Dresdner Journal : 14.06.1877
- Erscheinungsdatum
- 1877-06-14
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-187706148
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18770614
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18770614
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1877
- Monat1877-06
- Tag1877-06-14
- Monat1877-06
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- Titel
- Dresdner Journal : 14.06.1877
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Uebersicht. Telegraphische Nachrichten. Zeitung-schau. (Neue Preußische Zeitung. — Nord deutsche Allgemeine Zeitung. — «schlesische Zeitung. — Emder Zeitung.) Zur orientalischen Krage. Lage-geschichte. (Berlin. München. Stuttgart. Koburg. Altenburg. Wien. Krakau. Paris. Bern. Rom. Bukarest. Washington.) Ernennungen, Lersetzungev re. im öffeatl. Dtrnste. Dresdner Nachrichten. Provinzial-Rachrichten. (Leipzig. Zwickau. Anna- brrg. Klingenthal.) Vermischte-. Statistik und Lolk-wirthschaft. Feuilleton. TageSkalender. Inserate Beilage. Börsennnchrichten. Telegraphische Witternng-berichte. Inserate. Ueikyraptitschk ttachrichten Berlin, Mittwoch, 13. Juni, Nachmittag» '/,2 Uhr. (Tel. d Dresdn. Journ.) Der Gericht»- Hof für kirchliche Angelegenheiten erkannte beute auf Amt-entsetzung de- Bischof- von Limburg, l»r. Blum Darmstadt, Mittwoch, l3. Juni, Mittag-. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Der Großhrrzoa Lud wig HI. von Hessen ist beute Vormittag 'i»N Uhr gestorben. (Der Großhcrzog Ludwig III war geboren am 9. Juni 1806 und gelangte am 16. Juni 1248 zur Regierung. Da seine Ehe mit der am 25. Mai 1^62 verstorbenen Großherzogin Mathilde kinderlos ge blieben war, so tritt nunmehr sein Neffe, der Prinz Ludwig von Hessen, die Regierung des Großherzog- thums an.) Uv bürg, Mittwoch, 13. Juni. (Del. d. Dresdn. Journ.) Die officiöse „Koburger Zeitung* demen- tirt auf da- Nachdrücklichste da- neurrding- auf- getauchte Gerücht von einer Abtretung der Erb ansprüche de» Herzog» v. Edinburgh zu Gunsten de» Erbprinzen von Sachsen-Meiningen gegen eine JahreSrentr. Wien, Dien-tag, 12. Juni, Nachmittag». (W. T B.) Da» Abgeordnetenhaus beschloß heute nach einer längrrn Rede de» Handel-Minister», in die Specialdebatte über den Gesetzentwurf, betreffend die garantirtrn Bahnen, einzugehen. (Vgl. den Sitzungsbericht unter „Tagesgeschcchte".) Pari», Mittwoch, 13. Juni. (Tel. d. Dresdn. Jorun.) In Deputirtenkreisen tzilt e» für wahr- scheinttch, daß die Budgetcommisfion nur die Be willigung de» LiquidationSconto» beantragen und dir Ablehnung de» ganzen Budget» unterstützen werde, fall» da- Cabinet vor dem LadelSvotum nicht zurücktritt, welche» sich der am 17. d. Mt». stattfindenden Interpellation anschlirßen wird. Die Absicht, eine Zusammenkunft aller Gruppen der Linken vor dem 17. d. MtS. zu veranstalten, be gegnet dem Widerspruche der Linke«, welche eine außerparlamentarische Manifestation vor dem Wiederbeginne der Kammer vermeiden will. St. Peter-bürg, Mittwoch, 13. Juni. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Ein kaiserlicher Uka», datirl au- Plojesti vom 7. d Mt-., ermächtigt den Ainauzmiuister zu einer Sprocentigen auswärtigen Anleihe im Betrage von 3V7'^ Millionen deutsche Neich-mark. Di« »u pvrtvur ausgestellten Stücke sollen im Betrage von 41V Mark auSgefrrtigt werde«. Jährlich wird 1 Procent de» Nominal- kapital- amortifirt, wofür ein besonderer Kond errichtet wird. Cattaro, DienStag, 12. Juni. (Tel. d. Polit. Torr.) Rach einem SSstündigen heftigen Kampfe bei Kristac, welcher zum großen Theil mit blanker