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Dresdner Journal : 04.03.1862
- Erscheinungsdatum
- 1862-03-04
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-186203049
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18620304
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18620304
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1862
- Monat1862-03
- Tag1862-03-04
- Monat1862-03
- Jahr1862
- Titel
- Dresdner Journal : 04.03.1862
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1862 Dienstag, den L März V 5 2. DresdnerIoimml. Äou^Ii«k tu'vr^s— Euamve »cbv Noe^, » S" KwU: k». Luvlö»«»L»»g. Verantwortlicher Redactevr: I. G. Hartmann. , 7)'' ru, ö«, «in« L»a«: i ««». ÜQtsr „Li»,«»»uat" <ti« r»u»: 2 ri»r Lrschrtnr,: rTGlied, »t« ^u»o»vw« ä«r 8»iu» u»ö ksi-re«^«, Amtlicher Theil. vrs-den. l. März. Ihr« Köuwlich« Hoheit di« Prin zessi» Scdoniv, Herzogs zu Sachsen, ist h«atr Abend H8 Uhr in Fvlge des UnterleibV-Typhu» und unter den hinzugetreteuen Erscheinungen einer Lungenlähurung, nach dem sie bereit» gestern mit den heiligen Sterbesakramen te« versehen worden, sanft vrrschieden. Ihre Majestäten, der König und die Königin, die schwergeprüften Eltern, sowie dir gesummte Königliche Familie find durch diesen Todesfall in die tiefste Trauer versetzt worden. vtt-tze», S. März. Allerhöchstem Befehle zu Folge wird wegrn erfolgten Ableben» Ihrer Königlichen Ho heit der Prinzessin Stdonir, Herzvgin zu Sachsen, von morgen an am Königlichen Hsft Trauer angelegt und nach dem von dem Oderhofmarschallamte darüber ausgegebenen Reglement, acht Wochen, bis mit dem 28. April diese» Zähre» getragen. Bekanntmachung. Da» unterzeichnete Ministerium hat nach vorgängi ger Revision in Gemäßheit der Verordnung, die Erlas sung eines Regulativs für die Realschulen betreffend, vom 2. Juli 1860 oud 3, da- Recht der Maturi tätsprüfung in der Abschnitt Vt. K. SS ff. des Re gulativS für die Realschulen vorgrschriebenrn Maaße und mit de« »ab 4 der nur angezogenen Verordnung für die erlangten Reifezeugnisse zugestandenen Wirkun gen und Vergünstigungen nachbenannte« Realschulen ver liehen, al ¬ ben mit den Gymnasien verbundenen Realschulen zu Planen und zu Zittau, der Realschule zu Annaberg, der Realschule zu Reustadt-DoeSde«, der Anneu-Realschule zu Dresden, der Realschule zu Leipzig und der Realschule zu Chemnitz, was andurch gemäß den Bestimmungen der Verordnung vom 2. Juli 1860 »ud 3 zür öffentlichen Kenntniß ge- bmcht wird. Dresden, den 22. Februar 1862. Ministerium de- Kultus und -ffenflichen Unterricht-. »o» Kalken-et». Hau»ma«n. L .Vrk-tmtmSchmg, die Ausgabe neuer Zin-bogea' zu den königlich sächsischen Staat-schuldenkasseuscheinen der -pro- ceniigen Anleihe v. I. 1847 betreffend. Den Inhabern königlich sächsischer -procentigrr StaatS- schuldenkassenscheine der Anleihe vom Jahre 1847 wird hiermit bekannt gemacht, daß an Stelle der mit dem Termine 1. April 1862 ablaufrnden Ain-scheine, die Aushändigung neuer ZinSdocumente, bestehend in Talons und Zinscoupons für die Termine 1. Oktober 1862 bi» mit 1. April 1871 zu erfolgen hat und damit de« 1. April diese- Jahrr- begonnen werden soll. Die Ausgabe sothaner ZinSdocumente geschieht bei der Staatsschulden-Buchhalterti in Dresden — Land haus l. Etage — gegen Zurückgabe der abgelaufenen Talons, täglich in den Vormittagsstunden von S bis 1 Uhr, mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage. . Da die Staatsschulden-Buchhalter« mit Korrespon denzen und Zusendungen sich nicht befassen