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Dresdner Journal : 17.10.1860
- Erscheinungsdatum
- 1860-10-17
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-186010173
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18601017
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18601017
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1860
- Monat1860-10
- Tag1860-10-17
- Monat1860-10
- Jahr1860
- Titel
- Dresdner Journal : 17.10.1860
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^l>,«»t»e»l, preise: ^Lkrlici»: 5 7'blr. 10 Xxr. io 1 ,, 10 „ „ ,, »loootlick io Oe—U«: 15 Xxr. Liarslo« Xowmero: 1 Kssr. Iw ^L-Uuul» tritt ko»t uoä 8t«»p«l»o- »ckl»8 diora. »iserattupreise: kllr ü«o R»om einer »«»polteoeo 2«il«: 1 Kxe. Voter „Lio^eeooat" ckie Teile: 2 Xxr. Lrschriaea: l'Lzlick, mit Xaivekm« 6«r 8ooo- aoä keiertox«, Xbellil, für ckeo kolxeocleo 1»^- Vres-nerÄurml. Verantwortlicher Redakteur: I. G. Hartmann. Snsrratenannahme auswärt«: I-eiprix: 1'«. Ij«»»iv8rrrr>!ii, l'ommi-sionlir üe» Vre-äner .lourii«!«; eben«l»-«ll»t: U. Hk»»,:«; Xltoa»: llx^-e^erxi» t Vvol.ru; Leriio: 6uoi-,l »'uctio lt»vlili., tirrr«» rru » IturvLu; Lrsmeo: ». 8c»r.orr«; ?r»llkkurr L. «l.: .l»»oeo erbe ttnelilisnälnnx; Lola: ^ovl.r tttvrlll«; kurii: v. I.Hlviiui'i!,., <28, nie <te« Koo« enkous); kr»x' t«. 1iuv>>Ili»ii6Iui>js. Herausgeber: Xvoixl. Lrpeüitioo üv» I)re«6u«r 3ouro»I«, vrosäe», >l«rienstr«s»o Xr. 7. Amtlicher Theil. Dresden» 16. October. Ihre Majestäten der Kö-^ nig und die Königin mit Ihren Königlichen Hoheiten den Prinzessinnen Sidonie, Sophie, Amalie und Auguste, sowie Ihrer Kaiserlich Königlichen Hoheit, der Erzherzogin Antoinette, Prinzessin von Tos cana, haben heute Mittag da- Sommerhoflager zu Pill nitz verlassen und die Residenz bezogen. Seine königliche Hoheit der Prinz Gustav von^ Wasa ist heute Vormittag von Eutin hier eingetroffen und auf der Villa Seiner Königlichen Hoheit des Kron prinzen abgetreten. Dresden, 12. Oktober. Se. Königliche Majestät haben dem Buchhalter bei der Casten - Verwaltung des Mini- sterii drS EultuS und öffentlichen Unterrichts, Gustav Weber, da- Ehrenkreuz des Verdienstorden- zu ver leihen geruht. Bekanntmachung. Ueber die Verwaltung der bei der hiesigen Blinden anstalt von dem im Jahre 1838 hier verstorbenen kai- serl. russischen Major a. D. von Olsufirff gegründeten Stiftung wird stiftung-mäßig hiermit nachstehende Rech- nungrübersicht auf da» Jahr 1859 zur öffentlichen Krnnt- niß gebracht: Einnahmen: 1) baarer Eafsenbestand am 1. Ja ¬ nuar 1859 237 29 5^ 2) Zinsen von dem StiftungScapi- tal an 18,000 Thlr. . . . 892 - 5 - — - 3) Zinsen von den zeitweilig kapi ¬ talisieren Verwaltung-Überschüs ¬ sen der früheren Jahre an 2450 Thlr .» . 82 7 8 8». der Einnahmen 1212 / 12 3^ Ausgaben: 1) Verpfiegbeiträge für 15 au» der Stiftung ganz oder theilweise unterhaltene Blinde .... 607 - 5 - — - 2) Beitrag für au» der Anstalt ent ¬ lassene Blinde an den Fond» für Entlassene 100 - — - — - 3) Aufwand bei dem der Jahres ¬ feier der Stiftung gewidmeten Feste für die Blinden ... 44 - 11 - 8 - 4) Neu auSgrliehene Capitalirn . 400 - — - — - 5) Verlust, durchCourSdifftrenz beim Erkaufe von Werthspapieren . 3 - 7 5 - 6) JnSgrmein — - 10 - — - . 