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Dresdner Journal : 23.02.1872
- Erscheinungsdatum
- 1872-02-23
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-187202238
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18720223
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18720223
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1872
- Monat1872-02
- Tag1872-02-23
- Monat1872-02
- Jahr1872
- Titel
- Dresdner Journal : 23.02.1872
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dies in der Erklärung selbst nicht der Fall war. Der Dcputationsbericht hat daher in richtigem Gefühle dieses Umstandes auch die Erklärung des Ministers mit den Worten eingeführt: „Bei dem mündlichen Bernehmen mit dem Herrn Rc- gierungScommissar erklärte der Herr Minister des Auswär- wärtigen ungefähr Folgendes" Diese Worte hat der Referent des „ Dresdner Jour nals" in der oben bezeichneten Weise umgcändert, und dadurch ist die Möglichkeit eines Mißverständnisses aller dings entstanden. Leipzig, 21. Februar. (L. Z.) Ihre Majestät die Königin von Württemberg traf diesen Vormittag All Uhr mit hohem Gefolge mit Benutzung der Ver bindungsbahn auf dem Berliner Bahnhofe über Bayern und Hof mittelst Extrazugs hier ein und wurde von dem kaiserlich russischen Staatsrath, Generalkonsul tom Have, sowie von dem königl. württcmbergischem Con- sul geh. Eommerzienrath v. Bänsch auf dem Perron ehrfurchtsvoll begrüßt. Ihre Majestät reiste 11 Uhr 40 Minuten mit Extrazug weiter nach Berlin. Höchst- dieselbe wurde von Altenburg aus von Ihrer Hoheit der Prinzessin Therese von Sachsen-Altenburg bis auf den Berliner Bahnhof begleitet, von wo Ihre Hoheit ohne Aufenthalt nach Altenburg wieder zurückrcistc. * Berlin, 21. Februar. Nach der „Prov.-Corresp." hat der Kaiser sein jüngstes Unwohlsein fast voll ständig überwunden und schreitet die Genesung so schnell vor, daß Se. Majestät schon wieder Besuche empfangen' und sich den Negierungsgeschäften widmen kann. — Die Königin Olga von Württemb erg und die Groß fürstin Vera Konstantinowna von Rußland sind Nach mittags 4 Uhr per Erpreßzug von Stuttgart hier cin- getrosfcn und wurden bei der Ankunft auf dem anhal- ier Bainhofe von der Kaiserin, dem Kronprinzen, den Prinzen Wilhelm und August von Württemberg und verschiedenen Diplomaten und Beamten empfangen. — Die hohen Gäste begaben sich zunächst zur Begrüßung des Kaisers ins Palais und darauf ins Schloß, wo in den Königin MutterkammernWohnung genommen wurde. Dort fand um 6 Uhr auch Familicntafcl statt. Abends besuchte der Hof mit seinen Gästen die Ballctvorstcl- lung im Opernhause. Morgen ist den fürstlichen Gä sten zu Ehren im Adlersaale des k. Palais größeres Diner und deshalb sangeordnet worden, daß morgen Abend die Oper „Margarethe" aufgeführt wird und am Freitag im Palais die 8oirö« rnusir.«!« stattfindct.—Auf den Antrag Mecklenburg-Schwerins, betreffend weitern Nachlaß an der Nachsteuer auf privative Rech nung, hat der Bundcsrath in der Sitzung vom 9. d. nach Anhörung des Ausschusses für Zoll- und Steuer- wcsen beschlossen: sich damit einverstanden zu erklären, daß denjenigen Brennereibcsitzern, welche aus Korn unter Bereitung von Preßhefe Branntwein fabriciren, für den znr Nachsteuer gezogenen unversetzten Kornbranntwein an den durch Beschluß des Bundesraths des Zollver eins vom 2. Juli 1869 ermäßigte« Nachsteuersätzen noch ein weiterer Rabatt von 15 Sgr., Lez. 3?j Sgr. pro Ecnlner, je nachdem derselbe über oder unter 40 Pro cent Tralles befunden worden ist, für privative Rech nung der großherzoglich mccklenburgschen Negierung zu- gcstandcn werde. — Die „C. D." brachte