Waffe geführt wurde, zogen sich die Montenegriner nach Vavjani zurück. Die Verluste beiderseits be laufen sich auf mehrere Tausend Mann. Infolge Einbrüche- starker türkischer Abthei- lungen von Sienica in Bassojevic ziehen sich die Montenegriner wegen numerischer Inferiorität zurück. Da- Hauptquartier de» Fürsten Rikolau wurde von Planimca bei Nikfic nach Ostrog zu- rückverlegt. Belgrad, DievStag, 12. Juni. (Tel. d. Polit. Corr.) Der Commaudant der türkischen Truppen an den Timokpofitionev, Selami Pascha, hat seine ganze Streitmacht mit Hinterlassung einer kleinen Garnison in Adlieh nach Widdin zurückgezogen. Belgrad, DienStag, 12. Juni, Mittag«. (W. T. B.) ES bestätigt sich, dafi Fürst Milan über- morgen früh zur Begrüßung de» Kaiser» Alexan der nach Plojesti gehen wird, wohin ihn der Mi- nister de» Auswärtigen, Ristic, der General Protic und die Obersten Leschjanin und Horvatovic be gleite» werden. Der Kürst hat die Pforte officiell von seiner Reise verständigt und soll dabei die be- ruhigendsten Versicherungen gegeben haben. Bukarest, Dienstag, 12. Juni, Abend». (Corr.-Bur.) Es wurden strenge Polizeimaßregeln ergriffen, um unberufene Fremde und Einheimische von der Nähe dec rumänischen Armee fernzuhal ten, wenn ihre Anwesenheit nicht genügend gerecht fertigt ist. Jassy, Dienstag, 12. Juni. (Tel d Polit. Corr.) Der der Anstiftung der letzten Juden- rxceffe in Darabany bezichtigte Gutsbesitzer Ci- mara und dessen Frau wurden verhaftet. Andere Schuldige sind gleichfalls verhaftet. Die Gerichte untersuchen die Angelegenheit eifrigst. (Bgl. die „Tagcsgeschichte" unter Bukarest.) Konstantinopel, DienStag, 12. Juni, Vor mittag» (W. T. B.) Die „Agence HavaS" meldet vom asiatischen Kriegsschauplätze: Die Russen sollen Olti geräumt haben. Mukhtar Pascha soll in Zewin sein. (Bgl die Rubrik „Zur orientalischen Frage* unter Tiflis.) Au» Batum wird gemeldet: Zwischen einer Abtheilung irregulärer Truppen, welche die rus- fische Grenze überschritten, und den russischen Truppen hat ein Gefecht stattgefunden, in welchem die Russen 5 Todte und 3 Gefangene verloren. — Au» Suchum - Kaleh wird die Organisation freiwilliger Bataillone au» Eingeborenen gemeldet. Der Gouverneur von Syrien meldet die Nieder werfung eine» Rebellenstammes. Washington, DienStag, 12. Juni. (W.T. B.) Der bisherige amerikanische Gesandte in Madrid, Cushing, ist zum Gesandten in Wien ernannt worden; an seiner Stelle ist Jame» Russel Lowell zum Gesandten in Madrid ernannt worden. Dresden, 13. Juni. Die neuesten kirchlichen Vorgänge in Berlin, nämlich das Tadclsvotum dcrKrcissynodeBcrlin-Cölln- Stadt gegen das ablehnende Verhalten der bekenntniß - treuen Minderheit bei der Gastpredigt und Wahl des dem Protestantenvcrein angchörenden Licentiatcn Hoß bach in der Jakobikirche zu Berlin und der von dieser Synode aus Antrag der Louisenstädtischen Kirchen- gemeinde gefaßte Beschluß, bei den Höhen, kirchlichen Instanzen auf Abschaffung des obligatorischen Gebrauchs des apostolischen Glaubensbekenntnisses hinzuwirken, haben nach allen Seiten hin einen tiefen, aber auch in hohem Grade ungünstigen Eindruck gemacht. Nun be stimmt zwar die preußische Generalsynodalordnung aus drücklich, daß durch dieselbe tvcder der Bekenntnißstand, noch die Union berührt werde, und es liegt somit we nigstens bei dem Kampfe gegen das Apostolikum eine Competenzüberschreitung der genannten Kreissynode klar zu Tage. Dennoch dürfte die Gefahr der soeben in- augurirteu Bewegung für die evangelische preußische Landeskirche kaum zu unterschätzen sein. Nicht nur die kirchlichen, sondern auch die