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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 19.04.1912
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1912-04-19
- Sprache
- German
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19120419028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1912041902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1912041902
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1912
- Monat1912-04
- Tag1912-04-19
- Monat1912-04
- Jahr1912
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Sette 2. Nr. 199. 106. Jahrgang. Leiprl-er Lrgedlatt. Frettag, 19. NprU 1912. Dann hört« man da, Knarren d«r Hebel, die die Maschinen stoppten und die wasserdichten Türen ver schlossen. Einen Augenblick später gab der Kapitän auf der Brücke di« Anweisung, die Rfttung»gürtel anzulegen und die Boote nieder-ulassen. Die ersten Boote wurden mit Männern gestillt, die zuerst auf Deck erschienen. Al» ein Ansturm von er» schreckten Männern. Frauen und Kin» dern auf Deck erfolgte, wurde die Regel »Frauen zuerst!" scharf durchgefiihrt. Die Offiziere zogen ihre Re volver, aber in den meisten Fällen war es unnötig, sie zu gebrauchen. Revolverschüsse kurz vor dem Untergang riefen Gerüchte hervor, der Kapitän und die Offiziere hätten Selbstmord verübt. Un mittelbar vor dem Untergang sprang der Kapitän von der Brücke hinab. Nachdem das Deck weg- gewaschen war, sah man viele mit Rettungsgürteln hinuntrrsinken. . ^Vie Explosion zerriß das Schiff. New York, 19. April. Ein Passagier der „Car- pathia" behauptet, das; sich Kapitän Smith auf der Kommandobrücke erschossen habe. Rach einem anderen Bericht beging der 1. Offizier Selbstmord. Gerettete Leute ron der Mannschaft wiesen jedoch diese Berichte zurück. Der Kapitän wurde unmittelbar bevor das Schiff sank, noch auf der Kommandobrücke gesehen. New Port, 19. April. Der Passag er Beasly von der „Titanic" erzählt, er habe zurzeit des Zusammen stoßes ein leichtes Erzittern des Schiff«» wahrgenom- men und sei darauf an Deck gegangen, wo er noch andere Passagiere fair-, die indessen nicht beunruhigt waren. In einem Rauchzimmer sah er Kartenspieler sitzen. Sie sahen dann einen großen Eisberg vorbei treiben und nahmen an, daß das Schiff diesen ge streift habe, ohne zu ahnen, daß der Eisberg mit seinem unter Wasser befindlichen Teil v« nSckrfss- b 0 0 cn durchschnitten habe. Das Kartenspiel wurde daher fortgesetzt und Beßly zog sich nach seiner Kajüte zurück. Kurz danach begab er sich wieder an Deck, wo alle zu wissen verlangten, warum die Ma schinen gestoppt seien. Da es ihm zu kalt war, ging er in seine Kabine, um sich wärmer anzuziehcn. Hier hörte er das Kommando: „Alle Passagiere an Deck mit N« ttu n gs gü r te l n!" wettere Berichte von Bngenzeugen. New Park, 19. April. Jeder von den Geretteten der „Titanic" weiß andere Einzelheiten über die furchtbare Katastrophe zu berichten. Die entsetzlichen Nerven.anstrengungen, denen di« Unglücklichen ausgesetzt waren, haben selbstverständlich dazu geführt, daß sie in einer Reihe von Punkten die widersprechendsten An gaben gemacht haben, da durch die rasche Auf einanderfolge der mit elementar«! Gewalt herein brechenden Ereignisse sich naturgemäß die Ein drücke verwischt und verschoben haben. Der T 0 d von Stead und Herrn und Frau Strauß wird bestätigt. Ueber die letzten Augeiv- hlicks. d«s Ehepaares berichten Augenzeugen. YyL stch Frau Strauß geweigert habe, das Schiff zu verlassen und daß sie, als die „Titanic" in den Wellen versank, mit ihrem Manne fest umschlungen an der Bordwand stand. Eine andere gerettete Frau erklärt, daß, als das Schiff kurz vor V?2 Uhr unterging, die