gestern die überraschende Mittheilung, daß die Polizei Individuen auf die Spur gekommen sei, welche das Leben des Reichskanzlers bedrohen. Der Bemerkung eines andern Blattes gegenüber, welches in dieser Meldung nur eine unbegründete Sensationsnachricht erblicken wollte, bemerkt die „C. S." nun weiter: „Nach An deutungen, die uns heute zugehen, hätte man ohne die verschärfte Wachsamkeit der Polizei Grund zu ernsten Besorgnissen um das Leben des Fürste Reichskanzlers. Wir empfehlen unsre gestrige Notiz zur weitesten Ver breitung. Es handelt sich leider keineswegs um eine Sensationsnachricht; damit hat sich die „C. S." noch nie befaßt." (Ein Dementi dieser Meldung haben die Berliner Zeitungen allerdings bis jetzt nicht gebracht.) — Nach Ler „Schl. Ztg." hat die Commission für das deutsche Militärstrafgcsctzbuch ihre Arbeiten voll endet und ihre Sitzungen geschlossen. Wahrscheinlich ist nur das Unwohlsein des Kaisers daran Schuld, daß noch nichts über die Abmeldung des Präsidenten der Commission, Generals v. Vvigts-Rhetz, verlautet hat. — DieCommission desHerrenhauses für das Schul aufsichtsgesetz hat gestern ihre Berathungen beendigt. Sie hat sich für ein Amendement Kleist-Retzow entschie den, dahin gehend, daß die Regierung principiell Geist liche zu Schulinspcctoren bestellen müsse und nur in dem Falle, daß sie keinen geeigneten Geistlichen findet, nach freiem Ermessen verfahren kann. Es ist dies etwa der Standpunkt, den das Amendement Devens im Abge- ordnctenhause einnahm und welchem der Kultusminister so bestimmt entgcgentrat. Auch in der Commission des Herrenhauses erklärte der Regierungscommissar das Amendement für unannehmbar; diese Erklärung war jedoch fruchtlos. Es wurde schriftlicher Bericht be schlossen und Herr v. Kleist Retzow zum Referenten be stellt. Die nächste Sitzung des Herrenhauses findet am 4. März, die Plenardebatte über das Schulaufsichts- gesetz am 5. März statt. Die heutige „Prov.-Corr." bemerkt zu der bevorstehenden Berathuug: „Das Her renhaus wird sich der Erwägung nicht entziehen, daß es sich um ein Gesetz handelt, welches die verfassungs mäßigen Beziehungen des Schulwesens zur Kirche aus drücklich bestätigt uud welches die Regierung für un erläßlich erachtet, um durch nachdrückliche Handhabung der ihr zustehenden Befugnisse staatsgesährlichc und deutsch feindliche Bestrebungen niederzuhaltcn." — Ucber die Arbeiten des Abgeordnetenhauses bemerkt dashalb- officielle Blatt: „Wir mau hofft, wiro im Laufe dieser und der nächsten Woche die Beschlußnahme über die Steuerreformen, die Beamtenbesoldungen und die Ge- sammtheit des Staatshaushalts erfolgen. Die endgil- tige Feststellung des Etatgesetzes steht kaum vor Mitte des Monats März in Aussicht; die Verspätung ist theilweise dadurch veranlaßt, daß die Frage wegen Ver besserung der Beamtenbesoldungen zu einer umfang reichem Verhandlung über die gesammteu Besoldungs verhältnisse geführt hat. als früher zu erwarten war." — Die „N. Pr. Z." schreibt: Die liberalen Zeitungen beschäftigen sich in diesem Augenblicke mit besonderer Vorliebe mit der Frage eines bevorstehenden „ Pairs- schubs"; wir halten die bezüglichen Angaben durch weg für voreilig und im hohen Maße übertrieben. — Die Nachricht, daß der Generalfeldmarschall Graf v. Moltke und der Kricgsminister v. Noon, nur diese Beiden, als Mitglieder in das Herrenhaus berufen werden sollen, bestätigt sich; doch ist diese Berufung schon ältern Datums. — Der wirke, geh. Oberregie- rungsrath Wehrmann ist gestern Abend von seinem Urlaube zurückgekebrt und wird seine Geschäfte wieder übernehmen. — Aus Kassel wird gemeldet, daß der