8». der Ausgaben 1155 4 3 Abschluß. Einnahme 1212 / 12 3 Ausgabe. 1155 - 4 - 3 - mithin Urberschuß 57 / 8 — - Das Vermögen der Stiftung bestand am Schluß des Jahre» 1859 in 20,450 / — zinsbar angelegten Capitalien. 57 - 8 - — - baarem Eafsenbestand. Dresden, am 2. October 1860. Ministerium de» Innern, Abtheilung für die allgcm. Straf- und Versorg-Anstalten, von Zahn. Thomas. Nichtamtlicher Theil. Ueberficht. Telegraphische Nachrichten. Zeitung-schau. (Constitutionnel. — Patrie. — Payr. — Opinion nationale. — Morning-Herald. — Mor- ning-Post. — Time». — Daily News. — Preß. — Russischer Invalide. — Journal de Et. PrterSbourg.) Tagesgeschichte. Wien: Steuerausschreibung. Graf Karolyi nach Pesth. AeitungSpostmißbrauch. — Pesth: Feuilleton. K. Hostheater. Dienstag, 16. October. Frau Lilla v. BulyovSzki gab gestern in Shakespeare'» Lustspiel „Die Widerspenstige" als Debüt die Katharine in einer eben so künstlerisch gelingenden al» individuell in teressanten Gestaltung. Sie charakterisirte den weiblichen Wildling mit unmittelbarem, warmem und innerm Leben, und indem sie den Dämon in Katharine mit voller Natur kraft herausstellte, blieb sie doch weiblich reizend und verfiel nicht in jene Härte und Schroffheit de- Wesens, die den Gewinn eines solchen Weibe» nicht mehr be- gehrenSwcrth erscheinen lassen, weil der edle Kern in ihr nicht mehr sichtbar ist. Und hierauf liegt der Nachdruck in Shake-peare'» Petruchio, der abenteuerlich und mit einiger Geldliebe geschäftsmäßig freit, findet — nach gelungener Cur — in Katharinen ein Weib, unschätzbar an Werth und theurer ihm als alle seine Schätze. Das lebensvolle, mit Geist erfaßte Bild Katharinen» fesselte ungemein durch Verschmelzung der Persönlichkeit mit dem Charakter, und vielfache Nüancen, Wendungen und Uebergänge der Seelenstimmung in Rede, Spiel und Mimik überraschten durch ungewöhnliche Feinheit der Empfindung, durch den Wechsel kräftiger Naturwahrheit und weiblicher HerzenSrrgung und Grazie. Manche AuSbrüche de» Widerspruchsgeiste» würden al» Ausdruck der nachhaltigen Leidenschaft der Opposition und de» Trotzes vielleicht noch schärfer zu markiren sein, und die letzte Rede Katharinen- könnt« a» tiefer Innerlichkeit gewinnen. DaS Spiel dieser Scene war vorzüglich. Ueberhaupt aber bleibt noch mehr und mehr zu ver meiden rin zu hoher Toneinsatz, der dem Organe leicht Schmelz und weiche Fülle raubt. Bei dem früher» Gast spiele der Frau v Vulyovözki wurden die Mängel genug am angrdrutet, welche ihr namentlich al» deutsche Schau Akademische Szechenyifeier. — Triest: Türkische Trup pen nach Ragusa. — Berlin: Reise des Prinz-Re genten. — Dessau: Concurs Morgenstern. — Aus Mecklenburg: Landtagseinberufung. — Karlsruhe: Notenwechsel mit Rom veröffentlicht. — Altenburg: Ju biläum. — Frankfurt: Frhr. v. Kübeck. Geburtstag de» König» von Preußen. Einundfünfzigerergänzung. — Pari»: Verbleiben deS Geschwader» vor Neapel. Rück kehr des syrischen. Armeerrserve. Sardinische» Kompro miß mit der ActionSpartei. Vermischtes. — Turin: Annerionistisches au- den Kammern. „Opinione" über die diplomatische Reaktion. Cavour'sche Note an Winspeare. Victor Emanuel in Loretto. — Mai land: Neue Minister. — Genua: Tumult. Syra kus angegriffen. — Livorno: Garibaldi'sche Muni tion mit Beschlag belegt. Verhaftung. — Palermo: