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Sächsische Volkszeitung : 09.11.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-11-09
- Sprache
- German
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192311091
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19231109
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19231109
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungSächsische Volkszeitung
- Jahr1923
- Monat1923-11
- Tag1923-11-09
- Monat1923-11
- Jahr1923
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 09.11.1923
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fiMMr 219 — 22. Jahrgang »m al wöchentl. vervgrpreirr 1. N ov. -Woche »L MIVtard. M. finnigen: Schlüsselzahl der Deutsch, Zeitungen: 189909099 »rundpreisr: Die rinarsp. Petitzeil« 90 M.. s. Kamillen. u. BrreinSanzrigen, Gesuche 80 M. Die Pettt. Reklamezeile, bvmm breit, LKO M-Lsiertengebühr sür Selbstabholer 80M. hei Uebeisendung durch die Post außerdem Portozuschlag. kreir lilr üie ktnrelnummer ? MMlarflkn Mar». Vejchüstsicher Teils Joses gohmann, Dretden sricklWw Freitag, den 9.NovMbtt'1923^ Im Falle höherer Gewalt erlischt jede Verpflicht«,- «Ws kielerung sowie Erfüllung von Anzeigen-Lufträge» nutz Leistung von Schadenersatz. Kür undeutlich und durchFer»^ sprecher übermittelte Anzeigen übernehmen wir keine vep, antwortung. Unverlangt eiugesandte und mit Rtlckporftf nicht versehene Manuskript» werden nicht ausbewahrt. Sprechstunde der Redaktion ü bi» S Uhr nachmittag»,' Hauptschristleiler: Dr. Josef AlbkH Tageszeitung für christliche Politik und Kultur o eoo>'«,on UN» tsendütlosleve: Dresden,Pltstadt 1«, L»»lb»t«ftr«ste »ft 4 Fernruf 927S2 / Postscheckkonto Dresden 147V7 M KW »Ae Well »kl M ' M neue Weil Druck und Verlagr s Taxonla » Buchdruckerei l». m. b. H. Dresden.Altstadt IS. Holbeinstraß« 49 Der Kamps gegen das Wirtschaftselend Bedeutsame Matzuahme» der Reichsregierung — Die neue Devisenabgabe und Goldanleihe KklGUt Lk» Nkichskabimlis Berlin. 8. Novrmber. Nach längeren Beratungen hat tzestern das NcichSkabinett entscheidende Beschlüsse in der Mäh- rungsfrage gefasst. Das Reich hat daven abgesehen, schon seht einen festen Nmrechirnngsknrs für Papiermark gegen Gold- anleihe inst Rentenmark festzusepen. Der UmreckmnngSkurS wiro sich dann nach der vorhandenen Goldan'elln und nach der Höhe der PapierinarknmlaufSmittel richten. Varlänftg hat V « Neichs- regtcrung zur Erweilrnnz ihres Dcv'senfoirdS zwei außerord.-nt- llch einschneidende Maßieahme» brschlos'en: 1. ES wird die Devisenabgabe a»f Grund der Brot- versorgnngSabgabe noch ein zweites Mal erhoben werde». 2. ES wlrd durch den Export r ner großen Menge von Zucker der diesmalige» Ernte ein Devisenfonds geschasst werden, der inSbesondeee dazu dienen soll, die »otwend:ge Einführung der NahrngSmittel für die ErN'hnmg der Bevölkerung ans alle Fälle sicher,nisteten, und zwar ist daran gedacht, das, ein Test ans dem GcsaintdevNeiiertrag dieses ZiickercxporteS für das Reich nutzbar gemacht wird. An reinen WährmlgSmasst,ahmen sind folgende Beschlüsse gefasst morden: Die Rentenmark wird a»f aste Füll.', wenn keine Steeles die Drnckherste-lnng stören, bis zum 15. November praktisch in den Verkehr kommen. Um die dann auf dem Markt brssudiichen Papierge'dmengcn