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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 13.03.1914
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-03-13
- Sprache
- German
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140313025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914031302
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914031302
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1914
- Monat1914-03
- Tag1914-03-13
- Monat1914-03
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Aden- - Ausgabe lür Leip»«, o»a v»r»rr, Sur» aoser« LrLaer V»A» AvsrL » »^ » » u»S Speitteor« »mal »Sglt» tu» Han» ,edra»tr »»notUch » SS M., vtrrteltSdrltch 3.73 M. Vei der S,kdüft»sI«U«. unser» ZlUalea uaü Nu»-ad»N«U«u odg«d»U: monatlich lM..vtrN»UadrU»L M. durch dl» p»st: taurrhald VrutschlanS» unü Ser -rutsche« tloloule» moaalllch 1-34 M., »lertelia-rUch 4^4 M., ausschlleßUch poNdeKeUgel». da» L«lpztgrrEag«dtatt erscheint »erktag» »mal. Son», o. Zetert»,» 1 mal. 2» Leipzig, -en Nachdororte« un- -en Orten mit ,ig«>»n ZtUolen mir» Sie fld«aoau»gad» noch am Ndenü -r» Lrscheiuc»» >»» hau» geiiefrrt. derliaer Redaktion: 3a»eu Zelte» l7, Zcrnsprech»/U,schluk: Moabit Nr.447. "klrllZI. /krrttshlalt desl^rttiv und des))c>l1zLÜuiclLS kreiisg, -en 13. Msc; 1914 «eüaktion und OeschSstsstell«: lohaanl-gass, Nr.4 o Zrrnsprech.flnschluS Nr. 14-44, 14-43 un» 14-44. ISS. Jahrgang sinz-Ig-npr-Ise: »»» ou»w-rt» 34 Pf.. Neklamen > 44 m., «lein» Nn,eigen »«»Petit,eil» nur S0ps.b.wt»»erbvl.Nab.,3as«rot» oon deborden >m amriichenErtl »te Petit» zeit« S4ps. ch»schüst»anz«ig«n mit piaNvorschrift >rn Preis« «ri>Sbt. Rabatt nach Laris, deilagen: ch«lamtausl.rM.»o«Lausra»au»schl.p»ligediihr. Ma,etgra»siaaabme: lokannlogalse», bei sämtlichen Filialen üe» Leipziger Lageblatt«» und allen Nnnoaeen-LepeSttioaea »«» 3u» un» hu«lan»e». Vrsch»st,st»U« fllr Vrrlin u.üte pr.Vran^endurg: virektionwalter Zliegel, derllu w. 14, Margareihenstrake 4. Zernsprrch»sinschlug: Lüyow »47>. Vas wichtigste. * Der Monteur Otto Heyer aus Leipzig, der vor mehreren' Tagen an zwei Charlotten burger Damen einen Raubüberfall verübte, ist im Wald« zwischen Klosterode und Emseloh als Leiche aufgefunden worden. (Siehe Leipzig.) * Die Zweit« Kammer beschäftigte sich am Freitag mit einigen Petitionen. (Siehe Ber.) * Am Reichstag steht heute Freitag die Zen trumsinterpellation über das Metzer Duell auf der Tagesordnung. (Siehe Der.) * An der nordafrikanischen Küste wütet ein furchtbarer Sturm. Siebzehn Schiffe sind gestrandet. (Siehe Nachr. v. Tage.) Vie französische tvestpolitik. l». Paris, 12. März. Die Erklärungen über die ausländische Po- lüik, die Ministerpräsident Doumergue bei der Beratung seines Budgets in der Kammer abgab, unterscheiden sich nur in Nuancen von denen, die Pichon, Poincarä und Delcassv ab- zugeben pflegten, wenn sie namens der Diplo matie zu sprechen halten. Wenn im deutschen oder englischen Parlament die verantwortlichen Leiter der äußeren Politik das Wort ergreifen, pflegen sie mitunter wenigstens einen neuen Ge danken vorzubringen, der zur Diskussion An las; gibt und der darum einen bestimmten Zweck verfolgt. Es ist Tradition des Quai d'Orsay, solchen neuen Gedanken aus dem Wege zu gehen; denn wohl keine andere Grostmacht hat eine so peinlich ihre Geheimnisse hütende Auslands- volitik wie die angeblich parlamentarisch re gierte französische Republik. Etwas Pessimismus klingt aus den langen Ausführungen heraus, die Doumergue über die Orientfrage verlas — augenscheinlich glaubt man in Paris nicht daran, daß sich der Frieden aus die Dauer erhalten lassen wird. Die Lang samkeit der Londoner Botschafterkonfercnz