Manifest gegen die A merion. — Madrid: Königin auS Saragossa. Abberufung de» Turiner Gesandten erwogen. — Amerika: Zustände in Venezuela. -j- Ernst Karl Georg Wilhelm v. Schirnding. Dresdner Nachrichten. sprovinzialnachrichten. (Leipzig. Zwickau. OelSnitz. Adorf.) Vermischtes Statistik und Lolkswirthschaft. Telegraphische Nachrichten. Wien, Dienstag, 16. October. Die heutige „Oesterreichische Zeitung" meldet, daß dir Grafen RadaSdy (Justizminister) und Thun (Cultu-mi- nister) entschlossen seien, aus dem Ministerium auszutreten. München» Dienstag, 16. October. Wie die „Neue Münchener Zeitung" mrldet, herrscht in Turin laut Nachrichten vom gestrigen Tage große Bestürzung. Die Gesandten Preußens und Ruß lands haben förmliche Proteste gegen den Einmarsch der Piemontesen in Neapel überreicht. Der russische Gesandte würde iw Falle der Nichtbeachtung diese-' Protestes seine Pässe verlangen. Turin, Montag, IS. October. König Victor Emanuel ist in Giulianuova, der ersten neapoli tanischen Stadt auf der läng- deS adriatischen Meere- auS dem Päpstlichen in- Neapolitanische führenden Straße eingezogen. Neapel» Souutag, 14. Oktober. Der Pro dictator Pallavicini (Annerioaist) verbleibt i» Amte, sein Gegner, CriSpi, wird entfernt. Rom, 11. Oktober. Einem Gerüchte zufolge würden die von den Piemontesen gefangen genom menen päpstlichen Generale Lamoriciere u. Schmidt hier erwartet. Aus Gaeta soll der Befehl zum Wiederbeginn de- allgemeinen Angriffs ergangen sein. Dresden, 16. Oktober. In den Pariser osficiöscn Blättern „Constitution nel" und „Patrie" finden wir wunderliche Auslas sungen über Deutschland. In dem Artikel deS „Con stitutionnel" wird von Neuem auf das rcvolutionär-uni- tarische Element in Deutschland hingewicscn, und an Preußen die freundschaftliche Einladung gerichtet, sich der selben als re galantuom» zu bemächtigen und jenseit des Rheins eben solche Heldenthaten zu vollbringen, wie Sardinien jenseits der Alpen. In Ermangelung hinreichen der Willfährigkeit dcr jetzigen preußischen Regierung wird auf die revolutionäre Seite des Elements gezeigt und angedeutct, daß dasselbe auch vielleicht seinen Weg allein gehen würde. Als Seitenstück zu dieser Einladung wird in dem Artikel dcr „Patrie" ein düsteres Bild von dem Hauptgegner, welchen dieses Project in Deutschland fin den würde, entworfen, das nicht perfider dargeftcllt sein könnte. Da» Blatt tritt mit dcr überraschenden Neuig keit vor die Welt, daß cs eine guvstiun »ulrieinemn- gebe. ES wird in dcM Artikel erzählt, daß da» Kaiserthum Oesterreich eigentlich nur eine Nachäffung des ersten Em pire sei, und die wahre Macht des ftühcrn deutschen Staates in dem römisch-deutschen Kaiserthum gelegen halte, welche, von Napoleon l. zerbrochen, nun für immer ver loren sei. Da die Umgestaltung Deutschlands, wie der „Constitutionnel" lehrt, nur eine neue nicht-österreichi sche Kaiserkrone hervorbringrn kann, und in dem jetzigen Oesterreich die nicht-deutschen Elemente bei weitem über wiegend sind und den Reisen der Krone Franz Joseph - nächsten» zu zersprengen drohen, so ist nach der „Patrie" die gueslion Liiiriekienne gerechtfertigt und, wie die „Opi nion nationale" ergänzt, das tinis -Vu^iriae vor der Thür. Die Nutzanwendung dcr ganzen Darlegung, daß Preu