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Dresdner Journal : 24.09.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-09-24
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188409244
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18840924
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18840924
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1884
- Monat1884-09
- Tag1884-09-24
- Monat1884-09
- Jahr1884
- Titel
- Dresdner Journal : 24.09.1884
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W T24? Mittwoch, den -L. September. IM s«ot»elt« L«ioL«: ILKrUoki.... 18 «^MirlloUr 4 LO kk. Lioislo» ^MLw«r»: 10 kk ^a—rluUd äs« cksutteü«, koivl»« tritt kost- u»ä LtoiopsIsllietilLjs tÜLia. I»ssr»t«»prvl»«, Vtlr äso kouw sioor KespLltsoeu kstitrsil« SO kk vntsr „Lü»sss»oät" äis 2«lls LV kk. 8« T»b«U8Q- iu»ä 2iNorL»»ts LV A> Auk»oll»b. Dres-nerImrnal. LA^Ued mit ^unuäuv« äor Soma- mut ksisrts^s Xdsoä» Mr äs» kolxonäsL Ts^. Verantwortliche Redactton: Oberredaeteur Rudolf Günther in Dresden. 1884 Io»«r»tso»»o»t>m« »usMitrtsr Lsipst,: F'r. L ranäst etter, 6vrowis»0QLr äs, vrssäosr äourn»Is; S»»dvrU Isrltt - Vis» N—I-Nr«,!«» krulllvrt s. N.: Naasen«te»n <4 kvAier, I«rIt»-Vi,L Ss»dar^- krsU-Lsipiix krsslttarl ». U. »üned«: ätuä L/ome,- LsrUa: /nvattäenäanl:, »r,w«a^ L Lc/>/otte, 8r„1»u: T LtanAen's Litreaa /tabat^,' rrs-kttirt ». » : L äae^er'^ks öuctituwäluo^; vörllc«: O. A/Mer; S»Lllor,r: O. LcRü«/«-, ksrt» L,rU» rr»L>lkar» ». N - Ltottzsrt: Da««b«<4 6o.,' Lswdur^: ^tä. Lterner. N«r»u«xvdsrr LSoisi krpsäitioa äs, vrssäoer äouraLls, Vrvsäsa, ^via^srstrL»,« SV. Amtlicher Theil. Verordnung an fämmtliche Stadträthe, Bürgermeister und Gemeindevorstände, die Wahlen zum Reichstag betreffend. Nachdem durch Kaiserliche Verordnung vom 18. laufenden Monat» zu Vornahme der Neuwahlen für den Reichstag der 28. Oktober dieses Jahre» fest gesetzt worden ist, wird andurch unter Hinweis auf 8 8 des Gesetzes, die Wahlen für den Reichstag be treffend, vom 31. Mai 1869 und auf 8 2 des Regle ments zu Ausführung dieses Gesetzes, vom 28. Mai 1870, sowie unter Bezugnahme auf die wegen Auf stellung der Wählerlisten bereits erlassene, in den Amtsblättern abgedruckte Verordnung vom 1. laufenden Monats verordnet, daß mit Auslegung der Wählerlisten am 29. September diese» Jahre» zu beginnen ist. Gleichzeitig wird in Erinnerung gebracht, daß von den Gememdeobrigkeiten, nehmlich in den Städten mit der RevidirtenStädteordnung von den Stadträthen, in den Städten, welche die Städteordnung für mittlere und kleine Städte angenommen haben, von den Bür germeistern und in den ländlichen Ortschaften von den Gemeindevorständen noch vor der Auslegung der Wählerlisten die im zweiten Absätze von 8 8 des angezogenen Reichsgesetzes und im zweiten Absätze von 8 2 des gedachten Reglements erwähnte Bekannt machung zu erlassen ist. Die für die Wahlhandlung erforderlichen Protokoll- und Gegenlistenformulare werben den Stadträthen und Bürgermeistern von hier aus unmittelbar, den Ge meindevorständen aber durch die Amtshauptmannschaften zugestellt werden. Gegenwärtige Verordnung ist in allen Amtsblättern unverzüglich zum Abdruck zu bringen. Dresden, am 22. September 1884. Ministerium des Innern. v. Nostitz-Wallwitz. Paulig. Bekanntmachung, die anderweite Abgrenzung der Berginspections- bezirke betreffend. Vom 1. October 1884 ab werden, unter theilweiser Abänderung der nach der Bekanntmachung vom 1. De- cember 1868, die Aufhebung des Oberbergamts pp. betreffend, (Gesetz- und Verordnungsblatt vom Jahre 1868, Seite 1293 slg.) getroffenen Einrichtung, fünf Berginspectionsbezirke mit folgender Abgrenzung ge bildet: Berginspection Freiberg l: der Erzbergbau im nördlichen Theile der Freiberger