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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 01.04.1912
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1912-04-01
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19120401020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1912040102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1912040102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1912
- Monat1912-04
- Tag1912-04-01
- Monat1912-04
- Jahr1912
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BezugS-VreiS L«ch di« V»K: tmier-alb Deutschland» und d«r deutschen Kolonien oierteliahrl- 5.« MI., monall. ILli Mk. auischl. Poirbeftellaeld. Ferner in Belgien, Dänemark, den Donaultaalen, Italien, l!uiembura, Niederlande, Nor wegen, Oesterreich-Ungarn. Rußland, Schweden, Schwei» u. Spanien. In allen itdilgen Staaten nur direkt durch di« Eeschattrftell» de» Blatte» erhältlich. Da» Leipziger Tageblatt erscheint 2mal «igltch, Sonn- u. Feiertag, nur morgen». Ldonnem«nt»-Snnahme: S»ha,»i»g,lse 8, Lei unteren Trogern, Filialen, Spediteuren und Annahmestellen, sowie Postämtern und Briejtragern St»i«lo«rrauf»pr»t» 10 W. Abend-Ausgabe. Mip.rlgcr Tllgckaü f 14 892 lBnchtnnIchl»!,) TrU-Äuschl.^ 14 «9S > 14694 Handelszeitung. Erl.-Änschl. 14 892 lBaqtauschlu») 14 693 14 694 Amtsblatt des Nates und des Volizeianttcs Ser Liabt Leipzig. Anzeige« Preis ftlr Inlerat, ,u» L«tp»ta und Umgebung di, Upalrige Petit»«ile S dt« Neklame- »eil, l Mt. ,on aurwart» Ä Netlamen l-20Mk. von Behörden im amt. lichen Teil »te Petitjett« S0 Ps E«Ichast»anzei,«n mit Platzvorschrift«» im Preise erhöht Rabatt nach Tarik Berlage,«bahr »«samt, auslag« L Mt. p Tausend erkl. Postg«oiihr. Letlbeiiage Hoyer. Fefterteilt« Aujrrage können nirdt zurack» -erogen werben Für da» Lrlweinen a» bestimmten Tagen und Plauen wird kein» Garantie übernommen. Anzeigen »Annahme' Johann,,,als« 4 dei sämtlichen Filialen u. allen Annonce» E»peditionen de» In. und Ausland«». Druck und Bert«, »on Fischer L Kürst«, Inhaber: Paul Kürfteu. Vkedittion und Geschält»st«ll«r Iohannisgass« 8. Hcuot > Filiale Dre»d«u: Eeeurage i. l (Telephon 46211. Ar. lgz. Montag, üen l. gprtt 1912. Die vorliegende Ausgabe umfaßt 10 Seiten. Das Müitiglte. * Der preußische Justizminister Beseler be geht heute sein SOjähriges D i e n st j u b i l a u rn. * Der Zweckverband Großberlin har am heutigen Tage Gesetzeskraft erlangt. » Die Leipziger Nauchwarenfirma Theodor THörer stiftete aus Anlaß ihres Jubiläums der Leipziger Handelshochschule ein Kapital von 100 000 Mark. (T. Leipz. Ang.) Die Dauer üer Neichstagslelston Aus parlamentarischen Kreisen wird uns ge schrieben: Der Wunsch eines sehr großen Teils der deutschen Bürger, die Wehroorlagen möglichst bald vom 'Reichstage verabschiedet zu sehen, ist so natürlich, daß er keiner besonderen Rechtfertigung bedarf. Trotzdem erscheint es zweifelhaft, ob die Erwartung, der Reichs- tag werde noch vor Pfingsten die Beratung der Wehroorlagen abschlicßen, in Erfüllung gehen kann. Das Hindernis, das in dieser Richtung vorhanden ist, besteht in der Deckunasvorlag c. Sie wird voraussichtlich Anfang nächster Woche, möglicherweise noch einige Tage später, dem Bundesräte zugehen. Ist unter solchen Umständen