Steward-Kapelle sich in Reih und Glied aufstellte und «inen Thoral spielte. Sieben Gerettete starben später an Ermattung und wurden auf hoher See beigesetzt. Zwei Frauen wurden wahnsinnig, als sie hörten, daß ihre Angehörigen den Tod in den Wellen gefunden hätten und sie allein gerettet worden seien. New Park, 19, April. Ueber das Schicksal der Astors berichtet ferner lentgegen den obigen Mitteilungen) einer der Geretteten der „Titanic": Ich sah Frau Astor, wie sie aus einem der Rettungs boote an Bord der „Earpathia" getragen wurde. Astor selbst hat bereits eine Stunde vor dem Unter gang der „Titanic" seinen Tod in den Wellen ge ¬ funden. Er war nach dem Zusammenstoß tn d«r furchtbarsten Erregung. Der «inst so starke und stattlich« Mann war kaum noch zu erkennen. Er lief zweck- und ziellos hin und her und wieder- holte immer wieder dieselben sinnlosen Worte: „Ich will lieber auf dem Schiff« st erben als im Wasser." Ein« der haushohen, «knkalten Wellen, die über das llnglücksschiff htnweg-ingen, spülte ihn dann von Bord. Er war bereit, vor Kälte derartig erstarrt, daß er keine Bewegung mehr zu seiner Rettung zu machen vermochte. Aus den übereinstimmenden Aussagen aller Ge retteten geht hervor, daß eine groß« Anzahl von Passagieren in ihren Kabinen «lend er trunken sind, ohne überhaupt erst den Weg ins Freie zu finden, und auch für die übrigen war die Zahl der Rettungsboote viel zu gering. Der größte Teil der Zwischendeckler war im Raume de» Schiffes wie die Ratten in der Falle gefangen, und diese armen Teufel sind vom Tode überrascht worden, ehe ihnen überhaupt noch die Nähe der Katastrophe bekanntgeworden ist. New York, 19. April. Uebereinstimmend wird von den U«berlebendcn die Disziplin der Mannschaft lobend hervorgehoben. Einem Teil der Zwischen deckler war es gelungen, auf Deck zu kommen. M i t Eisenstangen und Messern bewaffnet, versuchten sie sich der Rettungsboote zu bemächtigen. MitRevolvern mußten die Heizer und Stewards die Sinnlosen zurücktreiben, da durch sie die Rettung aller gefährdet war. Wie die wilden Tiere kämpften die Italiener und Kroaten, die sich unter den Zwischendecklern befanden und immer wieder versuchten, an die Rettungsboote heranzu kommen. Es war ein furchtbare« Ringen in der dunklen Nacht aus dem schlüpfrigen Deck. Wer zu Fall kam, wurde getreten und in die Wellen gestoßen. Endlich gelang es, die Wütenden zurückzutreiben, um für die Frauen und Kinder ein« Bahn nach den Rettungsbooten hcrzustellen. Furchtbar war das Brüllen der in ihren Ställen eingeschlossenen Tiere, die den Tod nahesühllen. Zwischendurch klang der Helle Ton der brechenden Eisschollen und das Rattern der Marroni-Apparate. Leichen trieben umher, als die letztenBoote abstießen. Das Streichorchester spielte beim Untergang im Sa lon »Näher, mein Gott, zu dir!" Frau Isidor Strauß weigerte sich, ihren Gatten zu verlassen. Niemand be st reitet Len Heroismus der Mannschaft, w«lcher Ober st Astor uird andere Passagiere der 1. Kajüte an Heldenmut gleichkamen. Das Schottensystem verhinderte nicht, ver zögerte jedoch das Sinken. Ein Leck an Steuerbord ließ das Liswasser ein, wodurch eine Explosion der Kessel herbeigesührt wurde. Einer der Geretteten erzählt, daß Kapitän Smith durch eine Welle von der Kommandobrücke ins Meer geschwemmt wurde. Es gelang dem Greise jedoch, schwimmend das untergehende Schiff wieder zu erreichen. Die Flucht auf ein Rettungsboot lehnte -silMijt^ mit HA. Mttey;, , , . a d Zusammenstoßes gesunken sei. „Carpathia" brauchte 4 Stunden, nm an die Unglücksstelle zu kommen, da der Kapitän vorsichtig fahren ließ, um nicht die bereits ausgesetzten Rettungsboote in den Grund zu bohren. Allgemein