Regierungspräsident Frhr. v. Hardenberg vor Kur zem seine Entlassung erbeten hat. H Berlin, 21. Februar. Im Abgeordneten hause fand heute zunächst die Abstimmung über das OberrechnungskaiMergcsetz statt, welche bei Namens aufruf 310 Stimmen für, 43 gegen dasselbe ergab, sodaß das Gesetz in der amendirten Weise mit großer Majorität angenommen worden ist und nun an das Herrenhaus geht. Sodann folgte der Bericht der 11. Commission über den Gesetzentwurf, betreffend die Be freiungen von der Klassensteuer und die Aushebung der Mahl- und Schlachtstcuer. Die Regierungsvorlage hatte bekanntlich die Mahlsteuer ganz aufgehoben, des gleichen von Staatswegen die Schlachtstcuer, welche letz tere als eine facultative den Cvmmunen verbleiben sollte. An Stelle dieser Steuer soll vom >. Januar 1873 ab die Klassensteuer eintreten. Ferner hob die Re gierungsvorlage die Klassensteuer für die Unterstufe n der ersten Stufe in der ersten Hauptklasse ganz auf. Die Commission hat nun folgende wesentliche Ver änderungen vorgenommen: auch die facultative Com- munal-Schlachtsteuer soll wegfallen. Die völlige Be freiung einer Unterstufe hält die Commission für nicht nützlich, beantragt vielmehr eine Erleichterung resp. Reduction der Klassensteuer für die ganze erste Haupt klasse, welcher letzteren bis zur anderweitigen gesetz lichen Regelung ein Steucrabschlag von 33Vs Procent (4 Monatsrathen) gewährt werden soll. Die Erleich terung soll, entsprechend dem Vorschläge der Regierung, vom 1. Juli 1872 ab stattfinden. Schließlich hebt die Commissionsvorlage das Princip der Kopfsteuer aus, indem sie die Veranlagung auch in den Unterstufen der ersten Stufe nach Haushaltungen vorschlägt und zwar Unterstufe 1 n — 1 Sgr. 3 Pf., l 6 — 2 Sgr. 6 Pf. Referent ist Abg. v. Brauchitsch, der die vorbezeichneten Beschlüsse der Commission motivirt. Die Generaldebatte (es sind 15 Redner für, 9 gegen die Vorlage ange meldet) eröffnet Abg. v Kardorff, der die Regierungsvorlage gegen die CommilsionSvorschlägc vertheidigt. Die von der Commission angeführten Bedenken, die völlige Befreiung einer Bolkeklasse von der direkten Steuer würde zur Demoralisation und zu dem Verlust des staatsrechtlichen Bewutztsems in derselben führen, seien hinfällig, dann könnte man auch sagen, daß die Besol- dungsverbesserungcn die Klasse der Lehrer rc. träge und nach- läM machen würden. Er sei von jeher ein Gegner der Klaffen steuer gew se»; in der Unterstufe, wo sie eine Kopfsteuer sei, sei sie einer civilisirten Nation nicht würdig; man dürfe nur da direct besteuern, wo wenigstens eine Spur von Vermögen zu erkennen ist. Die Regierungsvorlage wolle nun dies direkte Steuersystem refvrmiren und gerechter machen, d. h die Be dürftigsten vollständig befreien, darum begrüße er dieselbe mit Freuden. Betreffs der Mahl- und Schlachtsteucr wünsche er auch- daß dieselbe vollständig abgeschafft werde. Jndeß könne die Schlachtstcuer in einigen (ca. 12) Städten bleiben, bis den- selben ein Aequivalent in der Gebäudesteuer geboleu würde. Redner schlägt auch eine Elaviersteuer vor. (Heiterkeit) Der Correferent Abg. Rickert wies darauf hin, daß die vollständige Befreiung einer halben Million Staatsbürger von der Klaffensteuer zwar etwas Blendende- habe, dennoch ständen einem solchen Schritte erhebliche Bedenken entgegen. Zunächst sei noch von Niemandem uachgewiescn worden, daß die Arbeiter nicht im Stande wären, den kleinen Betrag der niedrigste» Steuerftusc, wie ihn d e Commission normirt habe, »u ent- richten, andererseits würde durch völlige Freiheit von duecien Steuern das staatsbürgerliche Bewußtsem >n diesen Volksklaffen erheblich