rascher aiisinugc» z» kSnnrn, hat sich die NelchSrcg'enrng entschlossen zu der ersten Goldanlcihe von 50 Millionen Goldmark mid der zweiten nur n größeren Stücken aiifgeieokcil Goldanleihe von 809 Million.'» Goldmnrk e« neVritte i n S ö h e von we teren 399 M i l l i o » e n G o l 0- mark anf.iikegen, die onrch Stenern, und zwar durch eine be sondere neue Stenernrt gedeckt uied getilgt werden soll. Z» welchem Kurse die Papiermark gegen diese Äoldanle'he ein gewechselt werden kann, kann vor oer Stillegung der Notenpresse selbstverständlich nicht mitgetrilt werden. Doch wird der Kurs in dem Augenblick veröffentlicht werden, !n dem die Notenpresse endnültkg stlllgclegt ist, d. h. ke'.n« Schatzainvcisimgcn für das Reich ahne entsprechende Deckung anSgroeben werde-'. Berlin. 8. November. Tie amtstche Mitte lung über die Beschlüsse des NeichSkabinetts hat folgende» Wortlaut: Um zur Bekämvfmig der äußersten Not des Volkes die inötlgrn Devisen für die Einfuhr des nncntbehrllchsten VcoarseS, itnsbcscndcre für Getreide med Fett zur Verfügung zn halten,, hat sich die Reich^reglerung trotz der schwersten Bedenken ent- schlossen: 1. Die Devisenabgabe auf der GruNülage der BrotversorgimgSahgabe sofort noch einmal zu erheben. 2. Als /Gegenleistung wird rinn neue Goloanlelhe gewährt wer- den. 3. Weitere Devisen sollen durch Ausfuhr rtnrr be- schränkten Menge von Zucker beschafft werden. Di« Not des Volkes zwingt uns zu die'em schweren Schritt, um durch die Ausfuhr dir notwendigen Devisen zur Beschattung von Ge- streike und Fett zu erlangen. Die für den Verbrauch von Mund» zzncker unerläßlich« Menge bleibt im Jirlande. Beide Maßnahmen 4vcrden eine wesentliche Entlastung des Devisenmarktes herbe:- fführen. Zur vorläufigen Festigung des Kurses der Papiermark sind zur demnächstlgcn Herstellung eines festen Verhältnisses der Dapiermark zu den wertbeständigen Werten hat die Re chsregie» trnng in Ergänzung Ihrer bisher.gcn Entschließungen folgendes »eschlossen: Alle Vorbereitungen sind getroffen worden, damit d'e Ren- jtenbant mit der Ausgabe oer Rentenmark am 15. No vember beistnnen kann. Von diesem Zeitnnnkte ab w'rd der Bedarf des Reiches nicht mehr durch Herstellung von Pavierg lt> jgedeckt werden. Dir Papiergelds n flat'on wird Sa- jmit ihr Ende erreiche».' Dir daim feststehende Menge an Papiergeld soll gegen Goldanlrihe d:S Reiches eirgctaiischt werden, sgu diesem Zwecke wird «ine besonders starke, m t Sicherungen iauSgcstattete Goldanleihr des Reiches zur Verfügung gestellt wer- Den. Ter Kurs, zu dem die Papiermark zunächst ringclöst werden soll, wird festgesetzt werden unmittelbar nachdem die Rentenmark in Kraft getreten Ist. Die .n der Rcntenbankvcroronung vorge sehene Möglichkeit der Einlösung von Re chSschatzanwelsungc» jmit Rentenmark bleibt weiter bestehen. Dam t bleibt zugleich Die Möglichkeit osten, Pap-ermark in Rentenmark rinziitanschen. sobald die erforderlich« Menge in Rrntcnmarlscheinrn hergestellt ist. RMmiirk inst I«lM»«Ws!k Berlin, 8. November. WTB. meldet: Eine Verordnung Aber die Verpflichtung zur Annahme von Reichs- «mark bei Jnlandsgeschäften verbietet, den Abschluß 'oder die Erfüllung von Verträgen über die Lieferung von Waren boder die Bewirkung von Leistungen zu verweigern, weil die Zah lung in Reichsmark