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Dresdner Journal : 31.08.1880
- Erscheinungsdatum
- 1880-08-31
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188008318
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18800831
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18800831
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1880
- Monat1880-08
- Tag1880-08-31
- Monat1880-08
- Jahr1880
- Titel
- Dresdner Journal : 31.08.1880
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M202 I88U Dienstag, de« St, August NrrsdnerHoumal Verantwortliche Redaction: Oberredacteur Rudolf Günther in Dre-den. L»—rvm» <l«dent»ckso k«i<rk«« tritt?o»t- uoä 8t«mp«lru»cl»l»G kioia. lL GLLLGU : ^Urrliek: . . 18 ^!dr^ )1MkrI»si,! < »lmtk L0?s. Lioioloe Numwero: w ks I»»«r»te»prel»«r kÄr »I«» N»u« «io«r 8«p»Itenvv ?«tit»il« 20 kk. Vater „kia^v«mät" äi« 2«il» LO kk. r^rdet»«,: l^ltvd n»it Xuivatime äer 8ooa- rmü keiertr^» Adsoäs für äe» kolxeoäea r»8- laAer»teaai,n»>ime l»n,MSrl!»» » Lrancistktte^, Lvtaiuiü^joaür d« llrvxtaer doura ti»; llewdar»-LerUll Vlia l.«tp»t^ L»,«I - Lr«,I»a krl»ullkart M.j Aaa»er»t«n L kvAier, >«riin Visa - HzmkniA kr»x-I^tPiiU-kr>taktarl ». N. Müaedsa: L/o«e, Lirlt»: §. Lornicit, /n» »/«dendant, Lr«w«a: A. ; vr»,i»o: Ä«NAe»'« Lürvau; Okswait» F'r. koiAt; krsa^kurl ». H.: ^aeAkr^cke u. 0. k/errman»- »LÜ« Uiickkandliia^i SörUtit L? ^kÄ/er,- 8»auov«ri 6 Lc/,ü>>/'>k»rt» -LirUa -kr»ailtart » II. Stottmert! Da ab« L SsradorIi D L7e«ciAen, Ä einer. U«r»o»xvdvr: ssttnial. krpeäitiov üe« Oreeäaer Fvurvala, Vrvräea, ^via^orstra«»« l^o. 20. Nachkekellungen auf das „Dresdner Journal" für den Monat September werden zum Preife von 1 M. 50 Pf. angenommen für Dre-de» bei der un terzeichneten Expedition (Zwingerstraße Nr. 20), fiir »»SwärtS bei den betreffenden Post anstalten. Lionigl. Expedition des Dresdner Journals. (Zwingerstraße Nr. 20.) Amtlicher Theil. Dresden, 24. August. Se. Königliche Majestät hat dem Assessor beim Amtsgericht Plauen, Karl Lud wig Kreßner, den Charakter eine- Commission-rath» in der V. Klasse der Hofrangordnung beizulegen aller- gnädigst geruht. Dresden, 28. August. Se. Majestät der König hat der Dresdner Liedertafel die große goldene Medaille „Virtuti st ingenio" mit der Berechtigung, dieselbe am Bande deS AlbrechtSordenS an der Ver- einSfahne zu befestigen, zu verleihen geruht. Bekanntmachung. Die Königlichen Sammlungen werden am 1. Sep tember während der folgenden Stunden und zu den nebengesetzten EintrittSbedingungen geöffnet sein. Gemäldegalerie 12k — 3 Uhr frei. Kupferstichcabinet Museum der GypSabgüsse Antikensammlung Mathematisch - physikalischer Salon 12K —2 Uhr frei. Grünes Gewölbe 12 k—3 Uhr 50 Pf. Historisches Museum und Ge ¬ wehrgalerie Porzellan- und Gefäß-Samm- 12k —3 Uhr 25 Pf. uu>a Zoologisches und anthropologisch- ethnographisches Museum 1 — 3Uhrl Mineralogisch - geologische- und ! frei. prähistorisches Museum 2 — 4 Uhr f Die K. öffentliche Bibliothek und das Münzcabinet bleiben geschlossen. Dresden, am 30. August 1880. Generaldirection der Königlichen Sammlungen für Kunst und Wissenschaft. v. Gerber. Bekanntmachung. Das Ministerium des Lultus und öffentlichen Un terrichts hat im Einverständnisse mit dem Ministerium deS Innern bei den für die Prüfung der