auch anzunehmen, daß so wohl die Wehrvorlagen, die bekanntlich dem Bundes rat schon zugcgangen sind, als auch die Deckungsvor- lagc dem Reichstage gleich nach dem Ablauf der Osterferien (16. April) werden vorgelegt werden, so stebt bis Pfingsten für die parlamentarische Er ledigung beider Materien nur eine verhältnismäßig kurze Zeit zur Verfügung. Man kann diese Zeit unter Berücksichtigung des Umstandes, daß der Reichs tag einige Tage vor dem Pfingstfest (26. Mai) Serien machen wird, auf etwas über vier Wochen veranschlagen. Nun darf wohl mit einiger Sicherheit darauf gerechnet werden, daß innerhalb dieses Zeit raumes die Kommissionsberatung der Wehrvorlagen zum Abschluß gelangt. Allein das gleiche betreffs der Deckungsoorlage anzunehmen, ist wohl angesichts der Zusammensetzung des neuen Reichstages etwas gewagt. Man muß sich also darauf gefaßt machen, daß die Beratung der Wehr- und Deckungsvorlagen erst nach den Pfingstfekien beendet wird. Das bedeutet eine Reichstagstagung bis tief in den Juni hinein. Eine derartig« Ausdehnung der Session ist auch in früheren Jahren wiederholt vor gekommen. Ob freilich nach den Anstrengungen des Wahlkampfes nicht plötzlich eine parlamentarische Abspannung eintritt, die zu einem schnelleren Ende der Tagung führt, ist ein« Frage für sich. Der Lergsrbeiterttreik. Die Lage im böhmischen Slrrikgrbiet. Aus Brüx wird gemeldet: Die Lage im nordwestböhmischen Streikrevier ist ziemlich unverändert. Der unabhängige sozia listische Abgeordnete Stark ist im Interesse der Verhinderung der Ausbreitung des Streiks tätig. Er agitiert, daß am Montag auf einigen Zechen die Arbeit wieder ausgenommen wird. Eins von ihm einberufene Versammlung konnte nicht stattfinden, da kein Teilnehmer erschien. Stillstand des Kohlenverkehrs auf der Elbe. (Don unserem Aussiger Mitarbeiter.) Aussig, 31. März. Da der Streik im Kohlenrevier ungcschwächt an hält, so ist auch im Elbegeschäft noch keine Aenderung zu verzeichnen Der Kohlenvcrkehr steht voll ständig still. Umgeschlagen wurden gestern nur drei Wagen Kohle, Regiekohle für die Sächsisch- Böhmische Dampfschiffahrts - Gesellschaft, dagegen 66 Waggons Güter. Dor dem Elbumschlagplatz Tetschen-Leube befinden sich zurzeit 3 Eildampfer und 70 Deckkähne. Vom 1. Januar bis heute sind ins gesamt 960 beladene Schiffe und 58 Flöße von Böhmen nach Deutschland eingefahren, die vor Hirsch mühle, Krippen oder Schandau zur zollamtlichen Ab fertigung gelangten. Dir Wendung in England. Aus London wird gemeldet: Die Nachrichten aus dem Strsikgebiet lauten setzt beruhigender. Nach den bisher vorliegenden Ab stimmungsresultaten der Bergleute über die Frage, ob der Streik weiter fortgcführt werden soll oder nicht, haben ergeben, daß bis Mittwoch, dem Tage, an dem die letzten Abstimmungsrcsultate bekannt werden dürften, eine sichere Majorität für die Wiederaufnahme der Arbrit zu erwarten ist. Die Arbeiterführer bieten jetzt ihren gesamten Ein fluß auf, um die Streikenden zur Wiederaufnahme der Arbeit zu veranlassen. Sie fürchten, daß ein weiteres Andauern des Streiks ihnen die Sympathien der großen Masse des englischen Volkes völlig ent fremden würde. Die traurigen Folgen des Kohlenarbeiterstreiks, die bisher sich erst in Len Jndustricbezirken geltend