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Dresdner Journal : 10.08.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-08-10
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188408105
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18840810
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18840810
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1884
- Monat1884-08
- Tag1884-08-10
- Monat1884-08
- Jahr1884
- Titel
- Dresdner Journal : 10.08.1884
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»18«. L do »»««»»r I» »»»«» ILdrUod: .... 1, »»rd ^Mrlivd: 4 Hurd »0 kl. Lü»«1»« Uuuuusr»; 10 kl 4»««rd»id do» d«vd»vd«o L«ol»«» tritt kost- uud 8towp«I»u»c:d1»b dü»»a. luxrateoprel^, kür d«o kt»uio »i»«r ^«»p^Itouoo kotitroil» »0 kl. votor „LiLS««*odt" di« 2oit« »0 kl. Loi l^doU«»- m»d LiLoruiut, LV A Xokicdl»^. Sonntag, den 10. August. DreMerIournal. mit /iunuduva d«r Korm- uud k«j«rt«^« ^d«»d» Kr d«» lolgsvdsu 1^. Verantwortliche Redaction: Oberredacteur Rudolf Günther in Dresden. 1884 1»—«u»Mkr1»r F> Lra»d^«tt«r, OommimiooLr do» vroodoor douruul»; R«»d»rU I«rlM Vt« >»—l rnmkkmt «. F I«rU» -Vt«» Lm»d»r,. kiNU 1«tP«tr «. /iod »o««/ I«rU»: , Im««»: L Le^tott«, Nr«»!»«: L. Sta--«,'» L^rea- La-at^-, knuUckdrt ». » : L'. da«Ae^»eds ttuvdtumdiuug; SSrUt«: kd »M«r; N»»«vr: 6. Lckü«i«r, ?»rt» >«rU» Lr»»Il1drt ».- »r-tr^rt- Da-d«<» So , ^d. Lt«»«' ll « r » a » x « d « r r Uvuigl. Lrpoditioo de» l>r«do8r dourrud», Droodso, ^«iojsenitr»»»« Ho. SO Nichtamtlicher Theil. ««bersicht: Telegraphische Nachrichten. Zeitungsschau. (Neue Preußische Zeitung.) TagrSgeschichte. (Berlin. Weimar. Meiningen. Ostende. Paris. Versailles. Ragaz. Rom. Lon« don. St. Petersburg. Warschau.) Dresdner Nachrichten. Vermischtet. Statistik und Volkswirtdschaft. Feuilleton. Lagetkalruder. Inserate. Erste Beilage. Proviuzialuachrichten. (Leipzig. Annaberg.) UnglücksfLlle in der Provinz. Vermischtet. Statistik und Lolktwirthschaft. Eiagesavdtet. relegraphische Wittrruugtberichte. Inserate. Zweite Beilage. Börsennachrichten. Telegraphische Nachrichten. Meiningen, Souuabead, v. August. (Tel.d. Dretdn. Journ.) Der Landtag ist vertagt, nach dem dir Eisenbahn Ludwigstadt - Lehesten und der bezügliche Staattvertrag mit Bayern genehmigt worden ist. (Bgl. die „LageSgeschichte") Parit, Souuabrvd, v.August. (Tel.d.DreSdn. Journ.) Der König vou Schweden ist hier an- gekommen. Wir im Brrrichr drt Marsriller Militärbeiirkt ist nunmehr auch für die Militärbezirke vou Mout- prllier, Lyon uud Clermont die Abhaltung größe rer rruppenüdungen verböte». Brüssel, Freitag, 8. August. (W. T. B.) Die Kammer uahm heute dir Borlagr übrr Wieder- herstrlluug der diplomatischra Brziehungru zur päpstlichen Curie mit 73 gegen 44 Stimmen an. An den Zugängen zu dem Kammergebäude find dieselben polizeilichen Sichrrhrittmaßregeln wie gestern getroffen. Der Bürgermeister vou Brüssel hatte heute Morgen eine längere Besprechung mit dem Minister des Jauern. London, Freitag, 8. August, Abends. (W. T. B.) Im Unterhaust thrilte dtr UnterstaatS- secrttär dts Auswärtigen, Lord Fitzmaurice, mit, die Pforte habe erklärt, daß sie Schifft, welche vom schwarzen Meere nach dem Mittrlmerre gehend die Dardanellen ohne anzuhaltrn pasfirea, nicht branstaude uud auch den nach drin schwarzen Meere gthrndeu Schiffen, wrun fie aus England oder anderen nicht »nficirten Ländern kommen, keine Quarantäne aufrrlegr Loudon, Sonnabend, v. August. (Tel. d. Dresdn. JournJEiuer