Aerzte, Zahn ärzte und Apotheker bei der Universität Leipzig nach Maaßgabe der Bekanntmachungen des Bundesrathes vom 25. September 1869 und vom 5. März 1875 zu bestellenden Examinations-Commissionen auf das Prüfungsjahr 1880/81 den Vorsitz dem Geheimen Rathe Professor Vr. Radius in Leipzig übertragen und zu Mitgliedern a) der Examinationscommission für Aerzte: die ordentlichen Professoren der medicinischen Fa- cultät, Geheimen Rath Vr. Radius, Geheimen Me- dicinalrath Vr. Lreds, Geheimen Medicinalrath vr. Wagner, Geheimen Hofrath vr. Ludwig, Geheimen Medicinalrath vr. Thiersch, Geheimen Medicinal rath vr. EocciuS, Professor l)r. HiS, Professor vr. Braune, Professor vr. Cohnheim, Professor vr. Hofmann, Professor vr. Erb, sowie die außerordent lichen Professoren genannter Facultät Geheimen Medicinalrath vr. Sonnenkalb, vr. Hennig, Ge heimen Medicinalrath vr. Schmidt und vr. Heubner, sämmtlich zu Leipzig; b) der ExaminatlonScommission für Zahnärzte: außer den vorgenannten Mitgliedern der PrüfungS- Commission für Aerzte den praktischen Zahnarzt vr. Klare zu Leipzig und o) der ExaminationScommission für Apotheker: die ordentlichen Professoren Geheimen Rath vr. Radius, Geheimen Hofrath vr. Hankel, Geheimen Hofrath vr. Kolbe, Hofrath vr. Schenk, sämmtlich in Leipzig, die Apotheker Kohlmann in Reudnitz und vr. pbil. Lößner in Leipzig auf diefelbe Zeit ernannt. Dresden, am 24. August 1880. Ministerium des Cultus und öffent lichen Unterrichts. v. Gerber. Bekanntmachung. Die öffentliche Versteigerung der in diesem Jahre auSzumusternden Dienstpferde der Kavallerie, Artillerie und deS Trains soll an den nachgenannten Tagen und Orten, von Vormittags 10 Uhr an stattfinden. Freitag den 10. September 1880 in Geithain, Pirna und Roßwein, Sonnabend den 11. September 1880 in Borna, Montag den 13. September 1880 in Rochlitz und Großenhain, DienSlag den 14. September 1880 in Dresden, Donnerstag den 16. September 1880 in Dresden und Oschatz, Freitag den 17. September 1880 in Grimma, Sonnabend den 18 September 1880 in Freiberg und Montag den 18. und Dienstag den 19. October e. in Dresden. Die Pferde der Garnison Pegau werden in Borna, die der Garnison Lausigk in Grimma zur Versteigerung gelangen. Das Nähere wird durch die Localblätter und an den betreffenden VersteigerungS-Plätzen bekannt gemacht werden. Dresden, am 27. August 1880. Kriegs-Ministerium. von Fabrice. Felgner. >' ... 1 , Nichtamtlicher Theil. U e b e r s i ch 1. Telegraphische Nachrichten. ZritungSschau. (Hamburger Correspondent.) LageSgeschichte. (Dresden. Berlin. Paris. Brüssel. Neapel. London.) Zur orientalischen Frage. Dresdner Nachrichten. Provinzialnachrichten. (Leipzig. Reichenbach. Neu stadl. Pirna. Bautzen.) Statistik und VolkSwirthschaft. Feuilleton. LageSkalender. Inserate. Beilage. Börsenuachrichten. Telegraphische WitterungSberichte. Inserate. Telegraphische Nachrichten. Ragusa, Montag, 30. August. (Tel. d. DreSdn. Journ.) DaS russische Kriegsschiff „St. Anna" ist mit einem russischen Admiral an Bord hier angekommen. Wie eS heißt, hatte der Generalgouverneur von Tkutari, Riza Pascha, 6 Führer der alba- nesischen Liga verhaften lassen wollen; dieselben waren aber auS Skutari geflohen. Die Einwoh ner Dulcignos lagerten mit den albanefischen Streitkräften bei Mazur, um gegen die Uebergabe DulcignoS Widerstand zu leisten. Die regulären türkischen Truppen fratrrnifiren mit ihnen. London, Montag, 30. August. