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Weißeritz-Zeitung : 19.11.1932
- Erscheinungsdatum
- 1932-11-19
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1761426109-193211193
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1761426109-19321119
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1761426109-19321119
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungWeißeritz-Zeitung
- Jahr1932
- Monat1932-11
- Tag1932-11-19
- Monat1932-11
- Jahr1932
- Titel
- Weißeritz-Zeitung : 19.11.1932
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Die Frau auf WM Roman von O. Höcker. tir. T«ltl«tz»ns ) Waltham hatte sich mit selten gekanntem Appetit das Mahl munden lassen; besonders lecker erschien ihm das Ra- gout und er sprach ihm eifrig zu. Nun empfand er Durst, und er schlug seinen Gästen vor, zusammen eine Flasche zu leeren. Davon wollte Smith indessen nichts wissen und In gersoll stellte sich noch viel entrüsteter. „Ich wundere mich, Waltham, daß Sie Alkohol mögens Meinte Smith mit unverkennbarem Schaudern. „Ich trinke nur Wasser. Mein ganzes Haus trinkt nur Wasser." „Wir trinken alle nur Wasser!" versicherte Herr Inger- ,soll sehr energisch. Waltham bekam einen roten Kopf. Da hatte er in der Aufregung völlig den Temperenzstandpunkt des würdigen Mannes vergessen. Das war eine schöne Geschichte! „Mein Mann meinte auch nur als Arznei," warf Lucy beschwichtigend ein. „Das Wasser im Zuge kann echtes Quell wasser nicht ersetzen. Mein seliger Vater war die Mäßigkeit selbst. Doch auf anstrengenden Reisen nahm er Wein eben nur als Arznei. Die Herren verzeihen, wenn ich von Ihrem Standpunkt abweiche, ich meine jedoch, in Ausnahmefällen, zumal in vorgerücktem Alter, sollte man nach ausgestan- Lenen Strapazen die Herztätigkeit ein wenig anregen." Ingersoll wollte etwas sagen, doch als vorsichtiger Mann wartete er erst die von seinem leuchtenden Vorbild aufge steckte Miene ab; sie schien mild verklärt, und da platzte er heraus: „Sehr schön gesagt! Im Alter bedarf man der Me dizin!" „Wir sind zu Gaste, und ich möchte die schöne Harmo nie nicht stören," meinte nun auch der nachsichtige Herr Smith. „Schon um auf das Wohl des verehrten jungen Paares anzustoßen, wollen wir einmal von unserer lang jährigen Gewohnheit abgehen — was, Ingersoll?" „Wir wollen von unserer langjährigen Gewohnheit ab- gehcn!" wiederholte dieser mit reinlicher llebcrzcugung. „Doch nur ein kleines Spitzoias — und nur den Boden voll!" schärfte Smith ein. „Nur ein Glas voll!" wiederholte der brave Ingersoll, der im Eifer sein Vorbild nicht genügend verstanden hatte und sich von diesem nun einen strafenden Blick gefallen las sen mußte. Waltham ging hinaus, um eine Flasche zu holen. Er blieb ziemlich lange; einmal hörte man es draußen unter drückt knallen und Lucy schien es, als ob Smith, der ihr eben eine sich bis ins einzelne verbreitende Geschichte seines lang- jährigen Magenleidcns gab, der direkten Ursache seiner Ab wehr von aller Erdenlust, sehnsüchtig nach der Tür schielte. Als Waltham endlich wieder zurückkam, blitzten seine Augen munterer, und er quittierte heiter über das meckernde Lachen Ingersolls, der durchaus wissen wollte, wo er so lange gesteckt habe, aber keine Antwort bekam. Herr Smith brachte einen langatmigen Toast auf das ; junge Paar aus, wobei es ihm in der Zerstreutheit passierte, daß er gänzlich unmotiviert zuerst sein eigenes Glas leerte, um dann Ingersolls Kelch, von diesem mit einem wehmuts vollen Abschtedsblick geleitet, zu ergreifen und ebenfalls zu leeren. Dann erklärte er, keinen Tropfen mehr trinken zu wollen. Da Herr Smith fest blieb, konnte sich auch sein Vizeprä- j sident nicht wieder vollschenken lassen.^Doch in dessen tauben. , reinem Herzen bohrte ein bitterer Stachel, als er wahrneh- i men mußte, wie sein unerreichtes Vorbild im Laufe des animierten Gespräches immer wieder in der Zerstreutheit nach dem verfänglich nahe neben seinem Wasserglas stehen den Sektkelche Lucys griff und ihn ebenso regelmäßig leerte, j um erst hinterher des begangenen Irrtums bewußt zu wer- j den. Natürlich verfehlte Waltham nicht, aufmerksam Lucys ' Glas immer wieder zu füllen, die auf diese Weise, ohne j selbst vom Wein zu nippen, den Löwenanteil aus der Flasche ! zugemessen erhielt. Herr Smith war so gesprächsweise vertieft, daß er gar nicht wahrnahm, wie Waltham nach einer Weile verstohlen eine neue Flasche holte; ihn selbst machte das viele Sprechen offenbar trocken, und seine Hand tastete immer häufiger nach dem Wasserglase, um regelmäßig den zierlichen Sekt kelch zu erwischen. Nur als Herr Ingersoll, der auch zer