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Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger : 25.08.1915
- Erscheinungsdatum
- 1915-08-25
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1786999250-191508250
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1786999250-19150825
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1786999250-19150825
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungFrankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger
- Jahr1915
- Monat1915-08
- Tag1915-08-25
- Monat1915-08
- Jahr1915
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— 408 — Kreuz« um seinen Stamm herum — der Friedhof von Blendostowo. 7 Uhr 20 Minuten. Die Sonne ist drunten und zeichnet lange Blutbänder in die westlichen Wolkenzüge. Die Nach barbrigade fängt zu feuern an, und immer weiter dehnt sich »das sausende Kraftkonznt am Horizont entlang. Immer wieder und wieder das Geschnatter und Gekreisch der vielen Gänse — die fetten Tierchen scheinen ein bißchen in Sorge zu gerate». In der brginnenvrn Dämmerung steht man schon die Schrapnrllblitze, und mit grellem Glanze fahren die Flammrnsträuße der Granaten auf. Da klingen Helle Rufe über die langen Reihen unserer Gräben hin. In raschen Linim gehen die Sachsen vor — es ist anzusehen wie ein fiinkrS Manöverspiel, das sich noch erledigen möchte, bevor es dunkelt. Weithin zur Linken und Rechten wird rS lebendig, überall tauchen die lange», dunkelgrauen Pnlm- schnüre unserer Braven aus dem Boden hervor und wallen sich hi» über das Feld, verschwinden in den Arhre», tauchen wieder auf, wo das Getreide fchou geschnitten ist, decken sich hinter den. Garbenmännchen, springen in breite» Schwärmen vor und verschwinden in einer Bodensenke, die vor dem russischen Graben liegt. Nun donnern die feind lichen Schüsse, u»d die russischen Aranatrngarben wachsen vor und hinter unseren Schwarmltnien aus der Erde heraus. Ein klingendes Kommando: „Zweiter Halbzug, marsch!" Eine dritte und vierte Linie belebt sich und schreitet vor. In die von den Schwarmreihen verlassenen Gräben quellen neue Reserven von rechts herein, und in der Ferne, wett drüben zur Linken, sind alle Felder überwimmelt von den langen Reihen der vorwärtsgleitenden Punkte. Zwischen ihnen flattert ruhelos eine große Schar von Kibitzen auf den Feldern umher. Di« fünfte Schwarmreihe steigt aus den Gräben: bei ihr ist ein junger polnischer Hund, der inmitten der Schützenlinie gemütlich durch das Kartoffelfeld bockelt. Run geht dir sechste Reihe vor, hastig schrettend. Immer zarter und linder schleiert sich die Dämmerung um das Feld, während dir mächtig« Rauchfahne drS von den Russen in Brand gesteckten Dorfes hoch in den Lüften noch rosig beleuchtet ist vom letzt« Sonnenblick. Der Fettü) beginnt sein Schrapnellfruer immer dichter mit schwer« Granat« zu misch«. Er schießt zu hoch und zu writ, und Hüttig gleit« die Unseren unter seinem Feuer durch. Nicht immer komm« sir hinter dm Rauchbäumen wieder lückenlos hervor. Da sich eine von dies« Qualm- fchwadrn verzieht, sehe ich zwei Feldgraue unbeweglich lieg«, drei sitz« auf dem Acker und stemm« die Arme nach rückwärts. Dir srchstr Schwarmrrihr ist draußrn, und schon wird« ist der ganze Grab« Schulter an Schulter besetzt von dm Unserm. Alles spinnt sich in Dämmerung ein. Nur die letzte Linie der Feldgrau« ist in dem wogend« Dunst, der über die Necker flutet, noch zu erkennen. Alles, was ferner liegt, ist schon umschleiett von de« Schatt« deS Abends. Nur dieses Donnerdröhn« und dar grell« Aufblitzm der platzenden Geschosse. Ist die Zahl der Unserm noch nicht zu Ende? Immer neue Reih« dräng« in die Gräb« herein und schreit« ruhig in das sinkende Dunkel hinaus, dem Feind entgegen. Drüben, vor dm Stellungen der Russen flackert ein neuer großer Brand empor und streut einen rubinfarbenen Schimmer wett hinaus in die Dämmerung — der Gegner zündet die Dörfer an, um das Feld zu brlruchtm und dm anrückenden Sachfen die Deckung zu nehmen. Die siebente, die