erfolgt. Sie verpflichtet also zur Abgabe von Waren gegen Reichsmark auch auf Grund be- Atehenider Verträge. Die Verordnung bestimmt weiter, daß MeichSmark zu dem Werte in Zahlung genommen werden muß, «en sie nach dem amtlichen Kurs der Berliner Börse hat. Im Einzelhandel und bei Zahlungen an öffentlichen Kassen »st der Berliner Mittelkurs für Auszahlung Neuyork maßgebend. ,Die Geschäfte, die hiergegen verstoßen, find nichtig und mit schweren Strafen bedroht. Die Verordnung findet keine Anwen» hung auf Geschäfte, bei denen nach der Devisengesetzgebung Zah lung in ausländischer Währung gefordert werden darf. Die Ver ordnung tritt mit der Veröffentlichung in der Presse in Kraft, Me MlWtilerischt Fe«el Aus dem Reichstag wird uns mitgetrilt: Noch schwerer als irgend eine der vorangegangenen Krisen ist die jetzige zu lösen. Noch keine einzige Partei ist zu einem positiven Beschluß gekommen. Die allgemeine Stimmung unt?r Den bürgerlichen AoalitionSparteien ist, wie bereits an dieser stelle ausgesprochen, etwa folgende: Die Sozialdemokraten kommen für eine Neubildung der Regierung nicht mehr in Frage, da ihr ieviaeS Verhalten gezeigt Lat, daß ste di» Voraussetzungen für die nach Lage der Dinge notwendigen parlamentarischen und wirtschaftlichen Maßnahmen nicht zu erfüllen vermögen, z-nin Teil wohl auch nicht dazu gewillt sind. Aber niemand hat ein Interesse daran die Sozialdemokraten in eine ausgesprochene Opposition zu drängen. Andererseits kann gar nicht geleugnet werden, daß eine starke Nechtsbewegung durch das Land geht, ja daß man sich immer mehr nach einer starken Hand und sei eS auch ein Diktator sehnt, der die zwei Grundforderungen der Massen erfüllen kann: Die Beschaffung von Brot und von Arbeit! Die bürgerlichen Koalitionsparteien, die Volkspartei, die Demokraten und das Zentrum sind der Auffassung, daß diese drei Parteien zunächst bxisammen bleiben und die Errichtung einer auf diesen Parteien sich stützende Negierung erreichen soll ten. Diese Situation hat dadurch eine Verschärfung erfahren, als nach einer Erklärung des Führers der Bayerischen Volkspartet auch diese Partei an einer Regierungsbildung sich zu beteiligen bereit wäre, wenn ein bürgerliches Kabinett zustande käme. Di? Frage ist jetzt imr noch, ob und inwieweit eine Annäherung auch nach der deutschnationalen Seite hin mög lich wäre. Zentrum und Volkspartei haben schon immer die Auffassung vertreten, daß auch die Heranziehung der dortigen positiv schaffenden Kräfte erwünscht wäre. AuS diesem Grunde war man seinerzeit damit einverstanden daß eine den Deutsch- nationalen und der Landwirtschaft nahestehende Persönlichkeit daS ReichScrnährungsministerium übernehmen möchte. Der da malige Kandidat, von Oppen, ist aber auf Einspruch wieder zu rückgezogen worden, weil die Sozialdemokraten in dem zweiten Kabinett Stresemann vertreten wären. Der jetzige NeichS?r»äh. rungsminister, der anZ der Deutsckmationalcn Partei anSgeschie- dene Graf Kanitz hat aber die Position nach rechts hin nicht verbessern können. Die Deutschnationalen selber, die die gegen wärtige Staatsform und auch das jetzige parlamentarische System bei ihrer demnächstigen politischen Einstellung ausdrück lich als nicht zu Ausgangspunkten ihres Kampfes zu machen erklärten, haben sich dahin ausgesprochen, daß