet sind. sS. Leipz. Angelegenheiten.) Smialüemokrslie und /smilie. Man schreibt uns: Den Eegenwartsstaat und die herrschende Gesell- schafrs- und Wirtschaftsordnung zu zertrümmern, ist das bestimmte Ziel der Sozialdemokratie. Auf diesen Plan ist ihr gesamtes politisches Verhalten zuge schnitten. Ihre Absicht kann indes die Umsturzpartel nur durchsetzen und zur Ausführung bringen, wenn die Grundlage zerstört ist, auf der Staat, Gesellschaft und Volkswirtschaft gegründet ist. DieseGrund - läge ist die Familie, die notwendige Voraus setzung eines Staates, ist die Ehe, aus der das Volk entspringt. Denn aus der Hauswirtschaft ist die Die Wahlresnltate werden vom „Leipziger Tageblatt^ am Freitagabend durch Souder- Ausgaben sowie durch Aushang an der Hauptgeschäftsstelle, Io hannisgasse 8, bekanntgegeben. Außerdem wird durch Transparente von unserem Grundstück Royplatz 16 aus, die auf dem Aoszplat; am besten sichtbar sein werden, vom Ausfall der Wahlen im Reiche Kenntnis ge geben werden. Bei telephonischen Mitteilungen und Anfragen an das „Leipziger Tageblatt" bitten wir am Lage Ser Reichstagswahl (Fre tag, den 12. J inuar), von abends 7 tthr ab die Telephon Nummern L2Y und S8Y (Allgemeine Zeitung) zu benutzen, da die Telephon- Anschlüsse des „Tageblatt" (14 692, 14693 und 14694) für auswärtige Mel dungen belegt sind. Volks- und Staatswirtschaft hervorgegangen, und die sittlich« Lebensgemeinschaft in der Ehe uno Familie, zwischen Mann und Weib, zwischen Eltern und Kin dern und Geschwistern mit ihren unentbehrlichen Faktoren der Treue, Zucht und Anhänglichkeit bildet das Fundament einer staatlichen Gemeinschaft, ist die Pflanzstätte des Eemeinsinnes, dessen der Staat be darf, wenn er existenzfähig sein uno bleiben soll. Der Todfeind der Familie als der Grundlage aller staatlichen, sozialen und sittlichen Ordnung ist die Sozialdemokratie, nicht nur aus dem Grunde, weil Familie und Ehe die Basis des Gegenwartsstaates bilden, sondern auch, weil mit dem Begriff Ehe und Familie notwendig der der persönlichen Selbständig keit und ein gewisses Maß von Privateigentum ver bunden ist, das jede Gründung einer Familie zur Voraussetzung hat. August Bebel sagt: „Die Ehe ist die Folge des bürgerlichen Eigentums. Diese Ehe mit dem Privateigentum, mit dem Erbrecht in engster Verbindung stehend, verlangt „legitime" Kinder als Erben." Die sozialdemokratische Welt anschauung, die im Besitz Diebstahl erblickt, kann daher di« Ehe nicht brauchen. Sie verwirft sie, fordert ein Zusammenleben der Geschlechter nach Be lieben, also Ehen auf Probe, auf Zeit. Die Kinder erziehung aber soll außerhalb der Familie in Staats anstalten stattfinden, denn nach August Bebel, dem anerkannten Oberhaupt der Genossen, ist der An spruch der Eltern, Einfluß auf die Erziehung ihrer Kinder zu besitzen, eine unerträgliche Anmaßung. Und wie die Erziehung der Kinder im Rahmen der Familie fallen soll, so soll auch die eheliche Treue über Bord geworfen werden. Bebel behauptet, daß die „freie Liebe", die die Sozialdemokratie propagiert, das Weib völlig „frei" mache. Gewiß, „vogelfrei", denn wenn keine Schranke, kein Sittengesetz mehr Geltung bat, und das ist nach dem sozialdemokratischen Rezept für die Gestaltung der Dinge im Zukunftsstaate der Fall, dann wird das Weib, schutzlos ««macht, der Spielball niederer Leidenschaften, eigener und derer des Mannes, der sich mit dem Rechte des Stärkeren in der Befriedigung seiner Begierden und Bedürf nisse keinerlei Beschränkungen auserlegt. Wie sich iin sozialdemokratischen Reiche der „freien" Liebe, das leine Gattentreue kennt, das Leben des Weibes gestalten wird, mag sich der Leser selbst ausmalen. Nur darauf sei hingewiesen, daß mit dem unermeß lich