kann, haben auswärtige Interessenten, welch« die Empfangnahme der neuen ZinSbogen nicht persönlich bewirken wollen, dies Geschäft lediglich durch hierortige Beauf tragte besorgen zu lassen. De» geregelten und beschleunigten Geschäftsganges bei dem vorsrienden Umtausch wegen und im eignen Interesse des Publikums ist es unerläßlich, die alten Talons, wenn deren mehrere in einer Hand sich befinden, nach der Nummerfolge geordnet, in ein Verzeichnis zu bringen, um nach dessen Anleitung sofort an Ort und Stelle von der Richtigkeit der auSgehändigt erhaltenen Zin-bogen, der Stückzahl und den Nummern nach, per- sönlrch sich überzeugen zu können. Dresden, den 1. März 1862. Der Landtag-. Ausschuß ju Verwaltung der Staat-schulden. Pfotenhauer. Nichtamtlicher Theil. llessersicht. Lele-ra-histd« Nachricht««. Zeitung-schau (Donau-Zeitung.) Lage-geschichl«. Dresden: Prinzessin Sidonie -f. — Wien: Vollständige Einigung zwischen Oesterreich u. Preußen bezüglich Kurhessens. ReichSrathsverhand- lungrn. — Prag: Zur Brrfassungsfeirr. Vermisch te». — Pesth: Verhaftung. Da» Provisorium. — Berlin: Kammrrverhandlungen. Petition um Schutz der Photographie. Preßprocrß. — Weimar: Ent schädigung für Berbietungsrechte. — Ko bürg: Re sultat der Volkszählung. — Frankfurt: Bundestags sitzung. — Pari»: EenatSverhandlungen. Der Eommis- sionSbericht des gesetzgebenden Körper» über dir Dotation de» General» Montauban. Tage»bcricht. — Brüs sel: Kammerverhandlungen. — Rom: Demonstra tionen. — Madrid: Eisenbahnangelegenheitr«. A Der Leutnant des „Sumter" freigrlaffen. — London: Eine Depesche in der Blokadeanaelrgen- heit. — Stockholm: Keine Revision des union»- vertrags. — Warschau: Milderung de» Kriegszu standes. — New-Pork: Au» den neueste« Nach richten. Dre-dner Nachricht«». Provinzial Nachricht«» (Zwickau. Mittweida.) Verwischte-. Feuilleton. Znsernte. Börsen,achrichtev. La»«-- kalender. » - 1 la - «. . Da- Schul- u»tz Er»ieb»»H«loesr, betreff««». Gtalißt« ,»tz Bolk-M^tzschaft Baerteh-tkerficht de« sächsisch«» Staat-teirgraph«» pro 1861. Telegraphische Nachrichten. Pari-, Sonntag, K März. Der heutige „Eon- stitutionnel' zweifelt, da- der Bericht Jouvenel - in Betreff der Dotation de- Grafen Palikao die wahre Meinung der Legi-lativen au-drücke (vergl. denselben unter „Tagesgeschichte"). In der gestrigen Srnat-fihnng sprach der Prinz Napoleon über die italienische Angeleaenbeit und forderte eine sofortige Lösung der rötvischen Krage. Da- Papstthum hoffe, sagte der Prinz, nicht- von Krankretch, r- hoffe, da- vir Zeit «ine fremde In tervention herdrtführen werde. Krunzöfische Sol daten seien verpflichtet, die dem Kaiser feindliche römische Negierung zu vertheidigen. Der Prinz Napoleon fordert schlir-lich die Räumung Rom- mit Garantie der finanziellen und geistlichen Un abhängigkeit de- Papste-. Der Minister Billault erklärte, die Regierung «erde diese Krage bei einer andern Gelegenheit erörtern, fügte jedoch biuzu, die Regieruug-politik habe mit der de- Priuzen, wa- da- unmittelbar angedeutete Ziel aubrlangt, nicht- gemein. — Wie der heutige ,,«»»tte«r" wslhet. hat Ha in -kant«- erschein,«»« Blatt ,Z'E-Osra»rr h» Peuple" eine erst« Verwarvupg erhalte» »ege» «iu r Correspondeuz, »»» der gesagt wirb, da- sie einen fartiöse» Geist »ttzw, »ich »ff«»bar an Lei deaschaften appellir», welche »er b,st«he»de» Ord nung der Dinge höchst feiudseltg seien. — Nach einer Mittheiluxg der heutige« „In- döpeubanee" au- Pari- hätte der Kaiser dem Pro- feffor Nsnan et» Schreibe» -»gehe» lasse«, i» welche» er