wird Klage geführt, daß den Rettungsbooten die genügenden Bedienungs mannschaften fehlten, so daß die Frauen die schweren Nuder führen mußten. Tie Heizer der „Titanic" hatten sich wie die Helden benommen. Sie sangen inmitten der Gefahr lustige Lieder, um die Passagiere zu beruhigen und sie über die furchtbare Gefahr, in der sie schwebten, hinwegzutänschen. Oberst Astor be- teiligte sich auch kräftig am Rettungswerk. Einer der Passagiere sah, daß, nur kurze Zeit bevor der Dampfer unterging, Astor ein Kind in das letzte abstoßende Doot hob und eS in die Arme der Mutter legte. Vorzeichen. New York, 19. April. Nach dem Bericht eines Passagiers der „Carpathia" wurden an Bord der „Titanic" schon am frühen Abend zwei leichte Erschütterungen verspürt, die aber zu unbe- „Mein Platz ,st hier" 0. Einer der Stewards erzählte, daß - Dampfer 62 Seemeilen von der Stelle des 01 „Ginlsmkeit 19". Erzählung von Fr. Lehn«. lNachdruck i-rrbotcu.) Eva 0. S. an Josepha H. E . . ., 20. Dezember 19 .. Liebe Fräulein Josepha! Ich muß gestehen, dah ich sehr enttäuscht war, Sie nicht zu treffen — und ich hatte mich so gefreut und mir alles so nett ausgedacht! Aber wenn Sie krank sind, so ging es eben nicht! Wie leichtsinnig von Ihnen, bei Fieber aufzustchen und zu schreiben — da muß ich tüchtig schelten — so eilig war es doch nicht! Nun wünsche ich Ihnen recht, recht gute Besserung. Sie dürfen doch Weihnachten nicht trank sein! Sie möchten wissen, wa, für eine Toilette ich ge wählt habe? Eine wunderschöne nilgrüne Chiffon toilette — natürlich dckollctttert, worüber Tante ent setzt ist. Es wär« sündhaft — für ein junges Mädchen schicke sich das durchaus nicht! Aber warum nicht, wenn man schöne Schultern und Arme hat? — Sie halten mich gewiß für eitel, wenn ich das von mir selbst sage — aber das zeigt einem doch der Spiegel! — Und ich bin wohlseil zu jenem Kleide gekommen. Di« Dame, sür die es ursprünglich bestimmt war, hatte die Annahme verweigert, weil das Kleid nickt zur bestimmten Zeit fertig war. Abgesehen von einigen unbedeutenden Acnderungen paßte es mir sehr aut. Das Unterkleid ist nilarüner Taffet mit Chiffon volants: der Halsausschnitt mit diskreter Silber stickerei und Wasserrosen garniert. Tante meint«, es wäre doch kein Maskenball jetzt; e, säh« so aus, als ob ich als Undine gehen wollt« und wie ich so leichtsinnig sein könnte, so viel G«kd für ein Kleid auszugeben da, hätte ich aber von meinem seligen Papa, der hätte auch nie Geld leiden mögen. Wir hätten er ja auch erlebt! Da hab' ich st« aber angeschaut? Tante kann stch wirklich nicht beklagen — sie bekommt im Monat fünsundsicbzig Mark Pension für mich — außerdem so viel geschickt, Wild, Gänse, Wurstkisttn und so weiter und wofür? Daß ich mich hier bei ihr fast zu Tode mopse und die Genugtuung meines Dick kopf«, bat« — nichts »eitert Umstand« mache ich doch a« nicht, da ich chnzn s« vick wie möglich au» dem gHtz»' Längst hab« ich ja mein Unrecht eingesehen. Mama schreibt stets sehr lieb und läßt mich keine Ver stimmung merken, und mein Stiefvater —? Wenn er mir zweihundert Mark zu einer Toilette schickt, muß alles schweigen, nicht wahr? Nein, im Ernst — er ist so gut, wie ich es für meine Ungezogenheit gar nicht verdien«. Dafür will ich ihn aber nachher recht lieb haben, wenn ich wieder zu Haus bin. Ich bin in mich gegangen und ver nünftig geworden — das werde ich immer, wenn das Jahr zu Ende geht und die LLeihnachts- und Silvester stimmung kommt — leider hält sie aber nicht zu lang« an!! Ich habe mir noch ein sehr schöne« zartgraues Lederiäschchen mitgebracht; für Onkel „Bismarcks Briese" gekauft, sowie für Tante eine schwere, schwarz seidene Schürze. Nun