Ntuter'schen Meldung aus Shangai zufolge hat ein französisches Geschwader, brstthend aus 5 Kriegsschiffen, unter dem Commaudo des Admirals Lesptzs Kerluug bombardirt uud ge- uommeu. Dresden, 9. August. In Berlin wurde bereits seit einiger Zeit unter der Benennung „Verein zur Wahrung der wirth- schastlichen Interessen von Handel und Ge ¬ werbe" eine neue Interessengemeinschaft gebildet. Diese Bereinigung, welche die Deuychsrnsinnigen „Verein mit dem langen Namen" benannt haben, hat da- Geschick, auf liberaler, wie auf confervativer Seite eine abfällige Beurtheilung zu erfahren. Die Deutsch- freisiumgen und die Oppositionspresse glauben in ihm einen Hebel zur Förderung der beabsichtigten socialen Reformen zu sehen und bekämpfen darum den Verein, während die Centrumspresse, wie jüngst die „Germ ", in dem Verein, „der daS manchmal nur allzu selbst« ständige Herrschsüchtige Capital vertritt", eine Er scheinung erblickt, der gegenüber Zurückhaltung ge boten erscheint. „Wir Haden nichts dagegen, wenn diese Leute, wie alle anderen Stände mit der nöthigen Rücksichtnahme auf daS Ganze ihr Interesse geltend machen wollen; ob sie eS mit Fug und Maß, auf ge« radem Wege und ohne Mißbrauch ihrer materiellen Macht thun werden, bleibt abzuwarten." Ein freund liches Entgegenkommen fand der Verein dagegen bei der „Nordd. Allg. Ztg". „Handel und Industrie", sagt das Blatt, „waren bisher zurückhaltender, indem sie ihre Interessen schon durch die politischen Parteien vertreten zu sehen glaubten. Es scheint aber auch in diesen Kreisen die Enttäuschung nicht ausgeblieben zu sein, und so können wir es nur mit dem Ausdruck der Befriedigung anerkennen, wenn endlich von den her vorragendsten Vertretern des Kaufmannsstandes der Anfang gemacht wird, das wdte Gebiet der Politik zu verlassen und in das lebendige, fruchtbare der wirth- schaftlichen Interessen einzutreten." ES scheint angesichts dieser verschiedenen, dem Verein zu Theil gewordenen Aufnahme schwer zu sein, sich über die von ihm verfolgten Ziele ein Urtheil zu bilden. Vor Allem vermißten wir bisher eine ein gehendere Darlegung über die Persönlichkeiten Der jenigen, welchen er seine Entstehung verdankt und welche das Unternehmen gegenwärtig leiten. In dieser Beziehung bringt heute die „Neue Preußische Zeitung" einen orientirenden Artikel, dessen Ver fasser vor Allem sich bemüht, klar zu stellen, inwieweit von dem Verein und seinen Gründern eine Förde rung der Reichspolitik und der beabsichtigten so cialen Reform zu erwarten ist und inwieweit nicht. „Der „neu begründete Verein", sagt daS Blatt, „hat seinen Namen von dem seit Jahrzehnten in Wirksam- keit stehenden „Verein zur Wahrung der gemeinsamen Wirthschaftlichen Interessen in Rheinland - Westsalen" erhalten, der seinen Sitz in Düsseldorf hat und dessen Generalsecretär der bekannte Schutzzöllner H. A. Bück ist. Da Letzterer auch dem neuen Verein in hervor ragender Stellung angehört, so ist die Herleitung des „langen NamenS" von jenem alten Verein evident. Die in der neuen Association zusammengetretenen Kräfte lassen sich in 4 Gruppen theilen: 1) Die schutzzöllnerifchen Industriellen, repräjentirtdurch das Präsidium des „LentralverbandcS deutscher Indu strieller" Russel-Berlin, Haßler-Augsburg, Richter- Berlin und die Generalsekretäre Bück und Or. Rentzsch. Der bisherige Geschäftsführer des Centralverbandes, Regierungsrath a. D. Beutner, ist aus Gründen, die später werden erörtert werden, nicht mit in Activität gezogen. 