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Dresdner Journal : 14.10.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-10-14
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-190210144
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-19021014
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-19021014
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1902
- Monat1902-10
- Tag1902-10-14
- Monat1902-10
- Jahr1902
- Titel
- Dresdner Journal : 14.10.1902
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vei» Bezüge durch di« HelE-st»aei« inoertzas» Z»r^»,»» 2,SV M (emlchl Z»t»g»»g), durch die He.g iia Deutichen Reiche » M. («utjchließttch Bestellgeld) vierteljährlich Eiazelue Nummern 10 Pf. Wird Zurüchenduna der für die EchlisUeitung bestimmte», aber von vieler nicht ei»- aelorderten Beiträge bea»> sprucht, fo ist da- Postgeld beizusügen .1- 23». Dresdner Zournnl Herausgegeben von der Königl. Expedition des Dresdner Journals, Dresden, Zwingerstraße 20. — Fernspr.-Anschluß Nr. 1295. Erscheine» t Werktags nachm k Uhr. PnkändtgnngSgebützrrn: Die Zeile kleiner Schrift der 7 mal gespaltenen Äniändi- gungS-Seile oder deren Naum so Pf. Bei Tabellen- und Ziffcrnfad ü Pf. Ausschlag für die Zeile Unterm Ne- daktion-strich (Liiigesandl) die Textzeile mittler Schrift oder deren Raum SO Pf. iSebühren»Ermäßigung bei öfterer Wiederholung. Annahme der Anzeigen bis mittag« iS Uhr für die nach mittag- erscheinende Nummer Dienstag, den 14. Oktober nachmittags. 1S02. Amtlicher Teil. Dresden, 14. Oktober. Se. Majestät der König hoben den Kaiser!. Russischen außerordentlichen Ge- sndten und bevollmächtigten Minister am hiesigen Hofe, Baron v. Wrangel, am gestrigen Tage im König!. Residenzschlosse in Audienz empfangen und aus dessen Händen das Allerhöchste Handschreiben entgegcnzunchmen geruht, durch das Se. Majestät -er Kaiser von Rußland den Gesandten bei Sr. Majestät dem Könige neu beglaubigen. Dresden, 1v. Oktober. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem Amtsgerichtsdiener Karl Ernst Gasch in Borna bei seinem Uebertritt in den Ruhestand das Allgemeine Ehrenzeichen zu verleihen. Se Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem Verwalter der Ortsschlachtstcuereinnahme in Borlas, Auszügler Johann Gottlieb Lorenz, das Allgemeine Ehrenzeichen zu verleihen. Se Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der Regierungsrat v. Seyde witz bei der Kreishauptmannschaft Chemnitz das ihm von Sr. Majestät dem Könige von Schweden und Romegen verliehene Ritterkreuz des Nordsternordcns annehme und trage. Ernennungen, Versetzungen re. im öffent lichen Dienste. Im Geschäftsbereiche des Ministeriums Per Kinanzen. Bei der StaatSschulden-Berwaltung sind ernannt worden: v Hoyer, zeither Bürcauassistent, als Sekretär: Dähne und Hofmann, zeither Expedienten, al- Mreauassistentcn. Bei der Land-, Landeskultur- und Altersrenten- bank Angestellt: Küttner, zeither Dcpotvizeseldwebel beim Artillerie-Depot Dresden, Militäranwärter, als Expedient. Bei der fiskalischen Straßenbau-Verwaltung find ernannt worden: Hartmann, zeither Straßenbau rmsfeher, als AmtSstraßenmeister, zunächst ohne befand. Dienst- tezirk, b d Straßen- u. Wasser Bauinspektion Dresden I; Langheinrich, zeither Feldwebel der ». (K. S) Komp. Telegraphen Bataillons Nr. 1, als Slraßenbauausseher bei dns Bauinspeklion. Nichtamtlicher Teil. Sozialpolitische Forderungen. Jedesmal vor Beginn einer Reichstagstagung stellen sich die Sozialpolitiker, das heißt die Wort führer derjenigen Richtung ein, die die politische Entwickelung einseitig vom Standpunkte der Arbciter- intcressen betrachten, um ihre Forderungen für den bevorstehenden Abschnitt der parlamentarischen Thätig- leit kund zu thun. Man wird cs den Sozial politikern ebensowenig wie einer anderen, bestimmte Ziele verfolgenden Gruppe verwehren oder verübeln können, daß sie in ihrem Sinne auf die gesetz gebenden Körperschaften einzuwirkcn sucht Zudem wird man zugcbcn müssen, daß die Sozialpolitiker, deren Anschauungen in der Wochenschrift „Soziale Praxis" zum Ausdrucke gebracht werden, sich seit einiger Zeit befleißigen, maßvoller aufzutreten und -as bisher Geleistete anzuerkennen. Aber gleich wohl ist besonders diesmal ein mahnendes Wort am Platze. p. Ünscr politisches Leben leidet bereits schwer unter den mannigfachen Interessengegensätzen und Jntcr- essenkämpfcn. Es ist für jeden Vaterlandsfreund die wichtigste Aufgabe, zur Milderung dieser Gegen- Lunst und Wissenschaft. Konigl. Schauspielhaus. Am 13. d. Mts.: „Walpurgistag". Komödie in fünf Aufzügen von Mar Halbe. (Zum ersten Male.) Tie gestrige erste Darstellung des neuesten Werkes ron Mar Halbe in unserem Schauspielhause war eine „Uraufführung", wie man im lieblichen Bühnen- und Zeitungsdeutsch die erste Verkörperung eines seither nur auf dem Papier stehenden dramatischen Werkes zu nennen beliebt. Tie Spannung, die solcher Abend erweckt, birgt jeder,eil ein gefährliches Element in sich, sie entläd sich lcincswegs immer in Enthusiasmus und rauschendem Mull, und beispielsweise vie Berliner Uraufführungs- ateuk stehen in bedenklichem Rufe „hinter den großen Höhen, folgt auch der tiefe, der donnernde Fall." Hier herrschen zahmere Gesinnungen und mildere Sitten und obschon der Eindruck der Dichterkomödie „Walpurgistag" ein durchaus geteilter ivar, wurde der äußere Erfolg nur schwach bestritten und die zahlreichen Enttäuschten ver hielten sich den Erwärmten und Ueberzcugten gegen über, die den Dichter wiederholt hcrvorjubelten, im allaemeinen schweigsam. Wie immer fällt der Kritik die Ausgabe zu, die Widersprüche, das wunderliche Gegen- und Durcheinander anziehender und abstoßender Kräfte m diesem „Walpurgistag" zu sichten und zu deuten, und klarzuftellcn, warum ein so anspruchsvolles und mit so großem Aufwand an Bühnenkunst und Darstellungskraft m Lerne gesedtes Werk nicht tiefer greifen kann öS find, soviel ich zu sehen vermag, drei Haupt- ««Pl, die der vollen dramatischen, der lebendigen bchtervck.n Wirkung der Komödie im Wege stehen. Auch «a Dichter der „Juarnd" und der „Mutter Erde" ent- pcht sich der modischen Kunstrichtung nicht, die mit «inennnal aller Wirklichkeit, aller Unmittelbarkeit des sähe, zur Beendigung dieses Kampfes beragcn izut Sollte es bis zu der bevorstehenden ReichstagS- wahlbewcgung nicht möglich sein, einen Ausgleich herbeizuführen und die Förderung des Gemeinwohles als das in ersterLinie erstrebenswerteZielaufzustcllen,so würden wir erschütternden Kämpfen entgegengchen, an denen nur die