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Dresdner Journal : 16.01.1872
- Erscheinungsdatum
- 1872-01-16
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-187201161
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18720116
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18720116
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1872
- Monat1872-01
- Tag1872-01-16
- Monat1872-01
- Jahr1872
- Titel
- Dresdner Journal : 16.01.1872
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m 11 DKMag, de» I«. Jamar. 1872 »< m »nwprst»«« Im NorH. ^ödrllsU: . . . . v ,l irlr. Xjöbrliel»: 1 1'dlr. 1 IIonatlikti: . . . Lii»«In«Hommsrn: ll^jxr. In kr«»»»«» tritt ittulicd 2 Ullr. 8tswi»effsskübr, »a»»«rk»äL äs» d>orää. Lnnäv» k.^t- umi 8tvmj»«.l»n»eI>jU^ Un--u. I»»vr»tenprel»er t llr ä«u Uttum viosr »e,p»ttev«v 2«ils: 11t t^^r. Vutor „ILi»8««u»ät" Ul, L«Uv: 3 krsekvlLvnr lö^liob, mit XusoLtuvs äsr 8ono- vvä t'siortts^, Xbeaäi 1Ar äs» kol^sväs» 1^- Zres-nerAimmal. VerantwoMcher Redaeteur: I. G. Hartmann. LLSvr»^n»nimIii»v »N8«itrt»: I^lxr-x. H. 6»mmi«iooLr äs» Vrssävsr äournal»; 0622622.: Hyk«r, u. L ,- S»»- ^ll»z-8«rIIll-Vivn-l,»iprt^-L '»Ll-1!r«»I»»-rr'»llttVr1 «. H.: ct I vA/ 'r, LtrU» -Vr^a - S» mbur^ - rr»»k- « »..U»i>oli«ll N>ÜI. L^rU»' //. ^/-»-«c-e, Lr«m«o' K. Lc-tott«,' Lr«»!»»: /, Äanaen'i kilrssu u. N. rr»vktort ». L. ^a«A«-',ckv u. 6'. //<i-rma»n'»od« 8uckb., Kan-e «t Oo.,- kr»x: H. Uuckb.; Ldsomlli: k»ri,:Kava», Ka/itte, K>Ut»«^F <7o.,- Vi,»: FI. Oxpelut, »tritt,»rl: Kau-« <ö t?0. K«r»»»x«>berr LSvi^I. Lrpsäitiov äs» Drsnävsr domiuUs, Krsiäso, K^arstben^»«»« ^o- I. Amtlicher Theil. Nachdem in Folge des Ablebens des Vorstandes der Advokatenkammrr zu Dresden, de» Herrn Finanzpro kurator und Justtzrath vr. Moritz Zenker und des Stellvertreters des Sekretärs, des Herrn Advokat vr. Christian Moritz Hesse, von der genannten Advokaten- kammer als Vorstand der seitherige Sekretär Herr Justizrath Rudolph Julius Kohlschütter, als Sekretär Herr Advokat Johann Georg Heinrich Scheele, und als Stellvertreter des Sekretär- Herr Advokat Ferdinand Heinrich Gerlach, sammtlich in Dresden, gewählt worden sind, wird Solches andurch mit dem Bemerken zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß dir Gewählten ihre Aemter bis zum 1. Juli 1872, als demjenigen Zeitpunkte bekleiden werden, zu welchen, dir Funktionen Derer, an deren Stelle die Gewählten geirrten, ihre Endschaft erreicht haben würden. Dresden, am 10. Januar 1872. Ministerium der Justiz. »beken. Estler. W»»-» !. Nichtamtlicher TheU. Uebersicht. Telegraphische Nachrichten. Tagetgeschichte. (Dresden. Berlin. BreSlau. Köln. Aus d. Elsaß. Weimar. München. Wien. Prsth. Pa ris. Brüssel. Bern. Rom. London. Kopenhagen. St. Petersburg. Konstantinopel. Bukarest. New-Bork. Rio-de-Janeiro.) _ - Ernennungen, Versetzungen ic. i« öffeutl. Dienste. Dresdner Nachricht«». > Vroviuzialvachrichteu. (Neukirch.) Statistik u. »olkswirttzschast. Eiugesaudtes. Keuilletou. Inserate. Lagetkalender Bürsenua--- richte». Beilage, Dresdner Nachrichten. Lermischtes. Statistik und Lolkswirthschast. Inserate. Telegraphische Nachrichten. Ns«, Sonntag, 14. Januar. (W. T. v.) Di« Fin«»gc»m»tfsitz« der DePutirtrnH-nmier Hat, «nie „l'Economista d'Jtalia" berichtet, »och keinerlei Beschluß bezüglich der vom Finaazminister vor- gelegten Kinanzprojerte