ßen die Gelegenheit ergreifen und unter französischem Protektorat den französischen Plänen in Deutschland eben so dienen sollte, wie Piemont in Italien, daß daS linke Rheinufer und die Unabhängigkeit des neugebackenen „Deutschlands" ebenso in französische Hände fallen würden, wie Savoyen und das neue Italien, ist nicht gesagt, aber jedem Einsichtigen offenbar. „Patrie" und „Pays" nehmen, indem sie der Nachricht des „Giornale di Roma", eS habe Frankreich dem Papste Gcldunterstützungcn angeboten, widersprechen, Anlaß zu der Erklärung, daß ein solches Anerbieten wie eine Art von Anerkennung der im Kirchenstaate ge schehenen Dinge feiten Frankreichs erscheinen möchte, wäh rend Frankreich immer gegen jene Ereignisse, welche trotz seines energisch verkündeten Willens geschehen wären, pro- testire. Diese Acußerungen der osficiösen Blätter stim men mit dem gestern mitgetheiltcn Artikel des „Consti- tutionncl" überein, indeß ist zu constatiren, daß weder in der deutschen noch englischen Presse daran Erwartun gen in Bezug auf rin offenes Auftreten Frankreichs ge gen Piemonts Vorschriften geknüpft werden. Die demokra tische französische Presse, z B. „Opinione nationale", verspottet den „Constitutionnel" wegen seiner Berufung auf das alte „abgethane" Völkerrecht. Während die „Times" den Protest de» Königs von Neapel mit dem bittersten Spotte übergießt und als leeres, bedeutungsloses Gerede betrachtet, commentirt der konservative „Herald" den Protest mit entschiede nem Beifall und spricht sich über das Vorgehen des Kö nig» Victor Emanuel mit Entrüstung auS. „Ist es nun nicht hohe Zeit, daß die Großmächte genau und sicher zu ergründen suchen, wie eS mit den Beziehungen zwi schen Napoleon und Cavour steht? Ist kein gehcim-S Eiuverständniß, kein verstohlener Pact zwischen ihnen vor- hande«? Kann man sich auf Cavour'» Erklärungen, daß an keine neue Abtretung sardinischen Gebiete» gedacht wird, unbedingt verlassen? Betrachtet man die Dinge in diesem Lichte, so wird e» die Pflicht der andern Mächte, auf das Treiben in Turin ein wachsames Auge zu ha ben, denn von dieser Frage hängt die Erhaltung deS europäischen Friedens ab." — Die „Poft" räumt ein, daß Victor Emanuel- „allen Principien und Herkömm lichkeiten des Völkerrechts Trotz geboten hat". Nur die tiefe Ueberzeugung, daß die Handlungen deS Königs von Sardinien daraus berechnet und danach beschaffen sind, das Glück vieler Millionen Menschen sicher zu stellen, vermöge in den Augen aller ruhigen und unparteiischen Beobachter seine kühnen Schritte zu rechtfertigen. Aber die andern Souveräne werden keine Rechtfertigung sol cher Art gelten lassen. Der Beherrscher von 24 Mill. Italienern ist für Oesterreich ein gefährlicher Nachbar. Rußland erblickt in ihm den Vernichter seines königlichen Schützlings in Neapel; und die hochmonarchischen Theo rien, denen so viele preußische Staatsmänner hold sind, haben selten einen Härtern Stoß erhalten, als durch die so eben krast des allgemeinen Stimmrechts erfolgte kolos sale Uebertragung von Staaten und Sceptern. Die Un terstützung, die Victor Emanuel jetzt wieder vom Kaiser der Franzosen erhält, erweckt ebenfalls Argwohn u. Miß trauen. Alle Erklärungen und Abläugnungen Cavour's sind nicht im Stande, die ewige Wiederkehr dcr Frage