Sozialdemokraten ihre Freude haben könnten. Unter solchen Umständen sollten auch die Sozialpolitiker ihre, wie sie doch wohl selbst zugeben werden, einseitigen Wünsche zunächst zurück stellen und nicht die ohnedies schwierige Lage noch mehr komplizieren. Glücklicherweise erkennen die Sozialpolitiker endlich an, daß die deutsche Sozial reform stetig Fortschritte macht und keinesfalls dem Stillstand anhcimfallen kann. Von dieser Erkenntnis ausgehend, sollten sie aber wenigstens für kurze Zeit die sozialpolitische Entwickelung sich selbst überlassen und dem Parlament Muße und Sammlung gönnen, damit es seine ganze Kraft auf die Erledigung dcr großen, schwierigen Aufgaben verwende, die noch vor den Wahlen ihm obliegen. Das Deutsche Reich bedarf einer neuen kräftigen Zollrüstung; cs bedarf aber auch einer Regelung seines Finanzwesens. Das sind Aufgaben, die nicht nur hohe nationale und wirtschaftliche, sondern auch sozialpolitische Bedeutung haben. Daß der geplante wirksame Schutz der nationalen Produktion im wesent lichen auch der in den betreffenden Gewerben be schäftigten Arbeiterschaft zugute kommt, ist schon so oft und so eingehend dargelcgt worden, daß wir darauf hier nur als auf eine Thatsache hinzu weisen brauchen. Daß aber vor dem Zustande kommen der Zolltarifreform und der Reichsfinanz reform an eine Verwirklichung weitgehender sozialer Pläne, die ja samt und sonders starke finanzielle Leistungen voraussetzcn, nicht gedacht werden kann, lehrt ein einziger kurzer Blick in den Abschluß des Reichshaushalts. Das Drängen nach einem rascheren Fortschreiten unserer an sich schon hoch entwickelten Sozialreform, das Aufstellen neuer Pläne behufs erhöhter Fürsorge für die an sich bereits erheblich besser gestellte Arbeiterschaft kann also in der heutigen politischen und finanziellen Lage nicht eine praktische, sondern lediglich eine agitatorische Wirkung haben, und diese agitatorische Wirkung ist unbedingt vom Uebel — vom Uebel auch für die Verwirklichung der Ziele, die die Sozialpolitiker in ihrem etwas einseitigen Idealismus- vertreten. Aber nicht allein die auch angesichts des dies maligen Wiederbeginnes der Reichstagsthätigkeit wieder aufgestellten Forderungen sind in der heutigen Lage bedenklich, sondern auch, und womöglich in noch höherem Grade bedenklich ist die Art und Weise, wie für jene Forderungen Stimmung zu machen versucht wird. Wie weitgehend die Forder ungen sind, kann man aus folgenden Nummern des von der „Sozialen Praxis" veröffentlichten Wunsch zettels ersehen: Versicherung für Arbeitslose; Arbeiter , Witwen- und Waisenversicherung; Arbeiterfchutz in der Hausindustrie; Einführung des Zehnstunden tages. Auch der radikalste und einseitigste Sozial rcformer wird zugeben müssen, daß dies Pläne sind, deren Verwirklichung sich nicht innerhalb einer parlamentarischen Tagung, nicht in einer fünfjährigen Legislaturperiode, sondern in besonders günstigen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnissen höchstens in Jahrzehnten erreichen lassen würden, soweit sie überhaupt möglich ist. Liest man aber die Be gründung dieser Forderungen, fo springt deren Bedenklichkeit erst recht in die Augen. Gerade die Lebens und der Gestaltung den Rücken kehrt, die nur im Spiegel märchenhafter, phantastisch-willkürlicher, wenns