2) Die freihändlerischen Industriellen, repräsentirt durch den Vorsitzenden des deutschen Han delstages, Lommerzienrath Delbrück, den Generalsecre- tär des deutschen HandelstageS, Cousul a. D. Annecke, den Lommerzienrath Heimendahl-Kreseld und Andere. 3) Die großen Privatversicherungsgesellschaften, repräsentirt durch Director G. Hartmann von der „Victoria zu Berlin", Chef einer Liga von 14 bis 15 eng verbundenen großen Versicherungsgesellschaften, die in allen ihr Geschäft betreffenden und den Erwerb „bedrohenden" Fragen große Rührigkeit entwickelt. 4) Endlich die eigentliche Börse, repräsentirt durch Rothschild, Bleichröder, Hansemann und Andere. Je doch aehören manche der Beigetretenen nicht einer Branche allein an, sondern da» Ganze greift wie ein großer Rattenkönig ineinander. Beispielsweise ist Russel al» Inhaber der DiScontogesellschaft Börsen mann, zugleich ist er Vorsitzender de» „Lentralver- bandeS", also Schutzzöllner, und endlich ist er als im VerwaltungSrath des „Nordstern" sitzend, auch Ber- sicherungSmann. Eine Eigenschaft ist jedoch den sämmt« Uchen Unterzeichnern eigen, und hierin liegt auch zu- ileich der Schwerpunkt der neuen Vereinigung: alle ind Großeapitalisten. Man braucht nun nicht gerade n die Geheimnisse de» neuen Bunde» eingewecht zu ein, vielmehr nur einfachen, gesunden Menschenver- Land und die Fähigkeit zu besitzen, logisch zu denken, um zu den nachfolgenden Schlüssen zu gelangen. Die Regierung entwickelt in neuerer Zeit, Gott sei Dank, sehr wertgehende socialreformerische Grund sätze und Pläne. Sie betritt den allein richtigen Weg, der Socialdemokratie ihren gesunden, wirthschaftlichen Kern, mehr oder weniger begrenzt, zu entnehmen und so dieser gefährlichen Partei die eigentliche Herzader zu unterbinden. Daß dabei in erster Linie da» mobile Capital in seiner Wucherung beschnitten und auf seinen legitimen Zweck, arbeit»erweckend und -belebend zu wirken, zurückgedrängt werden muß, daß die Bil- düng riesiger Vermögen, die in „verderblicher Frucht barkeit" immer weiter wuchern, erschwert, noch besser unmöglich gemacht werden muß — liegt auf der Hand. DaS wollen aber alle diese Herren nicht. Stark be reit» mit Capital versehen, wollen sie ganz im Gegen theil die Kräfte derselben aus da» Unbeschränkteste ausnutzen und es in thunlichst uagemessenster Pro gression vermehren. Ein Widerstand in dieser Rich tung ist somit der eigentliche Zweck de» neuen Ver ein», der also ein eminent antisocialer ist. DaS gegenseitige Bündniß ist dabei wie folgt stipulirt: Den Schutzzöllnern wird der 1878 angenommene autonome Tarif garantirt, wohingegen sie auf weitere Erhöhung der Schutzzölle verzichten. Den Freihändlern wird die Zusicherung zu Theil, daß die gefammte Industrie ge- schlossen den „agrarischen" Bestrebungen auf Erhöhung der Getreidezölle entgegentreten wird. Freihändlerische wie schutzzöllnerische Industrielle haben aber da» In teresse gemein, sich unisono gegen die geplante Al ter»- und Jnvalidenversorgung zu stemmen. Den Versicherungsmännern wird zugestanden, daß allen Ver staatlichungsbestrebungen der Regierung betreff» ihre» Geschäftszweiges geschlossen entgegen getreten wird. Die Börse endlich erhält die Zusicherung, daß da» Börsensteuerproject derartig zurechtgestutzt wird, daß e» auf ein rein siScalische» hinausläuft. Die Börse ist viel zu klug, um sich in dieser Beziehung vollständig ablehnend zu verhalten. Sie will sehr gern „bluten"; aber sie will