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Dresdner Journal : 15.07.1880
- Erscheinungsdatum
- 1880-07-15
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188007157
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18800715
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18800715
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1880
- Monat1880-07
- Tag1880-07-15
- Monat1880-07
- Jahr1880
- Titel
- Dresdner Journal : 15.07.1880
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M I«2 Domeistag. drn Juli. 1880. i- 4«»c»ev» »,««»,: Kibrticb- . - >8 K»r^ ^jLdrUed: 4 H»rll Sv?k. LiorvIvsHuvLwerv: iv?k La««rd»Id d«deut»ckeo keiobe» tritt ?o»t- uod 8temj>elru»ct>1^8 Kiuru. loseratenprel»«; x0r d«n kLum «iu«r s^pttlteova ?etitreils 20 ?t. Vvter „Liuge»»udt" dis 2eil« bo kt. ZreMerImmml. Li-sedetueu: T^Iiek mit ^u»u»kwe der 8ooo- und keiettuß? Absuds für dso tollenden Verantwortliche Redaction: Oberredacteur Rudolf Günther in Dresden. tuxsrutsnnnnnlims »n^«!irl^ l />r Brunstetter, Coinmioniuudr de» Dresdner dournnk; Ssmdurx - 8»rUs Vi»» l.»ip»iU 8»»«I - Nr«,I»u ^niitu. t ». H ^/au«entite»n tt I^vA/er, L»>rl>u Vi»»-8Lmi>ur^- ?r»x-I.«ip»>8 rr»uktuN ». H »ünelisii: /tu</ .Voixe, »«rltv: §Hnie^. /ntvi/>tie»dun^, kremeu: F .8c/»t»tte / 8r»»I»u: ÜtunAen « Lürenu; Cksmuiti /-> ^cn^ti kr»o^kllrt ». M.: F «/aeAer'scüe u. t,'. Le»^»iauu- »vkv liuokksndliiu^; vorlil»: (e Afük/er ö»L»or«ri c? ä'cö »>»/"': k»r>, Lsrllll - rrLll^eurl ». n. Silltt^rrl: Lande «c k.v.,' Sswdor,: L ^ct«ndj/»n, Lt—ner. Herausgeber: lkönigi. Lxpeditiou de» l>re»dner doaruat», I>re«I«n, X«ii>ger«»r>utt»v kto. LU. Amtlicher Theil. Dresden, 5. Juli. Se. Königliche Majestät hat dem OrlSrichter Christian August Neubert zu Kau- jungen da» allgemeine Ehrenzeichen zu verleihen aller- gnädigst geruht. Se. Majestät der König hat allerqnädigst geruht, dem Kaufmann Baumgärtel zu Kirchberg da» Ritter- treuzll. Klasse vom AlbrechtSorden zu verleihen. Dresden, 12. Juli. Se. Majestät der König hat dem Localschlachtsteurreinnehmer Karl Friedrich Quer ner in SeiserSdorf bei Dippoldiswalde das allge meine Ehrenzeichen allergnädigst zu verleihen geruht. Bekanntmachung. Da» Regulativ für daS Königlich Sächsische Kadetten-Kor PS ist einer Umarbeitung unterzogen und der Neudruck fertig gestellt worden. Dasselbe kann in der hiesigen Buchhandlung von Carl Höckner käuflich bezogen werden. Zugleich hiermit wird zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß die nächste Aufnahme von Expectanten in daS Königlich Sächsische Kadetten-Korps am I. Oktober diese» Jahres stattfinden soll. Die an das Kommando des Kadetten-Korps zu richtenden bezüglichen Anmel dungen werden am 15. September geschlossen. Die wissenschaftlichen Anforderungen an die Ex- peklanten für die verschiedenen Klassen, die übrigen Vorbedingungen sowie die näheren Borschriften, nach denen die 60 etat-mäßigen Kadettenstellen mit einem jährlichen ErziehungSbeitrage von 90, 180 und 300 zur Lertheilung kommen, sind aus dem eingangserwähn- ten Regulativ zu ersehen. Dresden, den 11. Juni 1880. Kriegs-Ministerium. Für den Minister: von Schlieben. Beyer. Nichtamtlicher Theil. u e b e r s i ch t. Telegraphische Nachrichten. Zeitungsschau. (Egalite. Pere-Duchene. Germania. Neue Preußische Zeitung. Höllische Zeitung. Nord deutsche Allgemeine Zeitung.) Tagesgeschichte. (Berlin. München. Paris. Lissa bon. London. Kopenhagen.) Zur orientalischen Krage. Ernennungen, Versetzungen re. im