machten, beginnen nun auch in den übrigen Teilen des vereinigten Königreiches sich in erschreckendem und täglich zunehmendem Maße zu zeigen. Selbst bis in die entferntesten Winkel Großbritanniens dringt die Not. In landwirtschaftlichen Bezirken mehren sich die Fälle von Waldfrevel und Diehdiebstahl, und in den Industriezentren werden täglich Hunderte von Leuten, die dem Hungcrtode nahe sind, in die Krankenhäuser eingeliefert. Von dem ganzen Lande wird nichts sehnsüchtiger gewünscht, als die Rückkehr normaler Verhältnisse, die jedoch erst Monate nach der endgültigen Beilegung des KMenalbaiterstreiks selbst im günstigsten Falle eintreten dürfte. Der Beginn drs amerikanischen Streiks. Eleveland (Ohio), 1. April. (Tel.) 400 000 Berg, leure in den Anthrazit- und Weichkohlengmben stel len morgen um Mitternacht die Arbeit ein. Sowohl di« Grubenbesitzer als die Arbeiterführer bemühen sich, die Dauer der Arbeitseinstellung so kurz als möglich werden zu lasten. Am 10. April findet in New York eine Konferenz zur Beilegung des Streiks der 170 000 Bergleute der Anthrazitgvuben von Pennsylvanien statt. Für hie Weichkohlenrcviere wurde kürzlich ein Abkommen über eine gleich mäßige Lohnerhöhung erzielt, doch kann das Abkommen erst durch Abstimmung des Verbandes ratifiziert werden, die in 1t Tagen stattfindet. Narrens Wanöelungen. Wegen der Meinungsverschiedenheiten über den Charakter des Zentrums hat sein einflußreicher Führer Roeren die Mandate zum Reichs- und Land tag niedergelegt. Diese Tatsache erinnert vor allem an die Wandelungen, die Herr Roeren in bezug auf dxn Charakter des Zentrums durchgemacht hat. Als Teilnehmer an der Osterdienstags-Konferenz von 1909 ist Roeren für den konfessionellen Charakter des Zentrums eingetreten. Als aber am 28. November 1909 die Parteileitungen des Zentrums im Reichstagsgebäude versammelt waren, um das Zentrum parteiamtlich als politisch ad- zustempeln, gab Abg. Roeren „nach eingehender Aus- spräche" folgende Erklärung ab: „Weil die Definition des Charakters des Zentrums im Satz 1 der Beschlüsse der sogenannten Osterdienstags-Konferenz zu Mißdeutungen Anlaß gegeben hat, trete ich auf den Boden der in der heutigen Versammlung vorgeschlagenen Er klärung über den Charakter des Zentrums." Der Wortlaut dieser Erklärung bezeugt die inneren Vorbehalte, mit denen sie abgegeben wurde, und Roerens Verhalten hat offenbar jenen Vorbehalten entsprochen. Denn er sah sich veran laßt, am 24. Oktober 1910 vor dem Landesausschuß der preußischen Zentrumspartei, verstärkt durch ore nichtpreußischen Mitglieder des Vorstandes der Reichstagssraktion sowie durch mehrere Vertreter der Zentrumspresse, die nachstehende Erklärung ab zugeben: „1. Ich tret« nunmehr unzweideutig und vorbehaltlos auf den Boden des Beschlußes des Landesausschustes vom 28. November 1909 und werde alle weitere direkte oder indirekte Ver tretung einer anderen Formulierung unterlassen. 2. Nachdem sich gezeigt hat, daß die Schopensck)« Broschüre Köln eine innere Gefahr für den deutschen Katholizismus die Einigkeit in der Zentrumspartei gefährden kann, will ich die frühere Empfehlung derselben nicht mehr aufrecht erhalten. 