zu verhindern: Welchen Ersatz erhält Frankreich dafür, daß cs die Einverleibung deS neapolitanischen und päpst- spirlerin zunächst zu überwinden blieben; die sehr be deutenden Fortschritte, welche die Künstlerin seitdem in dieser wohlerkannten Aufgabe gemacht hat, sind um so ehrender anzuerkcnnen, als ihr Streben durch fleißige Beschäftigung aus der Bühne bisher nicht unterstützt wurde. Da indeß Frau v. BulyovSzki engagirt ist und eine ziemliche Anzahl von Rollen thatsächlich zur Zeit durch sie an unsrer Bühne die passendste Besetzung finden würde, auch der Beifall deS Publikums ihr keineswegs fehlt, so wird ihrem Talente ohne Zweifel bald eine regere Thätigkeit zuertheilt werden. — Herr Emil Devrient spielte den Petruchio mit bekannter außer ordentlicher Vollendung: voll Energie und geistig über legener, imponirender Willenskraft, — rauh, derb im Wesen, auch mit Humor und erschreckend in seiner Ver stellung als Frauenbändiger: aber zugleich doch mit jenem Ausdrucke edler, fester Männlichkeit, welche in ihrem natürlichen Gegensätze die Liebe der Frauen weckt, erhält und beglückt. Auch die Gesammtvorstellung war eine gute, und trugen dazu noch besonders die Leistungen der Herren Porth (Baptiste), Quant er (Vincentto) und demnächst auch die Herren Jauner und Kramer (Lu- centio und Tramio) bei. Frau v. BulyovSzki und Herr Emil Devrient wurden mehrfach gerufen. Zum Schluß der Vorstellung wurde „Der Weiber feind", dramatischer Scherz von R. Brnedir, gegeben. C. Banck. U- Berlin» 15. Oktober. Der heutige Doppel feiertag giebt der Residenz ein ungemein festliches An sehen. Da» Geburt-fest Sr. Majestät de» König» ver kündeten diesen Morgen Trompeterchöre in weithin ver nehmbaren Chorälen von allen Thürmen der Stadt. Aus demselben Anlaß haben viele Häuser sich mit Fahnen in den Lande-farben geschmückt und sämmtliche Kähne aus dcr Spree Flaggen aufgezogen. Um dieselbe Zeit, zu welcher der Gottesdienst in den Kirchen begann, hatte sich bereits eine dichte Menschenmenge in den Straßen gesammelt, durch welche der Festzug der Universi tätsmitglieder und der dazu gehörenden Deputationen sich in die Nikolaikirche begeben sollte. Um ^11 Uhr setzte sich dieser Zug in folgender Ordnung in Bewegung: Vorauf schritt ein Musikchor mit demComitt- dcr Studenten, welchem sich die erste Univcrsttätssahne anschloß, umgeben von Studenten in Collets, hohen Stiefeln, Federbarets und Schärpen mit gezogenen Schlägern. Hierauf folgten die Universitäts-Pedelle mit den Sceptern, dann Rector und Senat, die ordentlichen und außerordentlichen Pro fessoren, nach Facultäten geordnet, die auswärtigen De putationen (alle Professoren im Ornat), die Abgeordneten der Geistlichkeit beider Confessioncn, die Fahnen dcr Stadt Berlin, die Communalbehördcn von Marschällen begleitet, welche das Stadtwappen trugen. Ein zweites Musikchor ging hierauf den Verbindungen (Landsmann schaften) voran, welche mit ihren Fahnen und Schärpen einherschritten, verstärkt durch den Anschluß ihrer frühern Mitglieder; eS waren die Landsmannschaft Normania, die Jenenser Teutonen, Heidelberger AUemannen mit ihren Cartell-Burschenschaften, die Hallenser Neoöorusscn, Pflüger und Normannen, die Brandenburger mit ihren Cartell-Burschenschaften, die grünen Hannoveraner aus