segensreichen Wirken und Walten, das bei der gegenwärtigen Ordnung der Dinge in der Familie und Ehe das Weib als Lebensgefährtin und Kamerad des Gatten und als Mutter entfaltet, auch dem Manne das Beste geraubt würde, was ihm den stärk sten Ansporn und Antrieb gibt zur Arbeit und zum Vorwärtsstreben. Es ist seltsam, daß diese handgreiflichen Tat sachen. die jeder verstehen und begreifen muß. der seine fünf Sinne beisammen hat. so wenig Beach tung finden. Gerade in Arbeiterkreisen, m denen doch die Familienzusammengehörigkeit so lebendig in Erscheinung tritt, müßte doch die Erkenntnis, daß die Sozialdemokratie mit dem Familien- und Ehe glück das Beste nimmt, das diese Kreise besitzen, sich Bahn brechen und das Verhängnisvolle des sozial demokratischen Zukunftswahnes zum Bewußtsein kommen. Ableugnen kann die Sozialdemokratie ihre Todfeindschaft gegen Familie und Ehe nicht, die Schriften und Aeußerungen ihrer Führer würden st« Lügen strafen. Und wenn ihre Anhänger unter der Arbeiterschaft behaupten wollen, die Todfeindschaft der Sozialdemokratie gegen Ehe- und Familienleben werde ihr nur von den bürgerlichen Parteien an gedichtet, um die Wähler grauen zu machen, so be weisen sie damit, daß sie eben die Richtlinien der Partei, der sie nachlaufen, noch gar nicht kennen, be ziehungsweise über das, was sie davon gehört oder gelesen haben, nicht Nachdenken. Tüten sie das, dann würden sie einsehen, daß der Umsturzwille, den die Sozialdemokratie hat, aus den von August Bebel angedeutcten Gründen gar nicht vor der Familie halt machen kann, daß diese fallen muß, wenn der Zu kunftsstaat kommen soll, und daß dann feder einzelne das Veste und Kostbarste verliert, den Hort, sein „Zuhause". Jeder Wähler hat eine Mutter gehabt, die ihn gehegt und gepflegt als kleines Kind, die ihn geherzt und in den Schlaf gewiegt in einem, und sei es auch noch so kleinem Heim, in dem sie schaltete und waltete. Will er sich und seinen Nachkommen die Er innerung an ein trautes Familienleben rauben, in dem er der Partei seine Stimme gibt, die Familien leben und Ehe zerstören will und zerstören muß, wenn si« ihre Umsturzgedanken verwirklicht? sest. Mr errm kbe. Roman von H. ConrthS-Mahler. 42s (Nachdruck verboten.) Mrs. Fokham sah vor sich hin. „Sic war leidend von Jugend auf, und ver bittert. Du wirst keine fröhliche Jugend gehabt haben. Es hat meine Schuld gegen dich ver größert, daß du in so trüben Verhältnissen aus gewachsen bist." „O, Tante Klarissa war gut zu mir. Und es ist ja auch nun vorbei. Ich habe jetzt Papa, der mich liebt, und meine Schwester Jutta." „Sie ist deines Vaters Kind aus zweiter Ehe, nicht wahr?" „Ja." „Und das sind nun deine beiden liebsten Menschen, der Vater und die Schwester?" Eva wurde glühend rot. Ihre Augen blick ten zu Boden. Mrs. Fokham entging ihre Ver legenheit nicht. Ihre Augen leuchteten verständ nisvoll auf. „Einen habe ich noch lieber," sagte das junge Mädchen mit einem entschlossenen Ausdruck. Ihre Mutter richtete sich interessiert empor. „Ah, — du hast dein Herz schon verschenkt? Bist am Ende gar schon verlobt?" Eva faltete die Hände fest zusammen und sah ihre Mutter tapfer an. „Noch nicht verlobt. Papa gibt uns seine Einwilligung noch nicht." „Warum nicht? Hat er etwas gegen ihn ein zuwenden?" „Nur, daß er arm ist." In Mrs. Fokhams Augen blitzte es freu dig auf. „Arm? Und das ist alles, was euch trennt?" Eva nickte eifrig. „Ja, weil ich auch arm bin und weil Götz auf einem Majorat sitzt, das er mit Schulden übernommen hat und das ihm nichts einbringt. Er muß sich quälen und quälen, und kann doch nicht vorwärts kommen. Eigentlich sollte er eine reiche Frau heiraten, — und er wollte auch. Aber —" ein liebes Lächeln huschte über ihr Gesicht — „er hat mich dann so lieb ge wonnen, daß er es nicht vermochte. Wir wollen lieber Not und Sorge miteinander tragen, als voneinander lassen." Mrs. Fokham wurd; seltsam weich und froh umS Herz. „So lieb habt ihr euch?" fragte sie leise und streichelte zaghaft die Hand ihrer Tochter. Wie ein warmer belebender Strom flutete es zu ihrem Herzen, als sie merkte, daß Evas Hand die ihre umschloß. Eine Weile saß sie stumm, ganz gebannt von diesem wunderlich weichen Gefühl. Dann sagte sie aufatmend: „Da ist es wohl gut, daß ich gekommen bin, mein liebes Kind. Nun kann ich dir doch zu deinem Glück helfen. Es ist ja gottlob mit Geld zu erringen." Eva zuckte zusammen. Sie sah die Mutter an und las in ihren Augen, was in ihr vorging. Und dann sprang auch der Bann von ihrem Herzen. „Mutter," rief sie, halberstickt von Erre gung. » Mrs. Fokham hatte diesen Namen aber doch gehört; und er rüttelte so mächtig an ihrem Herzen, daß heiße Tränen aus ihren Augen stürzten, Tränen, wie sie diese Frau noch nie geweint hatte. Impulsiv zog sie Eva in ihre Arme. „Nenne mich noch einmal so, mein Kind. Ich wußte nicht, wie lieb dies Wort klingen kann. „Mutter, — liebe Mutter — wenn du mir helfen könntest — wolltest — mir und Götz — ich wollte dich lieb haben — so lieb — wollte ganz vergessen, daß du mir fremd geworden bist. Mutter, — du hältst mein Glück in der Hand," sagte Eva mit leidenschaftlicher Bitte. Mrs. Fokham trocknete ihre Tränen und streichelte sanft das glühende, junge Gesicht. „Wie leicht willst du es mir machen, deine Liebe zu erringen. Sei ruhig. Was mit Geld zu kaufen ist, sollst du haben. Und wenn du mich dafür lieb haben willst, so ist uns beiden geholfen. Ich lin eine einsame Frau, mein Kind; bis heute wußte ich gar nicht, wie ein sam ich gewesen bin Es war freilich meine eigene Schuld. Glanz und Reichtum sind mir xüber alles gegangen. Und nun soll dieser Reich tum mir das Herz meines Kindes zurückerobern. Aber nun mußt du mir mehr von deinem lieben Götz erzählen. Wie heißt er denn außerdem?" „Baron Götz Herrenfelde." „Ah, — ist er verwandt mit der Generalin? Und wohl auch mit deiner Stiefmutter?" Eva berichtete froh erregt. „So so," sagte ihre Mutter, „also ein Neffe der guten Generalin. Wußte sie denn, daß ihr euch liebt?" „Nein, sie erfuhr eS erst in Wollersheim." Mrs. Fokham lächelte. „So komme ich schließlich mit dieser alten Dame noch in ein verwandtschaftliches Ver hältnis. Nun — mir soll es recht sein — sie gefällt mir sehr. Wenn mir ihr Neffe so gut gefällt, werde ich mit meinem Schwiegersohn zufrieden sein." „O — Götz ist ein herrlicher, lieber Mensch," sagte Eva inbrünstig. Ihre Mutter küßte sie inbrünstig. „Kind, — wer mir das gestern noch gesagt hätte, daß ich heute mitten in einem echten, deutschen Liebesroman sitze! Ich habe es ja gesagt, dieses Deurschland bringt mich aus mei- uem ruhige», nüchternen Gleichgewicht. Jetzt will ich aber erst einmal die Generalin herein holen. Was wir uns nun noch zu sagen haben, kann sie gern mit anhören, da sie ja doch ge wissermaßen mit zur Familie gehört. Und dann wollen wir zusammen eine Erfrischung nehmen. Du bleibst doch hoffentlich recht lange bei mir?" Eva blickte unruhig auf. „Ich habe Götz versprochen, sobald als mög lich wieder heim zu kommen." „So, so!" Nun, da muß ich mich Wohl an diesen Götz wenden, wenn ich mein Töchterchen ein Weilchen für mich haben will. Ach — mache nicht solch ängstliches Gesicht — ich werde dich nicht lange von ihm trennen; dafür laß mich sorgen." Sie küßte Eva zärtlich auf den Mund und erhob sich, um die Generalin selbst hereinzuholen. Sie zog die kleine, vergnügt lächelnde Frau in den Salon. „Meine teure, verehrte, gnädige Frau, Sie haben mich auf ewig zu Ihrer