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Dresdner Journal : 04.04.1872
- Erscheinungsdatum
- 1872-04-04
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-187204043
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18720404
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18720404
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1872
- Monat1872-04
- Tag1872-04-04
- Monat1872-04
- Jahr1872
- Titel
- Dresdner Journal : 04.04.1872
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-V 7«. In, »«i«I»«: tritt jkkrllcl» TLdrUck: . . . »-rklr ^^bnkr; > 'M. ,° üiorvln« livwwerv: l 8tcii»peln»»cki»^ diium. kür 6« 8»u^ qwcr se-patteo«» 2«il»: l^t Uvtsr „L»8««mät" äis 2»ll«r S ^r. Lr»ek«1»»Lt ^L^Uel», mit ä»r 8ouv- aoä Vsiart»^*, Xd«L<1« für äsa koljxeoäsn 1'»^. Donnnstag, da, 4. April/ 1872. DreMerAournal. BeranttvorUicher Stedacteur: I. G. Hartman«. ü»—«»vLrttt LranUttett«', 6ommimim»Lr 6«, vr«»äo«r ^ouriu»!,; LnAk«r, H ort u S >»»- d«U-»*rll»-Mt«»-l.«ix^,-»«»«I-lr—1»»-rr»»ke»rt «. N.r «1 ^o-ier, I*rU»-VI,«»-N»»dur,.rr«»L- drrt ». ».HiU>«d«o: L««t. ^to««, u«rll»: ^1. Lr«,«»: L'.§e-iott«, >r«^»u: I..8kanv«,', 8ür»»n u K. F««t«, Lr»»KNlr1». U.: L ^«rgrr'scii« 6. Lf-rrma^'icli» Luekk , Daud« «e Oo., kr»»: F>. L'/»rttck'» Lockt» ; s!k»»i»tt»: F>. k»rt>: L«L»«r «1 Vo.» VI«»: H. Stolt,»rr-. D««-e <s L7o. N«r»oir«t»«rr Nüoizl Lrpsclitioo ä« vrsiäoer üouroltl», l>r««1«o, It»r,»r«tt»eojs»««» Ho. 1. i _0 Amtlicher Theil. Bekanntmachung, die Anleihe der Stadt Buchholz betr. Das Ministerium des Innern hat zu der von dem Stadtrathe zu Buchholz, unter Zustimmung der gesetz lichen Vertreter der Stadtgemrmde beschlossenen An leihe von Ein und Zwanzig Tausend Zwei Hundert Thalern (mit Zahlen 2lSM Thlr.) gegen Ausgabe von auf den Inhaber lautenden, übrigens planmäßig auszuloosenden oder zu kündigenden, inmit- telst mit fünf vom Hundert jährlich zu verzinsenden Schuldscheinen, nach Maaßgabe des vorgelrgten An leiheplans, sowie der Formulare zu den Schuldscheinen nebst Talons und Coupons, die Genehmigung rrtheilt. Es wird Solches für die Behörden und alle die jenigen, welche es sonst angeht, hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht. Dresden, am 18. März 1872. Ministerium des Innern. v. Nostitz - Wallwitz. Forwerg. Nichtamtlicher Theil. Telegraphische Nachrichten. Stuttgart, Dienstag, 2. April, Nachmittags. (W. T. B.) Die Abgeordnetenkammer beschloß in ihrer heutigen Sitzung, die Regierung um Erwä- gung der Krage zu bitten, ob nicht der Turn unterricht unter Beachtung der besonderen Ver hältnisse der einzelnen Gemeinden in den Volks schulen obligatorisch einzuführen sei. Paris, Dienstag, 2. April, AbeudS. (W.T.B.) In dem Processe des Generals Trochu gegen den „Figaro" lautet das Urtheil ans Freisprechung von der Anklage auf Verleumdung, dageaen er kannte die Jury auf Schmähung. Der Heraus- grbrr des „Figaro", Lillemeffant, und der Mit- arbeiter dieses Blattes, Bitu, wurden zu je t Monat Grfängniß und Svvv Fres. Geldstrafe ver- urthetU. (Bal, unter - TAgrsgMichte 0 Paris, Mittw,ch, S. April. (W. T. S.) Ler „Temps" meldet Folgendes: Gegenüber der Ver sailler Depesche der „Agence Havas", wonach der Minister des Auswärtigen, Graf R6musat, weder direct, noch indirect