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Dresdner Journal : 13.04.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-04-13
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188204138
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18820413
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18820413
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1882
- Monat1882-04
- Tag1882-04-13
- Monat1882-04
- Jahr1882
- Titel
- Dresdner Journal : 13.04.1882
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M84. Donnerstag, den 13, April. 1882. ^dvovvwevlsprvtir Iw 4«ot,ek«» L«iek«: ^Liirlick: .... 18 Uartc. ^Mrlick: 4 L»rlc 50 ?k. Llnrvao« Nummern: lv?k. 4o„«rk»1d äei 6sat«et>«i» knicks, tritt?o,t- uoä 81ewpvlru»ettls^ tuom. iLseratenprelzvr kllr äsn Ii»uw eiosr xespaltsven ?stitreil« 20 ?5 Unter „Linssesünät" äis 2sils 50 kk. Lei '?»b«IIeo- uuä 2iSorvs»tr 50 H X^f,oül»^. krsedeloeQ: mit Xu«llkkms äsr 8oru>- unü Fersri»^» ^trenci» Ilir äsu tolASQ<teu 1^. Dns-ntrIoumal. 1a»er»t»okon,kiue «n«vkrt«r : F>. Lranctstettrr, O'oinr»i»»iooLr äe» Dresdner 6ourv»l»; 8»mdvrx Herlin-Vi,v l^lpn^ Hniel Dr„1»n rrnoktvrt ». U.: ^«A/rr, L«rlm-Vi»» S»o>biirU- Hi»q-1,«jp»lq-Hr»llkevre ». H. - Hüneke»: Ttu-i Herlin: /nr^ti6e»<üa»>z,' Hr»m«n: §cz/otte, Hreelen: L. StnnArn e Lureau sNnik Xa5at,^,- ^rnnktnrt ». ». r L ^arArr'eeke LuctibLoäluog; vürlltn: A/Ä/er,' Lnnnover: <7. StHüs^er, knrt» Herlin Hrnnktnrr » N.- Stottxnrr: DauL«<t 6o., NiodiuB- ^46. Ste»»»«v. Verantwortliche Redaction: Oberredacteur Rudolf Günther in Dresden. Ner»u«x«dvrr Lünial LLpeUition 6s« vreerioer lourvkl», Drsnäeo, ^Min^erntrnees Ho. SO. Amtlicher Theil. Dre-deu, 1. April. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, den bisherigen Stellver treter des Direktors der Strafanstalt Waldheim, Straf- anstaltSdirector Hauptmann a. D. Wilhelm Arthur Böhmer zum Direktor der LandeSanstalt Hohnstein zu ernennen. Dresden, 4. April. Se. Königliche Maje- stät haben Allergnädigst geruht, dem Finanzoberbuch- halter Julius Wilhelm Nagel Rang und Titel eines Finanzrathe» in der 4. Elaste der Hofrangordnung zu erlheilen. Se. Majestät der König haben dem Ladeplatzauf- seher Friedrich Traugott Goldbach in Pirna das AlbrechtSkreuz Allergnädigst zu verleihen geruht. Bekanntmachung. In nächster Zeit werden neue ReichStastenscheine zu fünfzig Mark auSgegeben werden, deren Beschreib bung wir in der Anlage zur öffentlichen Kenntniß bringen. ^Berlin, den 1. April 1882. Reich Sfch uld env e rw al tun g. Sydow. Hering. Merleker. Michelly. Befchreibung der aus Grund de« Gesetze» vom so. Upril 1874 (Reichs-Gesetzblatt S. 40) unlerm 10. Januar 188S neu auSgesertigten Retchskaffenschrine zu Fünfzig Mark. Die neuen Reichrkassenscheine zu Fünfzig Mark sind, IO Lentimeler hoch und 15 Leniimeter breit, in braunem Kupserstichdruck aus Hanspapier hergestellt, welche» mit senk rechten Rippen versehen ist und an dem einen Rande einen mit dunkelblauen Pflanzenfasern durchsetzten bläulichen Streifen enthält Der Streisen ist besonder» auf der Rückseite deutlich erkennbar. Die Schauseite zeigt in einem breiten, mit Blattgewinde verzierten Rahmen aus dunklem, au» Reichsadlern gebildetem Teppichmuster 1) recht» eine geflügelte weibliche Gestalt, aus einem Säulrnkapitäl sitzend, da» Haupt mit einem Eichen kranz geschmückt, in der linken Hand den Merkurstab, in der rechten eine Sanduhr haltend, zu Füßen um- geben von Sinnbildern de» Ackerbau» und Gewerb- fleiße»; S) in der Mitte einen