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Dresdner Journal : 29.03.1881
- Erscheinungsdatum
- 1881-03-29
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188103298
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18810329
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18810329
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1881
- Monat1881-03
- Tag1881-03-29
- Monat1881-03
- Jahr1881
- Titel
- Dresdner Journal : 29.03.1881
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«7S. Dienstag, de» R. März, -- L»^Ud 6«äeut».k«° ^»drUed! . . 18 ttki^ tritt kost- uo<t )z)zdrilcd: 1 U«rk bv ks 8t«upvt-o»ot>I»« diu«». Niinelii« liommorn: lv kl luveeoleiiprelver süe äsa l!»um einer ^v»p»it«l»«r» kelitseil« IO kk. vottr „Lio^««u><it" Ui» Lsii» bv kk. Ni^odel»«»« H^Iiot» mit Xu»o»t>u»» 6er 8onn- voll k««rt»x» Xdemin kür äen soi«en<ien ^»8 DreMerMmal. Verantwortliche Redaction: Oberredacteur Rudolf Günther in Dresden. 1881. lonerstennoiiRdme »»»Mtrt«: Loip^U t >> tränet»««ttsr, Oomr»r»»aoiMr »1 Oresetner ^oirri»»t»; U»»vmU U«rU» W»» V»«»I - Uril»» ^nuMUvn ». N.: Aa<t«en«tein L kubier, N»rU» ^»» -«»»d»!^ kr»U-l^>P»i8 ersLktart ». N.UKiloL«»: /t^ai -Zu««,' Ssriiii: »8. Tko^nict, /nvaiiekeneLanL, Lrs»s»: L Äs^oM«, Lrssi»»: /. ttarenu; ersnklurt » ».: L «/ae^eT^soiie tiuootrsntUunAi Stritt» t S, Sksliisr,' Sauurorsr i <7. Lc^slssier, ?»rt, SsrUo - kr»Littsrt ». N. >tutt8»tt: D«s-«L 6o., L»»d»r, k Üit»»g>«r. ll»r»u»8od«rr LSoigl Lipoclitioo ä«, Dresclosr 7»»r»«t», Drvsxleo, /villgerstri«« No. 20 Amtlicher Theil. Dretdn», 25. März. Se. Majestät der König hoben dem Director der Königlichen Porzellan maau- sactur zu Meißen, Moritz Oscar Raithel, den Titel und Rang eines FinanzratHS Allergnädigst zu ertheilen geruht. Dreldr», 25. März. Se. Majestät der König hoben dem Obersteiger Karl Heinrich Hahn bei dem consortschaftlichen Berggebäude Schwalbner Flügel bei Schneeberg das allgemeine Ehrenzeichen Allergnädigst zu verleihen geruht. Dresden, 28. März. Mit Allerhöchster Ge nehmigung ist dem Bezirk--Schulinspector Schulrach Sretschmer in Rochlitz die nachgesuchte Versetzung in den Ruhestand unter Gewährung der gesetzlichen Pen sion bewilligt worden. Nichtamtlicher Theil. Uetersicht. relegraphisch« Rachrichtru. Zeitung-schau. (MiScarea Nationala. Wiener Allge meine Zeitung. Montagsrevue. Presse.) TageSgeschichte. Dre-dner Nachrichten. Eingesandt«-. Feuilleton. rage-kaleuder. Beilage. Deutscher Reichstag. (Sitzung vom 26. März.) Dresdner Nachrichten. Provinzialuachrichteu. Statistik und LolkSwirthschast. Resultate auS den Messungen der Bodentempera- tur in Dresden. Telegraphische Nachrichten. Berlin, Montag, 28. März, Nachmittags. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Die zur Berathung deS Gesetzentwurfs über die Besteuerung der Dienst wohnungen eingesetzte Neich-taa-commisfiov ge nehmigte den Bericht ihres Referenten, dem zu- folge als zu versteuernder MiethSbetrag IS Proc. deS DienstrinkommenS festgesetzt werden. Der Reichstag begann die Berathung der Brau-, Stempel- und Wehrsteuervorlage. Der Reichskanzler, Fürst BiSmarck, ist im Hause an wesend. Trier, Montag, 28. März. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Der „Trierscheo Zeitung" zufolge hätte bei der heute stattfiudrudeu Wahl eineS Eapitel- vicarS der Geueralvicar de Loreuzi die meiste Aus sicht, gewählt zu werden. Paris, Sonntag, 27. März, AbendS. (W.T. B.) Gambetta nahm heute an einem Banket der Syndikatskammer der Tuchhändler Theil und er innerte in der von ihm dabei gehaltenen Rede an di« der Republik zugeueigte Haltung, welche die Handeltreibenden am 16. Mai eingenommen hätten. Die Republikaner, sagte Gambetta, seien damals die Verpflichtung eingegangen, eine weise Republik zu gründen und die Angelegenheiten innerhalb deS nach außen geachteten Frankreich zu leiten. Die Republi kaner, triumphirend durch ihre Loyalität, hätten sich verpflichtet, vom Wege der Loyalität nicht wieder ab zuweichen. Wenn da- gewisse Einzelne vergessen hätten, werde sie die gesunde öffentliche Meinung wieder auf ihren Platz zurückführen. WaS die bevorstehenden Wah len anbelange, so sehe er dem Resultate derselben, gleich viel iu welcher Art dieselben stattfinden möchten, mit Vertrauen entgegen. Wir werden die Frage der Wahl s, - ,i^» » berathen, sind aber fest entschlossen, der Majorität zu gehorchen. Wir werden die opportunistische Politik vrrtheidigen, welche die Politik der republikanischen Demokratie ist. Gambetta schloß seine Rede unter dem Beifall der Festtheilnehmer mit dem Wunsche, daß es infolge der bevorstehenden Wahlen mehr als eine Demokratie unter der Fahne der Republik geben werde. Bern, Sonntag, 27. März. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Zur Asylfragej schreibt der „Bund": Der BundeSrath hat, wie auS Genf berichtet wird, durch daS eidgenössische Justiz- uud Polizeideparte- ment eine Untersuchung über daS Verhalten der russischen FlüchtlivgScolonie in Genf vor und nach dem letzten Attentat auf den russischen Kaiser aa- stellen lassen. Unter Anderem find die Originale aller in der kritischen Zeit von russischen Flücht lingen abgrschickten Telegramme nach Bern einge fordert werden. St.Petersburg, Sonntag, 27.März, AbendS. (W. T. B.) Die Verleihung deS Hosenbandordens an den Kaiser Aiexander III. wird morgen statt finden. Die Investitur wird unter Theilnahme deS Kronprinzen deS deutschen Reiches und von Preusten, deS Herzogs v. Edinburgh und deS Groß- Herzog- von Hessen, welch« Mitglieder deS hohen OrdenS find, sowie im Beisein der Mitglieder der englischen Botschaft und deS Gefolges der eng lischen Prinzen, von dem Prinzen v. Wales im Ramen der Königin vorgenommen werden. Belgrad, Sonntag, 27. März, AbendS. (W. T. B.) Nach einem im gestrigen Ministerrath ge faßten Beschlusse sollen die Mitglieder deS früher« CabiuetS, Stojan BoSkovic, Tuzakovic und Wla dimir Jovanovic Pension erhalten. Olimpia Wasfi- lewic ist an Stelle von Tuzakovic zum Senator ernannt worden. Der bezügliche UkaS deS Fürsten soll am nächsten DienStag publicirt werden. Bukarest, Sonntag, 27. März, Mittags. (W. T. B) In der Rede, mit welcher König Karol gestern auf den Beschluß deS Parlaments ant wortete, hob derselbe hervor, daß er die Königs- kröne ««nehme, weil er den Willen deS Volkes stets geachtet habe und weil die Nation glaube, daß der neu« Tittl für die Zukunft Rumäniens nothwendig sei und der Ausdehnung, der Bedeu tung und der dem Lande zuerkannten Macht ent spreche. DaS Gesetz, welches Rumänien zum König reiche erhebt, wurde bereits promulgirt. Der Minister deS Auswärtigen versicherte in der Kam- mer, daß die auswärtige Politik der Regierung in keiner Weise verändert werden würde. (Berg! die „TageSgeschichte".) Konstantinopel, Sonntag, 27. März. (Agence HavaS.) Der englische Botschafter, Göschen, vemüht