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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.10.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-10-13
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19031013010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903101301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903101301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-10
- Tag1903-10-13
- Monat1903-10
- Jahr1903
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Dabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offerteuauuahme Lk H (excl. Porto). Ertra» Beilagen (gefalzt); uur mit der Morgen-AuSgabe, ohne Postbefördrrmig ^l SO.—, mit Postbesörderuog ^l 70.—» Annahmeschluß für Anzeigen: Abeud-Au-gabe: Vormittag« 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag« 4 Uhr. Anzeigen sind stet« an dt« Expedition zu richte«. Die Expeditton ist Wochentag« unnrtterbröche« geöffnet von früh 8 bi« abend« 7 Uhr. Druck «ad Verlag von L Potz in Leipzig. Nr. 521 Dienstag den 13. Oktober 1903. 97. Jahrgang. Vie Frage der Feldhaubitzen. 8. Die Organisation der Felbarttllerie konnte man mit deren Unterstellung unter die Divisionen und der Ein« ftthrung von leichten Felühaubitzen — je eine Abteilung zu drei Batterien bet jedem Armeekorps — als ab» geschloffen betrachten, zumal da diese Geschütze namentlich von artilleristischen Autoritäten als zweckmäßig und voll kommen bezetchnet wurden. Nun tritt ein Infanterist auf, Generalleutnant z. D. v. Alten, der zuletzt die zweite Division in Allenstein befehligte, und begründet in einer Flugschrift: „Wider die Feldhaubttzcn" die Be hauptung, daß diese Geschützart nicht in die Kriegs» gltederung der Feldtruppen gehöre und daher schleunigst bei der Feldartillerie auSzuschetden sei. Jedenfalls könne der Umstand, Laß in mehreren europäischen Staaten die Haubitze erst vor wenigen Jahren in die Feldarmee ein geführt ist, eine vorurteilslose, sachliche Prüfung der Krage um so weniger hindern, als Lurch den Fortschritt in der Waffentechnik, der uns -en Rohrrücklauf bringt, völlig neue Verhältnisse geschaffen werden: denn niemand «erbe da» Laben der Feldhaubitzen nur deshalb ver längern wollen, weil sie nun einmal La sind. Wir können auf die erschöpfenden Darlegungen deS Generals v. Alten hier nicht näher eingehen, aber die Felbarttllerie wird einen schweren Stand haben, seine er» hobenen Einwände beweiskräftig zu widerlegen. Kann sie dies nicht, bann werden die LebenStage der leichten Feldhaubitze bei der Feldartillerie allerdings gezählt sein und ihre Ueberweisung in die Bestände der Festungs geschütze zur besonderen Verwendung wirb sich kaum um gehen lassen. Wenn General v. Alten die leichte Feld- Haubitze schon in ihrer jetzigen Konstruktion als eine un geeignete Geschützart für die FelLartiNcrie erachtet, so wird sie dies zweifellos in noch höherem Maße werden, wenn erst alle Feldgeschütze, wie dies jetzt schon in Frankreich der Fall ist, mit Schutzschilden versehen sind. Dann wird jedes schwerere Gefchützkaliber — und als solches kann man die 10,5 Centimeter-Feldhaubitze im Vergleich zur 7,5 Centimeter-Felbkanone doch wohl ansehen — ohne weiteres aus den Feldgeschützen ausscheiden müssen, denn mit den Schutzschilden würde es einen solchen Gewichts zuwachs erfahren, daß es selbst mit der Bespannung von sechs Pferden nicht die Beweglichkeit haben würde, die für