hoch kommt „symbolisch" getaufter Erfindung die feinsten, fesselndsten und eigenartigsten Mcnschcnzügc und Seelenrcgungen zu erkennen vermeint. Auf rasch ge zimmerter Brücke, zu der die Dichtung der „Meister singer von Nürnberg" und neuerer wie älterer romantischer Komödien die Balken hcrgeben müßen, entflicht er ins Traumland der Postkutschcnzeit, der verschlafenen kleinen Reichsstadt Eckardsbronn In diesem Traum land soll alles wieder wichtig werden, was längst nichtig war, sollen sich die abgebrauchtesten Motive und Scherze wieder verjüngen, hier meint er sich im breitesten Be hagen der Schilderung ergehen und alle die Schmerzen, die einen modernen Dichter gepreßt und gezwickt haben, verklärend darlcben zu können. In diesem Traumland giebt es kein wahres Leben, nicht Menschen mit hundert tausend Gesichtern, Seelen, Leidenschaften und Lebens aufgaben, giebt cs nur bezopfte Philister und den tagca- üblichen Genius, hier walten nicht die großen ticf- reichenden Gegensätze der Wirklichkeit, sondern der eine bis zum Ueberdruß gesehene Gegensatz zwischen den Kegeln und dem Kegelschieber, der unfehlbar und immer alle neune schiebt, weil die Kegel von selbst umfallen.— Der Genius ist der immer wiederkchrende, der ewige durch und durch kranke Poet und Künstler der neuesten Bühnen- und Romandichtung, schier noch eintöniger und unindividueller, als der ewige Leutnant des deutschen Schwankes, der Poet, der nach dem Gocthischen Spruch lebt: Dichter gleichen Bären, Die immer an den eignen Psoten zehren! und der es nicht Wort haben will, daß die Welt tausend Helden und das Leben tausend Konflikte aufweist, die wichtiger und ergreifender sind, als der Kampf zwischen dem freien Poeten AnSgar und Jan Peter, dem Meisterdichter von Eckardsbronn, der sich Bitwolf aus dem „Tannhäuser" jetzige Lage dränge, so schreibt die „Soziale Praxis", mit verstärkter Wucht auf Maßnahmen zum Schutze der Schwachen. Es sei doch nicht zu leugnen, daß die Lohnarbeiter mit den Zöllen und Verbrauchs abgaben die Reichskasse füllten, daß sie beim Ausbau der indirekten Steuern die Hauptlast tragen würden und daß eine Erhöhung der Lcbensmittelzölle ihnen neue Bürden auferlegen müsse. Das sind bekannt lich die trotz ihrer Falschheit auch von der Sozial demokratie behufs Aufreizung der Arbeiter immer wieder vorgebrachten Argumente. Daß gerade das indirekte Steuersystem erst unsere sozialpolitischen Fortschritte überhaupt ermöglicht, daß unser Schutz zollsystem erst die glückliche Entwickelung unserer Industrie und damit die bedeutende Ausbesserung der Arbeitslöhne herbeigcführt hat, verschweigen Sozialdemokraten wie bürgerliche Sozialpolitik^. Von den auf ihre Agitation angewiesenen Sozial demokraten kann man freilich nichts anderes erwarten; von den bürgerlichen Sozialreformern aber sollte man doch annehmcn dürfen, daß sie nicht ihre Einseitig keit soweit treiben, um an der Erschütterung unserer Staatsgrundlagen mit der Sozialdemokratie mit zuarbciten. Tagtsgcschichte. Dresden, 14. Oktober. Se. Majestät der König unternahm heute in Begleitung des Ober- hofjägcrmcisters Frhrn. v. dem Busschc-Streithorst und des Generals ä la suits Generalmajors d'Elsa einen Jagdausflug ins Grillenburger Revier. Zu dieser Jagd sind noch einige