politischen Blätter der ver schiedensten Richtungen beschäftigen sich daher lebhaft mit diesen Vorgängen und sehen sich genöthigt, ihren Grundsätzen gemäß Stellung zu nehmen. Die lange Reihe der Proteste eröffnete die „Neue Preußische Zeitung*, indem sie darauf hinwies, daß zu den Künsten, mit welchen man das Ansehen des kirch lichen Bekenntnisses und seine Verpflichtung für die Geistlichen zu beseitigen sucht, vorzugsweise die zwie fache Behauptung gehöre: durch das Festhalten an den Bekenntnißschriften der evangelischen Kirche werde bie Union gefährdet, und es sei nur die düstere Reaction, welche seit 1850 für den Symdolzwang arbeite. Mit diesen Behauptungen weide dann, unter dazu gehöriger sittlicher Entrüstung, „zum Kampf gegen das kirchcnzcrstörcnde Streben der Orthodoxie und für das gesegnete Unionswerk König Friedrich Wilhelm's 111.* aufgerufen. Als eine schlagende Widerlegung jener falschen und doch immer wiederholten zwiefachen Be hauptung theilt das konservative Blatt eine Cabinets- ord.e mit, welche der König Friedrich Wilhelm 111-, der Stifter der Union, bereits unterm 16. September 1822 an einen Geistlichen in Schlesien erlassen hat und in welcher es als die Pflicht der evangelischen Geistlichen bezeichnet wird, „durch Unterricht und Predigen keine andere Lehre zu verkündigen, als die der heiligen Schrift und dem darin und in den symbolischen Büchern ent haltenen evangelischen Glaubensbetenntniß entspricht * Die Cabinetsordre fährt dann fort: „Die Auslegung der heiligen Schrift ist ein besonderer Zweig der theo logischen Gelehrsamkeit; wenn aber jeder Geistliche die unerschütterlich sestzuheltenden Glaubenswahrheitcn nach dem Maßstab seiner Auslcgungsfähigkeit deuten und diese seine individuelle Deutung durch Lehren und Predigen auf die Gemeinde übertragen wollte, so kann der Inbegriff der evangelischen Glaubenswahrheitcn in den Gemüthern der Laien unerschüttert nicht bestehen." In ihrer jüngsten 'Nummer erörtert die „N. Pr. Ztg." die Frage, was die Glieder der evangelischen mrchc, welche auf und für das Apostolikum leben und sterben wollen, zu thun haben, und sagt: „Der Ruf: „ „Tren nung und Austritt"" erhebt sich lauter und lauter. Diese Männer, sagt man sich, wollen einen „„Verläug- nungszwang" ", eine „„Unglaubenstyrannei'" einführcn. Nicht der lutherischen oder reformirten Confefsion, nicht den Sonderbekcnntnissen gilt ihr Kampf gegenwärtig, sie wollen das älteste allgemeine Bckenntniß der Christen heit, das Bckenntniß jeder Taufe und jeder Confir- mation, beseitigen, sie wollen aus der Kirche in Preu ßen eine Gemeinschaft bilden, die ohne, ja ausdrücklich wider das Apostolikum ist. Gewiß, wer noch ein Christ heißen will, kann in solcher Gemeinschaft nicht bleiben. Aber noch hat die Kirche ihr Bckenntniß und hält es hoch. Noch sind die Feinde, trotz ihres Geschreies, nichts weiter, als Abtrünnige, die von der Geduld und Langmuth getragen werden, aber noch kein Recht in der Kirche besitzen. Jetzt austreten, hieße dem Feinde das Feld räumen. Auch nicht ein Fuß breit Landes darf ihm cingeräumt werden, so lange uns noch Luft und Leben bleibt. Wie sie durch Majoritätsbeschluß den Glauben abschaffen wollen, so gedenken sie zu gleicher Zeit mit ihrem „ „Unglaubenszwange" " die Gläubigen aus dem Besitz des Kirchcnvermögens zu verscheuchen und dasselbe zur Ausübung und Ausbreitung ihrer „„Weltanschauung"" zu benutzen. Noch aber haben sic das Recht wider sich, auch wenn die „„kirchlich Liberalen"" an manchen Orten von Rechtswegen zu herrschen meinen. Das Wesen der evangelischen Kirche in Preußen