ein Feldgeschütz unerläßlich ist. Somit haben wir mit einem Male eine zweifache Ge schützfrage, nämlich die der Einführung von Rohrrück- laufkanonen und die der Beseitigung der leichten Feldhaubitze. Mit dieser Beseitigung ist eine Aenderung in der Organisation der Feldarttllerie nicht verbunden, viel- mehr würde die Haubitzabteilung nur in ein« Kanonem- abteilung durch Zuweisung von Feldgeschützen, d. h. Feld kanon«« neuester Art (also Rohrrücklauf) nmzuwandeln fein. Damit wäre der ungeheuere Vorteil erzielt, daß die Ausbildung in der ganzen Keldartillerie eine ein heitliche sein würde, während jetzt der Dualismus im Geschützwesen die Ausbildung erschwert und die Ver wendung der Offiziere und Unteroffiziere innerhalb dc- Regtment», LaS eine Haubitzabtrilung besitzt, in hohem Maße beeinträchtigt. TS ist nicht unwahrscheinlich, daß diese Fragen auch im Reichstage zur Sprache gebracht werden, und des halb haben sie noch ein weiteres, alS ein mili tärisches Interesse. Sollte sich die Notwendigkeit der Um gestaltung der Haubitzbatterien in Kanonenbatterten er geben, so würden bei den 23 Haubitzabteilungen 414 leichte Feldhaubitzen für die AcstungsartillerieparkS verfttgbar werden und an ihre Stelle ebenso viele Rohrrücklauf kanonen treten. Es kann kaum einem Zweifel unter- liegen, daß man sich schon au» Anlaß der Flugschrift des Generals v. Alten an den maßgebenden und verantwort lichen Stellen mit der Frage der Feldhaubitzen aus da» eingehendste beschäftigen wirb, und deshalb erscheint eS auch angezetgt, die Aufmerksamkeit nichtmtlitärischer Kreis« auf diese Angelegenheit zu lenken. Erschien die Einführung der leichten Kel-Haubttze noch vor sechs Jahren al» vorteilhaft, so braucht sie e» darum heute nicht mehr zu sein, wo die Fortschritte in -er Waffentechnik zu anderen Ergebnissen und Schlußfolgerungen zwingend fahren müssen. «t» protestantischerTheologe als Ministerpräsident. v. L.L Diese» für unser« Zetten gewiß seltsame Schauspiel bietet sich unS inHolland dar, wo der pro testantische Dheologieprofeffor vr. Abraham Kuypcr unter den holländischen Ministern die führende Stellung einnimmt. Freilich handelt e» sich auch um einen Mann von seltener veaabung Und eine wahrhaft hervorragende Persönlichkeit. Während seine Feinde ihn als den „Satan Hollands" bezeichnen, feiern ihn seine Anhänger al» den „zweiten Reformator Holland»". Aber daß Kuyper ein Gent« ist, darin sind Freund und Feind einig. Mit seiner glänzenden Rede weiß er hi« BolkSmaffen zu beherrschen, sein« großartig« Auffassung»»»»« läßt ihm sich schnell in ganz neuen Verhältnissen zurechtftndcn, sein« Menschen kenntnis lehrt ihn Menschen kennen und gebrauchen, ein Minister auf politischem Gebiete, ist er zugleich ein be- rühmter Theologe und ein vielseitiger Schriftsteller von außerordentlicher Fruchtbarkeit: große Ziele verfolgt er mit großen Mitteln und scheut vor den schärfsten Folgen reformierter Lehre und reformierten Lebens nicht zurück. Alles in allem ein Mann, wie ihn ein Hand nur all« hundert Jahre einuial steht. Einen Schlüssel zum Ber- ständnis dieses ManneS und einen Einblick in das Wesen seiner Persönlichkeit aibt uns W. S ch ü rm a n n im Oktoberheste der „Deutschen Evangcl. Blätter" (Halle, Verlag von Eugen Strien): Dr. Abraham Kuypcr. geboren am 29. Oktober 1837 in Maaßluys als Sohn eines Pfarrers der hervormden (reformierten) Kirche, wandte sich als Student in Leyden der modernen liberalen Rtchtuug zu. Als Pfarrer der kleinen Dorfgemeinde Bees-, welche mit unveränderter Zähigkeit an der reformierten Lehre sesthieit, bekehrte er sich zu dem Calvinismus Calvin» und der altreformierten Väter, wobei er auch nach seiner eigenen Aussage katho- lischen Dogmatikern manches verdankte. 