wegen Verzögerung deS Poft- vertrag» mit Deutschland von deutscher Seite eiue Mittheilung erhalten hätte, versichern gut unter- richtete Personen, daß Graf R^musat am vorigen Freitag eiue Zuschrift des deutsche» Geschäftsträgers, Grafen Wrsdehlen, mit der Anfrage erhalten hat, ob die Vertagung der Nationalversammlung die Rati- fication deS Vertrags bis zum 1. Mat nicht un möglich mache. Der „Temps" fügt hinzu, die Zeit werve kurz, und es stehe zu befürchten, daß die französische Regierung sich gezwungen sehen werde, um Verlängerung der Ratificatiovsfrist nachzu- suchen. Bukarest, Dienstag, 2. April. (W. T. B.) Die Kammer nahm das Gesetz an, durch welche« die Stadt Ismail zum Freihafen erklärt wird. Cagesgeschichtc. Dresden, 3. April. Die II. Kammer eröffnete ihre Sitzungen nach dem Feste gestern Abend 6 Uhr. Zunächst bewilligte sie die Postulate für die Turnhalle des Schullehrerseminars in Friedrichstadt-Dresden und für das jetzige Landrsconsistorium. Bei letzterem Anlaß erklärte Abg. vr. Biedermann, daß die 1. Deputation im Einverstandniß mit dem Cultusmtnister Vr. v. Gerber die Berichterstattung über das Kirchengesetz betreffs Er richtung eine- evangelisch-lutherischen LandeSconsisto« riums solange auszusetzen beschlossen habe, bis über das Zustandekommen des Schulgesetzes und der Reor ganisation der Verwaltungsbehörden Gewißheit erlangt sei. Nachdem hierauf die Kammer in sämmtlichen Differenzpunkten zwischen ihr und der I. Kammer im Einnahmebudget den Vorschlägen ihrer Depu tation beigetreten war, debattirte sie das 2. Decret, be treffend die Geschäftsverwaltung der Landes immo- biliarbrandversicherungsanstalt. Sie bewilligte gegen 15 Stimmen die Gehalte der Beamten dieser Landesanstalt. Nach längerer Debatte über die Nütz lichkeit dieser Landesanstalt lehnte die Kammer mit überwiegender Majorität den Antrag des Abg. Beck ab, daß die Regierung beim Bundesrathe wegen des baldigen Erlasses eines Verstcherungsgesetzes für das Reich die erforderlichen Schritte veranlassen und dem nächsten Landtage ein Gesetz wegen Aufhebung des Versicherungs- zwange- beim Landesimmobiliarbrandverstcherungswesen vorlegen möge. Weiter beschloß die Kammer den An trag auf Revision des Gesetzes betreffs der Landes- immobiliarbrandversicherunasanstalt als fortbestehend zu betrachten, die Zeit der Ausführung dieser Revision aber erst dann für gekommen zu erklären, wenn 10jährige statistische Nachrichten vorliegen werden, das Reichs gesetz erlassen und die Reorganisation der Verwal tungsbehörden in Sachsen beschlossen sein wird. In diesem Sinne erklärte sich die Kammer mit 48 gegen 24 Stimmem auf das k. Decret. — Heute hielten beide Kammern Sitzung. Inder I. Kammer wurde zunächst Uebereinstimmung zwischen den Beschlüssen beider Kammern in Betreff der Auf besserungen der Lehrergehalte, des Einnahmebudgets und der Gestndeordnung erzielt. Sodann übergab die Kammer die bekannte Beschwerde der Gemeinde Strehlen über das Verbot, in der Nähe des Großen Gartens zu bauen, gegen 5 Stimmen der Regierung zur Berücksichtigung. Der Oberbürgermeister sprach die Voraussetzungen aus, unter denen Dresden die Ausführung von Bauten in der Nähe des Großen Gartens überhaupt zugeben könne, der Minister v. Nostitz-Wallwitz erklärte, daß, wenn beide Kammern übereinstimmend die Aufhebung des Bauverbots wünsch, trn, die MMnng auf ih..