abgeschwächt werden. Mit der Aufhebung der Mahl- und Schlachtsteuer sei die Commission vollkommen emverstanden, und habe »ach dieser Richtung hin den RegierungSentwurs sogar noch erweitert, indem sie die vollständige Brseitrgnng der Schlachtstcuer beschlossen habe. Finanzminister Camphausen glaubt, es wäre besser ge wesen, bei dem vorliegenden Gesetz eine Vorberathung im Ple num vorzunehmen, damit verschiedenen Mißverständnissen hätte vorgebeugt werden können Die Stellung der Regierung sei die, daß sie die Anträge der Commission verwirst und das Haus bitte», zur Regierungsvorlage zurückzukehren. Aie Ansicht, daß die Steuervortage etwas voreilig eine Reform einführeu wolle, habe er eine Zerr lang gctherlt: die Finanzlage habe sich aber allmählich gebessert Die Aufhebung dcS Staatsschatzes habe -eine Million Ueberschuß gegeben; er glaube, daß eS wovlgethau sei, schon jetzt mit einer Steuerreform vorzugehen. W un daS Haus den Steuererlaß überhaupt verschieben will, so würde sich die Regierung das gefallen lassen, obwohl sie ihrerseits der An sicht ist, daß die gefunden Zustände des Lande- mit Recht rS erfordern, mit einer Steuerreform vorzugehen. Die Fragen über Steuerreform müsse» endlich eine korrekte Gestalt gewin nen, blose Resolutionen in dieser Frage helfen nichts (Sehr richtig!) Seit 2b Jahren habe er (Redner) mit der Steuerre form zu ibun gehabt, mit seinem Freunde Kühne im Jahre "1817 das Steuergesetz vorgelegt, er scr der Verjoffer jener da maligen Denkschrift. Schon damals habe die Regierung die Mahl- uud Schlachtsteucr aufheben und dafür eine Einkommen steuer, die auf Sclbsteiuschätzung beruhte, einführen wollen. Diesen Ansichten sei er (Redner) nicht gerade sehr untreu ge worden; der vorliegende Vorschlag der Steuerreform sei als wirklich ausführbar zu betrachte». Die indirekte Steuer werde nicht vollständig beseitigt werden können. Man habe bisher immer von Mahl- und Schlachtstcuer zusammen gesprochen, obwohl sie nur insofern zusammenbängen, als sie beide nur für die Stadt, nicht für das Land existiren. Der Staat will diese Steuer nicht mehr; daß aber die Schlachtstcuer für die Kom munen Wegfälle, müsse aufrecht erhalten bleiben, da eine Auf hebung derselben nicht so bald zum Au-gleich führen würde. Man dürfe nicht so schlechtweg den Satz theoretisch hinstellen: die Siädte können machen, was sie wollen, sie mögen zuseden, wie sie fertig werden. Er (Redner) begreife uichi, daß man behaupte, die groben Städte würden das Odium der Schlacht- steuer nicht aus sich nehmen wollen. Er seinerseits halte die Schlachtstcuer sür größere Städte für durchaus praktisch und in keiner Weise odiös. Wenn man den Vorschlag mache, daß ein Theil der Gebäudesteuer den Städte» zufallen soll, so be denke man nicht, daß dem Staate dadurch ein Nachtheil von 4 ji Millionen erwachsen werde; einen solchen Ausfall könne der Staat nicht ertragen. Als in der Commission der Beschluß über die Mahl- und Schlachtsteucr einstimmig gefaßt wurde, habe er gehofft, nun werve die Commission den ander» Vor- schlag der Regierung betreffs der direkten Steuer aufrecht er halten. Darin habe er sich getäuscht Was man gegen die Absichten der Regierung sage, sei hinfällig. Die Steuer von 15 Sgr., mit de-- man jeden Kopf belegte, sei in einer Zeit der bittersten Noch eingeführt (1806 bis 1828). Die niedrige Be völkerung habe am erste» darauf Anspruch, nicht zur Steuer heranwzogen zu werden. Damit werde nicht gesagt, daß die Bevölkerung sür unfähig erklärt werde, Steuern zu bezahlen. Dieser erste Schritt der Staatsregierung solle nicht der letzte sein, aber die Maßregel, wie sie