wird also entschuldigt: „Wenn ohne Schonung vor- gegangen worden wäre, hätte man die tiefen Meinungsverschiedenheiten, die zwischen den Mächten bestanden, klarer zutage treten lassen und unter dem Dorwand, den Frieden im Orient schnell herbeizuführen, den Konflikt zwi schen den westlichen Mächten nur beschleunigt und Gefahr gelaufen, den allgemeinen Krieg zu entfesselnden jede ihrer Verantwortlichkeit sich bewußte Regierung zu verhüten bestrebt sein muß." Die Lösungen, die gerade der Langsamkeit der Konferenz zu verdanken wären, könnten nach Doumergue „gewiß keinen Anspruch darauf er heben, endgültig über alle Fragen zu entscheiden und eine -Sachlage herbeigeführt zu haben, an die nicht mehr gerührt werden dürfte". Wenig stens haben sic die augenblicklichen Gefahren beseitigt und lassen Zeit, Enttäuschungen zu be ruhigen und Rachlust zu beschwichtigen. Vielleicht der ausfälligste Teil in der Rede ist das Lob des Kaisers Franz Joseph, „der mit so großer Klugheit und Würde über die Ge schicke Oesterreich-Ungarns waltet". Man hat im Quai d'Orsay noch nicht die Hoffnung auf gegeben, das; sich verbesserte offizielle Be ziehungen zwischen Paris und Wien Herstellen lassen werden. Doch kennt man schon in Oester reich-Ungarn den Preis, den sich die Republik da für zahlen lassen möchte, und die Grenzen, die sie jederzeit der Freundschaft ziehen würde. Der Preis ist eine Lockerung der „unbedingten Drei- bundtreuc"; die Grenzen beginnen da, wo das geringste Interesse der russischen Verbündeten auf dem Spiel steht. Rumänien, Serbien, Griechenland wurden mit einem großen diplomatischen Wedel bcweih- wässert, die albanische Rasse als „energisch, vom kriegerischen Geist beseelt" gekennzeichnet und der Türkei wieder die Vormundschaft fühlbar ge macht, in der Frankreich sic gar so gern sehen möchte. „Allein die Türkei umgab ihre Ant wort auf die Entscheidungen der Mächte mit einigem Vorbehalt. Es wird die Aufgabe ganz Europas sein, über die Durchführungen seines Beschlusses zu wachen." Allerdings hat Dou- merguc „Versicherungen aufrichtiger Friedens wünsche" von feiten der ottomanischeu Regie rung erhalten, die in Zweifel zu setzen er sich nicht für berechtigt hält. „Uebrigens weiß sie, daß die Mitwirkung, die Frankreich dem Otto- manischen Reich bei seinem wirtschaftlichen neuen Aufschwung leihen kann, nur um diesen Preis zu erhalten ist, und wir nicht zulassen konnten, daß lic zur Zerstörung des Friedens, dessen es nach der großen Krise mehr als irgendwer be darf, verwandt würde ." Der Minister hofft auch, daß die Pariser Finanzkonferenz bald ihre Sitzungen wieder aufnehmen und durch inter nationale Abkommen die während des Krieges entstandenen Passiven der Kriegführenden zur Wiederherstellung ihres Kredits nach den Re geln des internationalen Rechts auf finanziellem und industriellem Gebiet regularisieren kann. Von allen Ereignissen der letzten Monate hatte unstreitig das deutsch-französische Abkommen über Klei n-A sien die größte Bedeutung. Es ist wieder ein Beweis für die etwas kleinliche Auffassung, die in Paris ber der öffentlichen Beurteilung der deutsch-französi schen Beziehungen vorherrscht, daß jene Beamten, die des Ministers Erklärungen ausarbeiteten, sich die allergrößte Mühe gaben, Deutschland nicht mit Namen zu nennen. Wohl ist das in Berlin ausgearbcitctc Abkommen noch nicht aus dem Dunst des Geheimnisses empor getaucht, weil der Handel in Konstantinopel fort-» dauert und vielleicht Rußlands und Englands Zustimmung in allen Punkten nicht eingctroffcn ist. Aber es ist doch etwas verletzend für Deutsch land, daß das große Austauschobjckt Bagdad- Syrien eine so „anonyme" Behandlung gesunden hat. Hat man am Quai