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Weißeritz-Zeitung : 18.08.1936
- Erscheinungsdatum
- 1936-08-18
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1761426109-193608188
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1761426109-19360818
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1761426109-19360818
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungWeißeritz-Zeitung
- Jahr1936
- Monat1936-08
- Tag1936-08-18
- Monat1936-08
- Jahr1936
- Titel
- Weißeritz-Zeitung : 18.08.1936
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Lekönen blauer vodsnsee einer cler meist geliebten deutseben Seen / Was unteren Bodensee von allen Alpenseen unter scheidet, den ebenbürtigen Bruder im Südwesten der Schweiz nicht ausgenommen, ist seine Ferne und Weite. An keiner Stelle seiner so vielfach geformten Ränder und Randerhebungen, nicht einmal in der Bregenzer Bucht, gibt er sich dazu her, ein bloßes Spiegelbild für himmel strebendes Eefels zu fein, sozusagen ein purer Vorwand der Natur, den reichbewegten Umriß ihrer Berge mit ihrem bald jähen Sturz, bald sanften Schwung zum Tals in ein besonders wirksames Licht zu setzen. Nein, soweit lionslanr. «lie tausenckjUIni--« kisekokütnllt sich dieser See ausdehnt und erstreckt, bleibt auch er selbst fürs Auge die selbstherrliche Gegebenheit, indem er es allein schon unaufhörlich durch sein ewig wechselndes Licht- und Farbenspiel zwischen Morgen und Abend be schäftigt. Denn dies ist ja die wahre Unerschöpflichkeit des Schwäbischen Meeres, daß es in jeder Tagesstunde und Jahreszeit, bei jeder Bewölkung. Benebelung und Be sonnung ein anderes ist und eine allgemeine Aussage, welches seine eigentliche Farbe sei, von vornherein gar nicht zulüßt. Wenn die übrigen Alpsmeen entweder blau oder grün sind, mißfarben oder fahl, so sieht der Bodensee je nach Windrichtung und Windstärke, je nach Sonnen stand und Luftfeuchtigkeit bald flaschengrün gefärbt aus, moosgrün, achatgrün, bald brütet er unbewegt und wie mit einer dünnen Oelschicht übergossen in einem stumpfen Eisengrau, das sich gelegentlich bis zur toten Bleifarbe ver düstert; bald leuchtet er, ein zarter Widerschein des Himmels, in einem sanften Blau, welches bei östlicher Luftbewegung bis zu einem fast harten Ultramarin-, ja Kobaltblau übergehen kann. Allzu arm ist die Sprache an Bezeichnungen für die zahllos gestuften Abschaltungen innerhalb des Farben kreises, die der See schon bei der leisesten Kräuselung seiner Oberfläche erleidet. Aber gerade in ihrer Un- säglichkeit bezaubern sie das Auge unwiderstehlich und versetzen uns leicht in jenen glückhaften Rausch der Sinne, den uns Deutschen sonst eigentlich nur der Süden spendet. Ueberredsame Ferne und Weite Von Onivsrsitütoprokossor t.eok>0t.o 2ie<zi,klr so nahe an das Wasser rückt, daß es die Vorherrschaft der Waagerechten und der Fläche ernstlich beeinträchtigt, trägt es dennoch das seinige zur Charakteristik der Landschaft bei. Im Norden vielfach geradezu in die Ebene abdachend und verflachend, stoßen die Berge an anderen Stellen bis nahe an den Wasserspiegel vor, Vorreiter der Alpen,'die gleichsam die Ankunft gewaltiaer Heersäulen melden. Und auch jetzt scheint uns die Natur all ihre Möglichkeiten vorführen zu wollen, die sie zwischen Gipfel und Tal, zwischen Gebirge und Flachland bereit hält. Kaum ist es zu glauben, daß es derselbe See sei, der an den Rieden des Untersees etwa den lieblichen Gestaden des Chiemsees ähnelt und wiederum am Bodenstück bei Sonnenunter gängen des Spätsommers einem der nördlichen Fjorde Norwegens gleicht, umhaucht von aller herben Einsamkeit und Weltverlorenheit der Lofoten; derselbe See, dessen Küste ein abendlicher Blick aus die Bergkegel des Hegau mit Griechenland verwechseln könnte; derselbe See, den im Winter der röhrende Föhn in hochbrandenden Wogen stürzen über die Ufermauern wälzt; derselbe See, der einem Sohn der westpreußischen Landschaft Heimweh