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Dem „Standard" wird auS Chaman von gestern gemeldet, General Roberts habe am 35. August Khelat-i-Ghilzai verlaffen und die ganze daselbst liegende englische Garnison mitge nommen, welche das Kort räumte und an Beamte deS EmirS übergab. Roberts hofft, heute, am 30. August, in Kandahar einzutreffea und morgen Ajub Khan angreifeu zu können. Dresden, 30. August. In Mexico hat während der Zeit vom 28. Juni bis zum 5. Juli die Wahl der Electoren für die Präsidentenwahl stattgesunden. In der Republik jenseits deS Rio-Grande giebt es keine großen Par teien wie in den Vereinigten Staaten, die sich durch Verschiedenheit politischer Grundsätze von einander un terscheiden; auch giebt es dort keine Parteiconventio nen, noch werden bestimmte Electoren für bestimmte Candidaten aufgestellt. Bei einer Wahl in Mexico handelt eS sich lediglich um Persönlichkeiten, und die Präsidentschastscandldaten wachsen auf wie die Brom beeren im Sommer. Man wählt in allen Staaten Electoren, die sich zu nichts verpflichten, von denen man aber weiß, welchen Candidaten sie begünstigen. Damit ist noch nicht gesagt, daß sie für ihren Günst ling stimmen; die eigentliche Präsidentenwahl findet am 10. October in der Hauptstadt Mexico Statt, wo hin alle Electoren eilen, und da geht der eigentliche Wahlact erst von Statten. Von den sechs Bewerbern um das Präsidentenamt war General Gonzales, der seitherige Krieg-minister im Cabinet des gegenwärtigen Präsi denten Porfirio Diaz, der bedeutendste und insofern der stärkste, als Diaz die ganze Macht und den nicht unwesentlichen Einfluß der Regierung für ihn geltend machte. Man war lange der Ansicht, daß Porfirio Diaz, trotz des von seiner Partei aufgestellten Prin- cips eines einmaligen PräsidentschastStermms, aber mals als Candidat auflreten würde; er zog eS aber vor, dem Princip der Partei, welche Lerdo de Tejada aus dem Amte verdrängt und ins Exil gejagt und ihn zum obersten Beamten der Republik eingesetzt hatte, treu zu bleiben, und machte seinen Einfluß zu Gunsten seines vormaligen Waffengesährten Gonzales geltend. Gonzales ist insofern siegreich aus der Wahl hervorgegangen, als er eine Pluralität der abgegebenen Stimmen erhielt. Es wird indeß bezweifelt, ob er die erforderliche Zweidrlttelmajo- rität erhielt, und der Longreß hat zunächst darüber zu entscheiden, ob Gonzales' Erwählung zu Kraft bestehen soll. Man ist allgemein der Ansicht, daß die Nationalgesetzgebung die Erwählung Gonzales' bestäti gen wird und derselbe am 1. December d. I., an wel chem Tage der Amlstermin des Präsidenten Diaz ab läuft, sein Amt antreten kann. Die Furcht, daß der Regierungswechsel sich nicht ohne einen Bürgerkrieg voll ziehen werde, war auch dies Mal allgemein. So sicher hat man in Mexico darauf gerechnet, daß es nach der Präsidentenwahl zu einem Kampfe kommen werde, daß in diesem Frühjahr nicht ein Viertel deS cultivirten Landes bestellt worden ist und nun überall eine große Noth herrscht. In Piedras Negras ist absolut kein Welschkorn, das Hauptnahrungsmittel der Mexikaner, zu haben. Die Zollbehörden haben deshalb den Ein wohnern gestattet, jedes