3. Ich hoffe und wünsche, daß der ganze Streit, der sich an di« sogenannte Osterdienstags-Konferenz geknüpft hat. auf feiten der Teilnehmer der Konferenz wie ihrer Gegner weder in der Presse noch in Versammlungen fort gesetzt wird." Im Anschluß hieran wurde von der Versamm lung der Zentrumspresse die Einstellung jeder Pole mik über alle an die Osterdienstags-Konferenz an geknüpften Streitfragen empfohlen. Wenn Abg. Roeren nunmehr unter Berufung auf die betrests des Charakters der Zentrumspartei bestehenden Meinungsverschiedenheiten seine Mandate nieder legt, dann scheint dies zu bedeuten, daß er sich von der am 24. Oktober 1910 abgegebenen Erklärung zum mindesten innerlich lossagt. Daher wird der Streit zwischen „Berlin" und „Köln" mutmaßlich fortan um so heißer entbrennen, re deutlicher die Beschirmung des Monsignore Benrgni durch den Kardinal- Staatssekretär gegenüber der Richtung „Köln" jüngst gezeigt hat, daß die Sympathien der Kurst der Richtung „Berlin" gehören. Die mirtlchsktllche Lsge Italiens Die „Agenzia Stefcrni" versendet ein Zirkular dcS italienischen Ministers deS Auswärtigen Mar- chese de San Giuliano an die diplomatischen Vertreter Italiens, in dem der Beweis erbracht wird, daß der wirtschaftliche Aufsclstvung Italiens aucb während des Krieges sortdauert. Dir veröffcntlick)en den folgenden Auszug aus diesem Zirkular: Finanzen und Bilanz. Die StaaiS.'inm hmen Italiens sind von 1898,99 bis 19)0/11 um 700 Mil lionen gestiegen. Diese Steigerung ist zum kleinsten Teile neuen Steuern zu verdanken und beruht viel mehr auf dem natürlichen Wachsen des National» reichtums. Vom 1. Juli 1911 bis Ende Februar 1912, also während des Krieges, sind die Staats einnahmen um 49 Millionen gestiegen, obgleich die Einnahmen aus dem Getreidezoll ivegen der guten Ernte um 27 Millionen gefallen sind. Im letzten Quartal deS Jahres 1911, also während der ersten drei Monate des Krieges, waren die Einnahmen aus der Einkommensteuer um 9,4 Millionen, die Ein nahmen auS den Geschäftssteuern um 4 Millionen, die Einnahmen aus dem TabakSmonopol um 4,9 Millionen, aus dem Salz um 4,4 Mil lionen höher als in dem entsprechenden Quartal 106. Ishrgsny. dcS Vorjahres. Tie Uebcrschüsse deS Staatsschatzes betrugen am Ende des vorigen Jahres 224 Millionen und haben sich im Laufe des Januar nur um 27 Millionen vermindert. Ter internationale Handelsverkehr hat im Jahre 1911 eine Vermehrung von 112 Millionen auf dem Oiebiete der Einfuhr und von 89.3 Millionen auf dem Gebiete der Ausfuhr er ¬ fahren, wobei zu bemerken ist, daß die Vermehrung der Einfuhr lediglich auf dem stärkeren Verbrauch an Rohstoffen beruht, also ein Beweis für die gün stige Entwicklung der heimischen Industrie ist. In den ersten beiden Monaten des laufenden JahreS hat sich die Ausfuhr ebenfalls um 28 Millionen vermehrt, während sich die Einfuhr um 36,7 Mil lionen vermindert, die Handelsbilanz also ver bessert hat. i Den industriellen Fortschritt Jta- lienS beweisen die folgenden Ziffern: Vom Jahre 1873 bis zum Jahre 1903 haben die in der In dustrie verwandten Pferdekräste um 273 Prozent ' zugenommen und die in ihr beschäftigten Arbeiter um 38 Prozent. Ein schlagender Beweis für die er- staunliche Entwicklung der italienischen Industrie ist darin zu erblicken, daß von den 2,2 Milliarden Lire, die in den letzten sechs Jahren für