gefaßt. Was die beau- iragte Gewebesteuer aubelange, so warte die Com mission das Ergebuiß der Brrathnngen der nach Mailand einberufenen Versammlung von Fabri- kanten ab, bevor sie über diese Frage Beschluß fassen wolle. Bezüglich des von Lesseps an die Negie rungen gerichteten Circulars wegen Ankaufs de» Suezcanals äußert sich das genannte Blatt dahin, daß diese Idee allerdings den Sympathien der italienischen Negierung begegne, daß jedoch in dieser Beziehung bisher noch keme ofsiciellen Ler- Handlungen statlgefunden hätten, da einerseits die Absichten der übrigen Mächte hierüber zweifelhaft seien, andererseits der Stand des italienischen Staatsschatzes der Regierung große Reserve auf- erlege. Florenz, Sonntag, 14. Januar. (W. T. B.) Das Appellationsgericht hat das erstrichterliche Urthetl gegen den ehemaligen Deputirten Lobbia bezüglich der Schuldfrage bestätigt, die wider den- selbru erkannte Defänguißstrafe jedoch herabgesetzt. (Vgl. die „Tagesgeschichte* unter Rom.) London, Sonntag, 14. Januar. (W. T. B.) Dem heute ausgegrbrnea Bulletin zufolge macht die Besserung i« Befinden des Prinzen von Wales befriedigende Fortschritte. Es bedarf nnr noch einiger Zett, bis die Kräfte vollkommen wiederher- arstellt sein «erden. In Zukunft »erden keine Bulletins mehr verSffentlicht. London, Montag, 1S. Januar. (W. T. B.) Eine Depesche der „Dimes" aus Paris meldet: Der Finanzmiuifter Pouyer-Quertier sandte am vorigen Freitag nach Berlin 84 Millionen Krcs. in Wechseln mit kurzer Sicht auf London und auf deutsche Plätze. Eiue gleiche Sendung soll am L7. d. Mts. erfolgen. Tagesgeschichte. Dresden, 1b. Januar. Beide Kammern hielten heute von 11 Uhr ab Sitzung. Auf der Registrande der I. Kammer befand sich ein k. Decret, betreffend die Ergänzung und Abänderung deS Gesetzes über die Er richtung der Landesculturrentenbank. Die Kammer be- rieth in Gegenwart der Staatsmiuister v. Nostitz-Wall witz und Abelen, de- Geh. Raths Sinner, des General- staatsanwalts vr. Schwarze sowie des geh. Justizraths Held die vier am 10. December 1870 auf Grund des Art. 88 der Verfassungsurkunde erlassenen Verord nungen, welche sich durch Einführung des Bundesstraf- gesetzbuchs nothwendig gemacht hatten, um die neben demselben in Geltung verbliebenen Landesstrafgrsetze im Königreiche Sachsen mit demselben in Uebereinstimmung zu bringen. Die 1. Deputation (Referent geh. Hof rath Prof. vr. Heinze) hat vorgeschlagen, in diesen vier Verordnungen alle die Bestimmungen zu bean standen, von denen die Wissenschaft behauptet, daß sie ein streitiges Gebiet zwischen der Reichs- und Landesgesttzgebung bilden; im Uebrigen aber den ma teriellen Inhalt dieser Verordnungen, sowie den Um stand überhaupt zu billigen, daß sie unter Vor behalt der ständischen Genehmigung auf Grund des Artikels 88 der Verfassung erlassen worden sind. Im Laufe der Debatte erschien der Staatsminister Frhr. v. Friesen. Die Verhandlungen waren an poli tischen und staatsrechtlichen Momenten reich und die Rathschläge, welche die Deputation in Bezug auf die Gesetzgebungspolitik den Factoren der sächsischen Gesetz gebung in ihrem Berichte ertheilt hatte, veranlaßten nicht nur eine große Reihe von Kammermitgliedern (darunter den Präsidenten v. Zehnen, der zu diesem Brhufe den Vorsitz an den Bicepräsidcnten Oberbürger meister Pfotenhauer abgab), sondern auch den Justiz- Mtuister