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Dresdner Journal : 20.03.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-03-20
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189303205
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18930320
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18930320
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1893
- Monat1893-03
- Tag1893-03-20
- Monat1893-03
- Jahr1893
- Titel
- Dresdner Journal : 20.03.1893
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65. Montag, den 20. März, abends. 1893. ve»r»p^«l»r vi«rt«IZLkrlick > H»5lc »* ?k, Lat S«» »l ä«iir»oU»» ^o,t»»»t»lt«> »iert«t- M»t«k > tt»rk: »u—ert»UU «I«, öeuttcde» K«»L— »ritt kort- «i»a 8t»lQp«I»u,et»I»U tu»». i I Liarelo« Umoivero: 10 k5. ^nküoSixaaxix«dvvr«»r klr <tq« lisum «io«r ^e,p»It»oea Z«il» tltei»«r 8«t»ri! 40 kk. Unter „kiossei^oüt" Nie Zeit» dO kl. Loi 'kobetleu- uo<1 ZiNervrot, eotrpr. XulrcLto^. Lrsedelneo: ^t^tiet» ruit Xu»v»bm« <t«r 8onn- u keiertog« k»rll»pr«eü-Hu»cüIu»»; Ur. 12SL. AresdnerIMrml. Für die Gezamtletlung verantwortlich: Hofrat Otto Banck, Professor der Litteratur- und Kunstgeschichte. r«n LotilnSIxnxxeo »ur^ürtsr l-siprix: /->. Lr«n«irtrtter, Lo«>mi»»»ouLr «le» vrt «I»«r 1uuro»I»; S»»tmre vrrtm V i,a l.«»p»^ L»»»I vr«,I»u kr»»I»e»»< «. N.: Daarenrtei« koz/ter, v»rl>„ Vi»a - Hiwdurx V»il»>e-kr»lllltil^ ». N. NÜLck»or kort» l-oockon Lurlill - krootikurt ». H.- Srat«s»rt: Da at-« «S Co., LsrUa^ /ni atii/rn^ant, Lr«»l»a: Dmit Loanorer: D. Lc^a«»t«r, L»U» «. ».: Darcik <F 6«. Nerouzxederr LSoixl. Lrpeäitioo ilv» Dresdner dournoi». DrSiden, Zvin^erstr. 20. kerorprect» -^nselrluis: Ur. 1LVL. HZekessungen ans das „Dresdner Journal" für da- nächste Vierteljahr werden zum Preise von 2 M. 50 Pf. angenommen für Dreöde«: bei der unterzeichneten Expedition (Zwingerstraße Nr. 20), für auS- »ärtS: bei den betreffenden Postanstalten zum Preise von 3 M. Ankündigungen aller Art finden im „Dresd ner Journal" eine sehr geeignete Verbreitung, und es werden die Gebühren im AnkündigungS- leilr mit 20 Pf. für die kleingespaltene Zeile oder deren Raum berechnet; für Ankündigungen unter „Eingesandtes" find die Gebühren auf 50 Pf. für die Zeile festgestellt. Li'ckgl. Expedition des Dresdner Journals. Amtlicher Teil. DrcSden, 20. März. Se. Majestät der König sind gestern Vormittag 11 Uhr 20 Minuten nach Prag gereist. Se. Königl. Hoheit der Prinz und Ihre Kaiser!, und König!. Hoheit die Frau Prinzessin Friedrich August, sowie Ihre König!. Hoheiten der Prinz Johann Georg und der Prinz Albert sind heute früh 2 Uhr 55 Minuten von Prag wieder hier ein getroffen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem Mitglied im Directorium und Schatz meister des Königlichen Conservatoriums für Musik zu Leipzig Kaufmann Trefftz das Ritterkreuz 1. Clasfe vom Albrechtsorden, dem Obersecretär und Jnspector dieses Institutes Albrecht da« Albrechtskreuz, sowie den an demselben Institute wirkenden Lehrern, Coccius und Musikdirektor vr. zbil Jadassohn, den Titel Professor der Musik zu verleihen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der Kaiserlich Deutsche Konsul zu Jerusalem vr. von Tischendorf den ihm von Sr. Majestät dem Deutschen Kaiser und Könige von Preußen verliehenen Rothen Adler Orden 4. Klasse an legt. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß dcr Oderregisseur am Stadt theater zu Leipzig, Herzoglich Sächsischer Kammer sänger Albert Goldberg die ihm von Sr. Hoheit dem Herzoge Ernst von Sachsen-Coburg und Golha verliehene Herzog Ernst-Meraille annehme und trage. HZekanntrncrchung. DaS Ministerium des Innern hrt der 1 . Krankenkasse dcr Appreturarbriter, eingeschriebene Hülfskasse, zu Meerane, 2 Kranken- und Begräbnißkasse „Eintracht" für Leubnitz und Umgegend, eingeschriebene Hülfs kasse, 3. Kranken- und Sterbekasse des Notenstecher- Gehilfen-Verbandes zu Leipzig, eingeschriebene Hülfskasse, 4. Dresdner Allgemeinen Buchbinder Krankenkasse und verwandter Geschäftszweige, eingeschriebene Hülfskasse, 5 Baugewerkenkrankcnkasse zu Dresden, eingeschrie bene Hülfskasse, 6. Krankenunteistützungs- und Sterbekasse für Riemer und Sattler zu Dresden, eingeschriebene Hülfskasse, Lnnst und Wissenschaft. Der böse Geist. Roman von A G. v. Suttner. »» (Fortfehung.) Ja, so war es. Als sie jetzt wieder ein wenig an seiner Stelle gelesen hatte, sah sie sein Auge starr auf ihr ruhen —es war, wie wenn sie sich eivbohrten und tief in ihr Inneres, dorthin zu sehen bestrebt wären, wo ihr daS Herz plötzlich heftiger als gewöhn lich zu pochen begann. Verwirrt erhob sie sich und schritt dem Theetlsch zu, wo das Wasser brodelte. „Darf ichJhnen auch One Tasse Thee ct.-gießen?" frug sie, halb herüber gewandt. DaS brachte ihn zu sich. „Wenn Sie die Güte haben wollen," erwiderte er, dann nahm er das Buch auf, um zerstreut darin zu blättern. Sie brachte den Thee und er nahm ihu dankend in Empfa g. „Line Meisterin in ihrer Art," sagte ",,den Band wilder auf den Tisch legend. „Eine treffliche Seelcnmalerin, diese Mathilde Serao." Es wollte kein rechtes Gespräch in Gang kommen; er war still und nachdenklich geworden — manchmal so zerstreut, daß er einzelne Fragen überhörte oder falsch verstand. „Mir scheint, Ihre Gedanken weilen schon wieder bei den Geschäften", sagte endlich Zoe scherzend. „Bei welck-n Geschäften?" frug er erstaunt. „Nun, be. lenen zu Haufe, in Mühldorf, bei Ihren Uiucr'»eymungen." ff Grund aä 1. deren revidirten Statuts vom 16. Novem ber 1892 - 2. deren revidirten Statuts vom 1. September 1890 und des ersten Nachtrags zu diesem vom 21. November 1892 « 3. deren revidirten Statuts vom 22. Fe bruar 1893 - 4. deren revidirten Statuts vom 28. Dezem ber 1892 » 5. deren Statuts vom 15. Dezember l892 - 6. deren Statuts vom 22. August 1892 bescheinigt, daß sie vorbehaltlich der Höhe deS Kranken geldes, den Anforderungen des 8 75 deS Krankenver- sicherungSgesetzes vom 15. Juni 1883 in der Fassung der Novelle vom 10. April 1892 genügen. Dresden, am 17. März 1893. Ministerium des Innern, Abtheilung für Ackerbau, Gewerbe und Handel Böttcher. Lippmann. HäekannLrnachung. Die dem Stadtgemcinderath zu Gottleuba über tragen gewesene Agentur der Altersrentenbank ist auf dessen Ansuchen eingezogen und die durch das Ab leben des Lotterie-Kollekteurs C. A. Marschall in Pirna erledigte Agentur dieser Bank ist dem Lotterie- Kollekteur Woldemar Friedrich daselbst übertragen worden. Dresden, den 17. März 1893. Finanz-Ministerium. von Thümmel. Wolf. Nichtamtlicher Teil. Telegraphische «nd telephonische Wachrichten. Lissabon, 2V. März. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Dcr Eiseubahnzug, in welchem daS KönigSpaar zur Einweihung deS Hospitals in Caldas dorthin fuhr, cntglciste bci Eampolide; der Königliche Salor.wagcn wurde beschädigt, doch ist niemand verletzt morden. Wien, 20. Mürz. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Bei der Präsidentenwahl im Abgeordnetenhaus? wurde Ritter v. Chlumrcky mit 224 von 249 ab gegebenen Stimmen zum Präsidenten gewählt; v. Chlumecky übernimmt den Vorsitz. Paris, 20. März. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Der brasilianische Gesandte erklärte die Nachricht, daß die Regierungstruppen unter General TelloS von den Föderierten geschlagen seien, für durch auS uubegründet. Madrid, 20. März. (Tel. d. Dresdn. Journ.) über dir Senatswahlen liegt bis zur Stunde fol gendes Ergebnis vor: ES wurden gewählt 84 Ministerielle» 23 Konservative, 5 Republikaner, 2 konservative Dissidenten, 1 Karlist und 1 Unab hängiger. AuS 04 Wahlkreisen fehlt noch die Ent- lcheidunq. Kopenhagen, 20. März. (Tel. d. DreSdn. Journ ) DaS im Jahre 1586 erbaute Fräulein- stift „Schloß Vrllo" auf Seeland ist heute morgen gänzlich niedergebrannt. Mehrere Klosierdamen wurden noch im letzten Augenblicke gerettet. Die kostbare Bibliothek, die Gemälde und daS Mobiliar find verbrannt. „O, nein! Sie waren fern von dort — nur wenige Stritte von hier — in diesem Raume selbst." Sie verstand, aber sie erwiderte nichts darauf, und als jetzt der Vater hereintrat, um den „Kameraden" zur Partie im Klub abzuholen, kam fast ein Seufzer der Erleichterung auS ihrer Brust. „Finden Sie nicht auch, daß mein Vetter endlich ans Heiraten denken sollte?" frug Frau v. Cantelli, als die beiden gegangen waren. „Er ist jetzt nahe an Vierzig — das schönste Alter für einen Mann." „Ich weiß nicht, ob der Gipfel des LebenSglückeS im Heiraten zu suchen ist ', versetzte Zoe. „Wenn er daS fände, waS zu ihm paßt, dann gewiß. Ich glaube, eine Frau würde mit ihm fehr glücklich werden; er gäbe einen trefflichen Ehemann ab. Zudem wäre er in der angenehmen Lage, seiner Gefährtin sehr viele Wünsche, selbst ziemlich hoch gehende, zu erfüllen. Ja, ich bin überzeugt, es ließe sich prächtig mit ihm leben." Zoe ging auf den Gegenstand nicht weiter ein, sondern züchte dem Gespräche eine andere Wendung zu geben. Die folgenden Tage hindurch zeigte sich Eytzing auffallend still und in sich gekehrt; es lag etwas Melancholisches, Gedrücktes in seinem Wesen, und Zoe fühlte sich endlich bewogen, ihn zu fragen, ob er irgend welche unangenehme Nachrichten er halten habe. „O nein", sagte er, „ich weiß selbst nicht recht, wie mich plötzlich eine so eigentümliche Bangigkeit, so ein drückende- Gefühl der Einsamkeit Überfällen hat. Eigentlich bin ich undankbar," fügte er hinzu, St. Sebastian, 20. März. (Tel. d. DreSdn. Journ) Ein in einem SpirituSlagcr anSgebrochenes Feuer zerstörte in der vergangenen Nacht drei Häuser; zehn Personen sind umgekommea. Dresden, 20. März Jules Ferry -j-. In Ferry hat daS französische Staatswesen den an politischem Wissen und Talent bedeutsamsten Repu blikaner