achte und die nmnte Reihe der Unserm ist hinausgrschrittm. Am Nachmittag hörte ich dm Kom mandierenden sag«: „Ich habt leider nm wenig Leute!" Wie muß das auSsehrn. wenn er viele hat! Die ganze Häuserreihe eines großen und langen Dorfes beginnt zu brmnen. Ein märchenhaftes Flammenspiel voll Schönheit und Schauder! Sein glühender Funkenflug geht Verantwortlicher Redakteur: Ernst Roßberg in Frankenberg i.S hoch in die dunkelnde Nacht empor, und die grell beleuchteten Bäume erscheinen dabei so weiß wie Silber. Die Kamin- schächte der nirdergebrannten Holzhäuser stehen wir eine pompejanische Architektur im Flammenschein, und jeder von diesen Kaminen atmet in dicken Stößen einen schwarzen Rauch in das rote Fruerspirl. Aus unseren Gräben steigt die zehnte Schwarmreihr her vor. Ihre Soldatmgestalten heben sich schwarz von der F euer Helle des brrnnmdm Dorfes ab. Ruhig schwatzend schreiten dir deutschen Männer dem Kampf entgegen. Schon nach wenigen Minuten sind sie im Schattendunkel einer Feld- srnkung verschwunden, Und nun ist nichts zu sehen, nichts mehr zu erkennen. Alles einzelne verschwindet im Wechsel von tiefer Finsternis und blendendem Feuerschein. Die drei großen Flammen, der Düvsbrände beherrschen das Bild der finkmden Nacht. ES ist 8 Uhr 40 Minuten. Immer neue, neue und neue Linien der Unseren schreiten vor. Das ist wie rin drutschrS Krastmärchen, das unglaublich schrint, obwohl man's mit eigrnrn Augen steht, Und hinter mir der fülle Dämmerfriedr, der sein« Mantel um dir klrine Kirchr wickelt. Die erst« Sterne funkeln, und ich muß das Notizbuch schließen, weil ich zum Schreiben »immer sehe. Nur ein einziges bleibt noch immer deutlich: das große Schimmerbild drS dreifachen Brandes, der wirbelnde Funkenflug, die langr Flammmhecke und das schwarze Rauchgrwogr, das den ganzen Himmel zu überziehen be ginnt. Vom Widerschein der Flammen leuchten alle Fenster der kleinen Kirche in dir sinkmdr Nacht hinaus wie große Rubine. Immer neue Schützenreihrn der Unseren schreiten dem Feind entgegen — man ficht sie nimmer, hört nur ihre ruhigen Stimmen aus der Dunkelheit heraus. Schon seit einer Weile sind die feindlichen Geschütze stumm grwordrn. Nun schweigen auch die unseren. In der schwarz« Feme rin knirschendrs Geräusch, das sich anhött, als würden dicke Bäume langsam rntzweigebroch«. Dann tiefe Stille. Sie ist daS Atemholen unseres aufblühendrn Sieges. Langsam wandere ich über das finstere Feld zurück. Die Kirche von Blendostowo steht grau xnd still in der Dunkelheit. Niemand spielt die Orgel. Dennoch hör' ich das schöne Rauschen eines deutschen LtrdeS. Aus den Häusern, die noch erhalten blirbrn, klingt das Schwatz« gemütlicher Sachsenstimmen, und sreundlichr Lichter stimme« hinter den kleinen, mit Papier verklebten Fensterscheiben. Aus der Rich tung, in der die groß« Brände flamm«, tönt rin hundert- stimmiger Gesang über die schwarzen Felder her. Dir Worte kann ich nicht unterscheid«, nur die Melodie. Da draußen im fernen Dunkel, das matt überzittrrt ist vom Widerschein der in Glut versinkende» Dörfer, singen die Unserm daS „Slotta Vittoria!" Ich schaue mit meinem Fernglas durch dir Nacht hinübrr, srhr abrr nur den Glanz drS schwelend« Feuers — und sehe, daß zwei große Vögel ruhrlos vor dirsrm Schimmer hin und her schweb«. Erst meine ich, daß es Eulen sind. Dan» erkenne ich zwei Störche, denen dir Russ« daS Nest verbrannt«. („Hamburger Fremdenblatt".) kt Der Lote im Schützengraben DaS Kreuz bat 40 Schritt weit« gestand«; Sie werdens in der Elle gesteckt wohl hab« — So kam es, daß seine letzte Ruhstatt Nun mitten ist im Schützengraben. Drei grüne Kränze die Schulterwehr decken, Darin liegt er Und wir, wir leben Und kämpfen und trotzen allen blutigen Schrecken Banz dicht daneben. Und durch dm sprossenden Frühling läßt Das Sterben eherne Grütze flamm« LebenSstreit und TodeSruh — Wie nahe sind sie beisammen. St. Souplet. R. — Druck und Verlag von C. G. R».^erg in Frankenberg i.S.
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