und von GrurralftaatsanwaU rum Theil wie derholt das Wort zu nehmen. Insbesondere erklärte der Justizminister, daß die Staatsregierung die Ansicht der Deputation nicht theilt, daß die Landesgesttzgebung sich jeder Thätigkeit enthalten solle, wo es sich nur um ein von der Wissenschaft als in seiner Unterstellung unter die Reichs- oder die Landesgesttzgebung streitig bezeichnetes Gebiet handle, weil sonst die Landrsgesetz- gebung wichtige Landesintereffen nicht würde wahren können. Eine Abstimmung über diese allgemeinen Grundsätze fand nicht statt. Eingetretcn in die Special- debatte, stellte die Kammer in der Verordnung, die Ausführung des Strafgesetzbuchs betreffend, entgegen den Vorschlägen der Deputation die ursprüngliche Fas sung der Regierung gegen wenige Stimmen wieder her und genehmigte die Verordnung selbst. Die Verhand lung über die anderen drei Verordnungen wurde bis morgen vertagt. In der 1l. Kammer beantwortete Staatsminister Freiherr v. Friesen eine Interpellation des Abg. Walter über den Betrag des an Sachsen entfallenden Theiles der französischen Kriegsentschädigung und eventuell dessen Verwendung. Hierauf trat die Kammer in die Vorbe- rathung der Gesetzentwürfe über die Organisation der Verwaltungsbehörden und die Bildung von Bezirks- Vertretungen ein, welche nach längerer Debatte, an wel cher namens der Staatsregierung Staatsminister v. No stitz-Wallwitz Theilnahm, auf morgen Vormittag 11 Uhr vertagt wurde. Dresden, 15. Januar. Das von dem Finanz. Minister Frhrn. v. Friesen in der Sitzung der II. Kam mer vom 10. d. M. angekündigte Decret, verschiedene Eisenbahnverbindungen in der Lausitz betr., ist den Ständen nunmehr zugegangen. Es enthält als Beilage den zwischen den Vertretern der k. preußischen und der k. sächsischen Regierung über diese Eisen bahnen am 31. December 1871 in Berlin abgeschlos senen Staatsvertrag und schließt mit dem Anträge: Die Ständeversammlung wolle 1) zu den über die Eisen bahnprojecte Görlitz Zittau und Löbau Weihwasser (Nietzsche») mit der k. preußischen Regie- ruug abgeschlosseoeu StaatSverträgeu, soweit dieselben eine Abweichung vou den Bestimmungen des 8 2 des Grund- steuergescdes vom s September 1843 enthalten, 2) »u dem Baue der direkten Liuie von Löbau über Weiße»- dcrg nach Weihwasser, und zwar auch insoweit, als diese Bahn auf k. preußischem Gebiete ticgl, auf Staatskosten ihre Genehmigung ertheiten, und endlich 3) die zu diesem Baue erforderlichen 2,?oo,VW Thlr. aus deu verfügbaren Beständen der Staatstaffe bewilligen. * Berlin, 13. Januar. Der Rücktritt unsers Kultusministers wird von einigen hiesigen Blät tern bereits als Thatsache betrachtet und damit nament lich auch eine vertrauliche Besprechung, welche das Staats- ministerium gestern Abend im auswärtigen Amte ge habt hat, in Verbindung gebracht. Die „N. Pr. Z." sagt jedoch heute, diese detaillirten Mittheilungen über den angeblich schon erfolgten Rücktritt des Hrn. v. Mühler seien, nach den von ihr eingeholten Informationen, „wesentlich Vermuthungen und Wünsche der Verfasser." Die ganze Angelegenheit befinde sich noch in einem Sta dium, „daß sich die Details der öffentlichen Kenntniß und Besprechung entziehen." — Die „Nordd. AUg. Z." kommt heute auf die neuliche Erklärung des Ministers des Innern bezüglich der officiösen Presse zurück, daß nämlich nur der „Prov.