Schuldnerin ge macht. Ich danke Ihnen tausendmal, daß Sie mir meine Tochter gebracht haben." „Es ist sehr gern geschehen, ich freue mich sehr, daß ich helfen konnte, erwiderte diese. Die Damen nahmen Platz. Mrs. Fokham ließ Erfrischungen bringen und man plauderte lebhaft über die Ereignisse der letzten Tage. Mrs. Fokham sprach ihre Freude darüber aus, daß der Neffe der Generalin Evas künftiger Gatte sein würde. Die alte Dame strahlte über das ganze Gesicht. „Ich freue mich nicht minder, meine liebe Mrs. Fokham; denn diese beiden jungen Men schen geben ein Paar, worüber sich mein altes Herz innig freut. Ich war nicht wenig erstaunt, als ich in Wollersheim hörte, daß Götz und Eva sich liebten und trotz Not und Sorge nicht von einander lassen wollten. Ich dachte mir aber gleich: „Da wird Mrs. Fokham wie die gute Fee im Märchen helfen können." Die kleine Generalin machte sich nicht die geringsten Gewissensbisse, daß sie ein wenig flunkerte, denn erstaunt war sie natürlich gar nicht gewesen. Sie hielt sich nicht mehr lange auf. Eine Menge Pflichten und Besorgungen warteten auf sie. Gestern am späten Abend war sie mit Eva in Berlin eingetroffen. Die junge Dame war bis heute früh ihr Gast gewesen. Als sie zu Hause angekommen waren, hatte sie zu ihrem alten Diener in Evas Gegenwart gesagt: ' „Sehen Sie, Kanter, nun habe ich mir einen andern Besuch mitgebracht. Der Herr Baron hat keine Lust, uns diesen Winter zu besuchen." Sie hatte Kanter dabei mit ihren lebhaften Augen fest angesehen; und Kanter wußte ganz genau, was seine Herrin von ihm wollte. „Der Herr Baron ist nun wohl schon ein ganzes Jahr nicht bei uns gewesen," sagte er, ohne mit der Wimper zu zucken. Die Generalin nickte ihm zufrieden zu und wandte sich zu Eva. „Siehst du, Evchen — Kanter ist dem Götz auch böse, daß er uns geschnitten hat." Eva hatte keine Ahnung gehabt von der Komödie, welche die Geueralin mit Kanter ausge führt hatte. Sie amüsierte sich nur über den originellen Ton zwischen Herrin und Diener, als die Generalin soldatisch kommandierte. Die Damen verabredeten noch, daß Evas Sachen bei der Generalin abgeholt werden soll ten. Mrs. Fokham hatte bereits Zimmer für ihre Tochter im Hotel bestellt .... Es kam nun eine Zeit für Eva, die ihr wie ein Märchen erschien. Mit Staunen wurde ihr die Macht des Reichtums offenkundig. Ihre Mutter wurde wie eine Fürstin behandelt. Die Dienerschaft derselben war so vorzüglich geschult, daß Eva die Lakaien von Woltersheim, die ihr zuerst so imponiert hatten, kaum dagegen halten konnte. Und als sei ihr eine zauberkräftige Wünschelrute in die Hand gegeben worden, so erfüllten sie alle ihre Wünsche, fast ehe sie die selben in Worte kleiden konnte. Ihre Mutter fuhr täglich mit ihr auS und überschüttete sie mit kostbaren^Geschenken. Sie erhielt Kostüme und Schmucksachen, elegante Kleinigkeiten, die eine verwöhnte, vornehme Dame gebrauchen kann. Wie ein Trousseau war es in ihrem Zimmer aufgebaut. Mit gro ßer Hingabe widmete sich Mrs. Fokham ihrer Tochter. Sie freute sich, wenn sie Evas Schön heit den rechten Rahmen geben konnte. Eva provitierte viel von der Kunst ihrer Mutter, sich geschmackvoll zu Neiden und ihre Schönheit wie ein köstliches Gut zu Pflegen. Sie freute sich nicht wenig all dieser Herrlichkeiten. Bei jedem neuen Kleid, bei jedem Schmuckstück fragte sie sich: Wie werde ich Götz darin gefallen? WaS wird er nun zu seinem „greulichen kleinen Monstrum" sagen? — So waren acht Tage vergangen. Eva saß am Vormittag in ihrem Zimmer, um, wie täg lich, an Götz zu schreiben. Da trat ihre Mutter bei ihr ein. „Schon wieder ein Liebesbrief?" fragte sie lächelnd. (Fortsetzung in der Morgenausgabe)
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