Lieferungen an die Militärverwaltung und die Eisenbahnen ge zahlt worden sind, nur 507 Millionen dem AuSIande zuficlcn, also nur 27 Prozent. Die Lieferungen der italieniscktzm Industrie für diese Zwecke haben sich in den letzten sechs Jahren verdreifach, während die Teilnahme deS Auslandes an ihnen nur von 67.3 auf 68,8 Millionen gestiegen ist. Eine der wichtigsten italienischen Industrien, die Baumwoll fabrikation, hat trotz der Krisis, die sie durchzumachn mußte, im Jahre 1911 1,9 Millionen Doppelzentner an roher Baumwolle, 152 637 Zentner mehr als im vorigen Jahre, verwendet. Der Export von Baumwollcnfabrikaten ist von 137,8 Millionen im Jahre 1909 auf 217,8 Millionen im Jahre 1911 gestiegen. Tie Banken haben in den Jahren 1894 bis 1908 ihre Mctallreserven um 175 Prozent vermehrt, so daß sie jetzt an dritter Stelle stehen und das Verhältnis zwischen der Metallrescrve und dem Notenumlauf hat sich um 32 Prozent günstiger ge staltet. Für öffentliche Arbeiten, wie Häfen, Bodcnmeliorationen, Straßen usw., hat Italien im letzten Jahrzehnt 544 Millionen Lire ausgegeben. Tie Zahl der Telegramme ist im Jahre 1911 um 65 Millionen gewachsen. Die Länge der Tele graphendrähte hat sich um 59 030 Kilometer ver mehrt. Die Telegraphenabonnenten um 13 896. Auch auf dem Gebiete deS öffentlichen Unterrichts hat Italien große Fortschritte ge macht. Seit 1862 ist die Zahl der Elementarschulen von 28 490 auf 63 618 gestiegen, während sich in dieser Zeit die Zahl der Schüler verdreifachte. Die Auswanderung weist zwar immer noch sehr große Zahlen auf, ist aber im Abnehmen be griffen. Im Jahre 1911 sind von italienischen Häfen und von Havre nach Amerika 212 500 Italiener auSgewandcrt. 114 747 weniger als im Vorjahr, ivährend die Zahl der Rückwanderer sich um 55 000 vermehrt hat. Tie Italiener im AuSlande wetteifern darin, ihren Betrag für das italienische Rote Kreuz und die bedürftigen Familien der Soldaten, die im Felde gefallen oder verwundet worden sind, in die Heimat zu schicken. BiS jetzt sind zu diesem Zwecke etwa IV, Millionen eingelaufen. O- Demonstrationen zur Fortsetzung des Kriege». AuS Rom wird gemeldet: , - Am Sonntag fanden in Parma zwei Versamm lungen statt, von der die eine für d«n Krieg, von der dynastischen Partei, die andere gegen den Krieg, von den Sozialisten einberufen worden war. Tue erstere war von etwa 10 000 Personen besucht, wäh rend die Versammlung der Sozialisten etwa 4000 Sine Stunüe zu spät. 37j Roman von A. von Liliencron. Siersbeck Hand fuhr zitternd über sein« Stirn, große Schweißtropfen standen da. „Sie glaubt sich in Frankfurt — fragt nach dir — nach mir? „O, das ist Folterqual." „Bleibe zurück, wenn es dir zu schwer dünkt, ich gehe." Bruno hielt ihn fest. „Ich komme mit." Wohl zum erstenmal im Leden stand Siersbeck dem Freunde grollend gegenüber. „Nur, falls du dich genügend beherrschen kannst. Ich sage Llr, wenn du schwach würdest, wenn du sie beunruhigtest, das wäre ein Verbrechen, ich würde es nicht dulden." Bruno machte ein Zeichen mit der Hand. „Geh' voran; ich folge." Nun stand er in der Stube^ hinter die Vorhänge gedrückt, und starrte um sich. Sern Herz hämmerte so wild, daß es ihm fast den Atem raubte. Durch die herabgelossenen roten Vorhänge drang der Sonnen