sie an einem rein bürgerlichen Kabinett, wenn ihnen ein bestimmter Einfluß zu gestanden würde, zu beteiligen bereit wären. Gleichzeitig wird aber eine lkmorienti?rung der preußischen Negierung gefordert. Von den bürgerlichen Koalitionsparteien haben die Demokraten eine solche Beteiligung der Deutschnationalen an einer Regierung, in der mcch die Demokraten vertreten sein sollten, abgclehnt. Man war also in den Erörterungen bisher noch nicht weiter gekommen. Auch die Frage der Ergänzung des NeichSkabinetts ist noch nicht gelöst worden. Lediglich als Gerücht sei verzeichnet, daß für den ReichSjustizminisler als Kandidat der Leivzigcr Oberreichsanwalt Dr. Ebcrmaver genannt wird, der in größeren Prozessen, die vor dem Staatsgerichtshof anhängig waren, der größer?» Oeffentlichkeit bekannt geworden ist. Eine verlogene Antwort PoincMs Berlin, 8. November. Ans Anlaß der bekannten Vor gänge in der Pfalz hatte der deutsche Geschäftsträger in Paris der französischen Regierung seinerzeit eine Note übergeben, in der gegen daS rechts- und vertragswidrige Verhalten des Ge nerals de Metz Protest erhoben und der Erwartung Ausdruck gegeben wurde, daß die französische Regierung den General de Metz sofort anweisen werde, die durch den Vertrag von Versailles sanktionierten deurschen nnd bayrischen Hoheitsrechte <n der Pfalz -u achten. Hierauf ist Mnmehr eine Antwort von Po in ca re elngegangen, in der es heißt: Die Schwierigkeiten, denen die Pfalz gegenwärtig ansgesttzt ist, sind teineowegs auf das Vor gehen der französischen Behörden znrückznsiihren, sondern einzig nnd allein auf die schwere B e n n r u h i g nn g, die in Deutschland die Folge des passiven Widerstandes ist. Es muß insbesondere beachtet werden, oaß die inneren Er eignisse in Deutschland aus der letzten Zeit die Pfalz ln eine un entwirrbare Lage bringen, wodurch oie Beunruhigung der pfäl zischen Bevölkerung völlig erklärt wird. Ebenso wie die sri'N-.üsische Neg'ernng sich den Vorbereitun gen völlig ferngehalten hat, die zur Auslösung der srpnrati'l'schm Aktionen geführt halwn nnd ebenso wie sie den Crc'gnisien In bcr Rhcinprovinz scrngebNrben stk und sernblcibt. ebcnsowenli kann sie irgendeine Verantwortung übernehme» sür d e Entschließun gen, die in voller Frethr' t von ocr psützischen Be völkerung gefaßt worden sind. Diese Tatsache beweist nur, baß die französischen Behörden kn der Pfalz, die fortwährend die Anf- rechterhaltung des normalen Wirtschaftslebens uno die Wohl fahrt der Bevölkerung gesichert, sowie den ernst haften Wunsch bekundet haben, daß die Bevölkerung ihrerseits das normale Wirtschaftsleben anfrechterbält ooer wiederherstellt, durch -die Korrektheit ihres Vorgehens und die Wirksamkeit ihrer Maßnahmen daS allgemeine Ver trauen der Bevölkerung erworben haben. Ich be dauere die vielfach von der Rhcinlandkommission »nb von der Botschafterkonferenz gemeldete Haltung, die von gewissen Be hörden eingenommen worden ist und die zum Zwecke halte. Re'-- bungcn zwischen der Zivilbevölkerung und unseren Trnvpen z» schaffen, «ine gefährliche Festrdschaft hervorzurulen und s'ch einer Befriedung der Geister entgcgenzustänuncn. die wir unserseits tm allgemeine» Interesse immer erstrebt haben. Diese Antwort läßt die Zweideutigkeit der fran zösischen Haltung gegenüber