d'Orsay den Aerger noch nicht verwunden, daß Reichskanzler von Bethmann Hollweg einst etwas herablassend im Reichstag von den Verhandlungen, „die von Frankreich gewünscht würden", gesprochen hatte? Wenn diese Herablassung vielleicht ein diploma tischer Schachzuo war, bestimmt, in Paris klar zumachen, daß man in Berlin weniger Eile habe, zu einem Abschluß zu kommen, und daß die Forderungen herabgesetzt werden müßten, so ist cs vielleicht kein sehr vornehmes und nicht ein mal sehr praktisches Verfahren, wenn jetzt, wo das Abkommen erzielt ist, die französische Regie rung so deutlich ihren Aerger offenbart. Der Appell an die italienische Freundschaft wird in Rom nicht mißverstanden werden. Dou mergue pries die französische Loyalität nach der Besitznahme Libyens. „Ich zweifle nicht, daß Italien in den Fragen, die diese neue Nach barschaft zwischen unseren beiden Ländern auf werfen könnte, sich unserer Haltung erinnern und denselben Geist offener Freundschaft be kunden wird, den wir ihm gegenüber bezeigt ha- bön." Diese Stelle wurde von der Kammer mit besonderem Beifall unterstrichen. Es ist nämlich nur wenigen Eingeweihten bekannt, daß gerade wieder Verhandlungen mit der Consulta stattsinden, die nicht damit einverstanden ist, daß die französischen Besitzungen gar zu sehr nach Norden auf Kosten des italienischen Hinterlandes in Afrika ausgedehnt werden. Wir glauben Vor aussagen zu können,, daß diese Verhandlungen rn Balde der Öffentlichkeit bekannt werden; denn die Schwierigkeiten sind zu groß, um mit ein paar Freundschaftsversicherungen aus der Welt geschafft zu werden. Das Kompliment an Amerika, das schon mit einer Zollkorrektur wesentliche Erleichte rungen verschafft habe, wird die Pariser Han delskammer nicht überzeugen, das; sie mit ihrer Tagesordnung, die vorläufig vou einer offiziellen Beteiligung au der Weltausstellung in San Francisco abrict, Unrecht hatte, — auch wenn das Echo, das ihrem Korrespondenten aus Loudon zukommt, sich bewahrheiten und England entgegen den Abmachungen mit Deutschland jetzt ebenfalls die offizielle Beteili gung in San Francisco zusagcn sollte, dank einem Handel in der Frage des Panama-Kanals. Nach einem Wink au Spanien, dessen Freund schaft in Tanger noch nicht zu einem Frank reich genehmen Verwattungsmodus kommen ließ, ging Doumergue schließlich zu dem ständigen .yauptstück solcher Erklärungen über, zum Preis der innigen Beziehungen mit Rußland und England. Das Lied klang aus in einigen friedfertigen, aber stolzen Phrasen, die ver kündeten, das; Frankreich entschlossen ist, „in der Welt den Platz zu bewahren, auf den ihm die Ruhmestaten seiner Vergangenheit Anspruch ge ben und den ihm seine Militärmacht zu Land und zu Wasser garantieren, nicht um irgend je mand zu bedrohen, sondern um seine Würde, seine Interessen und die sozialen Freiheits- und Gerechtigkeitsprinzipicn zu wahren, die die Trieb kräfte der modernen Zivilisation sind." Die Abgeordneten Dekoncle und Cochin sagten in der Generaldisknssion, Frankreich habe kindlich gehandelt, indem cs die Beziehungen mit dem Vatikan abbrach. Doumergue schwieg dazu, auch zu dec Anspielung Cochins, daß nur die dreijährige Dienstzeit der Regierung erlaubt habe, so stolz zu sprechen, wie sic es getan habe. Dagegen versicherte der Ministerpräsident auf eine doppelte Anfrage des Sozialistenführers Iaurss, die Kapitalien, die Frankreich den Balkanstaaten leihen werde, müßten dein Frie den dienen, und in Ehina werde man stets ge meinsam mit den übrigen Mächten handeln. Die fortschrittliche Presse will in den Er klärungen eine neue Friedensgewähr erblicken, die reaktionäre freut sich, daß man wieder ein mal von dem Vatikan sprechen