schein und malte purpurne Lichter auf die weißen Falten des Himmelbetts und die zarte Gestalt der Kranken. Trügerische Rosen glühten auf ihren Wan gen, die Augen glärizten, und die Lippen plauderten leise und lächelnd. Siersbeck trat soeben zu ihr. Sie erkannt« ihn. „Willst du auch von den Glockenblumen haben, die ich für den andern gepflückt habe?" fragte sie. „Wenn dein großer Freund sie mir gibt", murmelte Hans Bärbchen wurde unruhig. „Wo bleibt er? Ich warte scharr lange." „Hündchen!" Bruno war an das Bett herangetre- ten und nahm ihre brennend heiße Hand. „Run bist du da! Nun ist alles gut!" sagte sie leise. Wie Jubel klang das. und aus den dunkeln Augen brach ein strählendes Leuchten. Dann drückte sie ihren Kopf an feinen Arm. Das war die alt« Kinderbrweguna, die sie immer an sich gehabt hatte, wenn ihr die Wort« fehlten, um die Innigkeit ihrer Empfindung auszudnuken. Es überwältigte Bruno fast, aber er bezwang sich und strich nur leist über ihr weiches Lockenhaar. Am Hinterkopfe, wo der Balken sie getroffen hatte, waren die Haare abgeschnitten. Er gewahrte das, machte aber keine Bemerkung darüber und wandte nur den Blick von dem Tische, der neben ihrem Bett« stand, denn darauf lagen die langen, goldenen Locken, und er meint«, diesen Anblick nicht ertragen zu können. Därüche.ns Gedanken fingen an, zu wandern. „Die Glockenblumen", murmelte sie, „gib sie mir doch!" Siersbeck sah sich suchend um. Auf dem Fenster standen in einem Glase, lose hineingesteckt, Veilchen. Er nahm sie heraus und gab sie ihr. Hastig griff sie danach und ordnete sie zum Sträußchen. „Heute habe ich Faden, viel Fäden. Alles kann ich zusammenfin den." Lächelnd griff sie nach den abgeschnittenen Locken und drückte Blumen und Haar in Ziersbecks Hand. „Mache du es. Ich bin so müde." „Bitte, lege dich hin, du mußt schlafen", bat Bruno. Er fühlte, wie sie ihren Kopf fester an seinen Arm drückte. „Singen möcht' ich." Unhörbar öffnete sich die Tür. Der Kammerherr trat ein und blieb, vom Vorhang halb verdeckt, auf der Schwell« stehen. An ihm vorbei schlich der alte Johann, kniet« am Fußende des Bettes nieder und vergrub sein Gesicht in den Häiiden. Weder Bruno noch Hans hatten die Eintretenden bemerkt, ihre Augen waren umflort und die Welt um sie her ver sunken. Sie sahen nichts anderes, als das verklärt« Antlitz der Sterbenden, sie hörten nichts anderes als ihren flüsternden Gesang. Wie ein Vögelchen, das im Schlafe seine Melodien traumhaft leise flötet, so fanq jetzt Bärbchen mit umschlererter Stimm«: Mondelang, sehnsuchiskrank. Harr' ich dein; süße Pein, Stilles Glück, komm zurück. Ich bin dein. „Ich dm dein", — wiederholte sie noch einmal. Es klang wie glückliches Triumphieren. Dann richtete sie sich auf. Die Augen waren weit geöffnet, die zit ternden Hände versuchten, sich zu falten. „Alles lickt — mein Gott, nimm mich auf." Sie breitete die Arme aus. Der Atem ging rasch — fliegend, aber der verklärt« Ausdruck wich nicht aus ihren Zügen. Bruno stützte sie, ihr Kopf ruhte an seiner Schul ter; ihre rechte Hand hielt Hans gefaßt, der an ihrem Bette kniet«. Langsam senkten sich die dun keln Wimpern, leiser ging der Atem, und schwerer lehnte sie sich in Brunos Arm. Minute auf Minute verstrich. Der Arzt, der sich mit