- «-sicht nicht beharren werde, daß sie dann aber die Ver antwortlichkeit für die Folgen eines solchen Beschlus ses auf die Gcsundheitsverhältnifse Dresdens den Kam mern zu überlassen habe. Wie Bürgermeister Mar tini mittheilte, hat der Gcmeinderath von Strehlen den Dresdner Bebauungsplan (Villensystem u. s. w.) für die fraglichen Aecker acceptirt. Hierauf berichtete Kam merherr v. Erdmannsdorff über die Eisenbahnpro- jecte und die Kammer trat den gestern mitgetheilten Beschlüssen ihrer Deputation, die nur unwesentlich ver ändert wurden, einhellig bei. Zum Schluß der Sitzung wurde der bereits von uns mitgetheilte Antrag wegen Verminderung der Zahl der Beamten (Referent Hof rath v. Bose) angenommen. — Die 11. Kammer widmete den ersten Theil ihrer heutigen Sitzung der Beschlußfassung über die Differenz punkte zwischen den Beschlüssen beider Kammern hin sichtlich mehrerer Budgetabtheilungen und nahm sodann den Gesetzentwurf, einige Bestimmungen über Notariats- Protokolle betr., mit einigen von den Referenten, Abgg. Strödel und Eule, und dem Abg. Schreck beantragten Modifikationen an. — Die Finanzdeputation der I. Kammer hat durch Oberbürgermeister Pfotenhauer Bericht über dasBudget des Justizministeriums erstattet, der sich im All gemeinen den von der II. Kammer beschlossenen Ziffcr- sätzen, nicht so jedoch mit allen hierbei gestellten An trägen ins Einvernehmen setzt. — Präsident vr. Schaffrath hat beantragt, die Re gierung zu ersuchen, den Entwurf eine- da- Recht zur Erlassung von Verordnungen und Regu lativen näher bestimmenden Gesetze-, unter beziehrntlicher Berücksichtigung eines von vr. Schaff- - rath selbst ausgearbetteten Entwurf- sobald al- mög lich dem Landtage vorzulegen. * Berlin, 2. April. Se. kaiserl. und königl. Hoheit der Kronprinz hat sich mit seinem ältesten Sohne, dem Prinzen Wilhelm, gestern Abend über Darmstadt und Karlsruhe zu einem Besuche Ihrer Majestät der Königin von Großbritannien und Irland nach Baden-Badeü begeben. Die Rückkehr erfolgt voraussichtlich zum 6. d. M. — Der Ausschuß des Bundesrathes fürdaS Brausteuergesetz trat gestern zu einer Sitzung zusammen. Die Ausschüsse desselben für Eisenbahnen, Post und Telegraphen und für Rech nungswesen hielten heute Sitzungen ab. — Nach der letzten Notiz über die Ausprägung von Reichsgold- münzen waren bis zum l6. März d. I. in den Münz stätten des deutschen Reiche- in Zwanzigmarkstücken 55,913,480 Mark zur Ausprägung gelangt. In der Zeit vom 17. bis 23. März d. I. sind ferner in sol chen Stücken geprägt in Berlin 4,827,120 Mark, in Hannover 1,468,020 Mark, in Frankfurt am Main 2,319,520 Mark, in München 820,220 Mark, in Stuttgart 173,600 Mark, in Dresden 811,240 Mark und in Karlsruhe 250,340 Mark, zusammen 10,670,060 Mark. Die Gesammtausprägung stellt sich daher bis 23. März d. Js. auf 66,583,540 Mark. — Für die nothwendig gewordene Erweiterung resp. Verlegung des hiesigen Bahnhofs der anhalter Eisenbahn sind gegenwärtig die Projecte ausgearbeitet und haben die Verhandlungen der competenten Behörden behufs deren Feststellung begonnen. — Gestern und vorgestern kamen einige Tausend Auswanderer aus