öffentl. Dienste. Dresdner Nachrichten. Provinzialnachrichten. (Zwickau. Pirna. Chemnitz. Zwickau Kirchberg.) Vermischtes. Statistik unk Volkswirthschaft. Eiugrsandtes. Feuilleton. TageSkalrnder. Inserate. Beilage. Börsennachrickten. Telegraphische WitterungSberichte. Inserate. Vorlage über den Steuernacblaß für Zucker und Wein. Der Kinanzminister Magnin erklärte bei der Berathung der Vorlage, die Hilfsquellen dc» Staatsschatzes flössen reichlich. Es liege für daS Jahr 1880 kein Bedürfniß vor, eine amortisirbare Rente auSzugeben. Der Staatsschatz werde noch 167 Millionen Schatzscheine einlösen können. Die Deputirtenkainmer hat heute einen Credit von 9 Millionen KrcS. für die Eisenbahn von Dakar nach St. LouiS am Senegal bewilligt. Lom Deputirten Bardour vom linken Centrum wurde ein Antrag auf Wiederherstellung deS Listen- scrutinium» eingebracht. Nach hier eingeqangenen Nachrichten auS Marokko hat der Aufstand daselbst an Aus breitung gewonnen. Die Truppen deö Sultans wurden unweit Vadzan von den Eingeborenen ge schlagen. London, Dienstag, 13. Juli, Abends. (W T. B.) In der heutigen Sitzung deö Unterhauses erfolgte die Beantwortung einer Reihe von Inter- prllationen über den Stand der orientalischen Frage. Auf eine Anfrage Colthurst'S erklärte der Unter- staatssecretär Dilke, es werde unzweifelhaft erwartet, daß, falls die Pforte das von dem italienischen Bot schafter, Grafen Corti, vorgeschlagene Compromiß zur Ausführung bringe, Montenegro die Bestimmung des Art. 27 des Berliner Vertrages (Freiheit aller Culte) durchführen werde. Darüber, daß dies auch die Ansicht sämmtlicher europäischen Mächte sei, bestehe kein Zweifel. — Wolff zeigt an, daß er am nächsten Donnerstag die Regierung darüber interpelliren werde, ob die Nachricht begründet sei, daß der Fürst von Bulgarien die Einverleibung eines Theiles von Ost- rumelien mit Bulgarien angeregt habe; ferner ob eS richtig sei, daß russische Freiwillige auf der Donau- flottille von Ismail nach Rustschuk befördert werden, und endlich, ob dreS mit Zustimmung der europäischen Mächte geschehe. — Auf eine Anfrage Bourke's, ob eS wahr sei, daß von Seiten Rußlands die Absendung russischer Truppen vorgeschlagen sei, um Griechenland bei der Uedernahme der von der Türkei abzutretenden Gebietstheile zu unterstützen, antwortete der Unter- staatssecretär Dilke, die Regierung habe es vor Kurzem sür unthunlich erklärt, Mittheilungen über die gegenwär tigen Unterhandlungen in der griechischen Frage zu machen. Er könne jedoch sagen, da i die Regierung keinen Schritt ermuthigen würde, welcher nicht vollständig mit ihrer Politik des europäischen Concerts nn Einklänge stehe. Die Regierung erhalte fortgesetzt von sämmtlichen Mächten ohne Ausnahme Versicherungen, daß dieselben das gleiche Ziel zu erreichen wünschen. — Auf eine Anfrage Wolff'S erklärte der Premier Gladstone, der Regierung sei noch keine Meldung darüber zuge gangen, daß die Collectivnote der Pforte überreicht sei, und glaube er nicht, daß diese Note bereits über reicht sei. (Vgl. die Rubrik „Zur orientalischen Frage".) Konstantinopel, Dienötag, 13. Juli. (Reu ters Ojfice.) Die Albanesen in Tusi haben auf die Nachricht, Abeddin Pascha wolle die Con vention mit Montenegro zur Ausführung bringen, am Montag einen Angriff auf die Montenegriner gemacht. Mehrere Montenegriner find getödtet oder verwundet worden. Telegraphische Nachrichten. Paris, Dienstag, 13. Juli, AbendS. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Der Senat genehmigte heute die Dresden, 14. Juli. Paris schwelgt heute im Festjubel. Die Blätter enthalten zahlreiche Details über den Prunk, den die Republik au dem großen französischen National fest entfalten wird. Die Regierung hat die Amnestie, die Versöhnung aller Parteien verkündet. Um die Radikalsten unter den Radikalen zu versöhnen, hat man die Gemäßigten und alle Diejenigen, welche an der Erhaltung des Bestehenden ein Interesse haben, Die jenigen, welche vor kaum 9 Jahren durch die Mörder und Brandstifter der Commune gepeinigt und geängstigt wurden, geopfert, und gemeinsam mit den Henkern jener Tage hofft man sie bei dem Feste der Republik zu vereinigen D>e Menge, die Schwäche der Regie rung erkennend und wie immer dem Götzen Erfolg zujubelnd, jauchzt den amnestirten Schreckensmännern zu, und als Triumphatoren kehren die Geächteten von ehedem zurück. Beiläufig 4000 Personen empfingen Rochefort aus dem Lyoner Bahnhof, und der Harlequin der Commune mußte sich vor den Ovationen des Volkes sörmlich flüchten. Der Tag dürste nicht sern sein, wo sich die Regierung des Prä sidenten Ärevy ein Wehe zurufen wird, daß sie die Pforten wieder geöffnet, welche den Communards das herrliche Flgnkreich verschlossen. Heute trinken die amnestirten Galgengesichter mit dem gutmüthigen Pa riser Bourgeois, der seine Ersparnisse für das Na- tionalsest opfert, Brüderschaft. Morgen oder über morgen, wenn der FreiheitSrausch verraucht sein wird, grollt bereit- die socialisttsche Lava im alten vulka nischen Herde, bis eines Tages wieder unter Feuer und Rauch die schreckliche Eruption erfolgt. Der blutbefleckte Felix Pyat hat die Arbeit wieder ausge nommen und zeichnet mit seinem Namen im „Mot d'Ordre", und auch die übrigen Hetzer und geschwore nen Feinde der Gesellschaft stimmen wieder das alte Lied an und stacheln heute schon die Menge gegen den Bourgeois an, der gutmüthig das Fest zahlt. Die socialistischen Blätter antworten auf die Amnestie, in dem sie das Nationalfest als eine Bourgeoiscomödie erklären. „Proletaire" und „Egalite" erklären, daß sie zur Feier des 14. Juli ihre Fahne aufpflanzen und also in rothen Lettern erscheinen werden. „Am 14. Juli", sagt die „Egalite", „wird die Bourgeoisie ihren Regierungsantritt feiern und ihre Fahne auf- pflanzen, die dreifarbige Fahne, die Fahne der Bona partes, der Orleans, der Cavaignac's und der Thiers. Die „Egalite", als Organ des Proletariats, welches sür sich noch kein 1789 gehabt hat, wird die Fahne der Rückforderungen des Arbeiterstandes auspflanzen, die Fahne vom Juli 1848 und vom März-April-Mai 1871. Fahne gegen Fahne!" — In demselben Sinne erklärt der „Pore Duchene", ein drittes Organ vom nämlichen Schlage: „Wir werden inmitten dieses blöden Lärms de'' Bourgeoisie, die ja doch zum Untergang verurtheilt ist, kalt wie Marmor bleiben. Wir werden durch das Fest wandeln, wie die Philosophen der „römischen Orgie" auf dem Bilde Conture's, und das Andenken des Brutus heraufbeschwören, der auf das Verderben des Diktators seines Vaterlandes sinnt." — In einem Schreiben, welches uns von unserm Pariser Correspondenten zugeht, heißt es u. A.: Wir erinnern uns nicht, daß jemals m Paris die Vorbe reitungen zu einem Feste mit einer derartigen Energie betrieben worden sind. Sicherlich wird man am 14. d. in der französischen Hauptstadt vor lauter Fahnen die Häusermauern nicht sehen, und auf viele Meilen in der Runde werden am Abend die Landleute den Wider schein der Illumination am Himmel