1867 zum ortho doxen Pfarrer nach Utrecht und 1870 nach Amsterdam be rufen, beginnt er seine Wirksamkeit bereits ins große zu entfalten. In zwei von ihm he rauegegeben en Blättern, der politischen Tageszeitung „Standaard" und dem kirch lichen Wochenblatte ,Derant" (Herold), entwickelte er sein« kalvinistischen Gruudsätz« nach ihrer politischen, religiösen und kirchlichen Sette. 1874 wurde «r durch Zusammen wirken der Antirevolittionäre und der Rvni-ischen znm Mitglied« der Zweiten Kammer gewählt, trat aber, da er nicht Führer der Antirevolutivnaren, der rechten Seite der Kammer, werden konnte, wieder and dieser auS, um «in« freie Universität aus reformierter Grundlage zu er zielen, deren hervorragendster Professor er 1880, seit ihrer Gründung, war. Unverdrossen und rücksichtslos führt« er einen Kampf für den Calvinismus gegen Römische und Lutherische, wie aeaen Liberale und Sozialisten. Durch ein Zusammengehen aller christlichen Parteien, die Rö- mischen nicht ausgenommen, brachte er 100t -aS liberale Ministerium zu Fall; «in „christliches" Ministerium trat an dessen Stelle und Kuuver fand nun Gelegenheit, al» Minister des Innern und MnislervräsiLcnt seine kalvi nistische Auffassung von Staat und Politik in die Wirklich keit umzusetzen. Die Kraft seines Ministeriums hat sich im April dieses Jahres in der Festigkeit und Schnelligkeit gezeigt, mit welcher der Eisenbahnerstreik, welcher der Re gierung ganz überraschend gekommen war, bekämpft wurde. Doch ist Kuypcr trotz der Schärfe seiner Streik gesetze ein aufrichtiger Freund der Arbeiter. Durch ge setzliche Regelung d«s ArbeitsvertrageS will er der Will kür der Arbeitgeber Vorbeugen, durch gesetzliche Rcgelivng der Sonntagsruhe soll dem Arbeiter die Sonntagsfeier er- möglicht werden. Bor allem aber soll durch ein neues Unterrichtsgesetz die Konkurrenzfähigkeit der christlichen Privatschulen gegenüber den freien religionslosen Staats- schulen gesteigert und auch auf Gymnasien mrd die freie Universität ausgedehnt werden. Treibt nun Kuyper bloß ein unbändiger Ehrgeiz? Richtiger wird man ibn beurteilen mit der Annahme, daß er «in zweiter Reformator, ein zweiter Calvin, ein Er neuerer des Calvinismus sein will. Ein großes, bis inS kleinste ausgearbeitetes Gebäude steht vor seinem geistigen Auge. Der Calvinismus gilt ihm als die höchste Lebens auffassung und Weltanschauung. Doch zollt er Luther alles Lob mit den Worten: „Ich will niemand nachstehen im Preis und Lob von Luthers heldenmütigem Vorgehen. In seinem Herzen ist viel mehr als in dein Calvins der lange Streit dnrchgekämpft, der zu dem weltgeschichtlichen Bruche führte. Luther ist ohne Calvin zu erklären, Calvin ohne Luther nicht. Zu einem nicht geringen Teile hat Calvin die Ernte von dem angetreten, was der Hel- von Witten berg in Deutschland »nd außerhalb gesät hat. Aber wenn man fragt, wer das reformatorische Prinzip am schärfsten gefaßt, am vollständigsten ausaewirkt und am breitesten zugepaßt hat, dann weist die Geschichte auf den Denker von Genf und nicht auf den GemütS-elden von Wittenberg." Während Kuyper der