sich bei der Pforte, die Cesfion von Pre- vesa zu erwirken. Auch beabsichtigt man eine Verständigung bezüglich Prevesa» durch den Bor- schlag hrrbeizuführen, die Festungswerke dieses OrteS zu schleifen. Dresden, 28. März. Vorigen Sonnabend nahmen die Kammern zu Bukarest einen vom General Lecca eingebrachten Antrag an, durch welchen dem Fürsten von Rumä nien der KönigStitel verliehen wird. Sämmtliche Redner, welche zu dem Gesetzentwurf daS Wort er griffen, traten für denselben ein und erklärten über stimmend, daß die Rangerhöhung eine Eonsequenz der Unabhängigkeit Rumäniens sei. ES würde eine erhebliche publicistische Geschicklich keit erfordern, um diesem Beschluß der rumänischen Kammern eine größere politische Tragweite beizulegen. Eine Machtvermehrung ist mit der Verleihung der Königskrone in dieiem Falle nach keiner Richtung hin verbunden. Die Rumänen nennen den Fürsten Karol in Zukunft König, wozu sie ein unbestreitbare- Recht haben und worüber sie, wie der Premierminister Bra- tiano vor Kurzem in der Kammer erklärte, Europa nicht zu fragen brauchen. Vorgestern versicherte nun der Minister des Auswärtigen, Boerescu, ausdrücklich, daß die Erhebung Rumäniens zu einem Königreiche bei den europäischen Mächten keinerlei Schwierigkeiten begegnen werde, weil durch dieselben eine Veränderung des Programms der Regierung nicht eintrete. Europa wird den neuen König mit Freuden als solchen be grüßen; denn der König Karol galt bisher al- eine wichtige Stütze der conservativen Politik im Orient, und die rumänische Nation repräsentirt in Südosteuropa ein Eulturelement, welche- dazu dienen kann, die Donauländer vor Uebergriffen deS SlawenthumS zu schützen. Insofern die KönigSkrone, wie der Kammer präsident Rosetti erläuterte, al- Symbol der rumäni schen Unabhängigkeit aufgefaßt wird, kann man sich sogar entschieden darüber freuen, dem Repräsentanten der rumänischen Nation auch äußerlich eine Stellung angewiesen zu sehen, welche der Bedeutung des rumä nischen Volkes entspricht. Die Verleihung der KönigSkrone ist daS Endergeb- niß einer schon seit Langem eingeleiteten nationalen Agitation, über welche wir dem radicalen rumänischen Blatt „hlisearoL ^Ltioll»I«" („Nationale Be wegung") Folgendes entnehmen: „In St. Petersburg behauptet man, daß in Bukarest eine bedeutende, von der Regierung begünstigte Agi tation für die Proclamirung des Königreiches herrsche. Wie es weiter heißt, wäre dafür der Moment in Aus sicht genommen, sobald die Feindseligkeiten zwischen Griechenland und der Türkei beginnen. Um diese so genannte volkSthümliche Agitation inS Leben zu rufen, wandert die Polizei der Rothen von Hau- zu Hau-, um die Kaufmannschaft dazu zu veranlassen, für den 10. Mai Beiträge mitzubringen, die dazu dienen sollen, für Bratiano ein Banket zu veranstalten, der dann seinerseits das Königreich proclamiren wird. Außer dem itt davon die Rede, daß die gesetzgebenden Körper, die Voltstimme respectirend, ihre Zustimmung geben und gleichzeitig die Apanage um einige Millionen, au» den größten Staatsdomänen bestehend, vermehren wer den. Weiter heißt eS, daß man dem ausgezeichneten Staatsmann Bratiano, in Anerkennung seiner beson deren Verdienste um das HauS Hohenzollern, auch den verdienten Tribut zukommen lassen wird. Der Fürst wird dann von seiner Apanage die Domäne Brajla, dre eine jährliche Rente von 350000 FrcS. abwirft, seinem Kanzler abtreten. Sonderbarer