Göttingen, die Jenenser Arminen und der Wingolf. Jetzt folgte die zweite Universitätsfahne (ein Geschenk der Professorenfraucn mit der Inschrift: „Frauen-Gabe 1860") und derselben die in Berlin promovirten Doctoren, die übrige Studentenschaft nach Facultäten mit den früher» Angehörigen der Universität, unter Vorauftragung der Facultätssahnen. Einem dritten Musikchore folgten nun mehr die Angehörigen der Bau- und Bergakademie, die Etudirendrn der Pharmacie und die Eleven de» Gewerbe- lichen Gebietes gestattet? Und'die Versicherung, daß keine weitere Abtretung beabsichtigt wird, reicht nicht hin, um jede Besorgniß zu verscheuchen." Die Besorgniß, daß wieder Gebietsabtretungen an Frankreich im Werke seien, ist in der englischen Presse überhaupt, trotz den Versicherungen Cavour's, nicht gemindert, und in der Opposition gegen eine solche Po litik sind alle Blätter, sowohl diejenigen, welche Italien freundlich sind, als auch die Tory-Organe einig. „John Bull" und „London Review" wollen schon in der etwai gen Abtretung der Insel Elba an Frankreich einen ca ÜU8 belli erblicken. Die „Times" variirt das Thema in ihrem gestrigen Leitartikel in folgender Weise: „Man sagt, daß sich aus dcr Insel Sardinien dieselben Symp tome zu zeigen beginnen, welche die Anncrionskrankheit in allen andern Fällen begleitet haben. Aber ist eS mög lich, daß der großherzige Alliirte, dcr Victor Emanuel so freigebig zu anderer Leute Eigcnthum verhalfen hat, jetzt, nachdem er ihm das Grab seiner Ahnen abgenommcn, ihn auch des Eilandes, das seiner Krone den Namen giebt, zu berauben sucht? DaS freie Europa ist es ziem lich müde, Italiens Freiheit Napoleon Ul. pfundweise abzukaufen; und das absolutistische Europa'ist es ziem lich müde, ihn diese Freiheit verkaufen zu sehen. Mög lich, daß er Küstenstriche und Inseln zu Zwecken von großer Bedeutung sehr Wünschenswerth findet. Napo leon III. ist Herr über die Geschicke Italiens, und wir können eS nicht hindern, daß er entweder Italiens Ein heit zerstört oder, wenn es ihm gut dünkt, an irgend eine heilige Allianz abtritt. Aber wofern wir die Zei chen der Zeit recht zu lesen wissen, so muß er, was er von jetzt an thun will, unentgeltlich thun." — ,-,Daily News" dagegen erklärt die von der „Times" erwähn ten Gerüchte für „Koburgisch-Warschauisch-Augsburgische" Erfindungen, und bedauert Kinglake, Horsman u. Peel, weil ihnen leider in den Parlamcntsferien die Gelegen heit benommen sei, sich mit pikanten Enthüllungen aus solcher Quelle wichtig zu machen. Im direkten Wider spruch hiermit bringt die toryistischc Wochenschrift „The Preß" mit hervorstechender Schrift die Enthüllung, daß „sie sThe Preß) Grund zu glauben habe", daß Ihrer Majestät Minister „im Besitz von Informationen seien, die keinen Zweifel darüber lassen, daß ein frisches Ab tretungsgeschäft heimlich geschlossen wurde u. s. w." Wahr scheinlich stehen indeß weder den Herausgebern der „Daily News" noch denen der „Preß" besondere Quellen zu Ge bote, und ihr angebliches Geheimwissen wird bei beiden nur auf ihren Vermvthungen beruhen. Der russisch« „Invalide" spricht sich wieder sehr entschieden gegen die neueste Politik deS Turiner Cabi- net» au». Während er die Annexion von Toscana, Parma und Modena nach wie vor al» völlig legal be