Mal für 1 Real (12k Cents) Welschkorn von der texanischen Seite zu holen und zollfrei einzuführen. Die neuesten Nayrichten aus Mexico constatiren denn auch, daß die Aufregung sich steigert, und mexikanische Zeitungen erklären ganz offen, daß sie eher einen Krieg vorziehen, als den General Gonzales als Präsidenten der Republik anerkennen würden. Unter diesen Umständen gewinnt ein Schrei ben besonderes Interesse, welches dem „Ham burger Correspondenten" aus San Fran cisco vom 23. Juli über die Zustände in Mexico zugeht. Zwei Mal, heißt es in dieser Correspnndenz, versuchte es General Marquez, wie man allgemein sagt und glaubt, von kalifornischem Golde unterstützt, mit einer Hand voll Abenteurer, die er in Südcalifornten und Arizon aufgerafst hatte, die bestehende Ordnung in Mexico umzustürzen, weil er, wie er kaum zu ver sichern nothwendig hatte, die Freiheit seines Vater landes ernstlich durch den „Usurpator* Diaz bedroht sah, aber sein RettungSwerk scheuerte nach einigen Ein- tagSerfolgen kläglich. Als er aber vor wenigen Wochen eine dritte Expedition auf dem Boden der Union or- ganisiren wollte, da legte sich die Bundesregierung aus freundnachbarlichen Rücksichten gegen Mexico ins Mittel und ließ die Bande auseinanderjagen. Aber verhindert konnte doch nicht werden, daß die Waffen brüder des Generals Marquez und sein alter >» den beiden letzten „Feldzügen" mit einigen Getreuen nach dem mexikanischen Staat Sonora übertraten, und da gerade die Präsidentenwahl m Mexico im Gange war und die Er wählung des intimen Freundes von Diaz, des Ge nerals Gonzales, in sicherer Aussicht stand, so fehlte es also nicht an einem Grunde, die Freiheit für be droht zu erklären und da- Volk zu den Waffen zu rufen. Eine derartige Ansprache verhallt nie ganz un gehört in Mexico, und so sammelte sich denn auch um die Fahne des Retters Ramirez eine kleine, aber nicht auserlesene Schaar, mit der er, nach altem, an der Westküste feststehendem Gebrauche nach der Hafenstadt Mazatlan zog, um sich durch Beschlagnahme der Zoll kasse und Ausschreiben einer Contributlon den nöthigen Kriegssond zu beschaffen. Auf diese Welse verschaffte er sich die Summe von 120000 Dollars, welche, Wa als ganz selbstverständlich gilt, größtentheils aus den Taschen fremder Kaufleute floß. Doch Oberst ReyeS zog mit regierungstreuen Truppen heran, und mit ihm mußte sich Ramirez auf dem Blachfelde messen. Nach mexicanischen Begriffen ist außerordentlich tapfer ge kämpft worden; als aber der Tag zur Rüste ging, da floh der geschlagene Ramirez in die Berge, nicht ohne seine Kriegskasse, die er jetzt auf dem Wege ist hier in San Francisco in Sicherheit zu bringen. Damit ist aber die mexicanische Regierung nur eine Sorge los; andere ernstlichere beschäftigen sie in diesem Augenblicke noch. Da hat zunächst der alte unverwüstliche Revolutionär, General Ne grete, sich die treffliche Gelegenheit der Präsidenten wahl nicht vorübergehen lassen, um sich, Gott weiß zum wie vielten Male, als Retter der nledergetretenen Freiheit dem Volke zu empfehlen. Die Wahl deS Präsidenten Gonzales ist in seinen Augen naiürlich nur durch Betrug und Gewalt möglich geworden, und nun hat er einen Haufen Reisige gesammelt, um mit dem Schwerte diese heillosen Zustände zu repariren. Doch noch regiert