Westpreu ßen durch Berlin, um auf der Lehrter und Potsdamer Eisenbahn weiter nach Bremen zu reisen. — Die „N. Pr. Ztg." bringt heute an bevorzugter Stelle nachstehendes „Eingesandt", welches in Bezug auf die Berathung der Kreisordnung im Herren hause nicht ohne Interesse ist: „Die Kreisordnung ist im Abgeordnctenhause 3 Monate lang geprüft, berathcn und schließlich in abgeänderter Gestalt beschlossen. Das Material ist dort bedeutend vermehrt durch die Be- rathungen der Commission und demnächst durch die um fangreichen Verhandlungen in den Plenarsitzungen. Die Arbeit im Herrenhause erhält noch einen besonderen Zuwachs dadurch, .daß ein gedruckter Bericht erstattet wird. Unter solchen umständen kann Man eS mit Recht als eine prompte Behandlung der Sache ansehen, wenn das Herrenhaus für diese Angelegenheit, gleich dem Abgeordnetenhaus!, drei Monate in Anspruch nehmen wird. Sollten aber auch nur zwei Monate gebraucht werden, so erfordern dieselben — da die Kosten des Landtags für jeden Tag über 2000 Thlr. betragen — ungefähr 120,000 Thlr. an Diäten für die Abgrord- neten rc." Königsberg, 30. März. (N.Pr. Z.) Die altka tholische Bewegung nimmt hier eine größere Aus dehnung an, und namentlich hat der neueste Jnsterbur- ger Fall eine erhöhte Rührigkeit hervorgerufen. Am Freitag, den 5. April, wird hier eine größere altkatho lische Versammlung abgehalten werden, an welcher die Professoren vr. Wollmann und vr. Michelis, sowie auch der Pfarrer Grunert Theil nehmen werden. Letz terer, welcher seine Wohnung im Jnsterburger Orato rium kurz nach seiner Amtsentsrtzung auf bischöflichen Befehl zu räumen hatte, fand vorläufig ein Asyl in Gumbinnen im Hause des Schriftstellers Otto de Grahl (Walther vom Norden), woselbst er nunmehr an sei ner Broschüre, die zugleich die gesammte Korrespondenz mit dem Bischof Krementz veröffentlichen wird, arbeitet. Es unterliegt keinem Zweifel, daß die hiesige altkatho- lische Gemeinde am kommenden Freitag Grunert zu ihrem Seelsorger wählen wird, und da diesem Pfarrer die Militärseelsorge, sowie die Stellung an den An stalten zu Allenberg und Tapiau belassen wurde, so ist er wenigsten- vor pecuniären Sorgen geschützt. Ueber die Amtsentsrtzung Grunert's durch den hiesigen Propst Dinder erfährt man noch, daß Letzterer, als er Inster burg verließ, die Sacristei des dortigen Oratoriums verschloß und den Schlüssel mit nach Königsberg nahm, damit bis zur Ankunft eine- provisorischen Nachfolgers des Pfarrers Grunert nichts auS der Sacristei ent wendet werde. Da Grunert bis zum Eintreffen seines Nachfolgers in seiner Wohnung zu verbleiben hatte, so war das Verfahren des Propstes Dinder gewiß ein unangemessenes. Pfarrer Grunert hält morgen in In sterburg Gottesdienst ab und wird daselbst in der Gym- nafialaula zugleich eine Taufe vollziehen. Es wird sich fragen, ob der jetzige infallibilistische katholische Geist liche Insterburgs, Blaschy, diesen Taufact anerkennen und registriren wird. In einer „offenen Erklärung" an den Bischof von Ermland setzt Grunert denselben von der weitern Ausübung seine- priesterlichen Amtes in Kenntniß. Gotha, 30. März. Wie man dem „Fr. Journ." schreibt, ist der Herzog Ernst heute nach Italien zu mehrwöchentlichem Aufenthalte abaereist, während