konnte, ohne Widerspruch zu begegnen. poliMeke Ueberlietit Au -er Erklärung -er ba-isihen Natlonalttberalen. Die Erklärung, die die national liberale L a n d t a g s f r a k t i o n in der „Bad. nationallibcralcn Korrespondenz" zu der Rede ihres Führers Rebmann über die Ge sandtschaft in München erscheinen ließ, hat uns nicht überzeugt, das; wir mit unserem Bcfrem- Neues aus Scheffels vichterwerksiatt. Scheffel und Dahn, der Dichter des „Ekkehard" und der des „Kampfes um Rom", sind die beiden bedeutendsten Schöpfer historischer Romane in der »weiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gewesen. Der Briefwechsel zwischen den beiden, die gute Freunde waren, wird daher reichen Aufschluß über ihr Schaffen i«nd Wollen gewähren. Aus dem Nachlaß Dahns, dessen KO. Geburtstag vor kurzem in stiller Erinnerung an den noch nicht lange Entschlafenen begangen werden konnte, hat nun der Breslauer Germanist Theodor Siebs die Briefe „Meister Josephs" an den geistesver wandten Dichtergenossen veröffentlicht, und sie lassen uns einen neuen tiefen Einblick tun in die an Müh' und Plage so überreiche Schaffensarbeit des feucht fröhlichen Sängers, d.ssen scheinbar so leichtes Dichten chm so schwer wurde, der seine äußerlich so heitere Poesie so bitter ernst nahm. Dahn hatte gerade vor >0 Jahren in den ersten Monaten von 1861 eine begeisterte Besprechung von Scheffels vor kurzem er schienener Liedersammlung „Frau Aventiure" ver öffentlicht. und schon „Samstaa vor Ostern" kommt Scheffels Antwort: „Dein starker Hornstoß von den .sinnen des Morgenblattes der „Bayrischen Zcituna" freut und beschämt mich zu gleicher Zeit ... Es ist wirklich zu starkes Lob. und mir fällt jene Burg srau ein, die, als ihr alles im Leben nach Wunsch ging, und die Kinder versorgt waren, und guter Ruhm von allen durch di« Lande ging, vlötzlich nicht mehr gesehen wurde, denn sic sprach: „Herr, es ist des Guten zu viel", verließ Haus und Hof und zog sich in die Wildnis. Mir ist die Fran Aventiure ein Präludium zu großen Arbeiten, die mich er- lvarten, und auf die mir einigermaßen bangt, des wegen ist mir noch nicht allzu behaglich zu Mute." Genauer aber hatte er schon in dem Begleitbriefe des Werkes vom 1. Juni 186." angedeutet, wie seine Frau Aventiure entstanden war. und was sie in ieinem dichterischen Entwicklungsgang« bedeutete, -einer Bitte an Dahn, das Buch zu beurteilen, schickt er folgende Charakterisierung voraus: „Für mich ist das Buch ein Fragment und der größte Vorwurf, d«n ich selber ihm mache, ist der. daß der Poet, der an- geblich kulturgeschichtliches Verständnis fördern will, zur Entstellung und Verwirrung der Wahrheit bei trägt, indem er neben wirkliche Gestalten der deutschen Literaturgeschichte — Wolfram. Walther usw. — selbsterfundcnc stellt . . . Dies hat seinen psychologischen Ursprung in folgendem. Meine erste Absicht war: die Teilnehmer am Sängerkrieg 1207 - jeden mit einem halb Dutzend Liedern — indivi duell zu charakterisieren, so daß es gleichsam ein „mittelalterliches Dichteralbum" gegeben hätte. Dies war bei Wolfram von Eschenbach, Reinmar und Walther von der Nogclwcide leicht zu erzielen, aus liebevollem Studium ihrer Werke . . . Nun kamen aber die andern, von denen nichts bekannt ist als der Name, Biterolf, Heinrich Ofterdingen usw. Zu diesen mußte ich alle individuellen Motive — nach Analogie, wahrscheinlichen Schicksalen und künstlerischen Tendenzen der Zeit usw. — selbst erfinden. Von da aber war nur noch ein kleiner Schritt, andre lyrische Motive, die sich diesen Charak teren nicht anreihten, aber doch zur Charakteristik der Zeit dienlich waren, in die Form zu kleiden, sie be stimmten Personen in den Mund zu legen." So