der Pflegerin in das Nebenzimmer zurückgezogen hatte, trat ein. „Es ist vorbei", sagte er; „sie ist ohne Kampf entschlum mert." Neuntes Kapitel. In der Schloßkapelle stand, unter Blumen gebet tet, Bärbchens Sarg. Johann hatte es sich nicht neh men lassen, die Totenwache zu halten. Jetzt geleitete er soeben eine schlichtgekleidete Frau, die immer von neuem ihre Tränen trocknete, zur Kapelle hinaus. In dem Gaststübchen, das dem alten Diener angewiesen war, saßen die beiden noch lange miteinander. Bäck chens Pflegemutter und der Diener aus Wentrup hatten einander viel zu erzählen und viel vonein ander zu hören. „Engelgut war sie", wiederholte die Frau; „selbst meinem Manne, der all das Unglück über sie gebracht hat, hat sie vergeben. Er hatte sich aus dem Staube gemacht, aber das Gewißen ließ ihm keine Ruhe, und von Amerika aus schrieb er an Bärbchen und bat um Verzeihung." Der Alte nickte. „Weiß Gott, solche zweite gibt es nicht wieder. Ich habe immer gefügt, unser kleines Fräulein ist zu gut für dies« Welt." „Sie ist zu gut für diese Welt gewesen", das sagte auch Siersbeck, als er am Morgen des Begräbnis tages mit Bruno «ine einsame Wanderung machte. „Das Bärbchen uns beiden war, weiß jeder für sein Teil am besten, und was wir an ihr verloren Haden, damit muß auch jeder von uns fertig werden " Brunos Blicke ruhten trübe auf der winterlichen Landschaft. „Man muß lernen, sich ohne sie im Leben zurechtzufinden, aber das wird ein hartes Stück Ar beit sein. Ihr« erkaltete Hand in der meinigen, habe ich mir gelobt, die Wege zu gehen, die mein Sckutzgeist mir gewiesen hat. Gott helfe mir zu einer Pflichttreue, wie Bärbchen sie mir vorgelebt hat." Hans antwortete nicht. Schweigend gingen sie weiter. Nach einer Weile sagte Siersbeck: „Für ander« zu leben und sich selbst dabei zu vergessen, das war ihr innerstes Wesen, und chr Bild bleibt für mich der verkörperte Sonnenschein. Himmlisches Licht und be glückende Wärme gingen von ihr aus, und diäse Er innerung ist unantastbar. Sie wird mich begleiten in meinem einsamen Leben und bei meiner Arbeit." Wieder ein langes Schweigen, dann fragte Hans: „Hast du deine Frau gesprochen?" „Ja. Ich wollte gestern äbend den Myrtenkranz selbst auf Bärbchens Locken setzen. Als ich in die Kapelle trat, kniete Eva an dem Savge. Sie stand auf und wollte an mir Vorbeigehen. Ich bot ihr di« Hand. Daß sie an Bärbchens Savg gebetet hatte, da, hatte sie mir nähergebracht. Doch sie wandte sich weg. „Sie wollen mit der Toten allein sein", sagte sie; „ich gehe." Kalt und stolz blickten die Augen aus ihrem blassen Gesicht, und kalt und stolz schritt sie an mir vorüber, ohne meine Hand zu beachten. Mich fröstelt« bis ins Mark." Siersbeck blieb stehen. „Du wirst aber doch Barb- chens Ditte erfüllen und mit deinem angetranten Weibe Frieden schließen?" Auch Bruno war stehen geblieben. Er drückte di« Hand des Freundes. „Ich will es, und zwar noch beute, heute, wenn das Begräbnis vorüber ist. Wir stehen jetzt einander ferner, als je, aber bei Gott, an mir soll es nicht liegen, wenn di« Kluft nicht zu üb«r- brücken ist." Langsam und ohne ein weiteres Wort kehrten Vie Freunde zum Haust zurück. (Fortsetzung in der Morgenausgabe^
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