Kavaliere mit Ein ladungen ausgezeichnet worden. Die hohe Jagd gesellschaft traf 7 Uhr 30 Min. am Rendez vous unweit Klingenberg ein. Tas Jagdfrühstück wurde in der Oberforstmeisterei Grillcnburg eingenommen. Die Rückkehr Sr. Majestät nach Hostcrwitz wird heute abend gegen 7 Uhr erfolgen. — Morgen abend wird Se. Majestät der König Sich behufs Abhaltung einiger Jagden nach Werms dorf begeben und im dortigen Jagdschlösse Quartier nehmen Deutsches Weich. Berlin. Dem „Berl. Lokalanz." wird aus Eadincn gemeldet: Am Sonntag vormittag 9 Uhr wohnte Sc. Majestät der Kaiser mit Gefolge dem Gottesdienst in der Schloßkapelle bei. Um 10 Uhr 30 Min. fuhr der Monarch im Hofzug über Elbing nach Schlobitten zum Besuche des Fürsten zu Dohna. Um 9 Uhr 50 Min. abends traf der Kaiser wieder in Eadincn ein. Gestern vormittag 10 Uhr machte der Monarch mit Gefolge einen Spaziergang im Cadiner Forst zur Besichtigung neuer sorstkulturcllcr Anlagen. Nachmittags sollen Molkerei, Spiritusmotoren rc. besichtigt werden. — Wie man aus Fehrbellin berichtet, wird der Kaiser am 18. d. Mts. mittags dort eintrcffcn, um der Enthüllung des von Ihm geschenkten Denkmals für den Großen Kurfürsten auf dem Kanonenberge beizuwohnen Nach beendigter Enthüllungsfcicr wird der Kaiser gegen 1 Uhr die Rückreise nach Berlin antretcn. — Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt: Die „Wiener „Allgemeine Zeitung" hat sich aus Berlin eine auch in reichsdeutsche Blätter übcrgcgangcne Erzählung über ein Gespräch zwischen Sr. Majestät dem Kaiser und dem Rektor der Universität Straßburg melden lassen, das sich auf die Univcrsitätsprofcssoren bezogen haben soll. Wir können erklären, daß an dieser ganzen Er zählung kein wahres Wort ist. — Der Präsident des Reichstages Graf v. Ballestrem ist hier «»gekommen und hatte gestern eine Besprechung mit dem Reichskanzler Grafen v. Bülow. zum Muster erwählt und die „hohe Tugend" preist. Neben bei gesagt, was sind das für jämmerliche Gegensätze, was ist das sür ein Sieg, wenn Ansgar den Vertreter der armseligsten und kläglichsten Dilettantenpoesie glücklich niedersingt. Rücken Plattheiten und Abgeschmacktheiten darum höher, weil sie etwas Anderes bedeuten sollen, als wir vor Augen sehen? Der zweite empfindliche Mangel des „WalpurgistagS" ist, daß diese ganze krause Erfindung mit all' ihren Einfällen, mit der Bürgerin aus Heliopolis, mit dem weltwandernden Eynikcr Theo- phrastus Spenser, mit dem Bürgermeister Liebctrcu, mit dem Hirschenwirt und dem Apollobund, nur durch den echtesten, freiesten Humor in Fluß gebracht werden könnte, daß den tollen Einfällen das Helle, übermütige Lachen fehlt, das uns zum Mitlachcn zwänge. Wer strahlende Heiterkeit wecken will, der darf nicht mitten in fröhlichster Lust ernsthafte oder gar sentimentale Gesichter schneiden und des Lebens Unverstand mit Wehmut genießen wollen. Der dritte und vielleicht am ehesten zu beseitigende Mangel ist die schleppende, lähmende Breite einer ganzen Folge von Scencn, die keinen andern Zweck zu haben scheinen, als Vorgänge ein wenig zu motivieren und wahrscheinlicher zu machen, die zuletzt doch auf Treu' und Glauben, nach der Stimmung, die sic wecken, hingenommen werden müssen. Welcher Uebcr- fluß an Worten und Versen wird ausgewendet, uni uns