erklärt Scheffel, psychologisch einwandfrei, die Erfindung unhistorischer Meistersänger. „Nun ist aber," fährt er fort, „wieder Unvollständigkeit vor handen. Literargcschichtlich gehört in die Reihe noch Heinrich v. Veld-eke und die untergeordneten Epiker Herbert v. Frizzlar, Eberhard v. Erfurt usw. Kultur geschichtlich gehöre«« Motive aus den Hohenstaufen zügen in Wclschland und nach Palästina — häusliche Szenen aus Burgen und Klosterleben und viel an deres verarbeitet. An Stoff weiß ich eher zu viel als zu wenig, aber erst bedarf ich eines ungefähren Urteils, ob der eingeschlagene Weg nicht überhaupt für einen Holzweg erklärt und mit Spott und Hohn abgefertigt wird." Wir sehen hier deutlich in die Werkstatt des Dichters hinein, der dabei ein ernst und gewissenhaft forschender Gelehrter war, was über dem „Gau deamus" gar zu leicht vergessen wird. Zum Schluß wollen wir nur noch Scheffels prägnantes Urteil über die alten Germanen aus einem Briefe vom !i. Juli 1865 hcrvorheben: „Ich frage — diesen ver- kommencn (römischen) Kulturmenschen gegenüber gern, wer und wie beschaffen waren ihre Gegner, die germanischen Stämme? Auch hierin muß die ideale Auffassung von hochgewachsencn Nordlands recken, deren blond»- Locken im Winde Hesperiens fliegen, bedeutend geändert werden. Es waren kluge, hartnäckige, biertrinkendc und gut bewaffnete Bauern, die auf jede Gelegenheit lauerten, das gut« Ackerland, das den römischen Legionären und Vete- rancn als Kolonat eingeräumt war, selbst zu okku pieren. Die lbefolgschaft des „vor °,»«-i-uni". streitbare Bulien. werden vorausgeschickt, um zu rekognoszieren und Händel anzufangen: glückte nichts, so kommt der Rest verschlagen in die väterlichen Wälder heim. Glückts, so setzt sich der ganze Clan mit Weib und Kind und Kegel, mit Ochsen und Ochsenwagen, mit Sperbern. Hunden und Hauskatzen in Bewegung, um nachzurukkcn und nachzudrukkcn ... — die römischen Villen werden nicdergebrannt, die römischen Sklaven als eigene verwendet, die römischen Aecker und Flur einteilungen als eigene neu bepflanzt, wo der römische Veteran saß, kommt der siegreiche Invalid der Völker wanderung zu sitzen. — Beneficium, der Anfang des Lehnwesens, ist aus römischer Zeit herüber ins deutsche bewaffnete Bauerntum adoptiert." Und zuletzt wollen wir noch Scheffel als Dichter in lateinischer Sprache zeigen, zugleich eine Erinnerung an die großen Tage von 1870/71. Auf Dahns Gedicht „Die Schlacht bei Sedan" sandte ihm Scheffel die Verse: k'elix I^ra-w tetigisti. / Ipso Lockan qui vjckisti / Lt Ouilelmum Ouosurem. / ?ost pugnorum L^Lvitstonr, / 8i vickersm lidertatvm, / ckudilLv« «anomerem. Kunst un- Wissenschaft. * Zu Ehrendottoren der Theologie ernannte die theologische Fakultät der Universität Leipzig den Pfarrer der Lutherkirche und Prioatdozenten an der Universität Leipzig Lic. theol. Dr. phil. Alfred Jeremias und den als außerordentlichen Pro fessor an die Universität Kiel berufenen Pfarrer in Thekla Lic. theol. Dr. phil. Heinrich H e r m e l i n k. * George Westinghouse f. Nach einem Kabel gramm aus New York ist dort am Donnerstag George Westinghouse, der Erfinder der Westinghouse- Luftbremse, gestorben. Er war Vorsitzender von etwa 36 Korporationen. * Bau einer dritten staatlichen Gemäldegalerie in München. Wie uns ein eigenerDrahtbericht aus München meldet, fordert die Regierung im außerordentlichen Budget den Bau einer dritten staat lichen Gemäldegalerie in München mit einem Kosten aufwand von 2>H Millionen Mark. * Lom Dresdner Alberttheater. Wie uns ein eigener Dradtberichr meldet, ist der Vor stand der Deutschen Bühnengenossenschaft Rechts anwalt Dr. Schlesinger noch Dresden gekommen, um sich an