Delete Search...
Dresdner Journal : 05.02.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-02-05
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188402055
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18840205
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18840205
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1884
- Monat1884-02
- Tag1884-02-05
- Monat1884-02
- Jahr1884
- Titel
- Dresdner Journal : 05.02.1884
- Autor
- Links
-
Downloads
- Download single page (JPG)
-
Fulltext page (XML)
der zu einer Anzahl, ihrer Lage nach sehr günstigen Baustellen mit entsprechendem Hofraume verwerthet werden kann und soll. Hierdurch ergiebt sich von selbst ein Straßenzug, der in ansehnlicher Breite vom Zeughausplatze durch den Zeughof nach dem obgedachten Platze von dem Terrasfenaufgange und weiter längs der Nordseile des Polizelgebäudes nach dem Platze an der Frauenkirche führt. Doch wird das Stück dieses Straßenzuges, welches zunächst dem Platze an der Frauenkirche liegt, erst nach einer Verlegung der Münze freigelegt, her gestellt nnd bebaut werden können. Diese Straßen anlagen dürsten als vortheilhaft für den betreffenden Stadttheil anzuerkennen sein. Der Ausgleich mit der königl. Civilliste wegen deS Onkö r^ule würde in der Weise erfolgen, daß als Ersatz für dieses abzutragende Bauwerk der Civilliste das unter Wegfall des Obergeschosses für den gleichen Zweck umzubauende bisherige Akademiegebäude über wiesen würde. Nach Beendigung und Ingebrauchnahme der neuen Akademiegebäudes wird übrigens das Ateliergrundstück an der Pillnitzer- und Circusstraße entbehrlich und kann voraussichtlich veräußert werden. Dieses Grund stück bringt jährlich einen Ertrag, welcher einem Ca- pttalwerthe von rund 120<>M M. entspricht. Da dasselbe aber eine vortheilhafte Ausnutzung an Bau stellen an der CircuSstraße gestattet, würde daraus voraussichtlich ein weit höherer Lapitalbetrag zu er langen sein. der Hauptsumme von 2 783130 M. bei Titel 3 «Re ferent l)r. Stübel). In Verbindung hiermit empfiehlt die Kammer ebenfalls einstimmig und debattelos die Stufe finden würde. — Unter den Gesetzesvorlagen, welche in der bevorstehenden Session dem Reichstage zugehen werden, dürften diejenigen, welche feiten der Marineverwaltung eingebracht werden, eine hervor ragende Stelle einnehmen. Mit dem größten Elfer ist nian gegenwärtig in der Admiralität in dieser Be ziehung thatig, und fast alle Arbeiten sind schon so weit gediehen, daß sie binnen Kurzem dem Bundes- rathe zur Berathung zugehen werden. Alle Arbeiten sind unter der speciellen Leitung des Chefs der Admiralität, Generallieutenants v. Caprivi, ausgeführt. Außer den in Aussicht genommenen Gesetzesvorlagen wird dem Reichs tage auch eine Denkschrift zugehen, welche zum Theil als Motivirung der Gesetzesvorlagen gelten kann. Diese Denkschrift, von dem Chef der Admiralität versaßt, legt in eingehender Weise die bisherigen Ausführungen des Flottengründungsplanes vom Jahre 1873 dar, dessen planmäßige Durchführung nachgewiesen wird. Es wird ferner in dieser Denkschrift die Verwendung der zur Durchführung des Flottengründungsplanes be willigten Mittel nachgewiesen, woraus sich ergiebt, daß an diesem Fond Ersparungen von ca. 5» Millionen Mark gemacht worden sind. Endlich wird, wie wir hören, in der Denkschrift in ausführlicher Weise