anstaunen. Be reits am 11. d. waren viele Häuser beflaggt, und in allen Straßen arbeitet man mit fieberhafter Emsigkeit. Jeder Elsenbahnzug ist mit Fremden und Provinzbe wohnern überfüllt, und man kann ohne Uebertreibung sagen, daß sich am Abend des 14. Juli mehr als 2 Millionen Menschen in den Straßen drängen werden. Wird dabei die Ordnung nicht Gefahr lausend Die antirepublikanischen Journale prophezeien allerlei De ¬ monstrationen der Intransigenten und Communards, denen man um so weniger Widerstand leisten könne, da die Polizeimannschaft sich nothwendig in der gan zen Stadt zerstreuen muß. In der That, auf die Polizei wäre nicht viel zu rechnen, wenn sich jene Prophezeiungen verwirklichen sollten; aber das glaubt man weder in den officiellen Kreisen, noch im großen Publicum. Die Regierung ist entschlossen, die Pariser selbst ihre Polizei machen zu lassen, und sie lebt der Hoffnung, daß dabei Alles so ordentlich zugehen wird, wie am 30. Juni 1878. Der Polizeipräfect Andrieux hat die Stadtsergenten angewiesen, sich so wenig als möglich sehen zu lassen, und das ist zweifelsohne das beste Mittel, ernstlichen Unfug zu vermeiden. An einer uliraradicalen Kundgebung wird es vielleicht hier und da nicht fehlen; aber sie wird in dem allgemeinen Festjubel kaum bemerkt werden. Es sollte uns wun dern, wenn nicht die große Masse der Bevölkerung bei dieser Gelegenheit aufs Neue bewiese, daß sie nicht mit den Ruhestörern sympathisirt. Das hindert frei lich nicht, daß die soeben begnadigten Rädelsführer be, diesem Feste eine größere Rolle spielen werden, als es sich geziemte. Sie sind alle wieder da: Felix Pyat, der giftige, Pascal Grousset, der petit wuitre oder gomiusui (Hanswurst) der Commune, JuleS BallöS, der talentvollste und freimüthlgste unter den Federhelden von 1871, und wie sie sonst heißen mögen; und ihre Freunde verfehlen nicht, ihre Rück kehr mit dem nöthigen Lärm auszuposaunen. Felix Pyat hat in dem „Mot d'Ordre" bereits mit einem Artikel debutirt, der ganz des Mannes würdig ist. Die Moral desselben geht dahin, daß man jetzt den Senat nach Noumea schicken müßte. DaS TageS- ereigniß ist aber die Ankunft Rochefort's und der Emvfang desselben durch die Volksmenge, der an Enthusiasmus Alles, was man erwartete, überstieg. Am Lyoner Bahnhofe warteten viele Taufend Menschen auf den heimkehrenden Flüchtling. Die Menge war so groß, daß Rochefort und seine Familie kaum bis zu ihrem Wagen vordringen konnten, einem gewöhn lichen Fiaker, dessen Kutscher inmitten dieses Ge dränges den Kops verlor, so daß eS ihm kaum gelang, sein Fuhrwerk in Gang zu bringen. Die Menge machte Miene, das Pferd auszuspannen und den Wagen im Triumph über die Boulevards zu ziehen. Niemand widersetzte sich übrigens dem Ausbruche ihrer Begeiste rung. Die Boulevards bis zum Platz des Chäteau- d'Eau waren so gefüllt, daß der Wagen nur im Schritt fahren konnte. Jeder drängte sich herbei, um Rochefort die Hand zu drücken. Zwei Mal brachte man daS Pferd zum Stürzen, und nur mit Noth konnte es wieder aufgerichtet werden. An der Höhe der Rue du- Temple gelang es endlich den Freunden Rochefort's, nachdem diese Triumphfahrt eine Stunde gedauert hatte, den Gefeierten in ein Haus zu führen, dessen Thüre sich hinter ihnen schloß und das wahrscheinlich einen Ausgang auf eine andere Straße hatte, denn Rochefort wurde nicht wieder gefehen. Er hatte sich in seine einstweilen unbekannt gebliebene Wohnung begeben. Sehr glückbedeutend für die vernünftige Republik