macht, weil ihn ein Blick von gewissen Stellen aus an die Ostsee gemahnt. . . So finden wir im Bodensee die Küsten und Gestade fast aller europäischen Meere irgendwie angedeutet und vertreten vom nördlichen Atlantik bis zum Mittelmeer. Mit nichts in der Welt aber ist er zu vergleichen an jenen Tagen, wo sich über seine gesegneten Gärten die Silberkette der Alpen spannt, vom Tödi und Elärnisch bis zu den Oberstdorfer Gabeln und Hörnern, sie alle gelaffen überwölbt vom mächtigen Gestühl des Säntis als ihrer königlichen Mitte, einem Eebirgsstock für sich, wie ihn die Griechen unfehlbar als Thron und Wohnsitz der Götter verehrt hätten. Er hält in hoher Majestät den See und sein Gefilde in guter Kut. Vom sm Lokwsbisoken Für die weite Landschaft des Bodenseebeckens ist der südliche Alpenkranz mit seinen über See und Wälder her- übergrüßenden Spitzen ein charakteristischer Schmuck. Von einem der vielen Aussichtspunkte am deutschen Ufer hat map Rundblicke, die die Alpenwelt eindrucksvoll erleben lassen. Der See wird nach Osten durch das breite Massiv des Pfänder begrenzt. Hinter ihm liegt die Kette der Vorarlberger Alpen, von der Künzelspitze und dem Hoch- älple bis zum Hohen Freschen. Im Nheinbett erscheint die Hohe Kugel, an deren Fuß sich Dornbirn anschmiegt. Weiter zurück ragt die mächtige Scesaplana auf, daneben der Falknis, die Grauen Hörner mit der Ningelspitze bei Nagaz-Pfäfers. Im Vordergrund stellt sich über Vaduz das Drei-Schwestern-Majsiv breit ins Blickfeld. Rechts vom Rheintal über Rheineck, Walzenhausen und St. Gallen steigt die gewaltige Säntisgruppe auf. vor der sich die land, das der Rhein bei Schaffhausen in mächtigem Fav durchbricht. Das Bodenseebecken wird im Westen von de« vulkanifchen Hegaukegeln, vor allem dem Hoyentwiel mi! feinem markanten Felsenhaupt abgegrenzt. Nicht wenige Kenner des Hochgebirges gibt es, di« glauben, daß man die Alpen nicht machtvoller erleben könne als herüberblickend von einer der Höhen am nörd lichen Bodenseeufer. Kleines öseösker Wo ist es am schönsten in diesen Wochen des scheiden den Sommers, wenn die Schwermut der Jahreszeit nur kl ein leises Ahnen im sanft fächelnden und zart streichelnden Winde zittert? Willkürlich wäre es, wollte man einen oder wenige Plätze herausgreifen, andere verschweigen. Es gehört zur Weiträumigkeit des schwäbischen Meeres, daß es für die verschiedenartigsten natürlichen Gestaltungen Raum läßt, für die merkwürdigsten Gegensätze, die erst zusammen den ganzen Begriff „Bodensee'^ bilden. Ein „Eottesgarten" Das ist Lindau, die Jnselstadt, deren Lage schon Mörike — und nicht nur er — „zum Entzücken" fand. In ihrem altertümlicheii Stadtbild, in dem die Zeit still gestanden zu sein scheint, ist gut ausruhen, und seelische Erholung liegt im Durchwandel ihrer romantischen Enge. Oie Leppeliastack« kHeckricdsdakev 3 bilüsf ^vtwäflr-Vsi'log-^ckiv Wir folgen dem Ufer und kommen nach Kreßbronn. Ein „Gottesgarten" zu sein, ist der Ruhm des Ortes, eine Fülle Überreich mit Früchten gesegneter Obstbäume harrt der Ernte entgegen. Anders finden wir Langenargen, das alte Fischerdorf. Hier dehnt sich der See zu seiner größten» Breite. Weder bei Sonnenschein und noch weniger bei Sturm kann man sich dem großartigen Eindruck entziehen, den diese, »n allen Farben spielenden Wassermassen machen. Das Katbaus In Tinckao mattenreichen Appenzeller Voralpen ausbreiten. Zwischen ihnen und dem Äe liegt der hochragende Rorschacher Berg, auf ihm Heiden und zu seinen Füßen die llferstädte Ror schach, Arbon und Romanshorn. In weiter Ferne west wärts erkennt man die Spitzen vom Tödi, Glärnifch und dem Berner Oberland und davor das Thurgauische Hügel Di« Landschaft »eutsthen Anfangs Der Bodensee, könnte man sagen, ist die Landschaft unsere» deutschen Anfangs. Hier beginnt der Deutsche im Ramen Gottes zu roden und zu pflanzen, zu bilden und zu bauen, zu dichten, zu fingen und zu sinnen; hier setzt sich jeder Fußbreit der sichtbaren