Weise ist aber von dem eigentlichen Matador der regierenden Partei, Herrn C. A. Rosetti, in keiner Weise Erwähnung ge- than, da die 14000 Ducaten, die man ihm seiner Zeit als Nationalgeschenk übergab, doch eigentlich in An betracht der großen Verdienste um die Sache der Ultra liberalen zu wenig sind und eS geunß angemessen wäre, ihm auch irgend ein Staatsgut zuzuwessen, wozu sich allerdings die langgedehnten Terrainstrecken Bessarabiens, welches leider nicht mehr zu Rumänien gehört, am besten geeignet hätten." AuS dieser feindseligen Beurtheilung ersieht man, daß es sich um einen Vorgang handelt, der Europa nicht im Geringsten beunruhigen kann. Man erkennt auch auS dieser Darstellung, daß dar gesammte Mo tiv der Bewegung im schlimmsten Falle daS Bedürf- niß nach einer Befriedigung der nationalen Eitelkeit ist, welches Denjenigen, welche die Leiter der Agitation waren, zu verzeihen ist. Man kann auch zugeben, daß der Premierminister Brattano die Agitation dazu be nutzte, um seine Popularität wieder etwas auizufrischen; allein im großen Ganzen dürfte diese- noch nicht ge nügend sein, um seinen Einfluß, wenn er im Sinken begriffen sein sollte, wieder herzustellen. Man soll sür den neuen König den Titel König von Rumänien gewählt haben, aus Rücksicht auf Oesterreich- Ungarn, da man in Wien, wie die „Wiener Allge meine Zeitung" wessen will, gegen einen König der Rumänen wohl Einwendungen erhoben hätte. Die beiden jüngsten Königreiche in Europa waren bis her Griechenland (3. Februar 1830) und Belgien (10. November 1830). Der letzte Fall einer Titel veränderung war die Annahme de- Titel- „König von Italien" durch den „König von Sardinien, Sicilien, Eypern und Jerusalem" Victor Emanuel II. im März 186 l. Dies wurde von England, Schweden und der Schweiz sofort, von den übrigen Mächten erst allmäh lich anerkannt. Auf dem Wiener Eongreß wurden mehrere souveräne Herzöge zu „Großherzögen" be- sördert; die letzten Fürsten indessen, die zum König emporstiegen, waren di« Kurfürsten Friedrich und Max Josef von Wüttemberg und Bayern, die am 1. Januar 1806 den KönigStitel annahmen. DeS verunglückten Versuches dcS Generals Tschernajew, den Fürsten Milan während des Krieges von 1876 zum König von Serbien proclamiren zu lassen, sei im Vorübergehen nur gedacht. In Wien, wo man bei den Vorgängen in den Donauländern am meisten betheiligt ist und dieselben daher mit sehr wachsamem Auge verfolgt, n.mmt man die Nachricht in freundlicher Weise aus. In einem telegraphisch signalisirten Communiquä der „Montags revue" über die Erhebung Rumänien» zum König reich heißt eS: „Die Mächte haben dem Gedeihen Rumäniens alle Zeit lebhafte Sympathien entgezen- gebracht. Der Berliner Eongreß, sowie die Lösung der Arab-Tabiafrage bilden die jüngsten Belege dieser Gesinnung. Der Ministerpräsident Bratiano dürfte auf seiner letzten europäischen Reise inSbeiondere dre Ueberzeugung gewonnen haben, daß Deutschland und Oesterreich-Ungarn zu den wärmsten Freunden deS nunmehrigen Königreichs gehören, vorausgesetzt natür lich, daß Rumänien die Bedingungen seiner Existenz wahrnehmend, den vollen Werth des innigen An schlusses an die österreichisch-ungarische Monarchie er kennt und dem consequent festgehaltenen Gedanken jederzeit die entsprechende That folgen läßt. Wir be grüßen daS Königreich Rumänien, den Freund unseres KaiserstaateS." Einen besondern Werth würde die Erhebung des Fürsten von