den Aderlaß durch stärkeres Saugen an der breiten Masse des Volke» mit Nutzen und Ueberschuß auSgleichen. Sie will keine sociale Börsensteuer, die das „Geschäft" beschneidet und e» in seine natürlichen Grenzen zwingt. Zahlen kann und will sie gern. — Dieser vorstehend skrzzirte Pact ist vielleicht nicht gerade verbrieft und versiegelt wor den, aber daß er in r« vorliegt, ist für Den, der die Verhältnisse kennt, klar wie die Sonne. Seine Wirksam keit wird der neue Verein in allererster Linie bei den Wahlen bethätigen. Um die» wissen zu können, muß man darüber orientirt sein, in welcher energischen Weise der „Centralverband deutscher Industrieller" 1878 bei den Wahlen gewühlt und gewirkt hat. Da» Resultat war denn auch die Annahme de» autonomen Zolltarifs mit Zweidrittelmehrheit, ein Ergebniß, wel- che» noch 2 Jahre vorher niemand in Deutschland für möglich gehalten hätte. Ebenso kann man aus der Persönlichkeit der Macher mit unzweifelhafter Klarheit folgern, daß der ganze mächtige Gcldapparat für die Nationalliberalen arbeiten wird. Als der eigent ¬ liche Leiter und die entscheidende Spitze de» Vereins ist E. Ruffel anzusehen, wie derfelbe auch bereit» im Len- tralverbande die Entscheidung in der Hand hatte. E» ist die» eine lehr energische und prononcirte Persönlich keit, hannöverscher Nationalliberaler reinster Observanz, den Miquvl von seinem kleinen Bürgermeisterposten geholt und zu seinem Nachfolger in der DiSconto- gesellschaft gemacht hat. Er ist jedoch schärfer al» Miqusl, uud ohne dessen religiöse Objektivität. Durch ihn war die DiScontogesellschaft auch bereit» im„Len- tralverbande" zur maßgebendsten Stellung gekommen und hatte hier al» Hemmschuh gewirkt bei der Begut achtung, die der Centralverband über die socialen Pro- jecte der Regierung abgeben mußte. Bor einer schroffen und namentlich äußerlich hervortretenden Opposition gegen die Regierung wird der neue Verein sich hüten. Er weiß vom Centralverbande her, wie wichtig und nützlich die mächtige Hilfe de» Reichskanzler» ist. Auch finden sich ja mancherlei Berührungspunkte, in denen der Verein freudigen Herzen» für die Regierung »vir- ken kann: so die Dampfersubventionsvorlage und alle auf Colonisation und Vermehrung de» Exports gerich teten Bestrebungen. Hiervon aber abgesehen, wird der neue Verein, je mehr er äußerlich das gute Einver nehmen mit der Regierung wird aufrecht zu erhalten suchen, um so energischer durch geheime» Wühlen und Wirken die socialen Reformprojecte der Regierung lahmzulegen bestrebt sein. DiScontogesellschaft — und Socialresorml Die» sagt Alle»! Die Geschäftsführung de» neuen BereinS/wird in den Händen der Herren Bück, vr. Rentzsch und Lonsul a. D. Annecke liegen. Ersterer ist hiervon die bedeu tendste Arbeitskraft. l)r. Rentzsch ist ein kenntniß- reicher, aber sehr vorsichtiger Herr. Annecke war Consul und wollte Ministerresident in Japan werden; als man v. Eisendecher dorthin schickte, nahm er seinen Abschied. Den Regierungsrath a. D. Beutner, Geschäftsführer der Centralverbande-, hat man, wie bereits erwähnt, nicht mit in Action gezogen, weil er sich gegenüber der Regierung in seiner bisherigen Stellung zu entgegenkom mend verhalten hat. Die mehrfach ihm ertheilten Ordres, der Regierung namens de» Verbände» bei ihren socialen Projekten energischer Opposition zu machen, hatte er bisher gewandt umgangen, eS auch unterlassen, nach oben hin von der veränderten Strö mung im Centralverbande Kenntniß zu