kommt das Beste — ein feines Reiseabenteuer habe ich erlebt. Denken Sie, als ich in H . . . ausstteg, Sie zu er warten, stand ein Leutnant auf dem Perron, der mich stark musterte. Natürlich hab' ich ihn auch angeschaut — er gefiel mir, sah sehr vornehm au». Und — was glauben Eie? Er stieg in mein Eoupe, hatte auch in Z. zu tun. Da wir allein waren, kamen wir bald in ein Gespräch, und wir haben uns fein unterhalten. Borgestellt hat er sich natürlich auch. Leider verstand ich seinen Namen nicht — so wie Hilling oder Billing klang es. Merkwürdig, daß die Leute bei Vorstellungen immer so undeutlich reden— Adlig war er nicht; ick hört« wenigstens k«rn »von". Na, das tut ja nichts! Schade, daß ick Ihren Familiennamen nicht wußte, liebste Josepha, sonst hätte ich ihn nach Ihnen ge fragt; sicher kannte «rSte! vielleicht kennen Eie ihn? Er ist ein hübscher, schneidiger Kerl — schlank, blond, sehr lustig«, verschmitzt« blaue Augen, ein schmal«» Gesicht — richtig arntokratisch sah «r au». Er hat einen entzückenden, blonden scknurrbart ü I» „es ist erreicht" — sah aus, als ob soeben erst die Bartbinde abgenommen wäre! Am kleinen Finger trug mein Reisegefährte einen Siegelring — sonst keinen. — Ich maa auch nicht, wenn Herren Ringe tragen — ist für mich mauvai? ixoüt. Aber ein silberne, Kettenarmband fah ich unter der Manschette hervorguckin — da» finde ich riesig feudal, überhaupt macht« «r don Eindruck «in«» richtig« „erstklassigen Menschen", — Di« Rütz« hatte «r s« deutend war«, um die geringste Sorge hervorzu rufen. Trotzdem wurden die Maschinen sofort ge. st 0 pp t. Sammlungen und Beileidsbezeigungen. London, 19. April. Bis gestern abend sind lnmtt» 700000 für di« Hinterbliebenen der Opfer der „Titanic' -Katastrophe gezeichnet worden. Das Bureau der White-Star-Lini« in South ampton veröffentlicht folgendes Telegramm der Fra» des Kapitäns der „Titanic": „An meine Schmerzensgenossrn. Mein Herz ist voll Sorge um alle, die den gleichen Schmerz erleiden wie ich. Möge Gott mit ihnen sein und sie alle trösten. In tiefster Ergebenheit Eleonore Smith." London, 19. April. Die White-Star-Lini« hat aus Danzig ein Telegramm des deutschen Kronprinzen und der Kronprinzessin erhalten, in dem die hohen Herrschaften ihrer aufrich tigen Teilnahme und ihrem tiefsten Bedauern über das schrecklich« Unglück der „Titanic" Ausdruck geben. * William T. Stead ft Es kann leider keinem Zweifel mehr unterliegen, daß unter den Lvsern der „Titanic" sich auch William T. Stead befindet. Einer der interessantesten Charakterköpse des modernen Journalismus ist mit ihm dahingcgangen. Er war von der gewaltigen Mission der Presse in der Gegenwart tief durch drungen, und er glaubte an ihre noch viel gewaltigere Zukunft. William T. Steak» war 1849 in Nord england als der Sohn eines Geistlicl^n geboren, und ein Mann des Nordens ist er, auch seiner äußeren Erscheinung nach, stets geblieben, die mehr an den Typus der Skandinaven, als den de- Durchschnitts engländers erinnerte. Mit 24 Jahren wurde er Redakteur eines Blattes in Darlington, wo er nickutig, aber dock in engem kreise wirkte, bis ein glüälicljer Zufall die Aufmerksamkeit Lord MorleyS auf ihn lenkte, der damals an die Spitze der „Pall Mall Ga zette" getreten war. Nun wurde Stead Redakteur dieses Blattes unter Morleys Oberleitung, und nack dessen Abgang übernahm er 1883 die Führung des Blattes. Der ehrgeizige Mann, der entschlossen war, rücksichtslos zu tun, was ihm vorschwebte, ging sofort ans Werk, das ihm nun anvertraute Blatt zu „machen", und in eigentümlicher, echt engliscl>er Weise vereinigte er dabei den Fanatismus lauterer Uebcrzeuguna mit der Sensationslust deS angel