wird durch ihre zu Recht bestehenden Bekenntnisse be zeugt. Wer dieselben leugnet, schließt sich von der Kirche aus. Sollte das Kirchenregiment dem Anstürmen gegen das apostolische Bekenntniß keinen wirksamen Widerstand entgegen zu setzen vermögen und die gecig neten Mittel nicht finden und anwenden, um die am Bekenntniß ihrer Kirche festhaltenden Gcmeindcglicder in ihren Rechten zu schützen, dann allerdings würde die Landeskirche als solche zerfallen; aber es würde Auf gabe des Staates sein, den einzelnen Kirchen den er forderlichen Rechtsschutz zu gewähren, und zwar in der Weise, daß das Bckenntniß, zu dessen Ausübung das Kirchenvcrmögen gestiftet ist, als Statut der Corporation und als Vorbedingung für die Mitberechliguug an den kirchlichen Besttzobjecten und der Ausübung der kirch lichen Wahlrechte gilt." — Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" bemerkt zwar, daß sie weit davon entfernt fei, „die Berechtigung der Anschauungen des kirchlichen Liberalismus an sich anzufechtcn"; aber etwas Anderes sei cs um das freie Denkcn des Indi viduums, und um die Cousequenzen, welche aus der Verläugnung der Fundamente einer Institution für diese selbst entstehen müssen. Das Verhalten der Ber liner Kreissynode könnte durch seine Kühnheit überraschen, „hätte uns der kirchliche Liberalismus nicht noch mehr, als der politische an Uebcrraschungeu gewöhnt, und wäre es nicht ganz seiner Natur gemäß, die Dinge auf den Kopf zu stellen." Denn sonst müßte man aller dings fragen, „ob die christliche Kirche für die Christen ein „„Tempel des unbekannten Gottes"" sei, ob die Kanzel ein Katheder, auf welchem der wissenschaftliche Hochmuth sich selbstgefällig spreizen dürfe, und ob die kirchliche Gemeinde lediglich ein Auditorium sei, welches, statt Erbauung in der Kirche zu finden, sich gefallen lassen müsse, sich in seinem religiösen Empfinden durch Privat meinungen, die ihm als Resultate wissenschaftlicher For schung vorgetragen werden, stören zu lassen." Sodann heißt cs weiter: „ Die Freunde der „ „ kirchlichen Freiheit" " er heben diesen Anspruch und finden die Unduldsamkeit auf der Seite, auf welcher man sich die Freiheit des Be kenntnisses und das Recht, bei dem Bckcnntnißstande der Kirche zu beharren, nicht verkümmern lassen will. Kirchliche Freiheit dagegen soll cs scin, wenn die ins Amt berufenen und zwar kraft eines Amtsgelöbnisses berufenen Prediger des Wortes Gottes dem Bckenntniß - stände der Kirche die eigene Erleuchtung vorzichcn n:.d zu deren Bezeugung das Wort nehmen. Nur eine lo gische Konsequenz dieser Richtung des kirchlichen Libera lismus ist es denn auch, wenn derselbe sich nicht biss über die konfessionellen Lehrsätze hinwegsctzt, sondern auch dasjenige Glaubcnsband, durch welches alle Con- fessioncn zu einer Christengemeinde vereinigt werden, auflöscn will." Zum Schlüsse spricht die „N. A. Z." die feste Ucbcrzeugung aus, daß der Antrag auf Be seitigung des apostolischen Glaubensbekenntnisses nicht durchdringen kann, und bemerkt: „Andernfalls ständen wir vor einem Vicuum oder mit andern Worten vor der Auflösung der evangelischen Kirchengemcinschait selbst. Trotzdem kann der Antrag, in anderer Weise freilich, als es intendirt war, der evangelischen Kirche zum Segen gereichen. Er ist durchaus geeignet, die wirklichen Anhänger der evangelischen Kirche zu sam mein und zu befestigen Die phitosophirende Moral kann dieser ebensowenig, wie irgend einer andern Con fcssion, genügen." — Auch die preußische Provinzial presse widmet den Berliner Cyuodalverhaudlungcn ihre Aufmerksamkeit. Die „ Schlcfische