und in der Marienberger Revier, Berginspection Freiberg II: der Erzbergbau im südlichen Theile der Freiberger und in der Altenberger Revier, Berginspection Dresden: der Steinkohlenbergbau im Weißeritzgebiete und der Braunkohlenberg bau im Bautzener Regierungsbezirke, Berginspection Chemnitz: der Steinkohlenbergbau im Bezirke der Amtshauptmannschaften Chem nitz und Glauchau, sowie der Braunkohlen bergbau in den Regierungsbezirken Dresden, Leipzig und Zwickau, Berginspection Zwickau: der Steinkohlenbergbau im Bezirke der Stadt und Amtshauptmann schaft Zwickau, sowie der Erzbergbau in der Schneeberger, Johanngeorgenstädter und Schei benberger Revier. Den Berginspectoren werden zur Beihülfe und Stellvertretung je ein oder mehrere Assistenten nach Bedarf beigegeben. Dresden, am 18. September 1884. Finanz-Ministerium. Arhr. v. Könneritz. Leonhardi. Nichtamtlicher Theil. Telegraphische Nachrichte». Wien, Montag, 22. September, Abend»- (Tel. d. Boh.) Anläßlich der Entdeckung der anarchistischen Geheimpresse wurden neuerding» 17 Personen verhaftet. Die Verhaftungen erfolg ten in Jnzrr»dorf, Stockerau und im Datschitzer Bezirke in Mähren. Ferner wurde in München der Schriftsetzer Brady eingezogen, welcher neben dem früher verhafteten Hübner ein Hauptacteur war und hier in der GenoffenschaftSdruckerei con- ditionirte. Brady war schon ein Mal verhaftet, wurde aber wegen mangelnder Beweise wieder entlassen. Brady ist au» Ungarn gebürtig. Unter den Verhafteten befindet sich auch ein au» der Schweiz eingetroffener Anarchist. Agram, Montag, 22. September, Abend». (Corr.-Bur.) Gegen den von der „Sloboda" an- gemeldeten Redactrur erhob die Polizei Bedenken wegen zweifelhafter HeimathSberrchtigung. Da» Blatt wird bi» auf Weitere» nicht erscheinen. Brüssel, Diev»tag, 23. September, früh. (W. T.B.) Während de» gestrigen Abend» machte sich unter der hiesigen Bevölkerung zwar große Er- regtheit und Unruhe bemerkbar; indeß gelang e», die öffentliche Ordnung aufrecht zu erhalten. Meh- rrre Menschenhaufen, die singend und schreiend durch die Straßen zogen, wurden von der Polizei ohne Schwierigkeit zerstreut. Gegen deu Director de» Journal» „National" ist wegen mehrerer heftiger, für die republikanische StaatSform plaidirrnder Artikel ein Ausweisungs befehl erlassen worden. Neapel, Dienstag, 23. September. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Vom 21. d. Mt». um 4 Uhr Nachmittags bi» gestern um 4 Uhr Nachmittag» sind 241 Erkrankungen und 114 Todesfälle an der Cholera gezählt worden. London, DirnStag, 23. September. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Einer Meldung de» „Standard" au» Kairo zufolge gingen 2 weitere Depeschen des General» Gordon rin, in welchen derselbe sich wiederholt für die Besetzung de» Sudan durch türkische Truppen ausspricht. Kairo, DienStag, 23. September. (Tel. d. Dresdn. Journ.) „Reuter'» Office" meldet, r» verlaute bestimmt, baß Barrdre iustruirt sei, die Rücknahme jene» Briefes de» Finanzmiuister» au die StaatSschuldrncasse betreff» SuSpendirung de» Tilgungtfond» zu fordern. Ler deutsche und der österreichische Vertreter seien instruirt, gegen die SuSpendirung der Amortifirung energisch zu pro- testirrn; Letzterer habe jedoch von seiner Regierung weitere Instructionen verlangt. Die Vertreter Italien» und Rußland» seien noch ohne In struction. Der General Wolseley begiebt fich nebst seinem Geueralstabr am 27. d. MtS., ohne die Ankunft weiterer Truppen abzuwartea, uilaufwärt». Dresden, 23. September. Bevor noch die in der Sitzung des böhmischen Landtag» vom 18. d. MtS. von dem tschechischen, -bg. vr. Mattusch nebst 75 Genossen eingebrachte Interpellation wegen der jüngsten, durch die Einweih ung einer tschechischen Volksschule