die Herzogin Alexandrine wieder nach Coburg über siedelte. LuS Baden, 29. März, schreibt man der „Alla. Ztg.": Bekanntlich waren bei den Kammern gegen die Aufhebung mehrerer Kreis- und Amtsgerichte sowie Be zirksämter zahlreiche Petitionen eingrlaufen, und der Landtag hatte in Rücksicht derselben die Berathung des betreffenden Theils des Justizetats einstweilen ausge setzt. Nachdem die Petitionen theils abgewiesen, theils der Regierung zur Kenntnißnahme übergeben worden, erfolgte auch die Genehmigung dieses Etats, der ge radezu auf Grundlage der Verordnung vom 5. Januar basirte, und der Staatsminister hatte daher mit vollem Recht in der Schlußrede betont, daß der Landtag die beschlossene Reduction der Stellen genehmigt habe. Heute nun zeigen die öffentlichen Versetzungen, die übrigens den Betreffenden schon vor Wochen vertraulich mitgetheilt worden waren, daß die Aufhebung der vier Kreisgerichte Villingen, Lörrach, Baden und Heidelberg unwiderruflich ist. Nur bezüglich einiger Amtsgerichte und Bezirksämter dürfte noch die eine oder andere Aufhebung rückgängig werden, wie dies z. B. bezüglich des Amtsgerichts Radolfszcll verlautet. Unttr den Ernennungen rc. ist besonders hervorzuheben, daß der Vicekanzler des OberhofgerichtS, Serger, Prä sident der I. Kammer und als solcher von den Ultra- rnonttmen heftig angefeindet, Kanzler geworden ist, an seine Stelle als Vicekanzler aber der Obcrhofgerichts- rath Robhirt ernannt wurde, ein strenger Katholik. — Die Angabe der „M. Z.", wonach auf den badischen Bahnen Nnterschleife unerhörter Art vorgekommen sind, ist richtig. Sie wurden in Mann heim durch eine Diebesbande verübt. Dagegen ist die Be hauptung, es wären etwa „200 Personen" deshalb eingezogrn, übertrieben. Wie man dem „Fr. Journ." schreibt, beträgt die Zahl der Angeschuldigten jetzt über 100, worunter sich auch niedere Eisenbahnbedienstete des badischen Ober- und Unterlandes und der bayer- schen Rheinpfalz befinden sollen. Darmstadt, 2. April. (Tel.) Ter Kronprinz des deutschen Reichs ist auf seiner Reise nach Baden-Baden heute Mittag zu einem kurzen Besuche am hiesigen Hofe eingetroffen. "Paris, 3l. März. Der Municipalrath hat endlich in seiner letzten Sitzung, welche fast ohne Un terbrechung anderthalb Tage andauerte, das Budget der Stadt Paris erledigt. Ranc, der unter Gambetta Polizeidirector gewesen, benutzte die Gelegenheit, um in einer langen Rede gegen die Polizeipräfectur zu plaidiren. Des Pudels Kern war, den Municipalrath zu überzeugen, daß, da er für den Unterhalt der Po lizei zu sorgen habe, ihm auch die Leitung derselben zustehen müsse. Die Majorität war einsichtig genug, auf diese Prätension nicht einzugehen. Das wichtigste Ereigniß dieser Sitzung war die Ermächtigung des Feuilleton. (Nedigin von Otto Nauck.) Eultur- und Sittenbilder auS der römische« Kaiserzeit. Das Nachfolgende soll nicht durch abstracte Be trachtungen die größeren Leserkreise ermüden. Zur Unterhaltung sei es in erzählenden Darstellungen ge boten; da- Belehrende macht sich dabei von selbst geltend und die Vergleiche mit den Cultur- und Sittrnzuständen unserer Tage liegen zwischen den Zeilen und reden auch ohne Worte laut genug. Es wird selten nöthig sein, hier eine Hinbeutung zu machen. Die