kann man diese Scenen nicht nennen, ob gleich im Uebrigen dabei Alles ruhig zuging. Be zeichnend ist, daß die Gambetta'sche „Republique fran- yaise" ihrer mit keinem Worte Erwähnung thut und ebensowenig das „Journal des Debüts". — So weit unser Parise» Correspondent. DaS Amnestie- decret ist eine Rehabilitirung, ja sogar eine Glorifika tion der Commune, welche diese nur dazu ermuntern muß, ihre Arbeit von Neuem wieder aufzunehmen. Die „Republique fran^aise" sträubt sich zwar da gegen, aber die „Germania" bemerkt treffend: „Wel cher satt gewordene Bourgeois sollte auch eine Schreckenszeit glorificiren und wieder herbeiwünschen, deren erste That die Einäscherung der Paläste der Feuilleton. Nekigitt von Otto Banck. Refidenztheater. Zum Besten der Beschädigten in der sächsische» Lausitz fand am 13. Juli die letzte Vorstellung in dieser Saison Statt. Sie wurde aus gezeichnet durch die ausnahmsweise erfolgte Mitwirkung der rühmlich bekannten Soubrette Frau Anna Schramm- Bügler, die schon früher an dieser Bühne das Pu blicum so ost durch ihren Humor und ihre technische Tüchtigkeit in der Darstellung von Volksfiguren er stellte, sich aber seit längerer Zeit in das Privatleben zurückgezogen hat. Ein überaus zahlreiches, für den regen Wohlthätig- keitSsinn Dresden» zeugende» Publicum füllte das Haus trotz der so sehr vorgerückten Jahreszeit. Nach dem kleinen Lustspiel „Feuer in der Mäd chenschule", m welchem Frl. Henriette Masson die Vorstellung in der Rolle Marianne mit ihrer Ge- wandheit und Routine für derartige Aufgaben unter stützte, spielte Frau Schramm - Bügler die Soloscene „Aurora Berlchendust", die in ihrer kaleidoskopartigen Gestaltung zu zahlreichen Einlagen und GesangS- couplet» Gelegenheit bot und mit lebhaftem Beifall ausgenommen wurde. Derselbe steigerte sich noch in seinen Aeußerungen und in deren Motivirung, al» die treffliche Künstlerin, nach einem Zwischenspiel von GesangSvorträaen de» Frl. Offeney, ihre Köchin Charlotte in „da» erste Mit- tagSesscu" charakterisirte. Die» ist eine ganz vorzügliche Leistung, urkomi scher, gesunder und wahrer, als ähnliche Darstellungen der modernen, jetzt auf der Höhe der Zeit stehenden Soubretten. Die genannte Künstlerin hält hier ihre Betonungen und ihr Spiel so einfach und durch Wirk lichkeit überraschend, daß sie in diesem Volksgenre an die besten Typen der Fried - Blumauer erinnert und den Zuschauer aus das Glücklichste anregt. Der Abend schloß mit „Eine Vereinsschwcster", in welcher Hr. Karl bekanntlich den Haushofmeister mit derb komischer Charakteristik giebt. Blickt man in Kürze auf die erste Saison der Direktion des Ebengenannten zurück, so kann das nicht ohne eine beachtenSwerthe Befriedigung gefchehen, die beiden Theilen, der Direktion wie dem Publicum zu Gute kommt. Für den Anlauf eines ernsten Strebens, das sür seine neue und schwierige Aufgabe der Thea terlenkung und deS dazu nöthigen Geldgewinnes erst praktische Fühlung sich aneignen mußte, ist viel An regende» und durch Fernhalten niedriger frivoler Ten denzen Erfreuliche- geboten worden, sowohl durch eigene Kräfte, wie durch Gastspiel. Der Rückhalt eine- pekuniären Erfolges, der wenn auch vielleicht Nein, doch in seiner moralischen Wirkung da« Gegen theil eine- Mißerfolges darstellt, wird die Direktion um so mehr befähigen, für die Zukunft zu erringen, was dem Residenztheater gegenwärtig noch sehlt. O. B. Pariser Salon. Ueber die Bildhauerarbeiten der großen französi schen Autftrllung hat Ludwig