nach gewiesen, daß zur Sicherung der deutschen Macht in maritimer Beziehung der Flottengründungsplan von 1873 noch einer weitern Ausbildung bedürfe; dies mache sowohl eine Vermehrung des Flottenmaterials als auch des Flottenpersonals nothwendig. Die Ver mehrung des Flottenmaterials soll namentlich durch Vermehrung der Torpedoboote und des gesammten Torpedomaterials bewirkt werden, jedoch soll auch das Panzermaterial nicht zurückgesetzt, sondern innerhalb des Rahmens, welcher in dem Flottengründungsplan von 1873 aufgestellt wurde, zur Ausführung gelangen. Die Vermehrung des Personals dürste sich auf das Torpedocorps und das Matrosencorps erstrecken. Zur Durchführung aller dieser dringend gebotenen Forde rungen wird in der Denkschrift ein Betrag von 140 Millionen Mark gefordert. * Darmstadt, 2. Februar. In der Zweiten Kammer wurde heute das Expropriationsgesetz ange nommen. "Wien, 3. Februar. Der Budgetausschuß des Abgeordnetenhauses nahm heute eine Resolution an, in welcher die Regierung aufgefordert wird, dem Afrikareisenoen Holub eine ausgiebige Unterstützung zu gewähren und nöthigenfalls einen Nachtragscredit zu beantragen. Auf eine Anfrage erklärte der Minister präsident Graf Taaffe, er werde zur Beurtheilnng der von der Regierung beschlossenen Ausnahmemaßregeln in der nächsten Sitzung des Abgeordnetenhauses eine Erklärung abgeben Im Plenum wolle er sich Reserve auferlegen, einem eventuellen Ausschüsse gegenüber jedoch unter Voraussetzung der Diskretion nähere Mittheilunge» machen. Er wünsche vor Allem Be ruhigung der Bevölkerung, nicht aber die Beunruhigung derselben zu vernehmen. Mehrere Abgeordnete der Linken tadelten die Wiener Sicherheitszustände und be antragten Vermehrung der Wachmänner. Graf Taaffe versprach, einen NachtragScredit dafür einzubringen. Auf eine Beschwerde über das Bestreben einzelner Blätter, Mörder zu popularisiren, erwiderte Taaffe be dauernd, das Preßgesetz biete dagegen keine Handhabe. * Buda Pcst, 2. Februar. Das Amtsblatt publicirt ein königl. Handschreiben, durch welches Graf Julius Sz^chenyi au Stelle des verstorbenen Grafen Anton Szapüry zum ungarischen Oberstthürhüter ernannt rmrd. — Inder gestrigen Sitzung des Abgeordnetenhau ses begründete der Ministerpräsident v. Tisza ein- aebäude einen geräumigen, nach zwei Seiten mit Ein fahrten versehenen Hof umgeben. Weiter westlich folgen Arcaden, mittelst deren der Austritt der Ausgangstreppe an der Münzgasse über baut wird. Von dem nun folgenden bisherigen Akademiegebäude soll das Dach und Obergeschoß ab getragen werden, da- Erdgeschoß aber dazu dienen, das dahin zu verlegende Cafs, dessen Beibehaltung für das Publicum erwünscht ist und außerdem wegen der damit verbundenen Pachtgeldeinnahme von der betheiligten Verwaltung gewünscht werden muß, auf- zunehmen. Da» platte Dach mit einer Pergola würde der Benutzung des Publicum- freigegeben werden. Die äußere Gestaltung der fraglichen Baulichkeiten und die Raumeintheilung können nur durch die Zeich nungen anschaulich gemacht werden. Das ganze Pro- ject enthält aber zugleich wichtige Veränderungen in Bezug auf den Promenadenraum auf der Brühl'schen Terrasse und die Bestraßung des angrenzenden Stadt- IheileS. Der schmale Theil der Terrasse entlang der jetzigen AuSstellungsgebäudeS würde bis auf 16 resp. ca. 18 m, also ungefähr dieselbe