Culturgeschichte und ihre Stütze, die Statistik, sind die jüngsten der Wissenschaften. Desto größer ist der Eifer, mit dem sie nachholend gepflegt, die rege Lust, mit der sie vom Publicum ausgenommen werden. Das Alter verjüngt sich hierbei noch einmal zur Schü lerzeit. Lange Epochen hindurch wurden die Thateu und Begebenheiten der Weltgeschichte, die Specialhistorie durch Rede und Schrift gelehrt, aber weder die Vor tragenden noch gar die Lernenden und Lesenden hatten ein lebendiges Bild vom bürgerlichen Leben und Treiben früherer Geschlechter, von den häuslichen, mrrcantilen, artistischen, städtischen oder ländlichen Zuständen der menschlichen Existenz. Die staatlichen und politischen Verhältnisse waren bekannt, die Culturböhe, die socialen Einrichtungen der Nationen, wodurch jene Verhältnisse bedingt und möglich gemacht wurden, blieben dunkel. So kam es, daß sich bei dem Laien überhaupt Dunkel und Dämmerung über die gesammte Vorstellung von der Vergangenheit lagerte, denn wenn ich daS Kleid, die gesellige Bildungsstufe, die Lebensweise eines Helden nicht kenne, so wird es mir zu einem theoretischen Be griff, seine Persönlichkeit löst sich in eine Reihe von Actionen auf und solcher Schemen gleicht einer ver wischten Skizze, die weder ein ausgeführtes Bild ist, noch einen geschlossenen Rahmen hat. Die Unkenntniß von den culturwissenschaftlichen Dingen läßt den Satz zwar gelten, daß die Gegenwart die Erbin der Vergangenheit ist, aber st: unterschätzt den Reichthum der letzteren, um so mehr in einer Zeit, in welcher nns eine Summe von gewichtigen Er findungen in Dccennien Jahrhunderte des Fortschritt gaben und unser Selbstbewußtsein veranlassen, auf die Armuth der Vergangenheit mit Stott zurückzublicken. Vox vielen Jahren schon habe ich wiederholt die Klage ausgesprochen, daß der Laie, welcher die Kunst- cabinete. und historischen Alterthümer nicht studirrn, die alten Sprachen weder erlernen noch zur zeitrauben den Speciallectüre benutzen und die Chroniken nicht lesen konnte, — daß dieser so bildungsbegehrliche Laie kein Werk zur Hand hatte, durch das ihm in faßlicher Weise ein Bild von der Cultur der drei berühmtesten Epochen: der griechischen, römischen und mittelalterlichen lebendig vergegenwärtigt wurde. Er war darauf ver wiesen, seine Belehrung gelegentlich aus den Schilder ungen der Dichter und Romanschreiber zu schöpfen, deren Werke voll poetischer Freiheiten und grober cul- turgeschichtlicher Verstöße sind und es ehemals noch mehr al- heute waren. Jene Wünsche sind durch da- Bedürfniß de- Zeit geistes erfüllt worden. Durch flüssige Uebersetzungen der alten Autoren und durch die Bemühung von Män nern wie Friedländer, Göll, Freytag und Andere hat das Publicum «ine Anzahl von Werken zur Hand, welche eine Lücke ausfüllen, die den gejammten Hinter grund seine- historischen Wissen- einnahm. Derartige treffliche Arbeiten sind al- die Anfänge zu betrachten und vieler Ergänzungen fähig. So hat denn auch ein sächsischer Gelehrter, Albert Forbiger, eine Schilderung aus der römischen Luxusrpoche im Zeit alter der Äntonine unternommen. Es ist eine Arbeit echt deutschen Fleißes, in der Form an ein berühmtes wohlbekanntes Werk erinnernd, legt es seine tagebuch artigen Schilderungen einem