Rumänien zum Könige erlangen, wenn sich eine Vermuthung der Wiener „Presse" bestätigen sollte. Bekanntlich hieß eS in der letzten Zeit, daß die Rangerhöhung des FürstenthumS erst nach Erledigung schwebender Differenzen in der äußern Politik geschehen soll, und nachdem ein Militär die Initiative hierzu ergriffen hat, nimmt die „Pr." an, daß solche Diffe renzen, so auch jene in der Donausrage bereits be hoben sind. Sollte diese Voraussetzung deS Wiener BlatteS richtig sein, so wäre 1er neueste Schritt der rumänischen Regierung, al» erfreulicher Abschluß von diplomatischen Verhandlungen mit den Nachbarstaaten anzusehen. Tagesgeschichte. Dresden, 27. März. Aus Anlaß der am heutigen Tage in St. Petersburg stattgefundenen feierlichen Beisetzung deS verewigten Kaisers Alexander II. wurde heute Mittag 12 Uhr in der hiesigen griechisch- katholischen Kirche ern Trauergottesdienst ab gehalten, dem in Vertretung Sr. Majestät dcS König- der Oberhofmarschall Frhr. v. Könneritz beiwohnte. Unter den bei diesem TrauergotteSdienste zahlreich Feuilleton. Redigirt von Otto Banck. Zv der Thalmühl«. Novelle von M. I. Rupp. ' (Fortsetzung zu Nr. 71.) Es war Abend, al- sich Graf Heinrich von Braut und Schwiegervater verabschiedete und zu Fuß den Heimweg antrat. Jener goldene Abeudfrieden, welcher die Seele auch nach den aufregendsten Tagesstunden sänftigt, überkam auch ihn, al- er langsamen Schritte- sriner Heimath zuging. Bor einem Kreuzweg blieb er stehen, besann sich einen Augenblick und entschied sich dann für den weitern Weg, der an der Mühle vorbeisührte. Auf einer durch einen prächtigen Nußbaum be schatteten Bank saß, behaglich sein Pfeifchen rauchend, der Müller Klaudiu», der den Grafen erblickend, sich erhob und ihm entgegenging „Guten Abend, beneidenSwerther Müller in der Thalmühle, lassen Sie sich nicht stören, sondern mich nur zu Ihnen auf die Bank fetzen, auf der e- sich unter dem schönen Nußbaum so gemüthlich ruht." „Da» soll Ihnen werden, Herr Graf, Ihnen da» Au-ruhev auf der Bank, mir die Ehre und da» Ver gnügen Ihrer Gesellschaft. — Trinken Sie ein Glä»- che« Wein, Bier, oder — fügte er lächelnd Hinz« — Milch?" — Bald saßen sie dann im lebhafteste« Gespräch beim Gerstevsast, und Graf Heinrich schien durchau» nicht heim zv pressiren. „Wo steckt denn Ihre Tochter?" „Sie ist im Pfarrhaus, wo sie den Abend zubringt. Die Mädchen lernen Englisch beim Vicar." „Gestatten Sie das so ruhig?" scherzte Halden. „Meiner Rosine kann ich Alle» gestatten; über dies" — lachte der Müller — „HerzenSgesahr bei dem Kauderwelsch! Hab' die Sprache nur ein Mal reden gehört, aber für mein Lebtag genug daran be kommen." „Der Pfarrer Herwig ist doch ein trefflicher Mann, Tyalmüller, ich habe neulich wieder meine Freude an ihm gehabt; wenn man mit ihm spricht, so kann man nicht begreifen, daß er nicht auch ein besserer Pre diger ist." „In seinem Wandel ist er tadellos, Herr Gras, und kein Bittende» geht ungehört und kein Traurige» geht ungetröstet au» seinem Hause; dabei achtet er den rechten Menschen, weß Glauben» derselbe sei. Neben all' den Vorzügen darf er schon schlecht pre digen." „Einverstanden, Müller", sagte mit größter Be lustigung der Graf; „ich zöge auch, sollte ich zu wählen haben, den guten Menschen dem guten Prediger vor, und auf jeden Fall kommt bei Ersterem die Gemeinde an Leib und Seele besser weg." „Bor einigen Wochen war ich ein Mal", erzählte der