Breite gebracht werden, welche die Terrasse gegenwärtig vor dem Akademiegebäude enthält; demnächst würde bei dem gleichzeitig beab sichtigten Umbau des Zeughauses der Zugang auf die Terrasse vom Moritzmonumeute und Zeughausplatze her breiter und schöner werden und demzufolge der jetzt daran betroffene Theil der Terrasse und der dasigen Anlagen eine wesentliche Verbesserung erfahren. Die niedrigen Gebäude im Zeugbofe werden abgetragen. Von dem Bauplatze für die Akademie und da» AuS- stellungSgebäude bleibt nach Süden hin Raum übrig, Kohlenbahnhofes nach der Glauchauer Straße betref fend, und die Petition von 11 Gemeinden, 4 Guts bezirken und 10 Privaten, Herstellung einer Fußweg unterführung nach der Station Neumark betreffend, der königl. Staatsregierung zur Kenntnißnahme. Nächste Sitzung Mittwoch, den 6. Februar, Vormittags 1 l Uhr. Die Zweite Kammer berieth das königl. Decret, betreffend die Erbauung mehrerer Secundärbahnen, bezüglich dessen die Finauzdeputation 8 Zustimmung kerungsschichten verbittert würben. Dadurch würde ein Quantum Gift jährlich in den Volkskörper geführt dessen Schädlichkeit zu klar zu Tage liege, um noch länger geduldet werden zu können. Wenn man gerade bei der Cäsur von l200 M. Bedenken hege, so möge man noch höher bis zur 5. und 6. Stufe hinaufgeheu; die Regierung werde hiergegen gewiß nichts einwenden und es um so lieber sehen, als damit die Unterschie bung, als wollte die Regierung die Leute aus der 3. und 4. Stufe heraus in Vie 5. und 6. bringen, gründ lichst widerlegt werde. Was die mehrfach betonte Noth der Commuuen betreffe, fo habe die Regierung in dieser Beziehung sich doch bereits oft genug klar geäußert. ES ist bekannt, daß sie die Absicht hat, königl. portugiesischen Geschäftsträger Baron von San Pedro eine Privataudienz. Dresden, 4. Februar. Beide Kämmern hielten heute Sitzung. Die Erste Kammer bewilligte in Anwesenheit des StaatSministerS Frhrn. v. Könneritz einstimmig ohne Debatte die Titel 33, « und K des außerordentlichen Staatshaushaltsetats mit 87 >00 M. für Herstellung der Plante zu dem projectirten Koh lenbahnhofe in Crimmitschau, mit 145 700 M. für Herstellung eine- dritten Gleises auf der Strecke Brunn-Neumark und eines UeberholungSgleises auf der Station Neumark, mit 747 040 M. für den Um bau des Bahnhofs in Waldheim, mit nachträglich postulirten 112000 M. zum Bau einer neuen Straße nach dem Bahnhof Waldheim, sowie die Einstellung zu allen von der Regierung vorgeschlagenen Eiseu bahnbauten beantragte und außerdem noch Bewilligung der Linien Stollberg-Zwönitz und Schönefeld-Schwarzen - berg nebst Zweigbahnen zur Ausführung in der näch sten Finanzperiode. Das erste Project, Geithain- Lausigk-Leipzig, veranlaßte eine mehrstündige Debatte, welche damit endete, daß die Regierungsvorlage mit 55 gegen 16 Stimmen angenommen wurde. Die Ausführung der Linie Potschappel - Wilsdruff wurde nach kurzer Discussion einstimmig genehmigt. Bei Schluß des Blattes (um 4 Uhr) beschäftigte sich die Kammer mit den obererzgebirgischen Bahnen. Dresden, 4. Februar. Vom Reichs-Gesetzblatt ist das 5. Stück des Jahres 1884 heute hier einge- roffen. Dasselbe enthält lediglich Nr. >.529) Be kanntmachung vom 31. Januar d. I-, die Einfuhr von Pflanzen und sonstigen Gegenständen des Gartenbaues betreffend. * Berlin, 2. Februar. Der BundeSrath hat in