Griechen in den Mund, der das alte Rom betritt und sein Leben und Treiben gründlich kennen lernt. Man kann diese Form tadeln und dennoch ist sie, wenn man, wie im Nachfolgenden geschehen, die gelehrten Anmerkungen entfernt, manches Specielle vereinfacht und Abstracte- concreter uud leicht flüssiger macht, glücklich für den Laien gewählt. Es beleben sich ihm die alten Ruinen, und er wird mitten hineingeführt in das Leben und Weben der wcltbe- herrschenden Stadt. Gesellen wir uns hinzu und begleiten ein Weil chen den hellenischen Touristen, der bei einem vornehmen römischen Freund, SulpiciuS, Gastrrcht genießt und mit diesem von ServiliuS, einem verschwenderischen Lucull, zu einem pomphaften Gastmahl etngeladen wird, um bald darauf das Begräbniß eines ebenso luxuriösen Römers mit zu machen. ES fehlen uns die Anhaltepunkte, um annähernd genau zu bestimmen, wieviel Seelen Rom im zweiten Jahrhundert zählte; ungefähr dürfen wir 1'4 Million Bewohner annehmen, wobei die ungeheure Menge von Sclaven in Bausch und Bogen mitgerechnrt ist. Rom war Sitz der abendländischen Weltrrgierung, war Luxus- ftadt, aber nicht der Ort für Handel und Fabrikation. ES eignete sich den Vertrieb für alle- Beste und Theuerste an, das irgendwo in den Provinzen oder fremden Län dern geliefert wurde. Nur in Knnstartikeln war es in der Schule der Griechen und durch ansässige griechische Meister srlbstschaffend geworden. Diese aus festem Material, aus Marmor, Bronze, edlen Metallen ge arbeiteten Schöpfungen sind eS, welche sich neben Waffen und Bauwerken im Sturme der Jahrhunderte, ja der Jahrtausende erhalten. Sie sind neben den Gesetzen, den Werken der Literatur und Dichtkunst die redenden Zungen, die in lebendiger Bilderschrift vom geistigen Standpunkt einer Nation Zeugniß ablegen. Doch diese Schrift ist nur Einzelnen verständlich, denn die vielen tausend kleinen Zwischenglieder der Cultur, Alles, was aus vergänglichen Stoffen geschaffen, die Holzwaaren, die Zeuge, Kleider, Leder- und Geflecht- und auch sogar die Glassachen überdauern kein Jahrtausend und kom men nicht auf die Urenkel. Und diese zweifeln, daß jener Reichthum einer bunten LuxuSwelt da war, und doch waren all diese Herrlichkeiten, die auf dem Schutt haufen der Zeit spurlos verwest sind, schon in Roms alten Tagen in einer Fülle vorhanden, an welche das Mittelalter nur anzuknüpfen brauchte, um geistig und technisch zu borgen, zu entlehnen, zu erweitern. Und daS gesellige Treiben aller Art? Rom hatte eS auS der Mustexkarte der Welt zusammengebaut und den Nachkommen in allen Himmelsrichtungen vererbt. So ist eS, in seinen Extravaganzen nie wieder erreicht, im Guten und Schlimmen bis auf unsere Tage all mählich regenerirt und wir sind auch hierin mehr als wir wähnen, Erben der antiken Zeit. O. B. Der zum Mittagsmahl elngeladrne Grieche erzählt: In großer Spannung sah ich dem mich erwartenden Gelag entgegen. Kaum hatte am folgenden Tage der mit Beobachtung der Hau-uhr beauftragte Sclave die neunte Stunde verkündet, so bestieg ich mit Sulpicius die unsrer harrende Sänfte, um unS in die Vi» -»or» zu dem prahlerischen Verschwender tragen zu lassen. Vor seinem prächtigen Hause angrlangt, auS dem un-
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