vorgeschlagen, bilde ein in sich abgeschlossenes Ganze, sei vollkommen ausführbar nnd werde großen Segen verbreiten. Die Vorschläge der Commission er- reichen einen wesentlichen Zweck nicht, daß nämlich diejenige Steuer beseitigt werde, welche den Steuernden mehr koste, als sie dem Staate einbringe Eine durchgängige Ermäßigung sei in keiner Weise indicirt, das vorhandene System der Klassen- steuer werde wesentlich verschlechtert, wenn z. B. die erste Klaffe 2 Thlr., die nächste schon 4 Thlr. bezahlen soll. Die Vorschläge der Commission seien nicht die Wege zu einer guten Reform; auf dem Wege der Regierungsvorlage werden Sie einem wichtigen Grundsatz in der Best.uerung die Bahn bre chen, das Steuerwesen vereinfachen und verbessern, werden einem großen Kreise der Steuerpflichtigen ein wichtiges Geschenk machen. (Beifall rechts.) An der ferneren Debatte betheiligcn sich gegen die Commissionevorschläge die Abgg. Or. Gneist und Hell wig, für dieselben die Abgg. Heise und v. Gottberg; neue Gesichtspunkte werden dabei nicht geltend gemacht. Der Regierungscommissar geh. Oberregierungsrath Burghardt giebt statistische Nachweisungen, welche be weisen, daß tausende von Execufionen in der letzten Klasse Besteuerten fruchtlos angestellt werden, und daß dadurch dem Staate mehr Kosten erwachsen, als die Besteuerten zu zahlen haben würden. Das Streben des Staates, diese Stufe aus der Klassensteuer entfernt zu sehen, sei gewiß durch die gemachten Erfahrungen gerechtfertigt. Darauf wird die Generaldebatte vertagt. Nächste Sitzung Donnerstag. Köln, 19. Februar. (A. Z.) Bekanntlich hatte der Cultusminister v. Mühler um Ostern v. I. an sämmt- liche k. Provinzialschulcvllcgien die Verfügung erlassen: die Dircctioncn der höhern Unterrichtsanstalten sollten die katholischen Neligionslehrer anweisen, Be kanntmachungen der kirchlichen Behörden nur nach vor heriger Genehmigung des Vorstehers der betreffenden Anstalt den Schülern mitzutheilcn. Trotz dieser An weisung haben jetzt zwei Religionslehrcr im Schul- gottcsdienste die Excvmmunicationsbullc gegen die hiesigen Altkatholiken, wozu die Mehrzahl der Gymnasiallehrer gehört, mit gewissen erklärenden An merkungen eigener Mache zur Kenntniß gebracht, und Zu den bedeutendsten 'Nummern des Programms der Aufführung zählen wir außer Mendelssohn-Bartholdy's 98. Psalm („Singet dem Herrn ein neues Lied"), der längst gekannt und geschätzt, weil er ziemlich prägnant den Gesammtcharakter der Mendelssohn'schen Tonmuse darlegt und ausspricht. Fr. Höldcrlin's Schicksalslicd (für Chor und Orchester) von I. Brahms, und E. Geibel's Ballade „Schön Ellen" (für Soli, Chor und Orchester) von Di. Bruch; während N. W. Gade's Ballade „Erlkönigs Tochter", nach dänischen Volkssagen für Soli, Chor und Orchester componirt, trotz großer Länge, trotz geschickter Mache und einzelner geistvoller Züge in Erfindung und Orchestration, in Wahrheit nur allzusehr den Stempel der Monotonie und Leerheit trägt. Die trefflichen künstlerischen Leistungen der Damen Bellingrath-Wagner und Hoskapellmeister Krebs, sowie auch des Herrn A. v. Böhme bethätigtcn sich in allen ihren Ausführungen, ebenso Löbliches leistete die Manns - feldt'sche Kapelle. ** Noch einmal daS Polarmeer. Die Frage wegen eines absolut offenen oder nicht offenen Polarmceres ist schon lange, wie so manche differi- rcnde Hypothesen über den Pol, eine Streitfrage unter den forschenden Geographen. Sie wurde kürzlich wie der angeregt durch die merkwürdige Reise von Payer und Weyprecht, über deren Resultate wir verschiedene Male berichtet. In Bezug auf die Ansichten der genannten Reisen- den und auf ihre neu