Ort und Stelle über die durch die gemel dete Entlassung von 35 Mitgliedern des Albertthcaters geschaffene Lage zu unterrichten und mit den Vertretern des hiesigen Lokalocrbandcs der Genossenschaft über die zu treffenden Maßnahmen zu beraten. Dr. Schlesinger hat im Namen der Genoßen- sck^ft die an den Tag gelegte Solidarität der 35 Ent laßenen mit Sympathie oegrüßt und die Unter- stützung der Genossenschaft zugesichert. Dr. Schlesinger begab sich mit einer Abordnung der 35 Entlassenen zu Direktor R e n c, der sich mit seinen ehemaligen Künstlern solidarisch erklärte und für weitere Maßnahmen Sorge tragen will. * Um den Entwurf eines Normal-Bühnenaus- sührungs-vertrage». Am Mittwoch hat in der Ge schäftsstelle des Deutschen Bühnenvereins in Berlin «ine Sitzung der Kommission stattge funden die seit längerer Zeit mit der Abfassung eines Normal-Ausführungs-Dertrages beschäftigt ist. An der Sikuv" nahmen teil Intendant Dr. v. M utz e n bechc r-Wiesbaden, die Direktoren Hans Gregor-Wien. R c u ck c r - Zürich, Löwe- Breslau, Lange-Hildesheim. Hartmann- Charlottenburg und Immisch - Ulin. Es wurde in der Sitzung festgestellt, daß seit einiger Zeit un richtige Angaben über die Stellungnahme des Deut schen Bühnenvereins in dieser Angelegenheit ver breitet worden sind. Richtig ist vielmehr, daß der Entwurf eines Au'fiihrunasoertragcs einer General versammlung des Deutschen Bühnenoereins vorge legen hat und vom Plenum dieser Kommission über wiesen worden ist. Eine beschleunigtere Bearbeitung konnte nicht stattsinden, weil ein Einverständnis mit einer der wichtigsten Jntercssentengruppen noch nicht erzielt werden konnte. * 3V VVV Fr. Entschädigung an eine Sängerin. In Paris verurteilte das Gericht die Erben des Tondichters Massenet zur Zahlung einer Entschädigung von 30 000 Fr. an die Sän gerin Ar bell, weil sie entgegen dem Willen des verstorbenen Komponisten die Titelrolle in der Oper „Cleopatra" der russischen Sängerin Kuznezow über tragen hatten. * Ein internationaler Mcteoroloqenkongreß ver sammelt sich im September 1914 in Venedig. Seit der letzten ähnlichen Versammlung in Paris 1896 sind fast 20 Jahre verflossen. * Eine Origmalradierung von Goethe. Die „Z eit- schrift für Bücherfreunde", das führende Organ der deutschen Bibliophilen, deren Redaktion in den Händen der Professoren Karl Schüdde- kopf in Weimar und Georg Witkowski in Leipzig liegt, ist aus dem Verlag von Drugulin in den von E. A. Seemann in Leipzig über gegangen und wird nun in verschöntem Gewände erscheinen; so werden von jetzt ab unter anderem graphische Originalblätter beigegebcn werden. Eines der ersten Hefte des neuen Jahrganges wird eine Originalradierung von Goethe bringen, und zwar wirkliche Drucke von der Originalplatte, die im Stadtgeschichtlichen Museum zu Leipzig auf bewahrt wird. Es handelt sich um eine Arbeit, die der junge Goethe während seiner Leipziger Studenten zeit radierte. Als Entstchungszcit ist das Jahr 1768 anzunehmen, also das letzte seines Leipziger Aufenthalts. Denn damals schreibt Goethe an seinen Freund Behrisch: „Da hast Du eine Landschaft, das erste Denkmal meines Namens und de* erste Versuch in dieser Kunst. Bessere nachfolgende werden cs recht fertigen, ich hoffe weiter zu kommen." Schon zu Goethes Lebzeiten würdigte ein Kenner das Blatt und machte darauf aufmerksam, daß das Waßer im Vordergründe der Landschaft wirklichen Spiegel habe, daß die Schatten- und Lichttöne der Felsen in «in gutes Verhältnis gebracht sind und daß der gegen die sonnige Lust sich dunkel abhcbende Danm von großer Fertigkeit zeuge. Goethe war noch nicht 19 Jahre alt, als er diese Platte schuf.
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