ihn seiner Sp»patdte» »ersicherl »»d ib» auffordert, sich weae« Wiedrrerossuu»« der 8»rles»ug«n mit de» Minister de- Inner» i» Berbi»duag z» setze». — Der Presse stehe» »ene Verwarnungen bevor. Bern, Sonntag, K. März, Nachmittag-. Ans da- Verlangen Frankreich», da- von der gei«»»tte« Entschädigung im Eonflicte betreff- der Villr-la- grantz. Angelegenheit, t« Belaufe v»n 480- Krane-, die Schweiz zwei n»h Frankreich ei» Drittel zah len sollte, hat der Bunde-rath geantwortet, die Schweiz werde, um kleinliche« Markte, z« been dige«, die ganze Entschädigung der Savoyarden, 4R8» Krane- zahle», indem fie da- Urtheil -der Recht »ad «»recht der öffentliche» Meinung in Europa anheimstelle. Luri«, Sonnabend, 1. März. Abend«. Nie«- soli hat seine Entlassung eingereicht, der Lönig dieselbe aber »och nicht angenommen. Turin, Sonntag, k. März. Die „Vpiuioue" bestättgt die Demission de« «abinet« Ricasoli und fügt hinzu, da- Ratazzi mit der Bildung de- neuen Ministerium- beauftragt sei; e« sei aber «öglich, da- »,r eine Modifikation de- Eabivet« stattfin- den »erde. Turin, Sonntag, S. März. Garibaldi ist in Genua angekommen Der Provvedtmeuto-E-mtt« veranstaltet ihm zu Ehren ein Banket. Au« Rom wird gewkldet, da- am Kreitag wie der eine Manifestation stattgefnade« habe. Die Kranzosrv benehmen sich dabei in „versöhnlichem" Sinn« (kruocai, coackuit« eonciliaotv). Loudo», Montag, S. März. Die bentige „Morvtng-Post" hezttchutt den Skurz de- Minrst« rtnm« Nicasolt al- eine» ernstlichen Schlag für die Sache Italien«. E« wäre ,1« grosse- U» niück, sagt da- Bla« »«»» die Abdankuua Nlca- aoti - eine» Wechsel i» der Politik des K»»lgt zu bedeuten hätte. E- wäre keiu kleinere- Un glück, wenn sie da- Ergebntss »ou Hostutrigueu wäre. Keiu Ministerium habe Au-ficht aus Be stand, da- nicht eine mit der Cavour « identische Politik fortsühre, wie fi« Lavour (? Ricasoli) adoptirt habe. „Daily-New-' begleitet ten Ministerwechsel in Turin mit folgender vemerkuna: „Hoffen wir, dass da- neue Ministerium, welche- e- auch sei« möge, sich erinnern wird, da- für dir Nation keine sofortige Lergrö-rrung ein Ersatz für die fried liche Unabhängigkeit sein würde.' Dre-den, 3. März. DaS Provisorium in Ungarn wird in der „Donau-Zeitung" in Entgegnung auf einen die magyarischen Forderungen vertretenden Artikel des „Wan derers" folgendermaßen besprochen: „Die Anforderung, den „Wanderer" mit den erzielten erfreulichen Resul taten des Provisoriums näher bekannt zu machen und Diejenigen Lügen zu strafen, welche seiner Zeit jenem Versuche nicht ohne eine leise Anwandlung von Besorg- niß von einer möglichen Fruchtlosigkeit desselben ent gegengesehen haben, erfüllt sich gewissermaßen durch den Rückblick auf das Geschehene von selbst. Weil Ungarn M r» verschmähte, dir Ordnung, d« Herrschaft de» Gesetze un Sinn« des Octoderdiploms selbst bei sich einznsüh rm, muhte «L«n da» Prvvisoriu« verfügt «erden. Die Ordn»»» ist wieder hergestell»; freilich wäre die« nach der Meinung de» „Wanderer»" nur ein« äußerliche Thatsache von mehr scheinbarem al» reellem Werthe , aber Ordnung ist denn doch die erste Bedingung eine» jHen Staat-äedeu». DaS Provisorium hat demnach seine Schuldigkeit gethan. Wichtig ist dies«» Ergebniß jedenfalls-, erfreulich mögen wir e», streng genommen, «icht nenne», »eil wir vorgezogen hätten, Ungarn sich freiwillig dem große» Berfaffungöbunde der österreichi schen Lütter anschliehen zu sehen. Ob die inner» Be- fnctigung de» Landes selbst rrzielt wurde, dnrch