seiner Sitzung vom 3>. Januar d. I. Folgendes beschlossen: Bei der Einfuhr von Wein, sowie von Petroleum in zum Transport dieser Flüssigkeiten eigens eingerichteten Fahrzeugen ohne anderweitige un mittelbare Umschließung ist da» zollpflichtige Gewicht in der Weise zu ermitteln, daß zu dem Eigengewichte der Flüssigkeit bei Wein 17 Proc., bei Petroleum 25 Proc. dieser Gewichts zugeschlagen werden. — Die vereinigten Ausschüsse des BundesratheS für Zoll- und Steuerwesen und für Justizwesen, die vereinigten Ausschüsse desselben für Zoll- und Steuerwesen, für Handel und Verkehr und für Justizwesen, die ver einigten Ausschüsse für Zoll- und Steuerwesen und für Handel und Verkehr, sowie der Ausschuß für Zoll- und Steuerwesen hielten heute Sitzungen. — Se. Majestät der König hat die „Generalintendantur der Hofmusik" als besondere Behörde ausgehoben und die bezüglichen Functionen, wie dies bis >842 der Fall war, wieder mit der Generalintendantur der königl. Schauspiele vereinigt. — Aus der gestrigen Sitzung der Steuercommission sind besonders be- merkenSwerth die Erklärungen des StaatSministerS v. Scholz. Derselbe wie- darauf hin, daß es ein Jrrthum sei, anzunehmen, daß die Regierung die Grenze von 1000 M., so entgegenkommend dies auch gedacht sei, als befriedigend bezeichnen könne. Es sei ein Jrrthum, daß mit >000 M. die dritte Steuerstufe beseitigt sei; nur zwei Drittel der Steuerzahler werde herauSbleiben, da die Grenze bis zu >050 M ginge. ES sei ein fernerer Jrrthum, daß in der vierten Stufe die Durchschnittszahl der Executionen eine normale sei, vielmehr sei sie immer noch erheblich höher, als in den Stufen fünf bis zwölf. Das Bestreben der Regierung sei nicht darauf gerichtet, bestimmte Classen zu befreien — eine Classeneintheilung für Preußen fei heute nicht denkbar — man könne nur nach dem Einkommen gehen, und da fei nicht entscheidend, ob in der einen Stufe Leute vorkommen, die Steuern noch bezahlen könnten, sondern hauptsächlich, in wie erheblichem Um fange theils durch die Executionen, theilS schon durch den ohne Execution bestehenden Zwang ganze Bevöl dieser Noth gründlich zu steuern Allgemein sprach sich der Minister dahin aus, daß er trotz des An kämpfens hiergegen doch noch die Hoffnung hege, daß das Gesetz zu Stande kommen werde, und die Regie Petition der Stadtgemeinde Crimmitschau, Herstellung runa die Nachgiebigkeit des Hauses an ihrem unser eines Abfuhrwegs von der Nordostecke des neuen rückbaren Standpunkt der Beseitigung der 3. und 4. gehend die Zurücknahme deS Mischehegesetzes und sagte u. A.: Er habe aus einen Erfolg gehofft, habe sich getäuscht und gestehe dies jetzt ein Bon einer abermaligen Zurückscndling erwarte er keinen Erfolg, darum wünsche er urcht, daß der Gesetzentwurf zurückgesendet werde Er halte e» sür durchaus nü- thia. daß die Gemüther beruhigt werden, bevor diese Frage, in welcher Form immer, wieder aufs Tapet gebracht wird. Hätte die Regierung sich geweigert, dem Wunsche der Opposition, den schon vor Jahren eingereichten Gefetzentwurs bezüglich der Ehen zwischen Christen und Juden au« die Tagesordnung zu setzen zu entsprechen, so wäre sie gewiß dem Borwurfe begeg net, daß sie vor dieser oder jener Bewegung den Rückzug a»< trete, wie denn auch thatsächlich schon prophezeit wurde, die Regierung werde den Gesetzentwurf zurückziehrn, weil