deutlich zu machen, daß die Eckardsbronncr alle Jahre einen Dichterkönig krönen, den sic nachher mit Füßen treten, und daß sie, wenn sie einen haben, dem sie den Kranz dauerns zusprcchcn, stets an den Unrechten geraten Das alles wißen wir ja seit den Tagen des „Gestiefelten Katers", hier hätte sich der Dichter kurz faßen und uns rasch in die Mitte seines Spiels hineinführen dürfen All das Beiwerk, mit dem er den Kern der Sache umgeben hat, wird nicht recht lebendig, die Verbreiterung vicser Scenen hilft nicht zur Erhöhung der Stimmung, der erste Akt dehnt sich zu — Das Plenum des Reichstags hat heute nach mittag um 2 Uhr seine Beratungen (193. Sitzung) wieder ausgenommen. Auf der Tagesordnung der Sitzung standen 70 Petitionsberichte. Auf dcn ersten Abschnitt der zweiten Tagung 1900 bis 1903 der 10. Legislaturperiode 1898 bis 1903 entfielen 96 Plenarsitzungen, auf der zweiten ebenfalls 96 Plenar sitzungen. Bei der am 11. Juni d. I. erfolgten Ver tagung zählte der Reichstag 39 t Mitglieder. Die Deutsch konservativen hatten 52, die Deutsche Reichspartei 20, die Deutsch soz Reformpartei 10, das Zentrum 105, die Polen 14, die Nationalliberalen 51, die Freisinnige Vereinigung 14, die Deutsch-freisinnige Volkspartei 27, die Deutsche Volks Partei 7, die Sozialdemokraten 58 Mitglieder. Bei keiner Fraktion waren 36, darunter 10 Elsaß-Lothringer. Man nimmt in Reichstagskreisen an, daß der Senioren konvent des Reichstags dem Plenum vorschlagen wird, die zweite Beratung des Zolltarifs am 16. Ok tober beginnen zu lassen. — Von neuen sozialpolitischen Entwürfen dürften dem Reichstag in dem- jetzigen Tagungsabschnitte zwei zugehcn. Der eine betrifft die kaufmännischen Schiedsgerichte, der andere die Herstellung weißer Phosphorzündwarcn. Obschon der Bundesrat die Vollmacht hat, im Jntercßc der Arbeiter selbständig Betriebseinschränkungen vorzunehmcn und demgemäß auch umfaßende Acndcrungcn dieser Art, wie beispielsweise die über die MaximalarbeitSzcit in Bäckereien, erlassen hat, ist dem in der letzten Zeit cingeschlagcnen Verfahren entsprechend die neueste Vorlage dieser Art wieder als Gesetzentwurf ausgearbeitet worden und wird demzufolge auch dem Reichstage zur Beschlußfassung zugehen. Außer diesen beiden Entwürfen hat der Reichstag auf sozial politischem Gebiete noch den Entwurf über die gewerb liche Kinderarbeit zu erledigen. Den Reichstag wird demnach auch in dem jetzigen Tagunqsabschnitte ein sozialpolitisches Material beschäftigen, das recht um faßend ist und eine geraume Beratungszeit erfordern wird.' — Aus der Kartographischen Ausstellung des eben zu Ende gegangenen Deutschen Kolonial- kongrcsses werden mehrere große Wandkarten, die im Kuppelraume die Seitenwändc geziert haben, dem Reichstage zur Verfügung gestellt werden. Ein Teil der Ausstellung bleibt noch einige Zeit in der Wandelhalle erhalten, damit er von den heute hier cin- treffenden Abgeordneten besichtigt werden kann. — Die „Krzztg." schreibt: Wir haben soeben zu der von der „Schlesischen Zeitung" verbreiteten Nachricht Stellung genommen, daß vor ven Rcichstagswahlen ein konservativer Delegiertentag solle einberufen werden. Die „National-Zeitung" will jetzt aus der Art unserer Stellungnahme folgern, daß wir einem solchen „offenbar wenig