Zeitung" äußert ihr lebhaftes Bedauern, daß dogmatische Fragen in die Verhandlungen der Synoden hineingeworfen und die leider ohnehin so oft zu Tage tretenden Gegensätze auf kirchlichem Gebiet noch verschärft werden, und fügt hinzu: FenUlttolk Redizirt von Otto Banck. Pariser Briefe. Pari«, 11. Juni 1377. Das Hauptwettrennen, bei dem es sich um deu großen Preis der Stadt Paris — lOOMO Frcs. — han delt , hat am 10. Juni grwohntermaßen im Bois-de- Boulogne stattgefunden- Das vom herrlichsten Sommer wetter begünstigte Fest hatte wieder eine unabsehbare Menschenmenge angczogrn; über 500,000 fröhliche, allen Sonnenstrahlen trotzende und durstige «Seelen jubel- trnjdem französischen Pferde „Saint-Christophe", Hrn. Lagrange gehörig, zu, als es den Sieg davontrug. Diese glanzenden Wettrennen find von mir an dieser Stelle schon oft geschildert worden; es läßt sich darüber nichts Neues mehr sagen, denn es ist immer dieselbe Geschichte: furchtbares Gedränge von Menschen, Pferden und Wa gen, entsetzliche Hitze, impertinente Kutscher, sehr ge schmackvolle Toiletten und großer Jubel, wenn, wie es gestern der Fall war, ein französisches Pferd siegt. Für die Stadt Paris ist dieses Hauptwettrennen von großer Wichtigkeit, da eS, nach statistischen Berichten, dem hiesi gen Handel jedes Mal an 10 Millionen Francs einzu bringen pflegt. Ein Theil London- kommt zu diesem Tage nach Pari-; so sind auf dem Nordbahnhofe allein fünf lange, unmittelbar auf einander folgende Züge ange- langt, die sämmtlich mit Engländern gefüllt waren; diese Söhne Albion- und ihre Pfund Sterlinge werden natürlich hier mit offenen Armen ausgenommen. Unter den eleganten Damrntoilrtten müssrn nachstehende al- besonder- geschmackvoll hervorgehodrn werden: eng an liegende, himmelblaue Kleider mit langen Schleppen, dazu kleine, coquete italienische Strohhüte mit Coqueli- cots. Diesen gegenwärtig sehr modernen Anzügen hat man den hübschen Namen: „Ovstume» Oörös" ge geben. Aus der gewaltigen Bildermasse der diesjährigen Kunstausstellung im Jndustriepalaste möchte ich ein Paar Gemälde als besonders ausgezeichnet hervorheben. Ein Bild trägt die Inschrift: „Der österreichische Gc- neralstab vor der Leiche des Generals Marceau". Der nachstehende Auszug aus dem officiellen Rapport der Sambre- und Maasarmee, vom 21. September 1796, dient dem Gemälde als Motto: „Voll Achtung vor seiner Tapferkeit und vor seinem schönen Charakter kamen Alle, nm ihn noch einmal zu sehen; der Erz herzog erschien in Person . . ." Diesem Gemälde ist die große Preismedaille zuerkannt worden; das Pu blicum hat dieses Urtheil mit Einmüthigkeit ratificirt; das Bild erregt lebhafte und allgemeine Bewunderung, es ist des Helden würdig, den es verherrlichen soll; das moderne Frankreich hat kaum eine reinere und edlere militärische Erscheinung aufzuweisen, ais jenen General Marceau, der mit 16 Jahren Soldat, mit 22 Jahren General, in seinem 27. Jahre den Heldentod auf dem Schlachtfeld! fand. Das ganze Leben Marceau's ist in diesen kurzen Zeilen seiner Grabschrift enthalten. Die Armee der Revolution erblickte in ihm ihr Ideal. Er machte durch sein entschiedene- Feldherrntalent mit einem Schlage jenem entsetzlichen Kriege in der Vrndöe ein Ende, der bereits so viele Armeen und so viele Gene räle gekostet und der in kaum sechs Monaten 150,000 Mann verschlungen hatte; er befreite dadurch sein Vaterland von der Fortdauer des schrecklichsten aller Kriege — des Bürgerkrieges! Die Sambre- undMaas- armee ertheilte ihm später den Beinamen ihres „Löwen*. In sechs Monaten schlug er mit dieser Armee dir Oesterreichcr