sie vor dem Antisemitismus, oder vor der latholischeu Agitation reti- rirt. Im Oberhaufe sagte er gleichfalls, daß die Ablehnung als eine Unterstützung der antisemitischen Standpunkte- auf- gesaßt werden würde, wie denn gestern auch wirklich im Hause schon verkündet wurde, daß durch das Votum des Oberhauses einer der Punkte des antisemitischen Programm» realisirt wor den ist. Was die zur Sprache gebrachte Resorm des Ober hauses betrifst, so sei dieselbe schon in der letzten Thronrede als Programmpuukt bezeichnet gewesen, und wurde der schon fertige bezügliche Gesetzentwurf bisher nur aus dem Grunde nicht eingereicht, weil das Oberhaus aus dem ungarisch-staat lichen Gesichtspunkte so gestcUt werden muß, um darin unter gewissen Bedingungen denselben Factoren, aus welchen die Magnateniasrl bisher bestand, einen bedeutenden Einfluß zu sichern. Dies sei aber nur unter solchen Verhältnissen möglich, wenn zwischen beiden Häusern keinerlei Entsremdung Platz greise. Tritt die Beruhigung der Gemüther in beiden Häusern ein, fo werde er den Gesetzentwurf noch in dieser Session vorlegen, andernsalls nicht. Betreffs der Jndigenen werde die Regelung in der Weise durchzuführen fein, daß solchen, die im Lande nicht begütert oder Mitglieder eines andern gesetzgebenden Körpers sind, hier kein Stimmrecht eingeräumt werde. Paris, 2. Februar. Im Senat erlitt die Regierung heute eine Niederlage, indem nach lebhafter, theilweise fogar stürmischer Debatte der vom Minister des Innern, Waldeck Rousseau, warm vertheidigte Art 5 der Vorlage über die rechtliche Stellung der Arbeiterfachvereine, welcher allen Gewerkvcreinen (Syndikaten) die Bildung einer nationalen Föderation und eines Centralverbandsausschusses gestattet, mit 136 gegen 1 l 7 Stimmen verworfen wurde. Waldeck-Rousseau hatte Allou, der die Freiheit, „einen Staat im Staate" zu bilden, bekämpfte, vorgeworfen, die Arbeiter excom- municiren und ihnen statt des Rechts und der Freiheit nur eine Duldung gewähren zu wollen, wogegen die Rechte und ein Theil der Linken heftig protestirte. — Ln der Deputirtenkammer wurde heute die Be rathung der Interpellation Langlois über die Arbeiterfrage und die Geschäftskrijis beendet. Vor gestern (Donnerstag) hatte der Ministerpräsident Ferry seine Auseinandersetzungen fortgesetzt und die bisherigen Redner in dieser Angelegenheit mit den Aerzten am Krankenbette verglichen, von Denen keiner Rath wisse, als Langlois, der ein Recept anfschreibe, worüber seine College» die Achseln zuckten. Der Staat, sagte Ferry, treibe keine Krankencuren, sondern nur Gesundheits pflege der Gesellschaft; in 2o Jahren werde, wie man hoffen dürfe, vieles bester sein, aber das gelobte Land werde allen Menschengeschlechtern eine Sehnsucht bleiben. Nach dem Ministerpräsidenten sprach noch Clemenceau, der die Lage in sehr düsteren Farben schilderte und schließlich d.n Ausspruch that, daß die Republik, die erst seit 6 Jahren factisch bestehe, ge wisse Enttäuschungen hervorgebracht habe, an denen sie zu Grunde gehen könne. Dem müsse abgeholfen werden; denn mit der Republik würde auch Frankreich zu Grunde gehen In der heutigen Sitzung nahm zunächst das Wort Hugot. Ihm zufolge wird die Krisis sehr übertrieben und kann nicht durch socialistifche Experimente, Nationalwerk stätten u. f. w. beseitigt werden, sondern durch die