Pfau (in der „Wiener Allg. Ztg.") das jedenfalls besonnenste Urtheil gefällt. Nur Einiges sei davon hervorgehoben. Wenden wir uns zur Hauptaufgabe der Plastik, zur unbekleideten oder saft unbekleideten menschlichen Figur, so müssen wir vor Allem Suchetet neunen, der mit seiner „Biblis in Quelle verwandelt" den prix äu Sulun, das heißt vier Jahre Rom, davongetragen hat. Nicht nur die Bücher, auch die Kunstwerke haben ihre Schicksale, die oft mehr von äußeren Zufälligkeiten als vom inneren Werthe abhängen. Und da das Glück nie allein kommt, hat Rothschild die Ausführung dieses GypseS in Marmor um 25000 FrS. erworben, waS seinem Geldbeutel noch mehr Ehre macht als seinem Geschmack, der allerdings in diesem Falle von der Jury garantirt erscheint. Der Beifall, den diese Figur ge funden, ist ein recht charakteristisches Merkmal der augenblicklichen Geschmacksrichtung. Ein daliegende- Weib, ohne jeden Adel der Linien und Formen, zeich net sie sich nur durch Das aus, was man im Werk- stättenstile la patte oder die Psote nennt, das heißt durch jene geschickte, etwa- knollige, aber geschmeidige Modellirung, welche vor Allem nach Naturwahrheit trachtet und in dem Glauben, das Uebrigc werde ihr von selbst zusallen, Stil und Schönheit darangiebt. Diese Glieder sind so fleischig, daß sie nicht einmal ordentliche Knochen haben. — Schöner ohne allen Zweifel ist „Die Jugend" von Lefeuvre, eine noch kindliche, mit emporgehobenen Armen an einem Baum stamm lehnende weibliche Figur in Marmor, welche, gleichsam im WachSthum sich dehnend, in die vor ihr liegende Unendlichkeit mit dem Ausdruck deS Unbewußten hinauSträumt. Eine breite, weiche, angenehme Natur giebt sich hier in wahren und schönen Formen kund, wenn sich auch jene schleierige, der letzten Durchbildung er mangelnde Verschwommenheit, welche der heutigen fran zösischen Sculptur verderblich zu werden droht, bereit» etwas darüber gelegt hat. — Delaplanche, einer der besten Namen der jüngern Generation, steht mit seiner „Kindheit des Orpheus" nicht aus der Höhe seines Rufes. Die Muse der Musik, das Kind im Schooße, während sie auf der Leier fpielt, ist keine glücklich componirte Marmorgruppe. Der Kopf der Musika ist verzeichnet, unschön, und ihre Knie sind weit aus- einanderstehend, was bei einer weiblichen Figur immer einen unedel» Eindruck macht. Auch kann die Lieb lichkeit des Kinde» nicht ganz sür eme gewisse For menleere entschädigen. — Auch Bequet, gleichfalls ein Name guten Klanges, hat sich in feinem marmornen „Faun, mit einem Panther spielend und eine Traube emporhaltend" keineswegs übertroffen. Zwar zeigt der meisterhaft modellirte Körper in seinen getunden, be stimmten Formen ein Fleisch, das sich wohlbefindet; aber trotzdem fehlt ihm die Schönheit der Zeichnung: Hüfte und Beine sind weiblich, der Kopf ,st unsym pathisch und die ganze Composition unangenehm in den Linien. — Noch weniger Ehre seiner Vergangen heit macht Falguidre mit seiner „Eva", die, mehr ebauchirt als modellirt, nirgends eine wohlgeführte Muskelwendung zeigt, und deren Schenkellinie die immer störende Form eines CirkelsegmentS hat: Kautschuk! DaS ist daS Ende der „blonden" Bildhauerei. Wenn wir uns nun zu den Schöpfungen eines aus gesprochenen Realismus wenden, so Irin uns in erster Linie Carlier und sein „Gilliatt", der Mann mit dem Polypen, au» Victor Hugo'» „Arbeiter de»Meere»" ent gegen — eine Bronzefigur, welche, auf dem rechten Bern
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