auszurüstende Polarexpedition thettt die „Jllustrirte Zeitschrift für Länder- u. Völker kunde" ein in beider Forscher Namen abgefaßtes Re ferat mit, das unter Anderm sagt: „Wir sind von der Annahme eines offenen Polar- meercs ebenso entfernt, wie von dem Glauben an ein erfolgreiches Schlitten- oder Schlittenbootunternehmcn zur Erreichung des Poles, und erkennen unser Ziel in der wissenschaftlichen Erforschung des noch unbekannten Polargebietes überhaupt. Wir hoffen in dieses noch unbekannte Gebiet leichter und erfolgreicher als auf irgend einem andern Punkte zwischen Novaja-Semlja und Spitzbergen einzudringen, und zwar nicht in der sanguinischen Erwartzisig eines endlos offenen Wassers. Wir bauen unsre Hoffnungen ferner nicht darauf, weil wir im letzten Jahre ein weites, bisher eiserfüllt ge dachtes Meer thatsächlich offen gefunden haben, sondern wegen der über alle Erwartungen leichten Qualität des von uns im äußersten Norden angetroffenen Eises. Bevor unsre Beobachtungen reiflich geprüft sind, unter lassen wir es, auf die vermuthlichen Ursachen dieses jedenfalls schiffbarsten Theiles des nördlichen Eismeeres einzugehen, und begnügen uns nur mit dem Hervor- heben des Factums. Es ist bekannt, daß der uner schrockene Capitän Mack im letzten Sommer bis 81° östl. L. vorgedrungen ist und daß dessen Beobachtungen mit den unsrigen völlig übercinstimmen. Wir basiren darauf den Plan einer großen Polar unternehmung, zu welcher wir die Mittel vorzugsweise in Oesterreich zu erlangen hoffen. Dieser Plan läßt sich kurz zusammenfassen: Die Erfahrungen haben gezeigt, daß eine Expedi tion, die nicht mehrere Jahre ausbleibt, successive vor dringt und ihre Errungenschaften vergrößert, nur wenig leisten kann. Daher soll diese Expedition zwei bis drei Jahre fern bleiben, also zweimal überwintern, eventuell auf Cap Tscheljuskin, den neusibirischen Inseln, oder aber auf den neu zu entdeckenden Ländern. Ihre Rück kehr durch die Behringstraße ist wenig wahrscheinlich, bildet indessen gleich der Erreichung des Poles immer hin auch das ideale Ziel der Expedition. Alle weitern Details find den Umständen Vorbehalten. Das in Bremerhafen bei Tecklenborg u. Bcurmann zu erbauende Expeditionsschiff, ein dreimastiger Schooner von 220 Tonnen, welches anfangs Mai fertig sein soll, wird über Dampf verfügen und zum Zwecke der Schlitten reisen eine starke Bemannung erhalten. Wir rechnen bei dieser Expedition auf Hindernisse und Kämpfe ernster Art durch das Eis, und zwar be sonders zunächst Cap Tscheljuskin, — aber wir halten dieselben unter den angegebenen Verhältnissen hier leichter als irgendwo anders überwindbar; wir bleiben endlich jeder sanguinischen Anschauung fern, um so mehr, da wir wohl wissen, daß man um so besser thut, je ge ringer man die eigenen Erwartungen oder die Hoff nungen Anderer spannt. Payer." G. Hänsel'S Specialkarte betreffend. Dadurch, daß sich in neuerer Zeit das Großcapital hauptsächlich der Kohlenindustrie zugewendet hat, sind vorzugsweise in dem Lugau-Oelsnitzer Kohlenbecken eine nicht un bedeutende Anzahl neuer Unternehmungen ins Leben gerufen worden, welche umsomehr Beachtung verdienen, als dieselben später wesentlich mit beitragen werden, dem in den letzten Jahren vorhandenen Kohlenmangel Abhilfe zu verschaffen. Das Interesse, welches das Publicum an diesen Unternehmungen und an den in obgedachter Gegend bereits in Betrieb stehenden Gruben nimmt, hat das Bergwerksbureau von G. Hänsel in Dresden ver anlaßt, eine von dem Ingenieur Lang entworfene und gezeichnete Specialkarte der Kohlengrbiete des Lugau- Oelsnitzer Beckens zu veröffentlichen, welche ein