-Eorr." ein „officiöser" Eharakter beizulegen sei. Die „N. A. Z." sagt, daß sie „unter alleiniger Verantwortung ihrer Redaction" erscheine und keinen Anlaß habe, „ein Hehl daraus zu machen, daß sie es gerne sieht und es als eine Ehre betrachtet, Nachrichten oder Meinungsäußerungen auf- zunehmen, die aus amtlichen Kreisen herstammen." Aber auch für die Aufnahme solcher Artikel trage ihre Re- daction die volle Verantwortung. So eigne sie sich Lob und Tadel für Alles an, was sich in den Spal ten ihres Blattes findet. Und wie auch der bitterste Tadel den Eharakter einer Auszeichnung an sich tragen kann, werde die „N. A. Z." immer „einen besondern Vorzug darin erblicken, wenn Mitglieder der politischen Eoterie sie anfeinden, an deren Spitze die Herren Wmdt- hvrst und v. Savigny stehen und zu deren beredtesten Mitgliedern die beiden Heinken Reichensperger gehören." — Der „Schl. Ztg." wird berichtet: Das Gerücht, daß der Feldmarschall Prinz Friedrich Karl vorhade, eine Reise nach dem Orient zu unternehmen, ist be gründet. Der Antritt derselben dürfte erfolgen, sobald ein geeignetes Schiff der kaiserlichen Marine dazu dis ponibel ist. Dagegen ist die aus einem untergeordneten Organe in mehrere Blätter übergegangene Notiz, nach welchem eine Verstimmung zwischen den Höfen von Berlin und Dresden bestehen soll, rein aus der Luft gegriffen. Wenn der Urheber der Notiz einen Beweis für seine Behauptung darin sucht, daß die säch sischen Prinzen nicht der Jagd bei Wusterhausen bei gewohnt hätten, so weiß er nicht over will er nicht wissen, daß zu den Wusterhausencr Jagden immer nur ein sehr enger Kreis von Angehörigen des Hofes zu- gezogen wird, wie es die enge Räumlichkeit des könig lichen Schlofft- zu Wusterhausen mit sich bringt. Das selbe hat nur einen einzigen Speisesaal, welcher ringsum den Zugang zu einer Reihe von zellenartigen Gemächern bietet. Diese letztern sind so klein, daß nur ein Bett und eine Waschtoilette Platz darin haben. Man sieht hieraus, daß man solchen Aufenthalt fremden Prinzen nicht gut anbieten kann. Uebrigens ist in jüngster Zeit Nichts vorgekommen, was eine Verstimmung zwischen »cn beiden Höfen hätte erzeugen können. Die Beziehungen zwischen ihnen sind nach wie vor die befriedigendsten. Wenn die Theilnahme an den Hosjagden diese Be ziehungen documentiren soll, so fehlt es auch an einem solchen Documente nicht: Die sächsischen Prinzen haben den Letzlinger Jagden in diesem Jahre beigewohnt wie in frühern Jahren. — Das Botschaftspersona- des neuen französischen Botschafters, Vicomte de Gonl taut-Biron, besteht gegenwärtig aus dem Botschafts sekretär Fröderic Debains und den Botschaftsattaches Grafen Ludovic d'Aubigny und H. Fourier de Bacourt. — Die „D. R.-C." schreibt, daß nach einer von unter richteten Kreisen angestellten Berechnung die Zahl der jenigen Beamten, welche nach dem dem Etat zu Grunde gelegten Plane mitGehaltsaufdesserungen bedacht werden sollen — d. h. also mit Ausschluß der Gymnasiallehrer, Kreisphysici, Diätarien rc. — sich schon auf etwa 60,000 beläuft. Das giebt gleichzeitig einen Ueberblick von dem gewaltigen Umfange der Ver waltungsmaschine des preußischen Staates. — An die Soldaten der Occupationsarmee in Frankreich sind in der Weihnachtswoche 32,560 Pakete mit der Post aus der Heimath nach Frankreich abgesendet wor den. Dieser Verkehr concentrirt sich in den beiden