Entfernung der Arbeiter und Fabriken aus Paris nach der Provinz Für diesen Zweck solle die Kommer reichliche Mittel zu Entschädi gungen bewilligen. Gleichzeitig müsse man den Ackerbau von Steuern entlasten. Germain (Director des Crödit Lyonnais) vertheidigt das vorgestern von Clömenceau angegriffene Monopol der Bank von Frankreich, das Allen zu Gute komme, billigen Credit sichere und 1870 den sranzösischen Handel vor dem Bankrott gerettet und der Regierung die Fortsetzung des Kampfes er möglicht habe. Desgleichen sei das Monopol des Credit soncier ein woyltbätiges. DaS Budget zu verinindern, wie Tlömeuceau verlange, sei unmöglich, da man weder an den 1350 Millionen der Staatsschuldzinsen und Tilgung, noch an den 350 der Steuererhebungstosten, noch an den 800 der Militär- oder Marineausgaben etwas streichen könne; ebenso wenig an den Unterrichtsausgaben Dann blieben aber nur noch 250 Mil lionen übrig, an denen man nach Ersparnissen suchen könne. Auch die 50 Millionen des Cultusbudgets dürften erst abge- schasft werden, wenn keine moralischen Leiden mehr zu trösten oder zu heilen seien. DaS einzige Praktische sei, das Budget nicht zu vergrößern; es zu vermindern sei eine Selbsttäuschung. Redner tade l die Einmischung de- Staates in die Bauspecu- lation. Lieber möge man den Arbeitern das Brod unter dem Preise verkaufe», aber die Jnitialive der Einzelnen frei lassen Der Staat solle nur diesen gen öffentlichen Arbeiten auSführen, welche die Industrie nicht leisten könne Die» sei allerdings Die Wandlung des Herzens. Novelle von H. S. Waldemar. (Fortsetzung.) Mit einem plötzlichen Gefühl der Reue fah Ika zu ihrem Verlobten auf. Wenn sie jetzt mit ihm allein gewesen wäre, sie hätte sich an seine Brust geworfen und ihm Alles bekannt — aber hatte sie ihm im Grunde denn etwas zu gestehen außer jener abend lichen Begegnung, an welcher sic kaum eine Schuld trug? Sie löste mit bebenden Fingern die Schleife von ihrem Gewände, und Rothen nahm sie mit ehr erbietiger Kniebeugung in Empfang und küßte die Hand, die sie ihm darreichte. Helene machte diesem Auftritte ein Ende. „Es ist Zeit, daß wir zurückkehren," sagte sie, „auch mir scheint jene Wolke nicht unbedenklich, und vergessen Sie nicht, Herr v. Rothen, daß Sie meiner Tochter etwas mitzubringen versprochen haben." „Und muß ich das wirklich thun?" fragte er leicht fertig. „Sonderbare Frage, ob Sie ein Verfprechen halten müssen!" — Eine halbe Stunde später empfing Valeska mit freudigem Erröthen einen Strauß frischer Waldblumen aus Alexander'- Hand, und al- sie überrascht ein paar Dankesworte stammelte, erschien sie ihm gar nicht mehr so unschön, wie vordem. Unterdessen hatte sich der Himmel schnell verfinstert, und die Besitzer der Mühle warnten vor dem be schleunigten Nachhausefahren, zu welchem Helene Lust zeigte. So beschloß man denn nach kurzer Be» rothung, da» Gewitter, welche» schnell heraufzog, in bei den Pariser Verkehrsmitteln möglicherweise der Fall Der Gemeinberath hätte hier längst da» Nothwendige thun müßen. Bischof Freppel: Weder die Gegenseitigkeit, noch die Be »Heiligung der Arbeiter am Gewinn, noch die Freiheit, noch der Unterricht bieten eine Lösung der Frage, ebenso wenig die Wiederherstellung der Zünfte. E» ist der Beistand einer sitt lichen Macht nolhwendig, der Religion. Nur in ihr findet der Arbeiter, wie der