der alten Schule verloren, einen Staatsmann, dcr im Unter chicd zu den heutigen Gelegenheitsarößen, die vom Barrcau zum Sessel deS Ministerpräsidenten je nach Bedarf und Laune hinübertreten und wieder verschwinden, in der Werkstütte der Erfahrung zum Meister gewachsen war und als solcher namentlich bei uns in Deutschland, trotzdem er uns gerade nichts Gutes gethan, immer eine respektvolle Hochschätzung gefunden hat. In auffälligem Gegensatz zu diesem achtungsvollen Urteil ds Ar Standes stand die Schätzung, die Ferry in seinem Vaterlande erfuhr Wie wenig sein öffent liches Wirken das rechtfertigte, geht aus fo'gendcr Darstellung der „K. Z." hervor: Wie alle jungen Fran zosen, die an der Leiier zu den höchsten Würdenstellen des Staates sehnsüchtig hinaufblicken, hatte auch Ferry Jura studiert. Aus seiner Vaterstadt St. Dio in den Vogesen war er nach Paris gewandert, hatte sich 1851 beim Pariser „Barreau" (Advokatur) einschreiben lassen und griff alsbald, wie die Mehrzahl seiner Altcrs- nnd Standesgcuossen, zur Feder, um in den Oppo- sitionSblätteru sein Teil zur Weltverbesserung bei- zutiagcn. Je offener zu Tage trat, daß das auf dem Plebiszit anfgebaute Kaisertum nur Flickwerk war, um so kühner wurde ftine Kritik; mit festem Griff faßle er das herrschende System gerade an dem Punkte, mit dem es am meisten prunkte, an den von der Welt bewunderten Plänen Haußmanns zur Verschönerung der Haupt- und Residenzstadt Paris. Mit sernen Lompte« tavtastigues äHauLsmano hatte er den Vogel abgeschosien. Im folgenden Jahre, 1869, wählte ihn der 6. Pariser Wahlkreis, nachdem er während der Agitation durch seine ungcwö.nliche Rednergabe Erstaunen erregt hatte, auf ein radikal demokiatisches Programm in den gesetzgebenden Körper. Er nahm seinen Platz auf den Bänken der Opposition, focht mit den kaiserlichen Ministern manchen scharfen Strauß und verlangte mit Thiers, Jules Favre und Gambetta von der Regierung vergeblich tue Beweis mittel, daß der Krieg mit Preußen unumgänglich sei. Obgleich Ferry wie alle Pariser Deputierten im Sep tember 1870 Mitglied des Ausschusses für die nationale Verteidigung gewesen, obgleich er nach dem Kriege als Deputierter für die Vogesen in die gesetzgebende Ver sammlung zurückkehrte, obgleich ihm seine Vergangen heit schon jetzt eine erste Stelle anwies, wußte Thiers ihn niederzuhalten. Er fand ihn zuerst mit der Seinepräseliur und dann 1872 mit dem Gesandtschafts- Posten in Athen ab. Ferrys Stunde war erst gekommen, als Thiers ge stürzt und MacMahon ihm gefolgt war. Wiederum trat er in die liberale Opposition, und in dem Kampf gegen das klerikale Regiment hob sich bereits klar das Feld ab, auf dem er seine Gaben zu entwickeln und die Republik zu kräftigen gedachte. Im ersten Mini sterium der Präsidentschaft Grövys übernahm Ferry im Februar 1879 zum ersten Male das Unterrichts ministerium, und sofort ging er ans Werk mit der Reform dcr Unterrichtsgefetzgebung, die fortan mit dem Namen Ferrys eng verknüpft blieb. Sein Gesetz, daß ein aus Laien bestehender oberster Uuterrichtsrat dem Minister zur Seite gestellt würde, und der Art. VIl, der den Mitgliedern aller nicht staatlich ge- „ich sollte diese schöne Zeit, die mir hier vergönnt ist, nach