sächsischen Journalisten. AlS er schließlich von der Leitung der „Palt Mall Gazette" zurücktrat, be gründete er 1890 die bekannte „Review os RevicwS", die er bis zuletzt geleitet hat, und die dann in vielen Ländern nachgeahmt worden ist, da sie einen großen Erfolg beim Publikum hatte. Im Rahmen dieser Zeitschrift hat sich nun in den jüngsten Jahr zehnten seine journalistische Tätigkeit entwickelt, und in ihr hat er den Kampf für feine Ideen geführt. Er glich dem großen norwegischen Dichter Björn- son darin, daß er immer eine Idee oder auch einige haben mußte, für die er lebte und wirkt«, und daß er stch der ihn jeweils beherrschenden Idee rückhaltlos und ganz hingab. So war er eine Zeitlang geschwo- rener Anhänger der strengen Enthaltsamkeit vom Alkohol, aber die beiden Ideen, die ihn in der späte ren Epoche seines Lebens vor allem beherrschten, das waren die Friödensidee und der Okkultismus. Er war, besonders seit seiner Unterhaltung mit dem Zaren im Jahre 1898, überzeugter Anhänger der Friedensbewegung, und "wagte e'S währetid des Burenkricges, sich der öffentlichen Meinung seines Landes Mit bex^Schrift .Habe ich ein Recht, meinen Bruder Bur nisd«rzuschlagen?", schroff entaegenzu- stellen. An der Haager Friedenskonferenz hatte er nicht unerheblichen Anteil, und al» dem einzigen Journalisten, dem die Ehre des Nobelpreises zuge- fallen ist, wurde ihm 1907 der Friedenspreis der Nobelstiftung zugeteilt. Ebenso war er für den Okkultismus unausgesetzt und begeistert tätig. Er war, alles in allem genommen, ein ganzer Mann, eine Persönlichkeit, die wett über da» Durchschnitts maß yinausragte. Die „Sekrieüung" Marokkos üurch üle KaiMlen. Die Revolte der scherifischen Truppen in Fez wird von der französischen Regie«ng offiziell, bestätigt. Die Unruhen in der marokkanischen Hauptstadt scheinen aber einen weit gefährlicheren Charakter an genommen zu haben, als die französischen offiziellen Kreise zugeben wollen. Ein über Tanger aus Fez nach Paris gelangtes Telegramm besagt, daß -en unternehmend auf dem Kopf; al» er sie abnahm, sah ich, daß er schönes, blondes gescheiteltes Haar hatte. — Seit mehr als drei Atonalen ist das der erste „Mensch", mit dem ich gesprochen habe — die anderen waren alle Kaffern! — Es gehl doch nichts über einen Leutnant! Und der hier war ein ausgesuchtes Exemplar seiner Rass«! Seiner Majestät Schönster! Ich glaube, ich heirate dock nur mal «inen Leut nant! Viel Geld muh er aber haben! Meistens aber haben die Leutnants nichts, dafür desto mehr Schulden!! Doch nun genug davon. Sonst lachen Sie mich gar aus, dah ich wegen eine, simvlen Leutnants so viel Zeit und Papier verschwende! Sie haben das Vergnügen alle Tag«, mit einem Leutnant zu sprechen — Ihnen ist das ja nichts Neues! — Dies ist nun der letzte Brief vor Weihnachten. Am zweiten Festtag ist Kastnoball — mein erstes Vergnügen hier! Eigentlich ist das Kleid, das ich mir gekauft zu schade für Krähwinkel. Aber Ende April hat eine Cousine von mir Hochzeit — da hab' ich's dann gleich! Sie heiratet einen Reichsgrafen mit wenig Haaren und vielen Schulden. Ob ich auch mal einen Reichsgrafen kriege? — Ich möchte es noch nicht einmal — denn danach könnte ich mich gar nicht benehmen — ich errkant tsrribls! — Aber meine Cousine Christiane Dorothea Gott ¬ friede ist wie dazu geschaffen — kühl, blond, vor- nehm genau so langstielig wie ihr Verlobter! Heute abend wird der Weihnacht«bäum ge schmückt! — Mit nwinen Arbeit«» bin ich so ziemlich fertig — hab' mich tüchtig dazuhalt«» müssen. — Darf ich zum vierten Festtag auf Nachricht hoffen? Nochmals gute Besserung, um lassen Sie sich recht viel bescheren! virl« Grüße von Ihrer Eva E. * * * Josepha