geben, viel mehr zwischen beiden Theilen lavirt und der Regierung gegenüber gewissermaßen garantirt, daß der Central- verband „verständig" bleiben werde. Jetzt sitzt er zwischen zwei Stühlen, wie das allzu geschickten Leuten, die e» mlt Niemandem verderben wollen, zuweilen zu geschehen pflegt. Von wirklich konservativen Unter schriften weist der Verein übrigens lediglich die Namen des geh. CommerzienrathS Schwarzkopf und deS Hrn. DeliuS-Bielefeld auf. Ob diese entschieden konservativ wie christlich gesinnten Männer dem Vereine auf die Dauer angehören werden, namentlich wenn sich die Ziele desselben erst etwas mehr in der Oeffentlichkeit entwickeln — muß billig bezweifelt werden. AuS der ganzen Lage folgt mit Lonsequenz, welche Gefahren eine Politik der Reichsregierung in sich bergen würde, welche die nationalltberale Partei künst lich wieder groß zöge. Diese Partei wird sich — wenn auch in concilianter Form — wie ein Blei gewicht an die Socialresorm hängen und jedes gründ- liche Vorgehen hintertreiben. Wie kann man auch von einer Partei, die von 1870 bis 78 die ganze stark antijociale Gesetzgebung in der Hauptsache geschaffen hat, verlangen, daß sie diese selbe Gesetzgebung nun mehr aus dem Fundamente revidiren soll? Und der Nationalliberalismus wird gestärkt aus den Wahlen hervorgehen, das kann mit Rücksicht auf den neuen Verein und seine Mittel und auf die lavirende Hal tung der Regierung keinem Zweifel unterliegen! Wir Feuilleton. Redlgirl von Otto Bau«». May Crocker. Roman von U. Lameron. Deutsch vou ». grenzet (Fortsetzung.) Er nahm die Hände seiner Schwester beschwörend in die seinen. „OI Alice, theile Du der Mutter mit, wie die Dinge stehen; ich wage es nicht, und gesagt muß es ihr doch werden." „Um Mama» Herz zu brechen?" rief Alice unge duldig. „Nein, so lange noch ein Schimmer von Hoff nung vorhanden ist, daß Du aus dieser Noth heraus kommst, nicht!" „Gieb diese Hoffnung auf, meine Ehre ist ver pfändet. Papa, ja, der konnte Einspruch erheben, und ich glaube auch, nachdem ich mit May ver lobt war, Rosie werde, als ein vernünftiges Mäd chen, sich selbst sagen, daß eine Verbindung zwischen uns Beiden für Beide nicht gut sei. Aber ich habe mich darin getäuscht. Zurückgeben wird sie mir mein Wort nicht, sondern eifrig darauf bestehen, daß ich e» erfülle. Es soll geschehen. Euch soll sie jedoch nie belästigen; denn ich werde nie vergessen, wa» Euch zukommt. Ich will England verlassen und mit Rosie irgendwo im Ausland« leben." „Harold, sprich nicht in so schrecklicher Weise, Du brichst mir da- He^!" rief Alice verzweifelt. „Ich sage Dir, Du wirst sie nicht heirathenl" „Ich muß. Ich kam» jetzt nicht »ehr ander», selbst wenn — wenn May zu mir zurückkehrte. Ver stoßen kann ich Rosie inchl!" „Aber sie könnte Verzicht leisten," antwortete seine Schwester. „DaS thut sie nie!" „Vielleicht," meinte Alice, und ein Gedanke schoß ihr durch den Kopf, „nicht ganz freiwillig, aber doch." „Kind, Du kennst sie nicht. Sie hat mein Wort schriftlich." „Aber wenn sie verzichten sollte — angenommen! — so würdest Du doch, glaube ich, keinen weitern Versuch machen, sie zu heirathen?" Gewiß nicht. Aber das ist Thorheit, Alice; ebenso wahrscheinlich könnte der Himmel ein Wunder für mich thun. Rosie hat einen eisernen Willen und sie liebt mich. Ihre Liebe ist da- einzige Gute und Beständige an ihr." „Ich glaube, ich kenne sie besser," antwortete Alice sinnend: und dann legte sie beide Arme um den Hals ihres Bruders und