Arbeitgeber die Gefühle der Gerechtigkeit und Barmherzigkeit. Vertreibt man sie aut der schule und dem Spital, fo wird man au» dem Arbeiter einen Aufständischen, einen Soldaten de» socialen Kriege» machen Die Republik befindet sich auf einem Irrwege: die einzige Lösung liegt in der Religion Langloi- entwickelt noch ein Mal seine proudhonistischen Theorien und bekämpft sowohl da- Zunftwesen, da- unmöglich geworden sei, al» die freie Loncurrenz, die die Arbeiter ver nichte Beiden feien noch immer Monopole vorzuziehen. Der letzte Redner, Llovi« Hugue», erkannte an, daß der Minister Ferry viel zur Hebung de» Volksunterricht» gethan habe, aber die Schule liefere dem Arbeiter nicht die Mittel, fein Brod zu verdienen; sie lüfe die sociale Frage nicht Ta- Buch ersetze da- ruhende Werkzeug nicht, aber durch die Blätter deS Buches ziehe der Hauch der Revolution, die siegen werde. Die GeschästskrisiS existire in Pari» und der Provinz seitdem die Handelsverträge dir Einfuhr erhöht und die AuSluhr ver mindert hätten. Nach Hrn. Löon Say brauche der Arbeiter nur zu sparen; er möchte aber wißen, wie eS Hr Say anstelle» wollte, wenn er Arbeiter in Belleville wäre und 4 Frc» üo L. täglich verdiente? (Unterbrechungen) Redner rechnet nun die einzelnen Lebensbedürfnisse und Ausgaben einer Arbeitersamilie aus, um darzuthun, daß eS unmöglich sei, Ersparnisse zu machen. Die Redner der Volksversammlungen verständen eben oft die socialen Fragen beßer, als die Minister. UebrigenS träume man in diesen Versammlungen nicht mehr von Barricaden, sondern verlange Gesetze, die den Arbeiter beschützten. Die Bourgeoisie sei eS, die gewaltthätig und grausam austrete, die einen neuen Feudalismus gebildet habe, den der Arbeiter heute zu expropriiren berechtigt sei, wie die Bourgeoisie einst den früheren Man schreitet nun zur Abstimmung über die ver schiedenen Tagesordnungen und Resolutionen. Der Premierminister Ferry erklärt, die Regierung schließe sich der von Rouvier und Roger, den Vorsitzenden der „republikanischen Union" und der „demokratischen Union", eingebrachten Tagesordnung an; dieselbe lautet: „Die Kammer, entschloßen, das von ihr unternommene Werk der Reformen weiter zu verfolgen und die Prüfung aller auf die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in Frank reich abzielenden Anträge sortzusetzen, geht zur Tagesordnung über.' Lerois bemerkt, diese Tagesordnung richte sich nicht an die Regierung, wie üblich, sondern an die Kammer selbst, welche dieser Ermahnung nicht bedürfe. Lockroy bezeichnet diese Tagesordnung als einen ungenügenden Abschluß einer so langen Debatte und bringt eine neue Resolution ein, wonach ein Vierundvierziger- ausschuß mit der Sichtung der auf die wirthschaftliche Frage Bezug habenden Vorlagen und mit einer En- quöte über die Arbeiterfrage zu betrauen sei. Die Kammer nimmt zunächst die Tagesordnung Rouvier- Roger an und bewilligt sodann sür die 3 auf Er nennung von Ausschüssen bezüglichen Anträge El« men- ceau, Maret und Lockroy die Dringlichkeit. Nachdem Ferry den Vorschlag auf Niedersevung eines socia len VierundvierzigerauSschusseS energisch bekämpft und Cl menceau denselben veriheidigt, wird über Clömen- ceau's Antrag zuerst abgestimmt und derselbe mit 2>4 gegen 249 Stimmen angenommen. (Große Bewegung.) Paris, 3. Februar. (Tel.) Rouher (welcher seit dem