Herzenslust ausnützen und genießen — aber leider kann der Mensch seinen Charakter nicht ändern — und ich bin eben einer, der immer in die Zukunft vorausdenkt'.' „So glauben Sie, daß Ihnen die Zukunst Schlimmes vorbehält?" „Die Zukunft behält mir die Rückkehr in mein einsames Mühldorf vor. Ich versichere Sie, der Ge danke, in dieses große, menichei leere Gebäude einzu- ziehen, wo ich mir ganz allein nur Gesellschaft bin, hat nichts Erfreuliches für mich." „Aber Ihre Poitenbrunner Freunde!" „Meine Pottenbrunner Freunde? Tie habe ich aufgegeben; wer sich gegen Sie so hart und herzlos zeigte, hat auf den Umgang mit mir nicht zu rechnen. Nein, dort hat man mich zum letzten Male gesehen," er stockte, dann: „Wahrhaftig, ginge die Sache so leicht, ich virkaufte Mühldorf, um aller Geschäfte ledig zu sein und ruhig dort bleiben zu können, wohin mich meine Wünsche ziehen." Frau v. Cantelli war ins Zimmer getreten, als sie aber die beiden allein fand, machte sie sich kurze Zeit mit den Blumen zu schaffen und verließ plötzlich wieder daS Gemach. „Sagen Sie einmal,' ergriff Eytzing wieder das Wort und sein Blick heftete sich fest auf Zoe, „können Sie die Gefühlt, ermessen, die einen Menschen beherr schen, welcher sich in seiner Phantasie ein Glück auS- gemalt hat, ein Glück, so unendlich groß, daß er vor Sehnsucht rach dessen Erlangung vergeht und doch in der ängstlichen Besorgnis lebt, diesen Traum nie ver wirklicht zu sehen?" statteten OrdenSgesellschaften die Lehrthätigkeit in öffentlichen oder Privatschulen verbot, wurden von der Kammer angenommen. Der Kulturkampf war ent fesselt. Es kam zum Konflikt mit dem Senah und als das Oberhaus bei der Ablehnung des Art. VII beharrte, überraschte F-rry die Welt im März 1880 mit der Auffrischung der Dekrete der Revolution, wo durch alle Jesuitenanstalten aufgelöst und die übrigen OrdenSgesellschaften aufgesordert wurden, die staatliche Genehmigung für ihre Lehranstalten einzuholen. Da mit war die Person Ferrys so in den Mittelpunkt der das Land so tief ergreifenden Bewegung gerückt, daß er im September 1880 sich dazu verstehen mußte, neben dem UnterrichSpvrtefeuille auch die volle Verantwortlichkeit als Ministerpräsident zu übernehmen. Nun hatte er auch die Last der allgemeinen Politik auf seinen Schultern zu tragen. Tie französischen Truppen hatten am 10. Oktober 1881 Tunis besetzt; neben und über dem Ministerium herrschte das ge heime Kammerkabinett Gambetta, und obgleich Ferry und die Regierung aus den großen Debatten über den tunesischen Feldzug ohne Tadelsbeschluß hervor gegangen waren, wurde die Lage unhaltbar und Ferry trat am 10. November zurück. Gambetta, der nun wohl oder übel gezwungen war» die Erbschaft anzutreten, machte die Erwartungen, die sich an sein „großes Ministerium" knüpften, nicht wahr, lchon im Januar des nächsten Jahres hatte er mit seiner Verfassungsrevision abgewirtschaftet, und vom 30. Ja nuar 1882 bis zum 30. März 1885 finden wir Ferry wieder im Satiel, sei es lediglich als Unlerrrchtr- minister oder zugleich als Ministerpräsident Die Nachricht von dem scheinbaren Fehlschlage des Feld zuges in Tonkin, die Kunde, daß die französischen Truppen Langson geräumt hätt n, brachten dann endlich die Unbeliebtheit