an einem querliegenden Stabe befestigten Vorhang mit der Inschrift: Gesetz vom SO April 1874 Avnfjig Wark Berlin den 10. Januar 188S. Reichrschuldenverwaltnng. Sydow Hering Merleker Michelly und im Hintergründe die Zahl,LV ; S) link» einen mit dem deutschen Reich»wappen ge schmückten Schild. Der Rahmen enthält in seinem oberen Theile eine Tafel mit der Inschrift: „»«16888^888880861«" und in dem unteren Theile dir Strasandrohung: AVer LoietwdnEQssbsine oncüwndtt ocker ver- ttllsobt, ocker nueiigsinuobte ocker versLIsckt« Leiobslrusseosebeine vissentlick in Verdekr bringt, virck nneb HZ 14« bi» 14S cke» 8trnk- gesetrbuob» vom 15. 1871 b »trs.ft." Die Rückseite zeigt: 1) aus der größeren rechten Hälfte in einem Viereck ein stilisirte» Blattmuster mit der Zahl ,00' und einem flatternden Bande, welche» die rothgedruckte Werthbezeichnung „Fünfzig Mark" enthält; S) auf der kleineren linken Hälfte, ebensall» in Roth druck, oben Litera und Nummer de» Scheine», unten den aus den Seiten mit der Zahl „S0" und mit guillochirten Feldern umrahmten Au»scrtigung»stem- pel der Reichsschuldenverwaltung, welcher aus dem Reichsadler und der Umschrift „Loiobiaobulckenver- vattung" besteht. Berlin, den 1. April 188S. Reichsschuldenverwaltung. Sydow. Hering. Merleker. Michelly nichtamtlicher Theil. uebersich 1: Telegraphische Nachrichten. ZeitimgSschau. (Sicilia Eattolica. UnitL Eattolica.) TageSgeschichte. (Dresden. Berlin. Karlsruhe. Wien. Prag. Paris. Bern. Madrid. St. Petersburg. Belgrad. Kairo.) Dresdner Nachrichten. Proviazialnachrichten. (Leipzig. Wurzen. Mügeln. Penig. Zwickau. Olbernhau. Falkenstein. Bad- Elster. Auerbach. Lommatzsch. Zittau.) Vermischtes. Statistik und LolkSwirthscbaft. Feuilleton. Telegraphische WitteruvgSberichte. Inserate. TageSkalender. Beilage. Börsennachrichtev. Telegraphische Nachrichten. B reSlau, DienStag, 11. April, AbendS. (W. T. B.) Die Consecration deS Fürstbischofs von BreSlau wird, der „Schlesischen Volkszeitung" zufolge, durch den Bischof Krementz von Erme- land vollzogen werden. AlS Lpiseopi »»«istont«» werden der hiesige Weihbischof Gleich und der Aeldbischof NamSzanowSki fungiren. Wien, DienStag, 11. April, AbendS. (W. T. B.) Der Kaiser stattete heute Mittag den hier eingetroffenen Prinzen Luitpold, Arnulf und Lud wig von Bayern, sowie der Prinzessin Therese von Bayern Besuche ab. Zm Laufe deS TageS erhielten die fürstlichen Gaste (welche sich anläßlich der Vermählung deS Prinzen Arnulf mit der Prin zessin Therese von Liechtenstein hierher begeben haben) die Besuche deS Kronprinzen und der Kronprin zessin, sowie der übrigen Mitglieder des kaiserlichen HauseS. Triest, DienStag, 11. April, AbendS. (Lorr.- Bur.) Der KriegSdampfer „Gargnavo" brachte 50 Verwundete und Kranke auS Dalmatien. Die Damen deS Ausschusses deS Triester „patriotischen ArauevhilfSvereinS" reichten ihnen bei der Aus schiffung Labemittel und Cigarren, worauf die TranSportirung der Nichtmarschfähigen mittelst Sanitätswagen oder der Näderbahren deS Vereins ins Spital erfolgte, wobei Veteranen asfistirtev. Rom, DienStag, 11. April, AbendS. (W. T. B.) Der König von Württemberg ist heute Nach mittag von Florenz hier eingetroffen und am Bahnhofe von dem König Humbert und dem Palastpräfecten begrüßt worden. Der Prinz Hein- rich von Preußen stattete dem Könige noch heute Nachmittag einen Besuch ab. Dublin, Mittwoch, 12. April. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Der wegen Verdachts, an der aufrührerischen Bewegung sich betheiligt zu haben, verhaftete amerikanische Bürger White ist gestern auf freien Fuß gesetzt worden. Kairo, DienStag, 11. April, AbendS. (W. T. B.) Die Zahl der wegen der Verschwörung gegen Arabi Bey verhafteten Offiziere (vgl. die .TageSgeschichte-) beträgt 16; daS Motiv für die Verschwörung ist, dem Anscheine nach, in dem Richtavaucemeut der Offiziere zu suchen. Dresden, 12. April. DaS 600jährige Erinnerungsfest an diesici- lianische Vesper, durch welche Sicilien sich von der französischen Herrschaft befreite, um unter die spanische zu kommen, ist zwar ohne die von der italienischen Regierung befürchteten Demonstrationen gegen Frank reich und ohne Ruhestörungen vorübergegangen. Den noch lohnt es sich, auf die Jubiläumsfeier jener grauen haften Schlächterei, der am 30. März 1282 über 24 000 Franzosen zum Opser fielen, noch einmal zurück zukommen. ES muß befremden, daß die Sicilianer, in deren Adern ein „Tropfen afrikanischen Blutes* fließt und die sich bisher durch ihre ganze Haltung, durch daS anhaltende Bngantaggio, sowie durch ihre Depu- tirten als nicht sonderlich begeistert für das verjüngte Italien erwiesen, mit so großem Pomp ein patrioti sches Fest inscenirt haben. Mehr, als eine BeSper- feier hat man freilich, wie die aus Palermo vorliegen den Berichte ergeben, eine Garibaldifeier begangen. Statt der Franzosen hat man dabei den Vatikan als Blitzableiter benutzt. Wer noch den Brief Garibaldi'» an Leon Taxil, der 14 Tage vor dem Jubiläum er schien, im Geoächtniß hat, begreift eS kaum, wie Gari baldi in seinen späteren schriftlichen Kundgebungen, in fernen Proklamationen an die Einwohner von Messina und Palermo die Franzosen nicht mit einem einzigen Worte erwähnt, dagegen mit Berselkerwuth über den Papst herfällt. Nun, das ist auch ein Mittel, um sich auS einer Verlegenheit zu ziehen. Die Massen sind in Italien gefügig; hätte man sie gegen die Franzosen gehetzt, so hätte es Eonflicte gegeben. Der Papst ist aber weit weg von Palermo, und da die Regierung jede officielle Therlnahme an den Festlichkeiten ver weigert hatte, so dürfte sie auch in diesem Punkte jede Verantwortlichkeit ablehnen. Schaut man zurück auf die letzten Monate vor der VeSperfeier, und bedenkt man, nut welchen Angriffen aus Frankreich daS Publi kum in der Presse über den Eharakter derselben auf geklärt wurde, so ist man geradezu überrascht von der Taschenspielerkunst, mit der man die Feier plötzlich auf ein ganz andere- Terrain hinüberzuspielen verstand. Man hat dazu allerdings alle möglichen Kunststücke und Kniffe angewendet. Zwischen dem französischen Vertreter in Rom und dem Minister Mancini hatten unstreitig Erörterungen über die Gefahren stattgefun den, welche jeder Exceß m Palermo mit sich bringen könnte. Und da Italien ebenso wenig wie Frankreich zu einem ernsten Conflict bereit ist, so hatte Italien sicher beruhigende Erklärungen abgegeben, welche von den Thatsachen auch nicht widerlegt wurden. AuS diesem Umstande auf eine Besserung der Beziehungen zwischen den beiden Ländern schließen zu wollen, wäre jedoch ein Jrrthum. Italien hat die Feier ruhig abgehalten, trotz der drohenden und poltern den Sprache eine» großen Theiles der französischen Presse. Frankreich muß damit zufrieden sein, daß die italienische Regierung als solche nicht an der Ves perfeier Theil nahm. Aber wie dieselbe dabei die Hand dennoch rm Spiel hatte, zeigt die Absendung von 5 Kriegsschiffen nach Palermo, di« Verdoppelung der Garnison in der Hauptstadt von