Tode Morny's bi» >870 allgemein der „Vice kaiser" hieß) ist heute Vormittags 9 Uhr gestorben. Derselbe befand sich seit gestern Nachmittags 4 Uhr in einem Starrkrampfe, und es erklärt sich dadurch das bereits gestern Nachmittag» verbreitete Gerücht von seinem Tode. Die Kaiserin Eugenie hat ein Bei leidstelegramm an die Gemahlin Rouher's gerichtet. Der Prinz Napoleon stattete dem Entschlafenen noch kurz vor seinem Tode einen Besuch ab. Rom, 3. Februar. (Tel.) In der gestrigen Sitzung der Deputirtenkammer begründete der De- putirte Bernini seine Interpellation, betreffend die Fischerei an den Küsten des adriatischen Meeres und die Ermordung des Fischers Padovani. Der Minister deS Auswärtigen, Mancini, erklärte, er sei in der angenehmen Lage, mittheilen zu können, daß die österreichische Regierung, dein Wunsche der Fischer von Cyiog- gm entsprechend, die Einsetzung einer österreichisch-italienischen Lommlsuo» zur möglichst raschen Regelung der Fijchereifrage vorgeschlagen habe. Der Botschafter Graf Ludolf habe ihm die Versicherung ertheill, daß die österreichische Regierung von dem aufrichtigsten Wunsche erfüllt fei, die Frage den zwischen den beiden Staaten bestehenden freundschaftlichen Beziehungen conform zu regeln. Wenn auch die österreichische Regierung nicht fo zuvorkommend wäre, so würde eS doch ein Jrrthum sein, in dieser Meinungsverschiedenheit Anzeichen einer ge- ringcrn Freundschaft zwifchcn Italien und Oesterreich zu er blicken, ganz so wie es ein Jrrthum wäre, die Beziehungen zwischen Oesterreich und Deutschland nach der Opposition und dem Widerstande bei den Verhandlungen über den deutsch- österreichischen H indelSvertrag zu beurtheilen. Der Minister glaubt, die Gesinnungen der große» Mehrheit der Italiener zu verdolmetschen, wenn er auch vom Standpunkte der italie« . der Mühle abzuwarten und den späten Abend, welcher Mondschein versprach, zur Abfahrt zu benutzen. ES brach ein Unwetter herein, wie sich weder Ika noch Valeska schon erlebt zu haben erinnern konnten. Die beiden Mädchen saßen zitternd in der engen Gast stube, Valeska verbarg ihr bei dem Schein der Blitze noch bleicher aussehendes Gesicht in dem Schooße der Großmutter, während Rothen ihr gutmüthig Trost zuzusprechen versuchte. Auch Ika bedeckte ihre Augen mit der Hand und zuckle krampfhaft bei jedem neuen der Schläge, die das kleine Gebäude in allen Fugen erschütterten. Werner, der mit nervöser Schwäche nur wenig Mitleid kannte, stand am Fenster und sah in da» Toben des Wetters hinau». Jetzt trat Helene zu ihm. „Die Luft in dem engen, heißen Gemache ist er drückend, finden Sie das nicht auch, Herr Regie- rungsrath?" sagte sie. Da» überhängende Dach hier an der Seite muß Schutz gewähren vor dem Regen, ich gehe hinaus." Üindegg folgte der Aufforderung, die zwischen den Worten lag, und zum ersten Male seit langen Jahren waren die Beiden allein. Die schlanke Gestalt der jungen Frau lehnte an der alten Breterwand und die dunkeln Augen blickten furchtlo» in da» Flammen der Blitze. Und doch war e» kein unwciblicheS Trotzen der Gefahr, kein Heraus fordern derselben, wa» in dem ruhigen Ausdruck de» schönen, stolzen Gesichts lag. Werner streifte e» mit seltfamem Blick, halb be wundernd, halb unmuthig.
- Current page (TXT)
- METS file (XML)
- IIIF manifest (JSON)
- Show double pages
- Thumbnail Preview