Feld- postsammelstrllen zn Berlin und Metz. Z Berlin, 13. Januar. Das Abgeordneten haus setzte heute die durch die Weihnachtsferien unter brochene Bcrathung des Etats des Handelsministeriums fort. In der Allgemeinen Debatte sprach der Abg. Jacoby (Lirgnitz) die Hoffnung auf baldige Vorlegung einer Wegebauordnung aus, worauf der Handelsmini ster Graf v. Jtzenplitz daran erinnerte, daß er die ge wünschte Vorlage vor einigen Jahren bereits gemacht, daß das Haus damals jedoch beschlossen habe, die Materie erst nach Erledigung der Kreisordnung in Be- rathung zu ziehen. Da die Kreisordnung jetzt vorlirge, so habe das Haus es selbst in der Hand, den Gegenstand bald wieder auf die Tagesordnung zu bringen. Der Abg. v. Behr bat um eine größere Berücksichtigung des Gewcrbemuseums. Allerdings sei bereits viel geschehen, indessen bedürften die bisherigen Räumlichkeiten drin gend einer Erweiterung. Staatsminister Graf v. Jtzen plitz bemerkte, daß er bereits bedeutende Mittel auf den angeregten Zweck verwendet habe. Ein neues Museum- gebäude sei in Aussicht genommen, die Baustelle aus gewählt; der Bauplan werde ausgearbeitet, und schon der diesjährige Etat würde die Mittel zur Ausführung verlangt haben, wenn die Verhandlungen mit dem Ber liner Magistrat, welcher sich weigere, das Institut zu einer Staatsanstalt machen zu lassen, bereits zu Ende geführt wären. Der Abg. v. Hennig erklärte diese Weigerung des Magistrats für gerechtfertigt, da das Museum al-Staatsinstitut nicht zu einer segensreichen Wirksamkeit gelangen werde. Graf v. Jtzenplitz er klärte, daß ihm keineswegs viel daran gelegen sei, die Anstalt zu einer staatlichen zu machen, jedenfalls müsse aber zunächst eine Entscheidung über den Charakter derselben herbeigeführt werden. Der Abg. Or. Reichen sperger (Koblenz) wünschte das Museum nach dem Vor bild des Kensingtonmuseums in London gleichfalls von der Leitung des Staates unabhängig zu erhalten, und erklärte sich gegen eine Centralisirung, die nur der Hauptstadt zu Gute komme. Der Abg. Lasker erinnerte den Vorredner daran, daß gerade das Kensingtonmuseum die von ihm getadelte Centralisirung in hohem Maße besitze. Damit war die Generaldebatte zu Ende. In der Specialdiscussion lenkte der Abg. Schmidt (Stettin) die Aufmerksamkeit auf die Stromregulirungrn und auf den Zustand der großen Flüsse. Er fragt den Minister, welche Canalprojecte die Regierung zu unterstützen be absichtigt. Der Handelsminister zeigte, daß der Etat für die Verbesserung der großen Ströme bedeutende Summen aussetze. Ter Friedrich-Wilhelms-Kanal werde fertig, der Canal zur Verbindung der Elbe und Havel sei fertig, der zur Verbindung der masurischen Seen mit dem Pregel projectirt, der Bau hänge aber von dcm Schicksal eines Bahnprojectcs Olrtzko - Insterburg ad, welches letztere doch noch wichtiger sei als der Ca nal. Zum Bau des 30 Millionen kostenden Nord- Ostseecanals seien augenblicklich noch nicht die nöthigen Feuilleton. (Redigirt von Atto AüUik.) Eine Meerfahrt nach Alexandrien. Die halbe Welt ist jetzt Tourist. Dies mehrt die Neiseschilderungen unendlich. Wie selten aber unter ihnen trotzdem die feinem, den poetischen Kern der Welt berührenden Darstellungen sind, haben wir schon bei anderer Gelegenheit betont. Eine solche beachtens- werthe Ausnahme bietet der Beschreiber des brasiliani schen Urwalds und der Botokudenstämme, Robert