recht anschauliches Bild nicht nur über die Lage der einzel nen Grubenfelder, deren Größe und Namen, sondern auch über die thetls vollendeten, theils projecttrten Ver kehrswege in obigem Kohlenbecken bietet. Diese Karte, welcher dem Vernehmen nach später noch ähnliche Arbeiten über die Kohlenreviere von Dresden und Zwickau folgen sollen, ist in dem oben erwähnten Bergwrrksbureau zu haben. — man ist daher sehr gespannt, Welchs Schritte die zu ständige Schulbehörde, bei der die Angeleaenhsit schwebt, gegen solche renitente und die Autorität der Kollegen schädigende Beamte thun wird. Kiel, 19. Februar. Wie die Redactio» der „Kiel. Ztg." meldet, sind ihr die auf Requisition der königl. Staatsanwaltschaft jüngst mit Beschlag belegten Exem plare ihrer Zeitung heute von der Polizeibehörde zurückgegeben worden. * München, 21. Februar. In der heutigen Sitzung der Kammer der Abgeordneten referirte derrlbg. Pfarrer Or. Pfähler im Namen des vierten Ausschusses über die beiden Bitten des Redacteurs der „Süddeutschen Post" in Betreff der Handhabung de S Preßg rsetzeH. Der Referent hatte dieselben in Em Petiyzm zusammen gezogen und dem Ausschüsse z»r Annahme empfohlen. Dasselbe lautete dahin: - „Es s.i an Se. Majestät die Bitte z» stelle«, im »achücn LandtogSabschicde mit Gcsctzc-trast au-zusprechcn, 1) daß tlr- Ntel 88 de- Gesches vom 17 Mär» ' 8Lt) (Schatz ge-e» de» Miß brauch der Pr^ffe) außer W>rksamtcit aeseyt werd«; 2) ferner sei damit der Wunsch zu verbinden, es wolle eine Anordnung getroffen werden, daß die Slaatsrcgierung auf eine '«ne de» Anforderungen des Rechts und der Unvarteilichkeit aderenl- ftimmrnde Handhabung der Projvoliz« in Mauchen mW im übrigen Laude Bedacht nehme." , . Da dieser Anttag jedoch im Ausschüsse nicht die Stimmenmehrheit erbtest, ging derselbe nunmehr in folgender Form zur Berathung ans Plenum: „Es wolle der königl. StaatSregieiung der Wuusch aus- gedrückt werden, die Polizeibehörden neuerdings zur »»var- teiischen Handhabung der prcßpolizrilichc« Bestimmungen, in«' besonder« auch, was den Vollzug de-Art. SS de-Gesetze- vont 17. Marz 18L0 betrifft zu ermahnen." > In dieser Fassung ist der Antrag das Resultat zweier Ausschußsitzungen, hei welchen, nach Dem zu schließen, was im Protokolle constatirt wird: „daß auf Uebereinkvmmen die zwischen dem Minister des Innern und dem Referenten gefallenen persönlichen Bemerkun gen gegenseitig zurückgezogen wurden", ein ziemlich warmer Ton geherrscht haben mag. Die erste der obi gen Bitten ist dadurch veranlaßt, daß die Polizeidirection München der „Süddeutschen Post" ohne Angabe der Motive die Erlaubniß zur Colportage entzog. Die zweite Bitte ist die Folge der häufigen Confisca- tionen jenes .Blattes, welche ohne Allegirung der einschlägigen Strafbestimmung erfolgt seien. Nach langer und scharfer Debatte in der heutigen Plenar sitzung der Abgeordnetenkammer wurde der Ausschuß- antrag bezüglich der Beschwerden der Redaction der „Süddeutschen Post" mit großer Majorität ab gelehnt. * Stuttgart, 21. Februar. Die langwierigen Be rathungen in unserer Abgeordnetenkammer haben es dahin gebracht, daß der Ftnanzminister genithigt war, vorgestern Abend einen Gesetzentwurf über em abermaliges Steuerprovisorium bis Ende März vorzu legen. — In der gestrigen Abendsitzung der Abgeord netenkammer rief die Beschwerde der strikenden Schrift setzer wegen Abcomwandirung militärischer Setzer eine zweistündige Debatte hervor. Infolge einer Mitthci- lung des Präsidenten, daß die Zurückrufuug derselben bevorstehe, ließ Abg. Hopf einen hierauf gerichteten Antrag fallen und wurde die Debatte durch Uebergang zur Tagesordnung