Ferrys, die mittlerweile die Oppositionspiesse künstlich gezüchtet hatte, zu einem sturmartigen Ausbruch; selbst seine treuen Landsleute in den Vogesen ließen ihn bei den nächsten Wahlen fallen und in einer Flut von Haß, Hohn und Sport ging der „Tonkinese" unter. Acht Jahre lang hat Ferry unbr dem Ostraris- mus, mit dem sein Vaterland ihn belegt, gelebt und gelitten Man sah auch in Frankreich die Früchte seiner Thätigkeiten wachsen nnd reifen. Man machte die Erfahrung, daß selbst die Ultra - montanen gegen das Werk Ferrys kaum noch etwas einzuwenden hatten, sondern höchstens tie Handhabung und Ausführung seiner Gesetze beanstandeten; ja, man erlebte es, daß gerade unter dem Regiment seiner als so kirchenfeindlich verschrieenen Unterrichts gestaltung ein so inniges Veihältnis mit der Kurie sich anbahnte, wie es kaum zu den Zeiten Mac MahonS bestanden hatte Man sah, wie Tunis neben Algerien, und noch verheißungsvoller als dieses, zu einer blühenden Kolonie sich entwickelte, man wies jeden Gedanken, Tonkmg aufzugeben, stolz zurück und wacht eifersüchtig über das Interessengebiet in Indochina, man erkennt an, daß die geschickt auSgebeutete Er zählung von Ferrys Freundschaft mit Bismarck ein Märchen war, daß auch bei Ferry wie bei jedem Franzosen die Revanche als sein letzter Gedanke schlummerte, daß er aber als Staatsmann zu weise war, um seine Politik von einrm Phantom beherrschen zu lassen, das seine ganze Kunst lahm legen mußte. Und doch, wo und in welcher Beziehung immer auch nur der Name Ferrys in dieser ganzen Zeit genannt wurde, begehrte die Meute wutschnaubend und erschreckt zugleich auf, als ob man ihr ein Medusenhaupt vorgehalten Der Haß, mit dem gerade die Radikalen den Mann verfolgten, der einem Hauptbestandteil ihres Programms die Form des Gesetzes gegeben, hat nur ein Gegen stück in der maßlosen Wut, womit ihre Gesinnungs genossen in Deutschland den Fürsten Bismarck be- „Sie fragen mich? Ich glaube, ich bin — oder vielmehr, ich war einer von diesen Menschen. ' „Ach, Sie meinen jene Zeit, die der Vergangen heit angehört, die eigentlich nie Wirklichkeit war!" rief er ärgerlich. „Die nie Wirklichkeit war? Wieso das?" „Wieso das? Weil jener, an den Sie sich binden zu müssen glaubten, Sie nie — wirklich ge liebt hat!" „Herr v. Eytzing, Sie stellen da eine Behauptung auf —" „Die die volle Wahrheit ist und zu der Sie sich längst bekehrt haben müssen. Da Sie den heiklen Punkt berührt haben, so möge es mir gestattet sein, darüber eingehender zu sprechen; eS soll das erste und ^daS letzte Mal sein. Nennen Sie das Liebe, wenn ein Mann eines Tages spurlos verschwindet und seiner Braut von da an kein Lebenszeichen mehr giebt?" „Wenn aber Umstände eingetreten sind, die —" „Es kann keine Umstände geben, welche ihn hindern, jener sein volles Vertrauen zu schenken, an die er sich sürS Leben zu binden gesonnen ist Nichts, nichts kann ihn di-ser Person gegenüber zum Schweigen zwingen, als EinS: ter Tod. Dann freilich —" „Und," sie atmete schwer, „wenn das der Fall wäre?" „Eö ist nicht der Fall. Ich weiß zufällig auS guter Quelle, daß er lebt, ganz ruhig und sorglos — im AuSlande, wo ihm niemand etwas anhaben kann."
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