Sicilien, wo der General Pallavicini, welcher bei Aspromonte Garibaldi besiegte und gefangen nahm, den Befehl führt. Die Hauptsache war, daß man diesem General den Befehl über die Truppen überließ und Erlspi, dessen Einfluß in Palermo ein unbegrenzter ist, als geheimen Leiter deS ganzen Feste» zu gewinnen wußte. Dadurch kam man jeder Ruhestörung seiten der Radicalrn zuvor, weil EriSpi, seitdem er sich von den Republikanern losgejagt, Ruhestörungen unter allen Umständen in Palermo verhindert haben würde. Solche Missionen sind höchst sonderbar, aber in Italien kommen sie nun einmal vor. Der General Pallavicini selbst, welcher, wie schon bemerkt, Garibaldi in Aspromonte gefangen nahm, erbat sich klugerweise nach de- körperlich und geistig völlig reducirten ExgeneralS Ankunft sofort eine Audienz, welche ihm auch gewährt wurde. Alle Red ner waren mit EriSpi und der Regierung darüber einig geworden, die VeSperfeier unter keiner Bedingung in einen Conflict mit Frankreich auSarten zu taffen. So ist eS möglich geworden, daß die jetzt wieder unter der Leitung Gambetta'» stehende „Republique sran- ^aise* der Feier der sicilianischen Vesper einen Artikel widmet, welcher den antifranzösischen Eharakter jener Festlichkeit möglichst vertuscht, dagegen die Dankbarkeit und Sympathie betont, welche Italien seit 1859 trotz Allem für Frankreich bewahrt haben müsse, und augen scheinlich die Mithilfe Italiens für die großen ZukunftS- pläne Gambctta'S zu gewinnen sucht. Man befolgte treulich daS LofungSwort, alle- grobe Geschütz der Be- redtsamkeit nur gegen den Papst aufzusahren. Da» Volk aber läßt sich am Gängelbande führen und ap- plaudirte. Garibaldi nennt in seinem PaSquill an die Pa- lermitaner den Papst „die Stütze aller Tyrannen, den Verderber (Lorruttor«: der Völker, den Patriarchen der Lüge, der m der Villeggiatur am rechten Tibeiufer seine schwarzen Schaaren zur Verfälschung de» fast schon gewonnenen allgemeinen Stimmrecht» aussendet.* In einer Unterredung mit EriSpi beklagte er lebhaft, daß die Regierung nicht den Muth habe, Rom voll ständig zu säcularisiren. Zu dem mttanwesenden Pro fessor de Luca sagte er: „Ihr Jüngeren müßt noch energischer gegen daS Papstthum kämpfen, den ewigen Feind Italien».* Die Festrede Ke» Senator» Perez griff ebenfalls in ihren Betrachtungen über die sicili- anische VeSper wesentlich daS Papstthum an und fälschte die Geschichte um die Leidenschaften de» Volke» gegen den Papst aufzureizen. Am Tage nach dem Blutdade, vor 600 Jahren wählte sich da- Volk von Palermo den Ruggero Mastrangelo zum Oberhaupte; dieser ge stand öffentlich, daß man sich durch den Zorn zu weit habe Hinreißen lassen, und auf seinen Rath beschloß die Volksverlammlung, unter der Autorität de» Papste» und unter dem Banner der römischen Kirche sich al» Gemeinde zu constituiren. Dasselbe geschah zu Messina und an den übrigen Orten, und während der 5 Mo nate bis zur Besitzergreifung PeterS von Arragonien stand also Sicilien freiwillig unter der Autorität de» päpstlichen Stuhle-. Die zu Palermo erscheinende Zeitung „Sicilia Eattolica* fertigt die beiden Proclamationen, in welchen Garibaldi seinen Geifer gegen den Papst aut- spntzt und zur „Emancipatlon der Intelligenz* auf ruft, folgendermaßen ab: „DaS atheistische Sicilien, welches nach Rom gehen und dem Papstthum den GarauS machen soll, existirt überhaupt nicht. Allbe kannt ist, wie die Garibaldi'jchen Jünglinge nach der Schlacht am Volturno auf dem Todesbette nur nach einem katholiichen