zeichnet, und die der Romagna, „weil die Frage über die weltliche Macht der Päpste zu allen Zeiten eine zwei felhafte gewesen", sich allenfalls noch gefallen läßt, er blickt er in dem Einfalle Victor Emanuel s in die Mar ken und in Umbrien, der Annahme der neapolitanischen Flotte und der Absicht, Neapel und Sicilien mit Pie mont zu vereinigen, während König Franz ll. sich noch in seinen Staaten befindet, Maßregeln, „welche auch den wärmsten Liberalen abkühlen müssen", und die das Blatt, „so lange Europa dies Alles nicht durch neue Gesetze, welche alle frühern umwerfen, gut geheißen hat, als ge- setz- und völkerrechtswidrig" ansehen zu müssen erklärt. In ähnlicher Weise nimmt das „Journal de St. Pc- tersbourg" seit längerer Zeit gegen Victor Emanuel und für Franz II. Partei. Aus den Nachrichten über den Kampf bei Caserta schöpft das genannte Blatt hciftc den Trost, daß die Soldaten, welche um Franz U. ge blieben sind, treu und tapfer sind, und daß, wenn das Loos dcr Schlachten sich gegen den „legitimen Souverän" aussprechcn sollte, dieser doch die Partie nicht ohne Ehren verloren haben, vielmehr mit Ruhm unterliegen und dies Andenken eines Heroismus und einer Festigkeit hinter lassen werde, welche- die „Aussichten für die Zukunft einer für den Augenblick durch daS Unglück geschlagenen Dynastie ganz besonders begünstigen." instituts mit ihren Fahnen und Emblemen; einem vier ten Musikchore endlich die Corps: Marchia, Ncoborussia mit dcr Nafforia auS Würzburg und der Vandalia aus Heidelberg, Vandalia, Gucstphalia und Normannia. Der Zug gewährte einen überaus malerisch schönen und im posanten Anblick und brauchte zu seiner Entfaltung über eine Stunde. Die Poststraße, welche zur St. Nikolai kirche führt, war Haus für Haus mit Blumen geschmückt und in der Mitte hatte man eine Art von Ehrenpforte hergerichtet. An der Kirche bildeten die Chargirtcn Spalier. Das Innere der Kirche bot einen herrlichen Anblick; die Vorhallen wie das Schiff prangten in einem reichen Blumenschmucke; der Altar, vor welchem sich die Fahnenträger ausstellten, war mit blühenden Orangen- und Myrthcnbäumen umgeben, eben so war die Kanzel geschmückt; vor dcr letzten, führte eine kleine Treppe zur Rednerbühne für den Rector. Die Kirche hatte sich schnell gefüllt. Der Kanzel gegenüber im Schiffe nahmen die Lehrer der Universität, die Deputationen und Ehrengäste ihre Plätze ein, aus den Emporen befanden sich die Studirenden, auf dem Chore, dem Redner gegenüber, erschienen gleich nach dem Eintreffen des Zuges Seine k. Hoheit der Prinz-Regent, Ihre k. Hoheiten die Prinzen Friedrich Wilhelm, Friedrich Karl und Albrecht Sohn, gefolgt von dem Oberhof- und Ceremonicnmcister Frciherrn v- Stillfried, dem Kammer herrn v. Hülsen und dem geh. Cabineth-rath Jllaire. Zur Rechten des Prinz-Regenten saßen sämmtliche Mitglieder deS k. Staat-ministeriumS (mit Ausnahme des Fürsten von Hohenzollcrn) sowie viele Räthe aus allen Ministcrial- reffort»; zur Linken dcr k. Loge befand sich, zahlreich vertreten, die Generalität. Die glanzende Erleuchtung der Kirche kam hinzu, um den Anblick zu erhöhen. Für die Mitglieder der Presse Warrn besondere Plätze' dicht neben dem Redner, resrrvirt. Dir Feier begann mit
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