küßte ibn. „Lieber, guter Harold, verzweifle noch nicht. Vielleicht findet sich noch ein Weg, der zum glücklichen Ziele führt. Rein, — erklären kann ich Dir nicht, was ich denke. Ich bin mir selbst noch nicht klar darüber. Lasse mir etwa» Zeit und versprich mir, während derselben Dich weder um May noch um Rosie zu kümmern." Sie hielt ihm ihre Hand hin und er gab ihr die seiniae mit trüvem Lächeln. Die Stimme ihrer Mutter, die sie vom Hause her ries, unterbrach plötzlich ihre Unterredung, und Alice eilte, von Hoffnung erfüllt, leicht davon. Weun irgend Jemand ihn vou dem Loose er retten konnte, welche» er jetzt ebenso sehr fürchtete, als er eS einst — vor langer Zeit, in den Tagen seiner Thorheit — ersehnt hatte, so war eS Alice. Das sagte sich Harold; aber die Tage vergingen ereignißlos und nicht» verrieth, daß sie dazu Etwa» that. Sie war nur still und in Gedanken vertieft. Er beobachtete sie eifrig und einmal fragte er sie auch, aber sie legte den Finger an die Lippen und verweigerte ihm geheimmßuoll jede Antwort. „Warte," beschied sie ihn kurz, und Harold mußte sich fügen. Sie trieb nur immer zur Beschleunigung de» unvermeidlichen Ausbruche» der Familie von Dorrington. Einer ihrer vielen Freunde hatte ihnen wegen eines kleinen Hause- geschrieben, da- in einer benachbarten Grafschaft zu vermiethen war, und e» Lady Dorrington und ihren Töchtern als Aufenthalt für die Zukunft empfohlen. Alice reiste hin, um es anzusehen, und fand eS ganz geeignet. Sie sicherte eS sich deshalb auch gleich und brachte ihrer Mutter Abends, al» sie heimkehrte, den Miethvertrag zur Unterschrift mit. „Wa» geschehen muß, muß bald geschehen," sagte sie. „Je eher wir un» in die Noth wendigkeit fügen, die Heimath zu verlassen, desto besser ist es für nn» Alle." Bis das Häuschen völlig hergerichtet war, sollten Lady Dorrington und die beiden ältesten Töchter zu Verwandten gehen, während Alice bei ihrem Bruder bleiben und dem Makler bei der Aufnahme deS Inventars und der Sichtung all' der Sachen helfen wollte, welche zum Verkaufe gestellt werden sollten. Sobald Lady Dorrington abgereist war, wurde in der Time- und in den Localblättern anaezeigt, daß die Besitzung für eine lange Reihe von Jahren zu verpachten fei. Anzeigen dieser Art wurden auch im Dorfe und in ganz Wormington ange schlagen. Sie machten Harold herzkrank, wenn er sie sah- Bi» dahin hatte Alice mit der Ausführung ihres Planes gewartet. Jetzt hielt sie eines Tages Rück sprache mit Mr. Slowcome, ließ sich einige Papiere von ihm geben und erklärte Harold, daß sie für einen Tag verreisen müsse. Er sah sie erstaunt an. „Du willst verreisen, Alice? Wohin? Willst Du mich auch verlassen?" „Nur für einen Tag, Harold," antwortete sie. „Morgen kehre ich zmuck." „Wohin willst Du?" DaS wollte Alice nicht sagen und Harold fürchtete, durch Errathen vielleicht doch sich dloßzustrllen, obgleich er ahnte, wa» sie vor hatte. „E» ist umsonst;" sagte er nur, muthloS die Achsel juckend, und Alice antwortete: „Möglich ist eS!" und ging. 27. Kapitel. Ein« Entdeckung. In Llanwyn spannen sich die Tage in gewohnter Weise ab, und doch war in den Herzen Derjenigen, welche dort für uns Interesse haben, eine merkwürdige Wandlung vorgegangen. E» waren Wochen verflossen, seit Harold an der Gartenmauer „zum Löwen" von Rosie Abschied ge nommen und ihr versprochen hatte, sie werde bald von ihm hören; aber war nicht wieder nach Llanwyn ge-
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