da» Provisorium eiHielt wurde? Diese Frag« de» „Wan derer»" erscheint un» hypernaiv. Da» Provisorium sollte wohl nur die Geister in Ungarn ruhig stimmen, damit fie in die Lage kamen, erst die Frage zu erwägen, bb Oesterreich am 20. October 1860 nicht für da» Lnnd Alle», wa» nur »öglich, that und ihm nur das gerade zu Unmöglich« verweigrrte. Oesterreich bejaht diese Frage und beharrt bei seiner Ueberzeugung. Ist diese wohl begründet, so muß eben Oesterreich warten, bi» fie im Land« endlich sich Bahn bricht. Ist fie e- nicht, warum hat »an ungarischerseit» auch nicht den Schatten einer Widerlegung dagegen ausgeboten? Man hatte sich in die Ideen der Recht-eontinuität, der Personalunion ver rannt, und kein Individuum, keine Pattri jenseits der Leith« fand e« der Mühe wetth, rin Programm aufzu stellen, wie Orsteewichs und Ungarn« Interessen in einer wahrhaften Stauttgesammtheit, unbeschadet größtmöglicher Autonomie de» letztem geeinigt werden könnten. Wir leben der Ueberzeugung, daß es zahlreiche, gewichtige und verschiedenartige Elemente im Land« giebt, welch« daS Bedürfniß solcher Einigung fühlen. Sie reifen unter der Decke de« Provisorium». Man muß ihnen jedoch Zeit zur Entwickelung gönnen und überhaupt mit Ge duld und Mäßigung verfahren. Denn auf diesem Ge biete kann Uebrrstürzung niemals zum Ziel« führen. Der „Wanderer" macht der Regierung den Vorwurf, den Landtag aufgelöst, die Deak'sch« Partei »icht unterstützt nnd dadurch den Riß noch breiter gemacht zu haben, nnd DaS ist'», v»aS wir nicht unbeantwortet lassen dür st«. Nicht» ist leichter in der Politik, al» zu rrcrimini- re» und auf die möglichen bessern Folge» de» Gegen theil« von Den», wa« geschah, sich zu berufen. Aber di« Reden, die auf de« ungarischen Landtage gehalten worden -- rin Ausbund nicht blo» antidtznastischer, sondern antiöstrrreichischer Zügellosigkeit —, sowie Bota und Adressen de» Landtags sind bekannt. Noch immer . tbntz uw» d«» Denk'schr „Bon hall zu Fall" erschreckend in die Ohren. I» diesem einzigen Wort« lag eine Kriegserklärung gegen den Gesammtstaat. Wir waren vollauf berechtigt, diesen Antrag al» eine Klippe, von der es keinen Rückweg giebt, als eine Art Falle, nicht aber al- eine haltbare Grundlage für eine rationelle Unterhandlung zu betrachten. Und so wie wir dachten Regie-ung, Reichsrath und Millionen Menschen dies seits der Leitha. Wir haben seitdem zahlreich« und voluminöse Abhandlungen über die ungarische Frage ge lesen. Aber «in positiver, diScussionSfähiger Vorschlag ist bis zur Stunde auf ungarischer Seit« nicht aufgr taucht. Wenn dies einmal der Fall sein sollte, werden wir ihn mit freudiger Bereitwilligkeit in Erwägung ziehen. Bis dahin müssen wir un» gedulden, und Un garn wohl auch. Denn darüber kann kein Zweifel be stehen, daß eine Rekapitulation des unfruchtbaren Rechts streites, der im Jahre 1861 geführt wurde, zu Nichts dienen würde, als die Grmüther neuerdings zu ver bittern. Alles muß ja doch sein Maß und Ziel haben, und daher dieses System der Negationen sicherlich auch." Tagesgeschichte. Drrödcv, 3. März. Die erschütternde Trauerkunde von dem vorgestern Abend erfolgten Hinscheiden Ihrer Feuilleton. -f* Nürnberg, Ende Februar. Eine ungewöhnlich starke Anziehungskraft übt gegenwärtig aus das hiesige Theaterpublicum das Gastspiel deS Herrn Kinder - mann von der Münchner Hosbühne, der mit lebhaftesten Beisallspenden, mit denen man hier nicht eben freigebig ist, ausgezeichnet worden ist. Kindrrmann gilt hier zu Lande als der beste jetzt