drei Mal. Bei Altenkirchen wurde er zu Tode verwundet und starb als Held in den Armen seiner Kampfgefährten. Beide Armeen legten Trauer um ihn an. Oesterreichische und französische Kanonen feierten mit ihrem Donner sein Leichenbegängniß. Diese kleine historische Abschweifung schien noth wendig zum besseren Verständniß des Bildes. Die Scene, welche der Maler Jean Paul Lourens uns darstellt, trägt sich in einer kleinen, niedrigen tiroler Bauernstube zu. Der General Marceau, in voller Uniform, liegt auf einem bescheidenen Strohlager; seine rechte Hand hält noch den Säbel, den der Tod ihm nicht hat entreißen können; heitrer Friede ruht auf dem jugendlich schönen Antlitz des in seiner Blithe dahin gerafften Helden. Am Kopfende des Lagers sitzt ein Soldat, der sich in seinen großen grauen Mantel ein gewickelt hat; er weint; vom «Schmerz gebrochen, ver birgt er seine Thränen hinter seinen markigen Händen; dieser alte Soldat ist eine meisterhaft gelungene Figur, die würdig wäre, ein militärisches Mausoleum zu schmücken. Ein junger Offizier, der hinter dem alten Soldaten steht, sucht seinen «Schmerz durch den stoischen Ausdruck zu verbergen, den er seinem Gesichte aufzwingt. Der österreichische Generalstab defilirt durch eine im Hintergründe links geöffnete Thürr. Der Gesichtsaus druck dieser Offiziere ist außerordentlich wirkungsvoll: aufrichtige Theilnahme, officielle Höflichkeit, gleichgtltige Neugier, reglementarische Condolenz spiegeln sich in wohl getroffenen Nuancen darauf ab. Was aber in diese« interessanten Gemälde zumeist anzieht, ist die edle Einfachheit, dir mit der Feierlichkeit des Gegenstandes so vollkommen im Einklang steht. Keine Emphase, keine Uebrrtreibung; die Trauer ist ernst, nicht schreiend, wie es sich für da- Leichenbegängniß eines Soldaten ziemt. Der Kontrast zwischen der achtungsvollen Theil- nähme des Feindes und dem wahren Schmerz der Waffenbrüder ist mit großem Tact beobachtet und glück lich wiedergegcben. Das Ganze macht den Eindruck einer würdigen und verdienten Ovation für einen glor reich Gefallenen, der Feier eines „schönen Todes", einer „Euthanasts", wie die Griechen den Hintritt ihrer ge fallenen Helden zu nennen pflegten. Ein zweites Bild zeigt von dem N escnfleiß der Franzosen; es ist von Van Beers, einem Belgier, gemalt und vergegenwärtigt: „das Leichenbegängniß Karl's des Guten, Grafen von Flandern, in der St. khristophskirche zu Brügge am 22 April I l27." Dies Bild ist ein Pacrvrama des flämischen Mittelalters; es ist ein wenig in die Länge gezogen, durch das endlose Gefolge von Herzögen, Grafen, Baronen und Rittern, von Bischöfen und Priestern, Bürgern und Bürger meistern, von Hoffräuleins und Pagen. Man könnte mit den Personen, die sich in dieser Kirche drängen, eine kleine Stadt bevölkern. Die Kritik hört auf, wo die Statistik beginnt. Nichtsdestoweniger ist das Ge- mälde doch sehr interessant. Die Figuren scheinen Bilder von Van Eyk, Nogar, Van der Heyde, Meuding und Metzü entlehnt; daS thut aber nichts, der Malcr hat seine Vorbilder gut gewählt und gut studirt, man kann sich die Nachahmung also recht wohl gefallen lassen. Ganz im Vordergründe des Bildes erblickt man eine lange Reihe von Mönchen, die sich zwischen den Bogengängen der Kirche hinzieht. Diese Mönchskotc verschwindet, taucht wieder auf, bewegt sich nach allen Richtungen; es ist viel Charakter und Leben darin; man denkt unwillkürlich an den Ausspruch Alfred de Musset's in seinen Erzählungen aus Spanien: „Die Mönche bewegten sich wie schwarze kyprcsscn." 1'.
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