modernen Anschauung alle Sieges kraft abspricht, denkt er von Rom günstiger Und nimmt eS, bei aller Ablehnung der römischen Kirchenlehre, gern als Bundesgenossen gegen Pantheismus und Materialismus an. Doch traut «r Rom nicht mehr die Macht zu, den pro testantischen Geist zu überwinden, wie ihm denn auch ein solcher Sieg als Rückschritt erscheint. Man wird allen Grund haben, die tvetter« Geschichte diese» Ministerium», dessen Präsident ein Theologe ist, der aber vor allem ein Mann des praktischen Handeln» ist, mit Aufmerksamkeit zu verfolgen. Deutsches Reich. Berlin, 12. Oktober. tAu»«inan-ersetzun- gen innerhalb der „neutralen" Gewerk schaften.) Der sozialdemokratische Reichstagsabgeord nete Legten, der zugleich der Borsitzende der General- kommission der sogenannten neutralen Gewerkschaften Deutschland» ist, hat sich jüngst in Bremen ganz nach der Art der sozialdemokratischen Agitatoren vernehmen lassen, und dafür Widerspruch au» der Mitte der „neutralen" Gewerkschaften heraus erfahren. „Genosse" Legien riß nämlich in bekannter Manier die Bedeutung der Ar- beiterversicheruna herunter, indem er behauptete, daß dt« Kosten für di« Kranken». Unfall, und In- validitätSversicheruna nur von den Arbeitern aufgebracht würden. „Genosse" Legten muß sich infolgedessen von dem Organe des Buchdruckerverbandes sagen lassen: „Da wundert uns nur. daß die Sozialdemokraten andererLänder eifrig darauf hinarbeiten, ähnliche Einrichtungen für die Arbeiter an,»streben, daß ein ho l. ländischer Arbeiterführer di« deutsche Sozialreform so hoch einschätzte, daß er meint«, wir brauchten keinen Generalstreik, wir bätten ia dt« Arbetterversichrruna." — Da» vuchdruck«rorgan knüpft bteran noch die Frage, warum di« deutschen Arbeiter eine Reichs-Arbeitslosen- v«rsich«ru»s verlang«», »«rm, «via „G«noff^ Legt«» »«- hauptet, „in Wirklichkeit die Arbeiter die Kosten zahlen." — Es muß das Oberhaupt der „neutralen" Gewerkschaften arg verdrießen, sein sozialdemokratisches Agitations manöver von „neutraler" gewerkschaftlicher Seite aä air- Lurckuru geführt zu sehen. Berlin, 12. Oktober. Die Harmonie zwischen den Konservativen und dem Zentrum in Preußen bekundet sich nicht nur durch gegenseitige Belobigung der Wahlaufrufe beider Parteien, sondern vor allem auch durch den ausgesprochenen Gegensatz zu den Natonalliberalen. Hinsichtuch der Kanalvorlage hört man jetzt Herrn Abg. vr. Bachem in Krefeld fast genau dasselbe sagen, was die konservativen Kanalgegner und die Herren v. Zedlitz und I)r. Arendt bereis gesagt haben. Nur sucht Herr vr. Bachem die Feindseligkeit der Ultra-Agrarier gegen die In dustrie noch zu übertrumpfen. In der Tchulfrage marschieren Zentrum uud Konservative in Preußen ebenfalls einträchtig Arm in Arm. Bei beiden regt sich endlich ganz plötzlich dieselbe Empfindung und Anfeindung gegen die in Angriff genommene Bildung national liberaler Arbeiter vereine. „Kreuzzeitung" und „Kölnische Volkszeitung" eifern wie auf ein verabredete» Signal gegen solche Versuche, was den Beweis liefert, daß letztere Erfolg versprechen. Wenn aus den Ausführungen der „Köln. Volksztg." ledig lich die Besorgnis spräche, die zukünftigen national liberalen Arbeitervereine könnten den vom Zentrum straff organisierten und als Wahltruppen verwendeten katholischen Arbeitervereinen gefährlich werden, so würden wir eine solche Befürchtung verstehen und kein Wort darüber verlieren. Aber die