herbeigeführten Ausschreitungen zu Reichenberg in den Tagen vom 13. d. bis zum 1b. d. und wegen einiger Vorgänge in Trautenau von dem Statthalter Feldmarschall- lieutenant Frhrn. v. Kraus beantwortet worden ist, haben sich die Deutschen mit einer den Tschechen jedenfalls sehr ungelegen kommenden Gegeninter pellation ebenfalls zum Worte gemeldet. Der Abg. Professor llr. Philipp Knoll und 66 Genossen richteten nämlich gestern an den Statthalter eine Interpellation, in welcher sie den Terrorismus der tschechischen Mehrheiten und da» aggressive Vor gehen der Tschechen an der Sprachengrenze und in den deutschen Städten durch eine große Reihe von Thatsachen (Königinhof, Trebnitz, Prag, Trautenau) illustriren, und knüpften hieran die Frage, ob der Statthalter in diesen Vorgängen und den daraus sich entwickelnden Zuständen keinen Anlaß finde, auf das Ausgeben der gegenwärtigen Richtung der Regierung und auf die Herstellung von Einrichtungen hinzuwirken, welche geeignet ind, dem Terrorismus der Tschechen Schranken zu setzen, und ob er gesonnen sei, bis dahin dafür Sorge zu tragen, daß alle nationalen Angelegen heiten überall von vollständig gleichen Gesichtspunkten au» behandelt werden. Die Interpellation hat nach stehenden Wortlaut: In höchst bedenklicher Weise häufen sich in den letzten Jahren Bedrohungen und Gewaltthäligkeiten von Tschechen gegen Deutsche und ihre Anstalten in solchen Städten Böh mens, in welchen die Deutschen in der Minorität sind. Es sei in dieser Richtung darauf hingewiesen, daß auch nach den allbekannten mit dem Namen Kuchelbad verknüpsten Ereignissen in Prag wiederholt bedrohliche tschechische Massendemonstratio nen gegen gewisse BereinigungSpunkte der Deutschen in Prag, wie das deutsche LandeStheater, das deutsche Lasino und die deutsche Lesehalle stattsanden, ohne daß die Deutschen Prags einen andern äußern Anlaß hierzu gaben, als den ihrer Existenz. Solche Demonstrationen erfolgten im Jahre 1888 am Vorabende des kaiserl. GeburtssesteS, dann, anschließend an die Eröffnung des tschechischen Nationaltheaters am 18., 19. und L0. November und im Jahre 1884 am 23. März bei An laß eines von Wien eingelangten , Theaterzuger". Es sei serner daraus hingewiesen, daß in den letzten Jahren vielsach die Deutschen bedrohende oder beschimpfende Placate und Auf schriften an den Mauern von Privat- und öffentlichen Gebäu den in Prag zu finden waren, so noch vor wenigen Monaten am deutschen Polytechnikum und im Altstädter deutschen Gym nasium, daß deutsche Turner und Turnzöglinge wiederholt bei harmlosen Ausflügen in der nächsten Nähe Prags mit Stein würfen verfolgt wurden, so beispielsweise im August 1883 und am 1». Juli 1884, daß serner Bedrohung und Gewaltthätinkeit aus nationalem Hasse von Tschechen gegen Deutsche in Prag in zahlreichen Einzelhandlungen zum Ausdruck kam, über welche die Acten der Prager Polizeidirection wohl den besten Ausschluß geben können. Die durch diese Verhältnisse bedingte Lage der Deutschen in Prag drückt sich ausreichend in dem einen Umstande aus daß in dieser Stadt, welche der Sitz deut scher Hochschulen und einer zahlreichen, für die Bedeutung Prags hochwichtigen deutschen Bevölkerung ist, im Januar 1884 ein von deutschen Studenten geplanter Fackelzug zu Ehren des abtretenden deutschen Universilätlrectors Mach von der Behörde au» Rücksicht auf die öffentliche Ruhe und Ordnung verboten wurde, und daß in Uebereinstimmung hiermit die in deutscher Sprache erscheinende tschechische Zeitung .Politik" am 12. Sep tember d. I. bei Besprechung einer aus sachlichen Gründen in geschlossenen Räumen sich abspielenden festlichen Vereinigung von Deutschen in Prag sich damit brüstete: daß es in Prag mit allen deutschnationalen Aufzügen und