H. an Eva 0. S. T . . ., 27. Dezember 19 . . Liebste Fräulein Eva! Herzlichen Dank für Ihren lieben Brief! Nu» ist da» F«ft auch überstanden! Ich hatte noch an meiner Influenza zu leiden — «O am heiligen Abend bin ich aufgestanden. Hafer Stubenmädchen, «ft fte» ergebea. hatte nttr Ihr« lieben Brief von der Post gehott. Mit Anstoß zu der Rebellion unter der Sultan»mahalla, wie schon gemeldet, da« Ausbleiben d«» Solde, ar- geben hat. Auch di« neu« Anordnung, daß die marokkanischen Trupp«» auf th«n Märschen Gepäck- lasten zu tragen haben, hat unter diesen große Er regung -ervorgerufen. Eine Anzahl schtttfischer Sol- daten versuchle nach Bekanntwerden dieses neu«» Be fehle», die Tore der Stadt zu schließen. Hierbei kam es zwischen einer Abteilung französischer InfanttU«, die eiligst telegraphisch zur Hilf« herb«ig«ruftn worden war, und den Marokkanern zu einem kurzen, aber äußerst erbittert«» Kampfe, b«t d«m es den Franzosen schließlich gelang, die Mauren zurückzuschtagen. Einer niueren Meldung zu folge hat sich die Meuterei am gestrigen Nachmittag in Fez erneuert. In den Straßen tobt« ein heftiger Kampf, der auch am Abend noch anbauert«. Tele graphisch sind bedeutende Verstärkungen herbeigerufen worden. Man hofft, daß es gelingen wird, den Auf, stand der Sultanstruppen endgültig ntederzuwerfen. Eindruck d«r ««volle in Pari». Die Nachrichten über die Revolution in Fez haben in Paris große Erregung hervorgerufen. Die wider sprechendsten Gerüchte waren im Umlauf. General Moinier sollte, wie wir schon berichteten, von den revoltierenden Truppen auf offener Straße er mordet worden sein. Dann verbreitete eine Tele- araohenagentur die Nachricht, der Sultanspalast fei in die Luft gesprengt und Muley Hafid und seine Beamten lägen zerschmettert unter den Trümmern des Gebäudes. Die Gerüchte sind ganz aus der Luft gegriffen. General Moinier befindet sich augen- blicklich'n icht in Fez. Die Gefahren für das Leben des Sultans scheinen allerdings noch nicht beseitigt zu sein. Nur ein kleiner Rest seiner Leibgarde ist Muley Hafid treu geblieben. Bis zum Eintreffen der fran zösischen Truppenverstärkungen ist immer noch Gefahr sür seine Sicherheit vorhanden. Die Unruhen scheinen auch auf die anderen Teile des Landes Uberzugreifcn. In Mokinez foll es auch bereits zu ernsten Aus schreitungen gekommen sein. Die Berichte Regnaults. Der Minister deS Aeußern erhielt vom Gesandten Regnault Depeschen, in denen bestätigt wird, daß die Meuterei der scherifischen Soldaten aus sämt liche Truppengattungen, ausgenommen die Genietruppen, Übergriff. In den Depeschen heißt eS: Ein halbes Bataillon französischer Truppen aus Da-Debi-Agh leistete an den Toren der Stadt Widerstand. Drei Kompanien konnten nach hartnäckigem Kampf in Fez eindringen. Die Meuterer wurden von einem Teile der musel manischen Bevölkerung unterstützt. Die franzö sischen Truppen versuchten zunächst, bie in den aufständischen Stadtteilen eingcschlossencn Euro- päer zu befreien. In der Stadt kam es, zu Mord und Plünderung. Der Sultan ist in seinem Palast eingeschlofsen, nur von seinem Gesinde und der schwarzen Leibwache beschützt. Der Sultan und der Machsen leisten den fran zösischen Behörden nach besten Kräften Beistand. Gegenstand ernster Beunruhigung ist das Vor handensein eines bedeutenden Bestandes von Kar tätschen im scherifischen Arsenal, das an den Palast des Sultans stößt. Die Meuterei wird auf eine Verschwörung zurückgeführt, über die die Aufrührer Briefe an die Stämme gesandt ' haben sollen. Tie französische Gesandtschaft und das Personal deS Konsulat- sind wohlbehalten. Das Telegraphengebäude wurde von den Aufstän dischen angegriffen. Drei Telegraphen