geschloffen. Auf die Interpellation v. Varnbüler's, betreffend die in die französische Frem denlegion eingercihtcn Württemberger, erklärte der Mi nister des Aeußern, Frhr. v. Wächter, daß die Regie rung denselben Geld zur Rückreise gewähren werde. * Wien, 20. Februar. Se. Maj. der Kaiser hat dem deutschen Ritterorden gestattet, eine Stif tung für Invaliden, deren Wittwen und Wai sen zu errichten und die Stiftungsplätze, wovon 20 mit monatlich 10 Fl., 20 mit monatlich 8 Fl. nnd 10 mit monatlich 0 Fl. dotirt sein werden, nach eigenem Er messen an Soldaten der k. und k. österreichisch-unga rischen Armee vom Feldwebel und den äquiparirrnden Chargen abwärts ohne Unterschied der Nationalität, welche bei der Vertheidigung des Vaterlandes oder in Ausübung ihres Dienstes erwerbsunfähig geworden sind, zu vergeben. Die amtliche „W. Z.", der wir diese Mittheilung entnehmen, betont hierbei ausdrück lich, daß diese Stiftung mit dem freiwilligen Sanitäts dienste des deutschen Ritterordens un Kriege und im Frieden nicht zusammenhängt und daß dazu auch von den für den D.-O.-Spitalsfond eingehenden Beträgen nichts verwendet, sondern die für die oberwähnte Stif tung nothwendigen Mittel von dem deutschen Ritter orden allein aufgebracht werden. — Die heute im Ab geordnetenhause erfolgte Annahme der Novelle zum Nothwahlgesetze mit der für Verfassungsänderungen nothwendigen Zweidrittelmajorität wird aus verfassungs treuer Seite als ein wichtiger Erfolg betrachtet. Die Minorität schickte je einen Repräsentanten ins Treffen: die Polen Grocholski, welcher ihr negatives Votum mit dem Hinweise auf die gleiche Haltung im Jähre 1868 bei Berathung des Ausrührungsgesetzes für die Nothwahlen rechtfertigte; die ulttamontanen k. Greu- ter, welcher sich auf's Octoberdiplom berief, und die Slowenen den vr. Poklukar, welcher aus Rechts und politischen Gründen gegen die Novelle ist. Zum Schluffe ergriff namens der Negierung der Mi nister des Innern, Baron Lasser, das Wort, nicht blos, um die im Verfassungsausschuffe abgegebene Er klärung der Regierung über die erweiterte Anwendbar keit des 8 7 des Grundgesetzes über die Reichsvrrtte- tung, sondern auch um das eifrige Bestreben der Re gierung für die Wahlresorm und ihr bündiges Ver sprechen, dieselbe einzubringen, sobald der Eiffolg ge sichert sein wird, im Hause zu wiederholen; ja noch mehr, Freiherr v. Lasser fügte dieser Erklärung noch bei, die Negierung halte den Nkoment, in welchem die ser Erfolg als gesichert anzusehen sein wird, für nicht mehr fern. Die vom Finanzminister eingedrachte Re gierungsvorlage bezüglich einer provisorischen Gehalts aufbesserung in Form einer auf das Jahr 1872 zu be schränkenden, in die Pension nicht einrechenbaren ThrUe-, rungsznlrge für das Staatsbeamten, bemißt di« Zulage für Gehalte unter 1500 Fl. mit 25 db für Wien, 20 für die Hauptstädte der Kronländer, 15 db für dir übri gen Städte und das Land. Ferner für Gehalte von 1500—2100 Fl. mit 20H, 15 K und 101b und für Gehalte von 2100 bis zur vierten Diätenklafle mit 15 ?b für Wien und lOdb außerhalb Wien. Di« vier höchsten Diätenklassen bleiben dermale» von der Auf besserung ausgeschlossen. Behufs definitiver Ghstemi- strung der Bezüge der Staat-dkner und Regelung der Bersorgungsgenüsse derselben und ihrer Angehörigen wird eine eigene Ministerialcommission zusammenßesetzt, welcher zur Vollendung ihrer Arbeit ein möglichst kur zer Präclusivtrnnin vorgezttchnrt werd«« chir». Weiter übermittelte der Justizminister, l »r. Glaser- den Entwurf eines Gesetzes, bett, die Sicherstellung und dir Execu»
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