öffentlichen Demon strationen zu Ende ist. gM Auch in den Vororten Prag» kamHse» wiederholt zu ge- waltthätigen Au»brüchen de» Deutschenhasses, die sich in»be- sondere gegen die deutschen Schulvereinsschulen richteten. So wurden am 18. September 1883 Nacht» von einer großen, an gesammelten Bolltmasse unter wüthendem Geschrei die Fenster der deutschen Schulvereintschule in Lieben eingeschlagen, und am 27. August d. I. das Schulhau« derart besudelt, daß polizeiliche Hilse in Anspruch genommen werden mußte. In Hollejchowitz wurde die Tafel an der Außenseite de» deutschen Schulhause» wiederholt besudelt, in den Hos- raum desselben wurden Steine geworfen, und die zu dieser Schule gehenden Kinder wurden durchgeprügelt. Ein gleiche» gewaltsames Vorgehen gegen eine Schule des deutschen Schulverein» sand in Pribram Statt, wo die Fenster nicht allein eingeschlagen, sondern auch mit Schrot durchschossen wurden. In Küniginhos vollends — wo die Ge schichte der Gründung der dortigen deutschen Schulvereinsschule nur eine einzige Reihenfolge von Gesctzverletzungen und Ge waltthätigkeiten feiten der dortigen Tschechen bildet und der LerroriSmu» dieser gegen dre deutschen Einwohner der Stadt so weit geht, daß sie letzteren sogar da» Aushängen schwarz gelber Fahnen bet tschechisch - nationalen Festen verwehren — dort begnügte man fich nicht damit, an der SchulvereinSschule und am Hause de» Obmannes der dortigen Ortsgruppe des deutschen EchulvereinS die Fenster einzuschlagen, sondern ver letzte in kurzen Zwischenräumen mit dem Ruse: .Nieder mit dem Schulvereinei" den Schriftführer dieses Vereins und einen deutschen Gewerb»mann sehr ernst, insultirte den Obmann jenes Verein» thätlich und drohte, im Juli d. I. die Fabrik eines eisrigen Mitgliedes dieses Vereins in die Luft zu sprengen. Und wenn schon die Anhäufung derartiger Vorgänge dafür spricht, daß wir in denselben nicht etwa nur den zufälligen Ausbruch von Rohheit, sondern daS Resultat einerHIanmäßigen Hetze zu sehen haben, so wird dies um so klarer durch den Umstand, daß nicht allein in den tschechischen Zeitungen sort- während der Haß gegen den deutschen Schulverein geschürt wird, sondern auch bei Meetings, welche von vielen Tausenden besucht werden, von Personen, deren Worten in den Augen der Menge durch ihre Lebensstellung Gewicht verliehen wird, dieser Verein, al» ein ebenso humaner, als barbarischer bezeichnet wird — wie dies bei dem am 24. August d. I. am Ganger Berge abgehaltenen Meeting geschah, und zum Unschädlich machen der deutschen Schulvereinsschulen als Brutnestern von Vagabunden, Petroleuren und Anarchisten ausgesordert wird, wie dies bei dem Lipaner Meeting der Fall war Bis in die tschechische Kinderwelt breitet sich dabei der Haß gegen die deutsche Schule aus, wofür als Beispiel anzuführen ist, daß am 1L. Juni d. I. in dem an der Sprachgrenze gelegenen Städt chen Trebnitz tschechische Kinder, in die 1. Classe der dortigen deutschen Schule eindrangen und das Schulzimmer und seine Einrichtungen verwüsteten und besudelten. Nebstbei äußert sich in der tschechischen Bevölkerung an der Sprachgrenze vielsach ein wüthender Haß überhaupt gegen Alles, was sich als deutsch manifestirt. So wurde am 26. Mai 1888 in Altrognitz ein deutscher Lehrer von einem Tschechen geohrseigt, weil er auf Befragen des Letzter» angab, nicht tschechisch zu verstehen. Am 16. September 1883 wurde ein durch Königinhof ziehender deutscher Verbindungsstudent dort von einer wüthenden Menge umringt und thätlich insultirt. Am 7. October 1883 Nachts wurde ein Kutscher bei Trautenau von 4 Tschechen mißhandelt, nachdem er sie deutsch begrüßt hatte. Am 9. Octobcr desselben Jahres wurde ein deutscher KausmannSsohn aus Trautenau nach einem nationalen