lebende Don Juan; ich denke mir aber einen vollendeten Don Juan doch noch weit poetischer und bedeutender in der Charakteristik. Uebrigens ist der Münchner Sänger ohne Zweifel eine hervor ragende Erscheinung von schöner musikalischer Begabung und Durchbildung, zu der sich ein« energisch« dramatisch« Gestaltungskraft, wenn auch keine feincolorirend«, gesellt. — Im Schauspiele läßt eS das Rrprrtoir nicht an mannichsaltigen Erperimenten fehlen, die insofern nicht immer glücklich sind, als ihre Gegenstände zum Theil norddeutsch-tendenziös sind. So sahen wir in jüngster Zeit Arthur Müller'S Schauspiel „Gute Nacht, Hänschen", dessen grobe, rrnommistische Pinselstriche trotz einem ge wissen theatralischen Handwrrksgeschick keineswegs an sprechen konnten. Man kann oft dir Bemerkung machen, daß feinere und wahrhaft dichterisch« Talente solche» Ge schick nicht selten vermissen lassen, da» den untergeord neter» Arbeitern verliehen ist, gleichwie künstlerisch un gebildete Baumeister sich auch bisweilen besser auf die gewöhnliche praktische Anordnung eines Hause- ver stehen, als Architekten. Ebenso weni- Geschmack findet man hier am sranzösirenden Genre, wie neulich dir Auf nahme eine» „armen Marqui»", der heruntergekommen, sich bürgerlich ernährt und natürlich da» Mitleid der Zuschauer aufdringlich in Anspruch nimmt, bezeugte. Die Schauspieler, oft auch hochstehende, spielen der gleichen Nichtigkeiten gar zu gern, — dem Publicum wird aber dabei nur flau zu Muthe. Jetzt ist man auf Gounod'S Faustoper gespannt, die, nachdem sie in München einen fabelhaft günstigen Erfolg gehabt, der freilich in seltsamem Kontrast zu dem Verhalten des Publikums und der Kritik in andern Städten steht, hier zur Ausführung vorbereitet wird. Sie wird mit Gästen in Scene gehen, unter denen auch Frl. Steele, da« Münchner Gretchen, und Herr Kindermann. Die Direktion bietet, was sie vermag, um Kaste zu machen und den Wünschen des Publikums entgegenzukommen. Die berechtigten Ansprüche des gebildeten und bildungs fähigen Publikums würde sie besser durch die wünschens- wrtthe Aufmerksamkeit auf ein tüchtiges Ensemble be friedigen. Reiselitrratur. Unter den neu erschienenen Reise büchern empfehlen wir den gebildeten Lesern als beson ders intereffant „Südöstliche Steppen und Städte" von l»r. Wilh. Hamm (Frankfurt a. M., Sauerländer) und „Blick auf Calabrien und den liparischen Inseln" von Elpis Melena (Hamburg, Hoffmann u. Campe), ve. Hamm's Bilder und Skizzen aus dem südöstlichen Europa sind das Ergebniß zweier Reisen in den Jahren 1858 nnd 1858. Seine Reiseroute geht die Donau hinunter über Sulina und Odessa nach den südrussischen Steppen bis Nikolajeff und Cherson, dann zurück nach Stambul und durch den ArchipelaguS heimwärts bis Triest. Persönliche Verbindungen und wohl auch der Reisezweck selbst gestatteten und veranlaßten an vielen Otten einen länger» Aufenthalt, als ihn sich schaulustige Touristen zu erlauben pflegen. Namentlich in den neu- rusfischen Steppen verweilte lw. Hamm längere Zeit unter den angenehmsten geselligen Verhältnissen und nutzte die Gelegenheit, Land und Menschen in allen Richtungen ihrer jetzigen Zustände und namentlich in ihrer Culturentwickelung gründlich kennen zu lernen, mit vielsettigster geistvoller Beobachtung, mit kenntniß- reicher Anschauung und vorurtheilsfreirm Urtheil. Der gehaltvolle Inhalt seiner Schilderungen wird durch eine fesselnd« farbenvolle Dgrstellung gehoben, die den Stempel der Wahrheit trägt, uns nnr vorführt, was der Ver