Bildung nationalliberaler Arbeitervereine mit dem Argument zu bekämpfen, wie eS die „Kölnische Volkszeitung" tut: „die Arbeiter könnten nichts von einer Partei erwarten, welche die Interessen der Arbeiterschaft doch nur innerhalb gewisser, von den Interessen des Kapitalismus gelogener Grenzen wahrnimmt", das ist — gelinde ausgedruckt — eine unerhörte Dreistigkeit der „Kölnischen Volks zeitung". Was haben denn die Mitglieder des Zentrums positiv für die Interessen der Arbeiterschaft getan, welche Opfer des Kapitals — um mit den Worten des ZentrumS- organS zu reden — bat das Zentrum je gebracht? Alle großen Sozialresormen sind unter freudigster Zustimmung und Anregung der Nationalliberalen zu stände ge kommen, und gerade die nationalliberale Partei hat durch diese Gesetze ihren industriellen Partei-Angehörigen so schwere Opfer auferlegt, wie sie wohl kaum eine andere Partei für das Wohl der Arbeiterschaft gebracht hat Das Zentrum hat sich dagegen hinsichtlich der materiellen Verpflichtung für die großen Sozialreformen wie für die soziale Gesetzgebung in der Rolle des heiligen Crispin gefallen. * Berlin, 12. Oktober. Die Zahl der preußi schen Gerichtsreferendare ist, wie sich aus der im „Just.-Min.-Bl." abaedruckten amtlichen Uebersicht er gibt, im letzten Jahre abermals erheblich gestiegen. Sie betrug am 1. August d. I. 57l8 gegen 5310 am 1. August 1902, hat also in Jahresfrist um 399 oder 7,5 v. H. zuge nommen. Im Jahre 1891 hatte die Zahl der Referendare in Preu ßen 2960 betragen, sie ist also in den letzten zehn Jahren bei nahe auf das Doppelte angewachsen. 1893 waren 3060 Referendare vorhanden, 1895 3315, 1897 3767, 1899 bereits 4314, 1900 4602, 1901 4V54 und 1902, wie schon bemerkt, 5319. Von den 13 preußischen Oberlattdesgerichts- Bezirken entfällt die größte Zahl von Referendaren auf den Kammergerichtsbezirk, nämlich 920 gegen 890 im vorigen Jahre und 620 im Jahre 1891, demnächst folgt der Bezirk Köln mit 782 (735 und 403), sodann Breslau mit 662 (616 und 306) und Hamm mit 647 (586 und 245). Sehr hohe Zahlen weisen auch auf die Bezirke Naumburg mit 557 (4V4 und 317) und Celle mit 546 (506 und 224) Referendaren. Königsberg hat deren 805 (266 und 205), Stettin 289 (264 und 123), Frank furt a. M. 242 (224 und 156), Posen 209 (206 und 84), und Kassel 205 (192 und 98). Die wenigsten Referendare waren vorhanden in den Bezirken Marienwerder mit 180 (171 und 105) und Kiel mit 174 (159 und 74). Vergleicht man die diesjährigen Zahlen mit denen von 1891, so zeigt sich die absolut größte Zunahme an Referendaren im Be zirk Hamm, wo ihre Zahl von 248 auf 647, also um 402, ange wachsen ist, während sie im Kölner Bezirk um 879, in Breslau um 356 und in Celle um 322 zugenommen hat. Im Kammer gerichtsbezirk betrug die Zunahme 300, im Bezirk Naumburg 240, am niedrigsten war sie mit 75 im Bezirk Marien werder. Die relativ größte Zunahme entfällt ebenfalls auf den Bezirk Hamm, wo sie 164 v. H. betrug, die relativ n i« d r i g st e auf die Bezirke Berlin und Königsberg mit 48,4 und 48,8 v. H. (-) Posen, 12. Oktober. (Telegramm.) In der bereits kurz gemeldeten Rede des Ministers Frbrn. v. Rhein baven bei dem gestrigen Kommers dankte dieser dem „Pose ner Tageblatt" zufolge zunächst den Herren de« ComitS« und fuhr fort: „Wenn Sie Alle, die au» allen Kreisen des Be rufsleben» yerbeigeeilt sind, treu die Aufgaben erfüllen, die in der Ostmark harren, dürfen