der energische Diaz, der wohl seinem Nachfolger die Sorge abnimmt, gegen Negrete ins Feld zu ziehen. Die mexicanischen Truppen setzen in Diaz großes Vertrauen, und im Interesse dieser Re publik wäre es zu wünschen, daß sich das Gerücht be- Feuilleton. Redigirt von Otto Bauck. K. Hoftheater. — Altstadt. — Sonntag, den 29. August: „Faust" (U. Theil), Tragödie in 5 Acten von Goethe. Nach der Bearbeitung von vr. Wollheim für die tönigl. sächsische Hofbühne eingerichtet von A. Marcks. Musik von H. H. Pierson. (Zum ersten Male.) Bor Jahresfrist verband das Dresdner Hostheater mit der 100. Ausführung deS I. TheileS des „Faust" zugleich die ErinnerungSseier an die vor 50 Jahren unter den Ausptcien Ludwig Tleck'S erfolgte erste Auf- sühruna der Dichtung. Der die-maligr Geburt-tag Goethes brachte an» da» ganze Faustdrama, welche» wie kein andere» Werk zur Feier seines persönlichen Gedächtnisse» berufen erscheint. Nachdem die philo sophisch-ästhetische Betrachtungsweise so lange Zeit mit den willkürlichsten Vorau»setzungen und Commrntaren an den zweiten Theil der Dichtung herangetreten war und sich selbst zu der Behauptung verstiegen hatte, der zweite Faust sei kein integrirendrr Bestandtheil de» Werke», ist erst neurrding» durch liebevollere» Berständ- n»ß der Individualität de» Dichter» rin Umschwung in der Ausfassung des Gedichte» tingetreten, und man erkennt endlich die Einheit der Lonception, sowie die Zusammengehörigkeit der gejammten Dichtung immer allgemeiner au. Namentlich auch die Untersuchungen Scherer » über die verschiedenen Phasen de» Werke» führen stet» wieder auf die Einheit der Idee zurück. Ueber allen Ditcrepanzeu, die wir besonder» im erste» Theil entdecken, über allen Schwankungen und Ab weichungen vom ursprünglichen Plane, bemerkte neu lich die Augsburger „Allg. Ztg.", steht als das Einigende Dasjenige, was dem Faust des ersten wie deS zweiten Theiles, dem altern wie dem jüngern Goethe, gemeinsam ist: die Verherrlichung des rast losen Schaffens, die erhabene Ueberwindung aller Qualen dieser Welt durch selbstlose Arbeit im Interesse der Gesammtheit. Wie dem Faust des ersten Theile» in den Nöthen der Bibelübersetzung auf einmal Rath wird und er getrost schreiben kann: „Im Anfang war die That"; wie er von Mephisto in der VertragSscenc verlangt: .Stürzen wir un» in da- Rauschen der Zeit, In« Rollen der Begebenheit I Da mag denn Schmerz und Genuß, Gelingen und Verdruß Mit einander wechseln, wie es kann; Nur rastlos bethätigt sich der Mann.' So ruft auch der Faust des zweiten TheileS: „Die That ist Alle-, nichts ber Ruhm"; er findet nur „im Weiterschretten Qual und Glück, er, unbefriedigt jeden Augenblick," und seiner Weisheit letzter Schluß lautet: .Nur Der verdient sich Freiheit wie da» Leben, Der täglich sie erobern muß.' ES ist genau dieselbe Anschauung, wie sie im Pro log der Herr auSjvricht: .De» Menschen LHSligkeit kann allzu leicht erschlaffen, Gr liebt sich bald die unbedingte Ruh'; Drum geb' ich gern ihm den Gesellen zu, Der reizt und wirkt und muß, al» Leusel, schaffen" — eine Grundanjchauung Goethe », an der er sein Leben lang festgehalten und tue deshalb in den mannichfachsten Variationen in seiner Dichtung wiederkehrt. Wenn also schon um der Einheit der Idee willen es geboten erscheint, den „Faust" nicht als Torso auf unseren Bühnen vorzuführen, sondern den Versuch zu machen, die ganze Dichtung für das Theater zu er obern, so ist weiter die Aufführung des zweiten Thei les auch um deswillen geboten, weil durch sie am ehesten derjenige Theil des Publicums zum Genüßen des Werkes herangezogen werden kann, der bisher, sei eS aus Vorurthell, sei eS aus Scheu vor der Arbeit einer gründlichen Lecture, nicht zu dem Genüsse des eigentlichen Kernes der Dichtung gelangt ist. Wer den zweiten „Faust" einmal auf dem Theater gesehen hat, der wird diese Scheu leicht überwinden; denn die eminente Bühnenwirksamkeit des Gedichts steht außer Frage. Mit vollem Recht sagt der treffliche Com- mentator deS „Faust", G. v. Löper: „Die wieder holten Aufführungen des zweiten TheileS in neuerer Zeit lassen die ungeheuere Bedeutung der Anschauung er kennen. Diese vermag mit einem Schlage die Schwierig keiten deS Verständnisse- zu beseitigen; sie stellt alles Einzelne in das richtige Licht, verbindet eS zu einem Ganzen und giebt Allem Physiognomie und das nor male Berhältniß. Gesehen haben ist eben wissen. Leute auS dem Volke, Frauen, welche beim Lesen de» Stück- nicht über die ersten Seiten hinaus gelangen konnten, fühlen sich gefesselt und bewegt von der An schaulichkeit und Bildlichkeit der Scenen, von der Ein dringlichkeit, dem Witz und der Weisheit, der Kraft und der Klarheit de- Wort«. Hochgebildete erleben einen Tag von Dama-kuS. Sind Äug' und Ohr zugleich thätig, so mildern sich einzelne Gewaltsamkeiten wie die grellen Tinten eine» in die nöthige Entfernung gestellten Gemälde»." Auch Goethe faßte die scenische Darstellung der ganzen Dichtung als ein Werk der Zukunft ms Auge. Er äußerte sich zunächst über die „Helena", die er 1827 zum Druck beförderte, gegen Eckermann: „WaS Mich tröstet, ist, daß die Cultur in Deutschland doch jetzt unglaublich hoch steht und man also nicht zu fürchten hat, daß eine solche Production lange unver standen und ohne Wirkung bleiben werde. Es ist Alles sinnlich und wird, auf dem Theater gedacht, Jedem gut in die Augen fallen. Und mehr habe ich nicht gewollt. Wenn es nur so ist, daß die Menge der Zuschauer Freude an der Erscheinung hat, dem Eingeweihten wird zugleich der höhere Sinn nicht ent gehen. DaS Ganze wird zu großer Pracht und Mannichfaltigkeit m Decorationen und Garderobe An laß geben, und ich kann nicht leugnen, ich freue mich darauf, es auf der Bühne zu sehen. Es wird auf der Bühne einen ungewohnten Eindruck machen, daß ein Stück als Tragödie ansängt und als Oper endigt. Doch eS gehört etwas dazu, die Graßheit dieser Per sonen darzustellen und die erhabenen Redeverje zu sprechen. Der erste Theil ersordert die ersten «ünstier der Tragödie, sowie nachher im Theile der Oper die Rollen mit den ersten Sängern und Sängerinnen be setzt werden." Jedenfalls machte sich unser Hoftheater die Goethe'- schen Intentionen zu eigen, indem eS, von dem mit dem volltönenden Namen „Mysterium" gedeckten, aber schon wegen willkürltcher Textändrrungen und eigener Hlnzuthalen überaus bedenklichen Otto Devrient'ichen Bühnenexpenment absehend, auf die Wollheim'jche Be- ardeitung zurückgriff, welche mit der Musik von H.H. Pierson zuerst im Mal 1854 im Hamburger Stadt-
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