Avö. Lallemant, auch als epischer Dichter bekannt, aber ver dienstlicher durch ein gewisses indirektes dichterisches Wirken, das als ein frischer Hauch seine lebendigen Bilder durchweht. So auch in der bunten Fata Mor gana seiner ägyptischen und unteritalienischen Reise *) Die letzten Einladungen des ägyptischen Hofes haben Viele veranlaßt, über das Land der Pharaonen zu schreiben. Unvergleichlich ansprechend bleibt indrß Lal- lement's nachfolgende Schilderung der Ueb erfahrt: Mannichfaltig geschaukelt und umhergeworfen auf dem Meer zwischen neunzig Breitengraden bin ich unter Hamburger, schwedischer, dänischer, französischer, öster reichischer und englischer Flaggt, auf Dampfbootrn und Segelschiffen, auf Handelsfahrzeugen und unter Kriegs- slaggen gefahren; — aber auf keinem Schiffe, auf keiner Reise ist mir so viel Humor, so viele Paradoxie, so viel Anziehendes, so viel Fremdartige- rntgrgen- treten, wie auf diesem „MöriS", wie auf der göttlichen Argonautenfahrt von Marseille nach Alexandrien. Kaum hatten wir die prächtigen Kalkgrstade von Marseille verlassen, kaum befanden wir uns auf der vollkommen *) Da« Werk ist bei Mentzel iu Altona erschienen und wir kommen bei der .Reiselitrratur* ans dasselbe »»rück ruhigen See, so ward, ehe man auch nur einige Augen blicke Zeit gehabt hatte, sich kennen zu lernen und sich im Schiffe zu orirntiren, das Zeichen zum Esten ge geben; und in einem prächtigen, langen Salon be fanden sich alsbald an drei Tafeln Sitze für ungefähr 150 Menschen, von denen die Meisten sich noch nie gesehen hatten, — Herren und Damen, Orientalen und Occidentalcn, — Skandinaven, Deutsche, Holländer, Franzosen, Spanier, Schweizer, — Künstler und Ge lehrte, Civil und Militär; - alle- nur Mögliche und Unmögliche aus der menschlichen Gesellschaft war unter uns vertreten. Und das Alles sollte nun für sechs bis sieben Tage im engsten Zusammenleben und in ge wissenhafter Beobachtung aller socialen Formen mit einander umgehen und nach Alexandrien schiffen, zu nächst aber zum ersten Mal zusammen dinirrn. Natürlich war bei der heißen Suppe die Stimmung und der Ton etwas kalt, wurde aber schon wärmer beim geeisten Wein. Beim Braten ward es laut und lauter; und als beim Nachtisch der Champagner schäumte, da waren Alle mehr oder minder in der Stimmung, von der es heißt; Seid umschlungen, Millionen! Namen wurden ausgetauscht, Karten hin und her gesandt, Hände über den Tisch gereicht und kräftig geschüttelt, und Freundschaften der herzlichsten Art improvistrt! Alle Nationalitäten hörten auf; ein edles Fratrrnisiren ver einte Herzen und Gemüther; von Reserve oder Egois mus nirgends eine Spur! So verlief und endete unser erste- Diner am Bord des „Möris", und in gehobenster Stimmung, etwa wie Heine'- Brvckenjünglinge, stiegen wir hinauf auf das geräumige Hinterdeck des Schiffes. Hier war eS dunkel und kühl geworden. Der Nacht wind fing an etwas zu blasen, und einiger Seegang ward bemerkbar. Auffallend rasch ward die gehobene Stimmung kühl und sank ziemlich tief, al- der „Möris" zu tanzen anfing. Gähnend und fröstelnd verließ Einer nach dem Andern das Verdeck und suchte zu Bett zu gehen. Doch lnrrllieur!! Die Cadinen waren entsetzlich eng, und doch in jeder Cabine vier ovuslisti«-., vier Betten, jedes zwar lang genug für einen ausgewachsenen Menschen, aber schmal wie ein Mumiensarg