Priester riesen und die apostasitten gänzlich abwiesen. Weiß Garibaldi nicht, daß alle die Mitglieder der Tausend, die schon gestorben sind, sich mit der Kirche auSzusöhnen verlangten und sich an die Diener der Religion wendeten? Seit 19 Jahr hunderten ist Sicilien katholisch, apostolisch und römisch gewesen; e- ist da- auch heute noch, und in den langen Jahrhunderten hat Niemand so schmachvolle Worte an seine Bewohner zur richten gewagt. Unsere Väter haben, als sie am 1. April 1282 neben dem Adler von Palermo die Schlüssel de» heiligen Petru» Feuilleton. Rtdigirt von Otto Bauck. Inga Sveudsou. Novelle von Otto Roquette. (Fortsetzung.) So wurden die Frauen eine- Tage- von Herrn v. Schellborn getroffen. Er war heiter und angeregt, wie immer, wenn er da- Hau- betrat, und mittler weile kam die Rede auch auf Roderich, und zwar nannte Paul ihn bei seinem väterlichen Namen Ro derich Klingstein. Bi-Her war immer nur von dem Sohne oder dem Bruder die Rede gewesen, und wenn Inga auch wußte, daß derselbe ein Adoptivsohn de» Hause- sei, so war sie noch nie darauf gekommen, daß er einen andern Namen al- den der Fam lie tragen könnte Der Name Klingstein aber durchzuckte sie wie ein elektrischer Schlag; al» ob mit silbernem Hammer auf einen Zauberstein geschlagen würde, daß eine ganze geträumte L elt bei dem Widerhall plötzlich austauchte, so fühlte sie ihr Innerste« aufgeweckt, zugleich mit Freude und Schreck. Die Mutter erkannte den Zug der Ueberraschung in dem Gesicht de» Mädchen- und sagte erklärend: „Unser lieber Pfiegesohn hat den Namen seiner Aeltern beibehalten. E- ist glaub- lich, daß Eie ihn iu der kurzen Zeit Ihre- Hier- sein» noch nicht gehört haben * Und dann zu Paul Schellborn gewendet, fuhr sie fort: „Haben sie schon die Photographie gesehen, die der Vagabund un» im Frühjahr gesendet hat?* Konradine zog ein Schub ¬ fach, in welchem sie allerlei kleine Schätze zu bewahren pflegte, und reichte dem Gaste daS Bild. Er lachte, fand eS vortrefflich und gab e- an Inga weiter. Ihre Hand zitterte, al» sie da» Blatt empfing, ein Schauer überrieselte sie bei dem Anblick de» „Vagabunden", wie die Mutter ihn genannt hatte. Ja, jal Diese» Gesicht und diese Gestalt kannte Inga! Feingeschnit- tene, geistvolle Züge; klare, tiefblickende Augen; ein schlanker, hoher, vornehmer Körperbau. Er trug einen breitkrämplgen Filzhut mit einem Tannenzweige, da» Ränzel auf dem Rücken, die Botamsirbüchse über der Schulter, den Stab in der Hand und die Kleidung so wenig elegant, al- eine Fußreise sie beansprucht oder gar zurichtet. Inga nahm ihre ganze Fassung zusammen, und ohne aufzublicken, gab sie das Bild Konradinen zurück. Sobald die erste Möglichkeit sich bot, daS Zimmer zu verlassen, eilte sie in ihr Gemach, schob den Riegel vor und warf sich, von einem Sturm der Empfindungen ergriffen, in einen Sessel. Ein grelle» Licht flog ihr mit entsetzlicher Klarheit über die Lage, in der sie sich befand. Der Mann, dessen Bild »m Stillsten ihrer Seele lebte, fern, unnahbar, den sie wie eine Gottheit anbetete, der war auch der Geliebte, war so gut wie der Verlobte der Tochter de» Hause-1 Seine Ankunft erwartete man. Wie sollte sie seine Gegenwart ertragen? Wie dem Hause ent fliehen, da- ihr gastliche, ja liebevolle Aufnahme ge mährte? Sie schlug die Hände vor da- Gesicht, al» wollte sie nichts von Dem s-hen, was da vor ihr auf stieg, aber ihre Erinnerung führte sie zurück in einige glückliche Tage, die für ihr innere» Dasein bestimmend gewesen