Landschaft draußeti um in ein Stück Seelandschaft drinnen, und wie es den leib lichen Blick unwiderstehlich in die Fernen des Raumes zieht und lockt, so rieht und lockt es den geistigen Blick unwiderstehlich in die Fernen der Zeiten. Mit ckll dem will ich keineswegs behaupten, daß di« Höhengestallung der Ufer und Buchten für unseren See «ine bare Nebensache sei. Wenn auch das Gebirge nirgend» dem Wie dem übrigens sei — die Farben, eben diese Farben, entführen also Aen Betrachter immer wieder in die sehnsüchtige Weite, in der ich das Merkmal unseres Bodensees zu gewahren glaube. Wie gern wir auch mit unserem Auge beim Nächsten verweilen möchten, immer wieder entgleitet es uns und schweift nach den gegenüber liegenden Ufern, wenn diese sichtbar sind, oder nach den meerhaft entfernten Horizonten, wenn die jenseitigen Ufer unsichtbar bleiben. Vielleicht ist diese jo überredsame Ferne und Weite dann aber auch der letzte Grund, warum sich der Bodensee nicht eigentlich malen läßt. Die Ausdehnung seiner Fläche scheint sich zur Not noch in Linien, nicht aber in wirkliche Farben übertragen zu . lassen, und das Pathos seiner Geräumigkeit scheint sich in dem Maße, als sie das Gemüt beschwingt, dem Bilde und seinen Ausdrucksmitteln zu versagen. Vielleicht darf ich an diese Feststellung noch ganz im Vorbeigehen den wichtigen Umstand knüpfen, daß diese natürliche Weiträumigkeit der Bodenseelandschast sozu sagen ihrer historischen Weitläufigkeit durchgängig ent spricht, und daß hier eine beinahe einzigartige Ueber- «nftimmung von Natur und Kultur obwaltet. Denn wer Immer diese das Herz gleichsam entenaende Landschaft leiblich durchwandert, der wandert geistig durch die zwölf Jahrhunderte unserer Vergangenheit, — der stößt bei jedem Schritt aus ihre herrlichen Denkmale von der Ro manischen Zeit bis auf die Gegenwart. Die Zeppelinstadt Ein Eindruck, der auch für Friedrichshafen charak teristisch ist, dis Zeppelinstadt, wo wieder ein neuer Luft riese seiner Vollendung entgegensteht, Sinnbild der macht voll strebenden deutschen Gegenwart, die uns allenthalben in dem schönen Ort mit seiner prächtigen Uferpromenade entgegentritt. - Immenstaad empfängt uns, inmitten von Rebengärten und Obstwiesen, die der reifenden Kraft der Sonne warten. Und dann sind wir in Meersburg, dem romantischen Felsennest, dem weinsrohen und so oerträumtmalertswen Städtchen, wie es Dichter lieben. Ein kleiner Abstecher ins Hinterland führt uns in die herbstbunten Wälder von Heiligenberg mit seinem kunstvollen Schloß. Zum See zurückstrebend erreichen wir Unteruhldingen, dessen erste Besiedelung vor nicht weniger als 40ÜV Jahren erfolgte; ein fundgetreu nachgebildetes Psahlbaudorf gibt ein ein dringliches Bild vom Leben der See-Urbewohner. Wehrhaft und blumenreich Gegenüber der in mächtiger Breite lagernden Flut des schwäbischen Meeres hat der nordwestliche Arm de» Bodensee», der Ueberlinger See, seinen heroischen Cha rakter und seine idyllische Anmut voraus. Das find kein« Gegensätze, denn bewaldete Höhenzüge, die gegen rauhe Winde schützen, üppige Obsthaine, sonnige Weinberge, auf den Kuppen der umrandenden Berge verträumte Burgen und trotzige Türme, das sind die Züge dieser Landschaft, in deren Mitte terrassenförmig llebernngen liegt. Wehr haft und blumenreich, das ist das romantische Bild der alten Reichsstadt. Und sind wir in Ludwigshafen oder Vodma«, der alten Kaiserpfalz, so haben wir das westliche Ende des Sees erreicht, der in eine hügelige Wald- und Eartenlandschaft ausklingt. Wir wenden uns südwärts, wo uns Konstanz erwartet, die tausendjährige Bischof stadt an den Ufern des Bodensees und Rheins. Bon der Herbstsonne vergoldet, liegen ihre alten Baudenkmäler, und erzählen sie von vorübergerauschter Geschichte, so zeigt uns da» lebendig« Treiben in der Stadt, daß Geschichte nur dort geschehen kann, wo jede Gegenwart oorbebaltlos bejaht wird.
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