und je zwei und zwei so dicht übereinander, daß man in jedes Bett, zumal in die unteren, förmlich hinein kriechen mußte, und nicht einmal darin aufrecht sitzen konnte. Dazu war der gemeinsame Raum vor den Betten so eng, daß man nur mit Mühe ein Plätzchen gefunden hätte, sein Zeug hinzustecken, falls man sich entkleidet hätte zur Ruhe legen wollen. Ja, so entsetzlich war die Kargheit des Raumes, daß man für vier Betten nur zwei Waschbecken hatte anbringen können, daß es an den nothwendigsten Utensilien eines Schlafzimmers aus Mangel an Platz gänzlich fehlte. Da nun Alles zu Bette ging, so kroch auch ich angekleidet in mein Parterrebett hinein, um indrß un mittelbar meine Voreiligkeit zu bereuen. Denn wenige Zoll über mir lag rin dicker Mann, besten Lager so knarrte und knackte, daß ich jede Secunde fürchtete, er möchte mit seinem ganzen Bett herunterbrechen; und da wäre ich wohl unrettbar verloren gewesen. Dazu schienen mir die anderen beiden Einwohner des sub marinen Loches — denn ander- kann ich die Cadinen auf dem „Möris" nicht nennen — keineswegs seefest zu sein; sie husteten, stöhnten und räusperten sich viel fach. Und da ich bald von allen Setten her die heftig sten Ausbrüche von Seekrankheit hörte, so hielt ich es für da- Schlaueste, au- meiner Couchette auf allen Vieren heraus zu kriechen, so lange der Fußboden noch rein war, und da- Verdeck zu gewinnen, wo ich in einem Lehnstuhl von Holz ganz nett campirte, und unter den tiefen Jammrrtönen der Seekranken ein fchlicf. Als ein Reisender ü tvuiv epreuve, dcr auf brasilianischen Kreuzzügen so manche Nacht im Freien campirte» bin ich denn auch auf dem „Möris" nicht cine einzige 'Nacht reell zu Bett gegangen. Die tragikomische Scenerie des Seejammers, welche vom Frühmorgen des zehnten Octobcrs beleuchtet ward, verzog sich etwas, als das Meer sich einigermaßen legte und die Mitreisenden sich an das bewegliche Ele ment gewöhnten. Beim Frühstück erschien doch schon der dritte Theil der Passagiere, und Nachmittags war schon mehr als die Hälfte auf dem Verdeck, so daß man die Gesellschaft nunmehr wirklich kennen lernen konnte. Entschieden waren viele bedeutende Männer am Bord, ja zum Theil Männer von erster Bedeutung. Unter den französischen Wissenschaft-mannern zum Beispiel befand sich der eben so liebenswürdige wie geniale Ouatrefages, — neben ihm Würtz, der Decan der medicinischcn Facultät von Paris, — dann Brocca, und der edle Bildhauer Guillaume, eine herzgewinnende Persönlichkeit. — Wir Deutsche aber waren stolz auf unsern Lepsius, den berühmten Argyptologrn, wir waren stolz auf seinen gelehrten Fachgenvssen l)r. Dümichen, — auf Erdkam, den gefeierten Architekten von tief poetischer Natur, — und vor Allem stolz auf unsern Drake, denn auch er, der geniale Meister in Marmor hatte sich ringefunden zur Mitreise, — so genial und »och so echt bescheiden! Gewiß, er war der Beste von uns Allen, wie viele wackere Staturen sich auch unter den andern Mitreisenden Deutschen finden mochten, deren Namen ich hier nicht weiter nennen will. Aber doch einen Mann noch muß ich hier nennen, einen Dichtrrnamen, der, wenn ich nicht irre, als rin bedeutender bezeichnet werden muß. Das ist der skan dinavische Dichter Ibsen, eine jener Naturen, mit denen man allein sein muß, um aus der Fülle ihre- reichen
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