WirthS- hauSstreite von einem Tschechen auf der Straße überfallen und mit Messerstichen sehr schwer verletzt. Im Vorjahre und in diesem Jahre wurden ein deutscher Prosessor und seine Familie in der Billeggiatur am Spitzberg bei Eisenstein von Tschechen aus da» Gröblichste insultirt und ernstlich bedroht. Und während so einerseits gegen die deutschen Minoritäten in den tschechischen Städten und gegen die Deutschen an der Sprach grenze ein Terrorismus von den Tschechen ausgeübt wird, der sichtlich daraus abzielt, jede, auch die bescheidenste Regung des Rationallebens und der politischen Selbstständigkeit der Deut- fchen daselbst zu ersticken, treten die tschechischen Minoritäten in den deutschen Städten in einer so aggressiven Weis: aus, daß eine wachsende Verbitterung der Deutschen gegen sie die unausweichliche Folge ist. Während Niemand bisher oie lieber- nähme der zum Theil älteren deutschen Schulvereinsschulen von tschechischen Gemeinden beansprucht hat, stellte man aus tschechischer Seite das Begehren nach einer solchen Uebeniahme von tsche chischen Vereinsschulen an die deutschen Gemeinden Nürschan, Brüx, Dux, Leitmeritz, Trautenau und Reichenberg, und es konnte zur Verminderung der Aufregung, welche in den hier durch finanziell schwer bedrohten Städten hierüber entstand, wahrlich nicht beitragen, zu sehen, mit welcher ungewöhnlichen Hast und Energie die kaiserl. Behörden für dieses nach der Ansicht der Deutschen im Gesetze nicht begründete Begehren eintraten und mit welchen Mitteln die Unterschriften aus den dasselbe sormulirenden Schriftstücken herbeigeschafft waren, un ter welchen Unterschriften bei näherer Untersuchung zahlreich Feuilleton. Redigirt vor» Otto Bauck. Ein Problem der Gesellschaft. Novelle von A. Marby. (Fortsetzung.) Al» ihm zuerst ein klares Besinnen wiederkehrte, wunderte er sich über den ihm völlig fremden Raum, in dem er sich befand, so ganz anders, als feine ärmliche Kammer. Wie war er nur hierher ge kommen- Doch grübelte er darüber nicht lange nach, das behaglich ausgestattete, mit allerlei Zre- rathen geschmückte Gemach muthete ihn unbeschreiblich wohlig an; wenn er aus dem traumhaften Hin dämmern, das seinen Geist und Körper noch lange gefangen hielt, zeitweise erwachte, freute er sich immer von Neuem seiner hübschen Umgebung, die mannich- fachen Gegenstände, welche sein ringsum wandernder Blick streifte, gewährte ihm Vergnügen und Zer streuung. Jetzt wußte Fritz längst, daß er sich in Käthchen's Zimmer befand. Mehrere Wochen hindurch — wurde ihm auf seine erstaunten Fragen von Herrn Klein mitgetheilt —, hatte er hier in schwerer Fieberkrank heit mit Lod und Leben gerungen — und was der menschenfreundliche Mann verschwieg, plauderte die alte Christel uugescheut au», ahnungslos, welche Höllen pein ihr stummer Zuhörer empfand in dem martern- den Bewufilsem seiner frevelhaften Absicht auf da» Leben der Gattin Desjenigen, dessen hundertfältige Wohlthaten ihn von geistigem und leiblichem Tode errettet! Jede Handreichung, die er gezwungen war, von dem edlen Manne anzunehmen, brannte ihm auf der Seele! Wie ein liebreicher Vater stützte er seine ersten schwankenden Schritte, redete ihm freundlich ermuthigend zu, wenn er ungeduldig sich beklagte über seine andauernde Schwäche, die ihn zwang, die kostbare Zeit im „süßen NichtSthun" zu vergeuden, während auf dem Felde die Arbeit überhand nahm. Wie gern hätte er in angestrengter Thätigkeit sich dankbar erwiesen. „Geduld, Geduld, mein Bester!" suchte Herr Klein Schäfer'S Unmuth wiederholt zu beschwichtigen. „Nur ja nicht allzu früh den noch schwachen Kräften Un mögliches zutrauen. Das ist Vorwitz, der sich häufig durch einen schlimmen Rückfall schwer bestraft, wollen Sie und uns dagegen in