Sie sicher sein, daß die Staattzregieruna Sie nie verlassen wird. Nachdem der Kaiser im letzten Herbst bestätigte, daß weder an der Sprache noch Religion der ander- sprechenden Bewohner Preußen» gerüttelt wird, wird niemand mehr wagen, an der Sauberkeit unserer Absichten zu zweifeln. Aber e« versteht sich anderseits, daß wir den staatsrecht lichen Zustand der Provinz nicht antasten und diesen Eckstein au» dem Gebäude unsere- Staate» nicht herausreißen lassen, solange der Bau deS Staate- besteht. (Lebhafte» Bravo.) Wenn die Liebe zu unserem KönigS- hause so tief eingegraben ist in da- Herz eine« jeden Einzelnen, so ist die- der Jahrhunderte bewährten Hingebung der Hohen- zollern für ihr Volk zu danken. Friednch de» Großen Wort: „Ich dien«" ist auch der Leitstern de- jetzigen Kaiser-, der nur rin Ziel kennt, die Wohlfahrt de- Volke« zu fördern. Denn auch jeder von >mS dies«« Dort« folgt, werd«« wir die Aufgaben in der Ostmark erfolgreich lösen, doch muffen wir Selbstzucht üben und die Zwietracht zurückdrängen. Schon Bismarck wie- am 13. März 1885 mr Reichstage darauf hin, wir ein Bölkerfrühling sondergleichen nach 1866 und 1870 uns zu teil geworden ist. Wie Brsmarck ausführte, litt dieser Völkerfrühling Gefahr, durch Loft, den Gott der Zwietracht, zertrümmert zu werden. Diese- Worte- lasten Läe unS heute eingedenk sein und lasten Sre uns alle-, wa- uns trennt, zurückstellen, aber alle- voranstellen, wa nn- eint. (Lebhafter Beifall.) Diese Mahnung ist gerade hier von nöten; aber ich möchte den sehen, der uns überwinden will, wenn der Deutsche zum Deutschen steht. Lassen Sie allezeit das große Ganze, das nationale Wohl den Vorrang vor persönlichen Wünschen haben. Die Auf gaben des Deutschtums im Osten wird die Regierung stets unterstützen, lassen Sie uns hoffen, daß in der Pro vinz alle politischen Parteiunterschiede zurück treten und deutsche Kultur und deutsche Art sich zu der Höhe entwickeln wird, auf die sie Anspruch hat." Der Minister schloß mit einem Hoch auf da- Gedeihen der Provinz Posen. Braunschweig, 11. Oktober. Heute wurde hier ein Parteitag der Braunschweigischen LandeSrechtS- partei abgehalten. An Stelle deS am Erscheinen behinder ten ersten Vorsitzenden Graf v. d. Schulenbura-Hehlen, leitete Rechtsanwalt Dedekind-Braunschweig die Verhandlungen. Aus diesen ist folgende- hervorzuheben: Der Vorsitzende recht fertigte da» in welfischen Kreisen vielfach mißfällig aufge nommene Kompromiß zwischen Welfen und bürgerlichen Parteien bei der letzten Reichstagswahl mit dem Hinweise darauf, daß man einen Mann wie den Kreisdirektor Langer- ieldt im ersten Kreise, der im braunschweigischen Landtage für die Interessen der Welfen eingetreten sei, nicht gut habe ablehnen können. In Zukunft wolle man indeß nur dann ein Kompromiß eingehen, wenn dadurch eine selbständige Kandidatur der Landesrecht-Partei nicht ausgeschlossen werde. Nach einer ziemlich erregten Debatte wurde eine in diesem Sinne gehaltene Resolution angenommen. Dann wurde beschlossen, eine Eingabe an sämt liche deutsche Würste» und freien Städte zu richten, in der die Bitte ausgesprochen werden soll, für die Thronbesteigung des Herzog- von Cumberland in Braunschweig einzutreten und eine Aufhebung des Bundesratsbeschlustes vom 2. Juli 1885 herbeizuführen. Bei den bevorstebenden Wahlen zum braunschweigischen Landtage will man von welfischer Seite Kandidaten aufstellen, die sich verpflichten, für dieZurückberufung des Herzogs von Cumber land einzutreten. Nach Erledigung einiger geschäftlichen An gelegenheiten wurde al- Ort deS nächstjährigen Parteitages Harzburg gewählt. * Aus Sachsen-Meiningen wird uns geschrieben: In Nr. 5l4 deS „Leipz. Tagebl." ist ein Artikel der Berliner „Nat.