geneigt" seien. Wie sie zu einer solchen Aeußcrung kommt, ist uns unerfindlich, daß wir uns über die Frage, ob die baldige Einberufung eines konservativen Delegiertentages wünschenswert sei, weder in unserem letzten Aussatze, noch bei anderer Gelegenheit ausgesprochen haben, auch die Form dieses Aufsatzes keinerlei Anhaltspunkte für unsere Stellung zu jener Frage gab. Wir haben nur dargelegt, daß die Nach richt der „Schlesischen Zeitung" in der von ihr gebrachten Fassung nicht zutreffe. Die „Nat.-Ztg." knüpft hieran die Frage: „Aber vielleicht in anderer Fassung?" Diese Frage ist höchst überflüssig, da wir selbst mitgeteilt haben, wie viel von der Nachricht zutrifft, und da hierüber auch die „Nat.-Ztg" berichtet hat. In der letzten Sitzung des Vorstandes des Wahlvcreins dcr deutschen Konservativen ist, wie wir hier wiederholen, nach Ausweis des Protokolls dcr Wunsch ausgesprochen worden, daß ein Delegiertentag vor den nächsten Reichs tagswahlen nach Berlin cinbcrufen werde, zu diesem Wunsche hat aber bisher die Parteileitung keinerlei Stellung genommen. Nur in dieser von uns bereits mitgeteiltcn Fassung trifft von dcr Nachricht der „Schlesischen Zeitung" etwas zu. — Zu der Angelegenheit der Audienz der Burengencrale bei Sr. Majestät dem Kaiser schreibt die „Nordd. Allg. Ztg." ferner: Nach Mitteilungen, die, ganz ungehöriger Länge aus. Und doch ist dies alles nebensächlich, gegenüber dem Hauptgcbrcchcn der ganzen Komödie: der abstrakten, ergrübeltcn, ausgerechneten, papiernen Symbolik. Es ist wahrlich kcin glücklicher Sprung, dcn Halbe aus dem Gebiet dcr Wirklichkeit in die Phantasiekomödie unternommen hat, die Figuren dieses bunten Spiels weigern sich, durchaus Ge stalten zu werden, und wo sie's werden, sind cs karrikicrtc Gestalten. Kommt dcr Dichter von dcr pessimistisch angehauchten Acsthctik und Modckunst nicht los, kann er sich nicht in die Region kräftiger Frische erheben, so thut cr jedenfalls besser, bei den düstern Wirklichkeiten von „Mutter Erde" und „Haus Rosen hagen" zu beharren. Möglich wär'S, daß ein paar glückliche Striche, ein entschloßenes HerauSwerfcn ganz slimmungsloscr Wieder holungen dcn Nachdruck verstärkten und einige Steigerung bewirkten, daß dann auch poetische Einzelheiten, an denen es nicht fehlt, beßer zu ihrem Recht kämen. Aber die Hcrvorkchrung der wirksameren Späße, swie des dichtenden Hirschenwirts und des Vereins Apollo mit seinen Sängern, würde die Komödie viel näher an die Posse hcranrttcken, als cs in der Absicht des Dichters liegt. Das Ringen nach etwas Höherem, nach dem Ausdruck eines innerlich Eigentümlichen, das entschieden in dcr neuen Schöpfung waltet, gewinnt auf der Bühne doch erst dann Lebensrecht, wenn es zum Anteil zwingend, fortreißcnd und überzeugend in die Erscheinung tritt und das ist im „Walpurgistag" kaum stcllenwcis der Fall. Bunte Bewegung wandelt sich zur Handlung nur wo sie kräftig zusammengefaßt, straff auf ein Ziel ge richtet wird. Daß ich damit der seelenlosen theatra lischen Technik nicht das Wort reden will, brauche ich nicht zu sagen. Die Wiedergabe ciner Komödie wie der „WalpurqiS- tag" gehört daher zu den Aufgaben, die anjRegie und dar stellende Künstler hohe Ansprüche stellen und eigentüm-
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