Acht nehmen." „Aber ich bin doch eigentlich wieder ganz gesund?" wandte Fritz ein. „Ei, ja freilich! Bereits so stark, daß mein Wil helm Sie mit 'm kleinen Finger umwirft!" fpottete Herr Klein gutmüthig. „Nein, mein Freund! Die ersten vierzehn Tagen dürfen Sie mir in der Wirth- fchast noch nichts anrühren. Ich glaub'» ja gern, daß Sie sich herzlich langweilen, aber Sie müssen nun eben sehen, wie Sie fich die Zeit vertreiben. Käth- chen» Bücherschrank steht Ihnen offen, lesen Sie wa» — und soviel Sie wollen. Zur Abwechselung plau dern Sie mal wieder dann und wann ein Stündchen mit den Kindern, und hab' ich de« Abend» Zeit, nun, so wissen Sie, daß —" „O — Herr Klein —" unterbrach ihn Fritz in überwallender Bewegung — „niemals werde ich Ihnen Ihre große Güte vergelten können. Was Sie für mich gethan —" „Ist Christenpflicht, mein lieber Fritz — verdient gar kein Aufhebens! Na — und dann bin ich über zeugt: sind Sie nur erst vollständig hergestellt, bringen Sie durch Ihren bewährten Fleiß jedwede Versäumniß doppelt wieder ein." „Das wollte ich wohl, bliebe mir nur nicht eine so sehr kurze Spanne Zeit, meine Schuld wett zu machen." „Wie so?" fragte Herr Klein erstaunt. „Sie denken doch nicht etwa noch an Amerika? Den Un sinn haben Sie sich doch hoffentlich aus dem Kopfe geschlagen?" Fritz Schäfer'S abgezehrtes Antlitz röthete sich mit dunkler Fieberaluth. „Herr Klein —" erwiderte er mit zitternder Stimme —, „verzeihen Sie meine schein bare Undankbarkeit — aber — ich muß fort — Gott weiß eS, ich kann nicht anders!" „So — so — Sie müssen? Kann dann freilich nichts dawider haben — Sie sind ja Ihr eigener Herr!" Wie immer, wenn er Fritz verließ, reichte ihm Herr Klein freundlich die Hand, doch heute war der Händedruck flüchtiger, der Ton seiner Stimme kühler als sonst. Fritz fühlte mit tiefem Schmerz, daß der edle Mann verletzt, sichtlich übellaunig von ihm ging und doch - und doch — sollte auch der Schein schnö desten Undanks ihn treffen, er mußte auch diesen quälenden Druck noch mit sich schleppen in die ferne, fremde Welt! Viel weniger noch als vordem durfte er jetzt in einem Hause bleiben, dem er in seinem wahnsinnigen Rachedurst da« Beste, Heiligste — die Hausfrau und Mutter — zu rauben im Begriff ge standen. Ja! er mußte fort — so bald wie möglich! Doch wollte — konnte er nicht gehen, ohne zuvor ein verzeihendes Wort von Käthchen's Lippen, einen ver söhnenden Strahl aus ihren blauen Augen empfangen zu haben. Das follten die Leitsterne fein, die ihn über den Ocean begleiten, ihn vor Verzweiflung be wahren follten. XV. An einem wundermilden Octobertage durfte Fritz zum ersten Male sich im Freien ergehen. Lang sam im Garten auf und ab fchreitend, von den fröh lich plaudernden Kindern begleitet, athmete er in tiefen Zügen die reine, stärkende Herbstluft. Ihm war seltsam feierlich zu Muthe. Wie ledig aller Erdenschwere hätte er sich Hinaufschwingen mögen in den blauen Aether, während zugleich da« raschelnde welke Laub, die lautlo» zur Erde fallenden gelben Blätter ein Sinnbild irdischer Vergänglichkeit — ihm in Wehmuth die Augen feuchteten. Er er schien sich selbst kaum mehr, al« ein vom großen Lebensbaume der Menschheit loSgerissenes Blatt; sturm verweht, halb welk, war es hier niedergefallen. Doch hatte ein liebreicher Engel Gottes ihn bewahrt vor gänzlicher Vernichtung — ein neues Leben öffnete fich vor ihm — wie Frühlingsahnen zog's durch seine Seele. Viel früher, als er erwartet, wollten ihn die matten Füße nicht mehr tragen, so ließ er fick denn in dem goldneu, warmen Sonnenschein noch jür eine Weile aus der Bank vor dem Hause nieder. Die Kinder leisteten Fritz treulich Gesellschaft; verschiedene Vorüber-
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