den separatistischen Putschen besonder» deutlich hervortreten. Die deutsche Beschwerde ent hielt die klare Formnlierung des Vorwnrse» gegen den General de Metz und den Masor Louis, daß sie von dem widerstrebenden Kreistag der Pfalz einen autonomen Pfalzstaat gebildet und von dem zuständigen Vertreter Bayerns die vollziehende Gewalt der bayrischen Regierung als in der Pfalz nicht mehr bestehend erklärt hätten. Die Note geht hierauf mit keinem Wort ein. Es beweist dies, daß die französische Regierung das Verhalten des Generals de Metz und d?» Maior» Logt- xtcht demeuttexen kann und iqtll. Misei Aelhlidtr eil de» Mslmsstr In Beantwortung eines Schreibens, das der Reichskanzler Dü. Stresemann an den Kardinalerzbischof Faul haber in München gerichtet hatte, ist dem Reichskanzler folgende Zuschrift des Kardinals zngegangcn; ^ „Geehrter Herr Reichskanzlerl In Ihrer geschätzten Zuschrift vom 13. Oktober haben Sie Wiederholt ein?n Gedanken ausgesprochen, der auch in Ihren öffentlichen siaatsmännischen Reden zum Teil wiedcckiingt, daß nämlich nur in der sittlichen Wiedergeburt des deut schen Volkes die starken Wurzeln seiner wirtschaftlichen »»d politischen Wiedererhebung liegen und daß die katholische Kirche für diese Rettung der Volksseele einen großen Ein fluß a-uszuüben imstand? sei. Dieser Gedanke ist mir so ganz aus der Seele gesprochen und enthält eine so hohe Einschätzung der friedlicken Zusammenarbeit von Kirche nnd Staat, daß ich mich verpflichtet fühle. Eurer Exzellenz für den Brief vom 13. Oktober ergebenst zu danken. Es ist nur leider aus gesund heitlichen Gründen und aus kirchlichen Bedenken nicht möglich, für den in Ihrem Brief gemachten Vorschlag mich znr Verfügung zu stellen. Ich darf aber, ohne in rein politische Entwicklungen einz-ugreifen und zu allen politischen TaacSscagen von heute Stellung nehmen zu wollen, Eurer Exzellenz die Versicherung geben, daß die Kirche cS als eine Gewijsenspflicht empfindet, an der sittlichen Wiedergeburt des Volkes, im besonderen an dem Abbau der Genußsucht und an der Pflege des A u t o r i t ä t s w i l l e n S, an dem Abbau des Hasses und der Standcsgegensütz? und an der Pflege des Gemeinschaftssinnes, an dem Abbau der Selbstsucht und an der Pflege des Opfer sinncs nach Kräften mitzuarbeitcn. Ich schreibe diesen Brief auf ineine persönliche Verant wortung, weiß mich aber gedankeneinig mit dem diesjährigen Hirtenschr?iben der in Fulda versammelten Bischöfe. Wie sollen berufene Staatsmänner auf die Tauer den Mut haben, in der Regierung die Last der Verantwortung zu tragen, wenn ihnen fortwährend die Zirkel gestört und alle Kundgebungen und Maß. nahmen der Regierung mit unfruchtbarer, rein negativer Kritik, statt mit positiver Mitarbeit beanIwP-rtet werden? Wie sollen wir über die ins Riesenhafte gewachsene wirtschaftliche Not, über das mit der Arbeitslosigk?it kommend« Elend dieses Winters Herr werden, wenn nicht alle sittlichen Mächte ohne Unterschied der Konfession und StandcSpslicht und Partei zusammen Helsen? Wie wollen wir sonst den Haß ab- bauen, der blindwütig über unsre israelitischen Mitbürger oder über andre Volksgruppen in Bausch und Bogen ohne Sckuldnachwcis von Kopf zu Kopf den Stab bricht oder den Bürgerkrieg nährt, der unabsehbare neue Verwüstungen anstiften