Müller, „eine» Sonntag» in Angelegenheiten eine» Schwesterlohne-, der unterm Militär ist, mit dem Pfarrer in der Stadt, und da ich den Jungen erst Nachmittag- sprechen konnte, ging ich eben auch mit dem Pfarrer in die Kirche. Aber da» war eine Pre digt, Herr Graf! Die Rosine wollte mir gar nicht glauben, daß ich nicht eingeschlafen bin; — e» wäre unmöglich gewesen, hätte ja sonst auch den Faden verloren. „Nun?" sagte ich zum Psarrrr, als wir die Kirche verließen. — „War ganz gut gesprochen, Mül ler", war seine Antwort. Ich schwieg und erzählte die- zu Hause Rosine. — „Vater", fragte mich diese, „warum mußte ich hierbei unwillkürlich an daS Ge- schichtchen vom schlechten Mehl denken?" — „Schtlunn", erwiderteich, „weil Du mich bei des Pfarrer» Schwäche an die eigene erinnern willst." „Da» Geschichtchen interessirt mich, Thalmüller, darf ich's hören?" „ES war vor Jahren, al- von meinen Kunden ein Mal mein Mehl getadelt wurde, und obgleich ich wußte, daß es nicht mit Unrecht geschah, ärgerte ich mich dennoch darüber. Einet Abends stichelte« sie im Wirth-Hau-, worüber ich entsetzlich aufgebracht wurde, und ich hatte gerade eine Erwiderung, die ich nachher schwer bereut hätte, auf den Lippen, als die Wirthin mit der Botschaft von meiner Frau, ich möge schnell nach Hause kommen, an mich herantrat. Meine Frau lag krank danieder, und obgleich nicht gefährlich, so überfiel mich doch ein Schrecken und ich eilte nach Hause. Sie saß mit ihrer sanftesten Miene im Bett, hieß mich einen Stuhl holen und zu ihr sitzen. „Peter", begann sie, „al» der Wilhelm vorhin vom Brodholen kam, erzählte er mir, daß iu der Wirtschaft wegen de- schlechten Mehl» gestritten werde; ich gab ihm keine Antwort darauf, sch'ckte aber die Hanne nach Dir fort. Peter", fuhr sie mit erhöhter Stimme fort, „unser Mehl ist ja im Augenblick schlecht, laß uu» Alle» aufbieten, den Schaden wieder gut z« machen, nicht aber dem Tadler unsere Schwäche zeige«, indem wir den gerechten Tadel nicht vernünftig einsteckcn." — „Du bist immer der gescheidtere Theil", sagte ich und ging kleinlaut hinaus. Wie viel tausend Mal denke ich an meine vortreff liche Frau! — Der Pfarrer hört nicht gern seine Predigt, der Müller nicht sein Mehl und der Poet nicht seine Verse tadeln, und doch ist dem falschen Lob ein ehrlicher, gut gemeinter Tadel weit vorzu- ziehen und ist unS viel nützlicher." Der Müller schwieg. „Ist Rosine ihrer Mutter ähnlich?" „Ja, Gott sei e- gedankt, Herr Graf, sie hat den festen Eharatter und daS gute Herz ihrer Mutter, und in ihren Augen sehe ich auf den Grund ihrer Seele." Halden stand auf. „Gute Nacht, Thalmüller, ich spreche bald wieder bei Ihnen vor — grüßen Sie Ihr Kind." — Der Müller schaute ihm nach und machte sich seine Gedanken, ob Graf Halden wohl so leutselig bleiben werde, wenn er der Gemahl der Baron,n Freihem sei, welche von den Leuten so stolz und hoch fahrend geheißen werde, während er ganz in die Fuß- stapsen seiner überall beliebten Aeltern getreten sei. Mit dem Ausdruck der Befriedigung in seinem ehr lichen Gesicht begab sich der Müller in die Mühle, während Graf Heinrich unterweg» mit Rosine noch zusammentraf. „Darf ich, da ich nun um Ihren Besuch in der Mühle gekommen bin, ein Stück Weg» mit Ihnen gehen?" fragte wirkich kindlich unbefangen Rosin,. „Sehr gern, wenn der Vater über Ihr längere» Au»bleiben nicht zürnen wird."
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