fasser selbst sah, selbst erlebte und erfahren hat. Gerade in der Gegenwart richten sich die Augen der gebildeten Welt auf jene Ländergebiete, die Or. Hamm schildert und die ihre Bahn zur Civilisation so rasch verfolgen, daß jedes ältere Bild von ihnen bereits zu veralten beginnt. Bedeutsame historische Entwickelungen in den Völkervrr- haltnissen und Zuständen sind hier in nächster Zeit zu erwarten. „Die Donaufürstenthümer, die nördlichen Provinzen des osmanischen Reichs — sagt Hamm im Vorwort — ringen nach Neugestaltung; das südliche Ruß land, die Kornkammer eine- großen ThrileS von Europa, dereinst die erste Nation der Völkerwanderung, gewinnt von Jahr zu Jahr an Bedeutung sowohl in strategischer wie in handelspolitischer Bedeutung; auch hier wird mit Vollendung der Bauern-Emancipation rin ganz neuer Zustand der Dinge eintreten, an welchem vorzugsweise Deutschland Interesse haben wird." Dies weist »e. Hamm namentlich in den Capiteln „die deutschen Ansiedler in Neurußland" und „Verhältnisse einer deutschen Colonie in Südrußland" mit fachmännischer Umsicht und klarer Zusammenstellung aller Beleg« für seine Ansichten nach. Miß ElpiS Melena's Reise geht nicht über die sogenannten civilisirtrn Gegenden Europas hinaus und doch hat sie Abenteuer, Strapazen und Gefahren bestanden, wie sie kaum manche Weltfahrt bietet. Allerdings hat Miß Melena ihre Touren an der Küste Ealabrirn» und nach den verschiedenen liparischen Inseln mit einem wahr haft vittuosen Mangel an verständiger Reiseprari» und > -"ÜLL H.. . . .. Ir-itL.-^rSS Vorsicht unternommen und wurde darin von ihrem Reise gefährten — einem Sercapitän außer Diensten — vor trefflich secundirt; somit erscheinen die gewonnenen Re sultate natürlich genug, wenn wir un» auch erlauben wollten, der lebhaften Phantasie der Reisenden eine Nei gung zu kräftig schillerndem Kolorit und keckem Farben- aufttag zuzutrauen. Jedenfalls aber besitzt Miß Melena bewunderungswürdigen Muth, Willensstärke, Ausdauer in Entbehrungen jeglicher Art und eine benridenswerthe Gesundheit und physische Kraft; denn wer jenes selten besuchte Terrain ihrer Reisetour nur einigermaßen kennt, wird nicht an der wesentlichen Wahrheit der sich ergeben den Reiseschwierigkeitrn zweifeln, viel eher bisweilen daran, daß die tapfere Touristin zum zarten Geschlecht zähle. Mit regstem Interest« aber wird man ihre lebendigen warmen Schilderungen, ihre begeisterten und doch zugleich klar und realistisch erfaßten Naturanschauungen, ihre Plaudereien und Erfahrungen über Menschen und Sitten lesen. Eine flüchtige Reise ergab natürlich nur sehr flüchtig skizzirte Bilder, gestützt auf unvollständiges Material ; doch aber find sie reich an interessanten Beob achtungen und an jenen Details, welche — mehr oder weniger wichtig — vom feinen Blick und den spirituell erregten Sinn einer Frau mit Vorlieb« brachtet werden. Dieser lebensvolle Inhalt der gedrängten Darstellung läßt gern manche weibliche Schwäche darin übersehen, wir sind der muthigen Miß dankbar, di« in der Zeit, als Garibaldi — mit dem sie befreundet und für den sie enthusiastisch erglüht — Capua angriff, nach Neapel kam und in diesem Tumulte der öffentlichen Zustände abenteuerlichste Jnselfahrtrn unternahm. Durch ihre Berichte find die liparischen Inseln, diese höchst merk würdigen vulkanischen Werkstätten der Natur, welch« seit lange unbrsucht ugd unbeachtet geblieben sind, wieder in Erinnerung gebracht; fie verdienrn nicht blo» dir
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