und die Verelendung unsres armen Volkes durch Selbst- zerfleischung besiegen würde? Nach dem Zeugnis der Geschichte waren Bürgerkriege noch immer die erbittert sten und wundenreich sten Kriege. Ich habe nie ?in Hehl daraus gemacht, daß ich die föde ralistische Umgestaltung der Weimarer Ver fassung für eine st aa t s m ä n n i sch e Notwendigkeit halte, um die schleichenden Bürgerkriege zn beenden und wert volle Kräfte aus dem Eigenleben der deutschen VolkSstämmc für den Dienst am Ganzen zn gewinnen. Ich habe nie ein Hehl daraus gemacht, daß alle R e i chs sch u l g e s? tz b c r s>» ch e die bisher zu Recht bestehende Bekenntnisschule in ihrem Ncchtsznstande zu bedrohen und damit in die Freiheit der Elterngewissen einzngreifen und das Vertrauen weiter Kreis« zum Reich zu erschüttern geeignet waren. Ich habe nie ein Hehl darcms gemacht, daß die Treue des bayrischen Volkes zu seinem KönigShanse daS Recht der völkischen Selbst bestimmung sür sich in Anspruch nimmt. DaS alles- darf abe> nur auf verfassungsmäßigem und unblutigen Wege geschehen, nicht durch Umsturz und g?walttätige, blutig, Eingriffe in den Gang der Entwicklung. M'ge cS mit Göltet Hilfe gelingen, in erster Linie »nserm arme» Volke Brot ".ins Arbeit zu geben, mit den Nachbarvölkern zu Lincm friedlicher Ausgleich auf dein Boden der Gerechtigkeit und Billigkeit zu kom men und daS Schwere eines Bürgerkrieges fernzuhaltcn. Es war mir ein Bedürfnis, geehrter Herr Reichskanzler Ihnen das als Antwort auf Ihren gcschätzlen Brief zu schreiben Mit dein Ausdruck ausgezeichneter aufrichtiger Hochschätzun? verbleibe ich Eurer Exzellenz ergebener N. Kardinal Faulhab?r Erzbischof von München." Der Brief de? Kardinals Faailhaber an de» Reich:tänzlet kommt gerade am Vorabend des fünften Jahrestages der letzten deutschen Revolution, deS 9. November. Fast glaubt man, er sei mit Absicht auf diesen Tag eingestellt. Wie dem auch sei, ec ent hält jedenfalls Gedanken, die uns zn ein?m Rückblick auf dis deutsche Entwicklung seit jenem dunklen Novembertag zwingen. Cs war daS verhängnisvollste Zeichen der letzten Nevolu» tion, daß unerbittlich das Alte in seiner Gesamtheit alz eine einzige große unsruchil>are Zeiterscheinnng in den Abgvund ge. warfen wurde. Mit einem Schlage stieß man uralte Rechte und Jahrhunderte hindurch als wahr und ehrenhaft anerkannte Sitten in die Vergessenheit, mit einer Handbewegung bewarf man heilige, in Fleisch und Blut verankerte Gesetze mit Schmutz und Gassennnrat, und proklamierte das „Neue" als das allein und einzig Maßgebende für alle Zukunft. DaS war'S, weshalb der Haß vom ersten Tage dieser neuen Zeit an in so großen Schich ten unsere? Volkes eben geg?n dieses Neue einsetzte. Viele ließen sich znnäckst betäuben, weil ihre Nerven durch die Gewalt de» Kriege» schon sowieso zerrüttet und entkräftet waren. Aber all« mählich kam die Besinnung, kam da» Erwachen. Sie kam für alle, die in einer stillen Stunde sich einmal ernstlich nach des neuen Dingen fragten. s ES ist klar, daß im Laufe ?incr bcstimmlen Zeitepoche sie eine Fülle von leeren Formen cinschleichen kann, die der B« scitigung bedürfen. Wir wissen, daß die Zeit vor dem 9. Noveiy bcr 1913 an solchen Formen eine Ueberfülle gehabt hat, daH
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