-lib. Korr." abgedruckt worden, worin die bürgerlichen Wähler unsere- Herzogtums für die Land tag-wählen als Vorbilder hingestellt worden. Ach, wenn doch dieser Hinweis den Tatsachen entsprechen möchte! Das Gegenteil von dem, was gesagt wird, ist leider die Wahrheit. Eine Lauheit haben die bürgerlichen Wähler bekundet, die geradezu empörend ist. So haben z. B. in der Residenzstadt Mei ningen keine 30 Proz. der Wahlberechtigten ihr Wablrecht ausgeübt. Ist dieses Tun geeignet, als Vorbild empfohlen zu werden? In Saalfeld, das früher den jetzigen Chef der Justiz- und Kultus-Abteilung Trink- in den Landtag sandte, ist der Fübrer der „Genossen" glatt gewählt worden, und in Pößneck haben die bürgerlichen Wähler, die bisber Kommerzienrat Berger vertrat, überhaupt keinen Kandidaten aufgestellt! Da war es dem „Genossen" leicht, gewählt zu werden. Nein, die Lässigkeit der bürgerlichen Wähler spottet geradezu jeder Beschreibung. Im 4. Sonneberger Wahl kreise wurde der Sozialdemokrat Wächter mit 1139 Stimmen gewählt, während 1400 Wähler sich der Stimmabgabe enthalten haben. E- fehlte gerade noch, daß die bürger lichen Wäblermaffen ob diese- Verhaltens belobigt würben! * Metz, 11. Oktober. Der von der Stadtverwaltung von Metz gegen die Sperrung der Bouillonquelle erhobene Einspruch ist, wie kurz erwähnt, durch Mintsterialentscheid verworfen wordem. Dem „Schur. Merk." wird hierzu aus Straßburg ge schrieben: Die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde, für den Betrieb von Wasserleitungen Anordnung zu treffen und der Gemeinde die Kosten dafür aufzuerlegqn; kann nach dem klaren Wortlaut -es Gesetzes nicht be stritten werden. Im übrigen sind die von -en Behörden ausgestellten Mängel so ziemlich beseitigt worden. Die alte Sammelgalerie ist ausgeschaltet und durch eine eiserne Rohrleitung ersetzt worden. Der Bouillontetch (der so- genannte Sumpf) ist mit guter Erde auSgefüüt und die frühere Schweinetränke bei der neueren Galerie ist be- seitigt worden. Die berühmt gewordene Schutthalde ist von der Stadt angekauft und gegen weitere Verunreini- giung durch Einfriedigung geschützt worden. Jeder ob- jektive Beurteiler gewinnt so den Eindruck, daß die auf daS Kaisertelegramm hin erfolgte Sperrung der Bouillon, quelle die von sanitärem Standpunkte auS so notwendigen NenovierungSarbeften an derfelban 1» heilsamer Weife beschleunigt hat. Oesterreich - Ungar«. Sur Krise. * Dien, 12. Oktober. (Telegramm.) Kaffer Franz Josef empfing beute vormittag N ilbr den Grafen Julius Andrassy in längerer besonderer Audienz und wird später den Grafen St«fan TiSza in besondrrer Audienz empfangen. * Wien, 12. Oktober. Die Audienz de- Grafen TiSra beim Kaffer dauerte fall eine Stunde. Um 2 Uhr wurde Desider Perez el in halbstündiger Audienz empfangen. Die Entscheidung ist beute noch «übt gefallen; ,« heißt, Graf Andraffy kehre heute nachmittag nach Pest zurück. * Vie«, 12. Oktober. «Telegramm.) Anschließend an den Empfang der beiden Grafen Juliu« Andrassy. Stefan LiSza nad Perez«!« -«merkt di« „N«»« Frei« Pr«ss«"«
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