beamte wurden getötet und einer der- mundet. Das letzte Telegramm ReanaultS ist vom 18. April datiert und besagt, die Nacht sei ruhig verlaufen, doch begann am Donnerstag das Gewehr feuer wieder. Unter den Opfern der Revolte befinden sich auch oier«ur»päischeZioilisten und alle Telegraphenbeamten, von denen drei getötet und einer verwundet wurden. Sie wur den in ihren Wohnungen und nicht, wie es ur sprünglich hieß, im Telegraphenamt überfallen. Dies zeigt, daß die Aufständischen den Befehl«» eines Rädelsführer» gehorcht haben, der Fez von der A«ß«nw«lt abschneiden und di« Absendung von Hilfe verqindern wollte. Die Gerüchte, daß die Zweiganstalt des Credit Lyonnais und das Hotel Franoais geplündert vielem Interesse hab' ich ihn gelesen. Sie glauben nicht, liebe Eva, wie es mir leid getan hat, Sie nicht zu sehen! Haben Sie den Ball gut überstanden? Im Geiste war ich bei Ihnen; Sie haben sicher in der entzücken den Toilette bildschön ausgesehen! Und wohl viel getanzt? — Ich muß mich noch sehr schonen, damit ichSiloester aesund bin. Denn da sind wir bei einem Major ge- laden, und ich habe in einigen labenden Bildern mit- zuwirken, und der blonde Leutnant, mit dem Sie ge fahren sind, ist auch dabei — denn Ihre Beschreibung von ihm war so anschaulich, daß ick mir gleich dachte, das ist Leutnant Hilltnger — er ist ein Tänzer von mir. netter Mensch, sehr reich — aber bürgerlich, au» guter Familie. Ich werde es schon herausbekommen, ob er verreist war. Vielleicht erzählt er es mir sogar; denn wir sind gut miteinander bekannt. Wir alle mögen ihn gern leiden, weil er so aufrichtig ist, wenn auch ein bißchen übermütig! Nun wünsche ich Ihnen schon im voraus all«» Gut« für das neue Jahr. Mögen sich Ihr« Lftb.lingswünscke in demselben erfüllen, kleines Tvchen, das wünscht niemand sehnlicher und aufrichtiger al, Ihre Josepha. Joseph Hillinger an Konrad von Röder. H .... 29. Dezember 19 . , Lieber, alter Freund — alle» Gut« zum neuen Jahr! — Danke Dir für Deinen letzten Brief. Du hast gut reden und Moral predigen au, der Entfer- nung! Wärest Du an meiner Stelle gewesen, hättest Du genau wie ich gehandelt — ich kenn« Dich doch! llebrigens hab« tck die «rnstesten Absichten! Wenn Eva mir nur verzechen wird! Inliegend schicke ich Dir ihren letzten Brief, den ich mir umgehend zurück, erbitte. Du ersiehst daraus, daß sie nickt gar pr un gültig über mich urteilt — wie die Krabbe genau oeooachftt hat —! Ich rechn« auf Dein« unbedingte Diskretion in dieser Sache; Dich ausdrücklich darum zu bitftn, ist wohl unnötig. Hoffentlich wird mir das neue Jahr einen befriedigenden Abschluß jener kleinen Komödie gaben! . Stet, der Dein«. Joseph. / (Fortsetzung in der MorgenauaW»«.) Freu, feien, habe d«n. Der der an bei Französisch. Inneren D Tanger den falsch di schen Tri Befehl von französische! «in andere, nach Rabat ein« fchm G«»«ral Aus P c Angesich Krtegsmim Kommando Ferrand, n d'Amade, d gilt, nach unter dem rat statt, Lage bespr Neue S-z. l seinem Bat da» im Si Umkreis v das europ Personen ! K 0 rp 0 rc Da» Eine N Frankr Mann. 6<X und Fez, Kilometer von Rabat 6000 Man fehligt wer Sefru und Weiter Genera blanca nac gangenen ! rand ersu nung über rolko mitzi äußerte zu Ich und daß unsere vielleicht ei hab« kiirzli Marokko z, nicht zerspl Hand beh L V 0 m _! und -aüfgä Bom s schwache S tiefe SO Reif, matt. * Pilat baden: L Meter: < * Biftwi Morgenaur Mitteilung Kei-Iii Sa L»«eo „ Lupo»! „ IVocko „ Ligevo 1. ke L. ä L „ Report „ Lovsor „ Outdal „ Vorrat, „ vevito „ vodito „ Aodili, „ Eruvck kor Ldtio» « 5°^ „ Dockt „ Sedook „ Set>«ak „ äduop „ goleitt „ uvordc „ Tolov»
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