waren. Al» sie vor etwa fünf Monaten mit ihrem Bruder den Wohnort der verstorbenen Mutter verlassen hatte, um ihrem bestimmten Ziele entgegenzureisen, wurde Rolf im Angesicht der herrlichen Gegend, welche sie im Fluge durchfuhren, von einem unwiderstehlichen Drange ergriffen, dieselbe mit mehr Genuß auf fröh licher Wanderung zu durchmessen. Die Baarschast ward gemustert, und nach genauer Berechnung stellte sich ein Ueberschuß heraus, mit welchem man getrost acht Tage lang zu Fuß in den Bergen umhtrstre.sen konnte, vor ausgesetzt, daß jeder Aufwand dabei vermieden würde. Rolf jubelte auf, und Inga, um seine Freude nicht zu stören, überdies gewöhnt, sich zu fügen, willigte ein. Den Koffer schickte man voraus, und mit leichtem Ge päck begann die Wanderung. Auch Inga wurde schon nach den ersten Stunden durch die ihr noch unbekannte Freude ergriffen, ganz ungebunden durch den Wald zu schweifen, die Vögel singen zu hören und die köstliche Berglust zu athmen. Es war noch auf der ersten Tagwanderung, aiL die Geschwister am Wald wege auSruhten und ihre frugale Mahlzeit hielten, welche sie für unterwegs mitgenommen hatten. Da kam, ein Liedchen pfeifend, ein junger Mann die gleiche Straße gegangen. Mit halbem Gruß faßte er an seinen Hut und wollte voi übergehen; aber er schien sich schnell zu bedenken, blieb stehen und fragte artig, ob e» gestattet sei, den Schalten zu theilen? Rolf, gleich zur Geselligkeit gestimmt, lud ihn ein, Platz zu nehmen. Der Wanderer, welcher zwei ordentlich ge kleidete, junge Leute vor sich sah, den Jüngling von offener und angenehmer Gesichi»bildung, daS Mädchen von überraschender Schönheit, fühlte sich gefesselt und begann ein Gespräch im Tone der guten Gesellschaft, wie e» sich unter Fremden, die einander begegnen, gerade bot. Inga mischte sich kaum darein, ihr Bruder aber redete desto unbefangener, erzählte, daß sie Geschwister seien, und verrieih ohne Umstände den Wanderplan sür die nächsten Tage. Der Fremde stellte sich ebenfalls vor, und zwar als Natursoi scher namens Klingstein; den Dociortitel ließ er taktvoll bei Seite. Die drei jungen Leute brachen endlich ge meinsam auf und schritten fürder. Sie kamen in die fröhlichste Stimmung, und bald sangen sie — wenig stens zwei von ihnen —, daß der Wald widerhallte. Und es war Frühling, wundervoller Frühling. Die Buchen standen in jungem Grün, der Rasen war be deckt mit Anemonen, und die Sonnenstrahlen riefeu überall neues Leben zu Tage. Hatte Inga Furcht gehabt vor dem plötzlichen Anschluß de- Dritten, der eben mitging, als könne e- gar nicht ander sein, so sühlte auch sie sich jetzt freudig belebt und e» überrieselte sie ein holder Schauer, wenn sie den Wanderer singen hörte, wenn seine und ihre Augen sich trafen, oder wenn er sie freundlich anredete. Schien er auch ganz unbefangen, so lag doch etwa» Ueberlegene» in seinem Wesen. Er war der Aeltere und wußte viel von der Naiur und ihren Geheim nissen zu erzählen, dem da- Mädchen wie einer Offen barung lauschte. — Als sie endlich ein Nachtquartier aussuchten, hielt Klingstein in demselben Wirth-Hause Einkehr, und Rolf hielt e- schon sür selbstverständlich, daß sie den Abend beisammen blieben. Hier ent wickelte er dtm neuen Kameraden da» Vorhaben für die nächsten Tage, und Klingstein gestand, daß er die selben Wege zu gehen habe oder auch sich zu der gleichen Wanderung einnchten könne, wenn nämlich die junge Dame gegen seinen fernern Anschluß nicht»
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