streut sein zu müssen glaubte, die zwischen ihm und Waltham auf dem Boden im Eiskübel stehende Lhampagnerflasche mH ! der Wasser enthaltenden Kristallkaraffe verwechselte und sich ! hurtig sein Wasserglas vollschenkte, um es ebenso rasch hin- . ter der weißen Binde verschwinden zu lassen, heimste er einen mißbilligenden Blick seines vorgesetzten Präsidenten > ein, der ihm derartige Seitensprünge austrieb. Von Geschäften an diesem Abend wollte der immer mehr ! aus seiner anfänglichen würdevollen Reserve auftauende ! Herr Smith nichts wissen. „Ich habe mein Programm geändert," offenbarte er. - „Vorausgesetzt, wir dürfen Ihre Gastfreundschaft in An- ' spruch nehmen, so fahren wir nach Leadville durch, dort ver- , bringen Sie einigePenußreiche Tage im Kreise meiner lieben j Familie. Inzwischen werden wir geschäftlich noch einig wer- ! den. Nachdem ich Ihre reizende Gattin kennen gelernt, Waltham, zweifle ich nicht länger daran. Was sind Sie doch für ein glücklicher Mensch!" Im Laufe des Gespräches hatte Lucy viel von ihrer flüch tigen Munterkeit eingebüßt. Immer wieder hatte sie voll angstvoller Frage Walthams Blick zu begegnen gesucht, doch dieser war ihr geflissentlich ausgewichen. Innerlich zitterte sie immer angstvoller vor dem Aufstehen. Was sollte wer den, wenn die beiden Gäste sich zurückztehen wollten? Doch da begann Smith schon selbst davon zu sprechen. „Wie werden Sie uns unterbringen, Waltham?" fragte - er. „Wir dürften so ziemlich denselben Wagen haben. Auf : beiden Seiten je ein Schlafzimmer — was? Na, Ingersoll und ich, wir behelfen uns, das Bett wird ja breit sein. Im i anderen Zimmer bleiben Sie." „Natürlich!" rief Ingersoll. Waltham Hütte ihm an den Hals fahren mögen, zumal als er Lucys Blick begegnete, die nur noch mühsam ihre Selbstbeherrschung bewahren konnte, doch äußerlich blieb er unbefangen. „Die Herren wollen sich zurückziehen?" fragte er. „Ich führe Sie in mein Schlafzimmer. Sie müssen es nehmen, wie Sie es vorfinden. Ich bin meiner Iunggesellengewohn- heit treu geblieben. Mein Frauchen kann nämlich mein Schnarchen noch nicht vertragen." Wie abbittend streifte er dabei Lucys Gesicht. Doch diese hatte sich abgewendet und machte sich in töd licher Befangenheit an einer Blumenvase zu schaffen. Zum Glück fiel Smith mit geräuschvollem Lachen «in. „Ganz wie bei meiner Frau! Ich glaube, sie hat mich zuerst wegen meines Schnarchens geradezu gehaßt. Doch das gibt sich. Na, schönen Dank für die gütige Aufnahme und recht segensvolle Ruhe! Morgen früh müssen Sie mir haar- klein berichten, ob Ihr lieber Mann wieder geschnarcht hat!" meinte er lachend. ' Lucy konnte kaum noch ihre Fassung bewahren, bis sich die Türe hinter den beiden und Waltham geschlossen hatte. Als sie sich allein sah, kam ein erstickter Laut Uber ihre Lippen; sie schlug die Hände vor das plötzlich erblaßte Gesicht und brach wie vernichtet im nächsten Sessel zusammen. Als Waltham nach einer Weile in den Raum zurück- kehrte, fand er sie in Tränen aufgelöst. Auch seine Miene war umwölkt, doch als er die Weinende erblickte, bezwang er den eigenen Unmut und trat tröstend auf sie zu. „Fräu lein Elgin!" sagte er leise. Sie ließ die Hände sinken und schaute trostlos zu ihm auf. Er hatte die Empfindung, als müßte er die Schluchzende in d'ie Arme nehmen und ihr die Tränen von den Augen küssen; er begriff sich selbst nicht. Er wußte kaum etwas von dem jungen Ding, kannte sie erst seit wenigen Stunden, und doch durchbebte ihn schon eine neue Empfindungswelt, von der er sich früher keine Vorstellung hatte machen können. Waltham bezwang sich und blieb gelassen. „Fräulein Elgin," sagte er leise, indem er so förmlich wie möglich zu erscheinen versuchte, „ich habe Sie um Verzeihung zu bitten. Meine Kopflosigkeit hat Sie in eine Lage gebracht, über die ich selbst erröte. Es bedarf keiner Versicherung, daß ich wieder gutzumachen suchen werde, Ihnen mein tiefes, aufrichtiges Dankgefühl..." „Wer spricht von mir!" unterbrach sie ihn erregt. „Ich bin ein junges, unbedeutendes Ding. Sie nur tun Mir so leid, Sie ganz allein!" „Ich!" Erstaunt schaute er sie an. „Wie soll ich das ver stehen!" „Sie sagten doch, daß Herr Smith Sie in Händen hat. Er sieht so schrecklich falsch aus. Man möchte sich vor ihm fürchten. Wenn er nun erfährt, daß wir ihn angeführt ha ben — und er muß es doch erfahren, was dann?" „Das lassen Sie getrost meine Sorge sein, darum sollen Sie sich nicht beunruhigen," tröstete er. „Es wird mir über Nacht schon ein Ausweg kommen. Jetzt sollen Sie schlafen, Fräulein Lucn..." Fortsetzung folgt.
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