Delete Search...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.06.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-06-19
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010619019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901061901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901061901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-06
- Tag1901-06-19
- Monat1901-06
- Jahr1901
- Links
-
Downloads
- Download single page (JPG)
-
Fulltext page (XML)
Bezug--Preis in der Hauptexpedition oder den im Stadt bezirk und den Vororten errichteten Aus gabestellen abgrholt: vierteljährlich 4 50, bei zweimaliger täglicher Zustellung irS Haus 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland u. Oesterreich: vierteljährl. .äi 6. Man abonnirt ferner mit entsprechenden, Postausjchlag bei den Postanstalten in der Schweiz, Italien, Belgien, Holland, Luxem burg, Dänemark, Schweden und Norwegen, Rußland, den Donaustaaten, der Europäischen Türkei, Egypten. Für alle übrigen Staaten ist der Bezug nur unter Kreuzband durch die Expedition dieses Blatte- möglich. Die Morgen-Ausgabe erscheint um '/,7 Ubr, die Abend-Ausgabe Wochentags um 5 Uyr. Uedaction und Expedition: Johannisgasse 8. Filialen: Alfred Hahn vorm. O. Klemm'- Sortim. Uuiversitätsstraße S (Paulinum), Louis Lösche, Katharinenstr. 14, purt. und König-Platz 7. 3V7. Morgen-Ausgabe. UcipMtr TUtblatt Anzeiger. Ämlsvlatt des Königlichen Land- nnd Ätnlsgerichles Leipzig, -es Nathes und Nolizei-Äintes -er Lladt Leipzig. Mittwoch den 19. Juni 1901. Anzeigen-Preis die 6gespaltene Petitzeile 25 Reklamen unter dem RedaciionSstrich (Sgespaltea) 75 vor den Familiennach» richten (6 gespalten) 50 H. Tabellarischer und Ziffernsatz »atsprrchend höher. — Gebühren für Nachweisungen «td Offertenannahme 85 (excl. Porto). Ertra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbrsürdrrung 80.—, mit Postbrförderung ^l 70.—. Ännahmeschluß für Äuzeigeu: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stund« früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 biS Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Holz tu Leipzig. SS. Jahrgang. Litlige Consuln. k. v. In hohem Grade ungleichartig ist daS Cvnsnlar- corpS der verschiedenen Staaten. Einzelne exotische Staaten schlagen bekanntlich aus ihrer Consularveriretung baareS Geld, indem sie den Titel eines Consuls oder Generalconsuls in den europäischen Großstädten gegen einen angemessenen Betrag verlausen. Andere verschuldete Staaten, auch europäische, mußten wohl oder übel gewisse Persönlichkeiten der Hochfinanz zu Consuln oder Generalcousuln macken. Weitaus das billigste und zugleich das zahlreichste Con- sularcorpS besitzen aber die Vereinigten Staaten von Nordamerika. Denn für die Erhaltung ihres Consulardienstes wenden sie nichts auf. Die bedeutenden Kosten werden aufgebracht durch die hohen Gebühren, die die nordamerikanischen Consuln bei der Versendung der nach Nordamerika bestimmten Waaren erheben, indem sie den Umfang, den Werth und die Herkunft jeder Sendung fest stellen und dabei einen eigenartigen wirthschaftSpolitischen Kundschafterdienst betreiben. Auf diese Weise wird die Ausfuhr nach Nordamerika erschwert, der Schutz des nordamerikanischen Marktes noch verschärft, Ein blick gewonnen in die Erzeugungsbedingungen der fremden Concurrenz und nicht zuletzt der Aufwand für das ConsularcorpS aufgebracht. Inzwischen wollen die Nordamerikaner diese Praxis noch weiter entwickeln und auch auf die Ueberwackung der Einwanderung ausdehnen. Schon seit einer Reihe von Jahren ist man von Washington aus bemüht, die fremde Einwanderung zurückzubalten, man hat gewisse Einwande rungsbeschränkungen erlassen und sie wiederholt verschärft. Künftig sollen nun in den Hauptauswanderungshäfen Europas besondere nordamerikanische Commissäre eingestellt werden mit der Aufgabe, alle diejenigen Auswanderer, die nach Nord amerika hinüber wollen, daraufhin zu prüfen, ob sie allen Bedingungen der nordamerikanischen Gesetzgebung entsprechen. Alle solche Auswanderer, die nach den nordamerikanischen Ge setzen nicht landen dürfen, sollen schon in Europa zurückgewiesen werden. Da von den europäischen Regierungen begründete Bedenken dagegen nicht erhoben werden können, so wird diese' neue Maßregel voraussichtlich in Kraft treten. Allein auch in diesem Falle werden die reichen Nordamerikaner die Kosten abwälzen und zwar auf die armen Auswanderer, die in Zu kunft bei der Prüfung ihrer Papiere eine Kopfsteuer von 2 Dollars zu zahlen haben werden. Auch diese neue Absicht der nordamerikanischen Regierung ist geeignet, den Verkehr zu erschweren, und entspricht durchaus den hochschutzzöllnerischen Grundsätzen und Praktiken, wie sie in Nordamerika nach wie vor herrschen. So lange die Ver einigten Staaten von Nordamerika noch Jndustrieerzeug- nisse aus Europa beziehen, werden sie an dem hochschutzzöllnerischen Regiment festhalten; alle Nach richten, die einen freihändlerischen Umschwung in Nord amerika ankündigen, sind also verfrüht. Wenn es den Nord amerikanern einmal gelungen sein wird, die europäische Ein fuhr bis auf ein Minimum zurückzudrängcn, wenn sie ihren Bedarf an Industrieerzengnissen selbst vccken können, wenn sie auch darin ausfuhrkräftig geworden sein werden: dann ist allerdings zu erwarten, daß sie sich zum Freihandel bekehren lassen; ja eS ist zu befürchten, daß sie im Interesse ihrer Ausfuhr versuchen werden, die europäischen Staaten zu einer freihänd- lerischen Politik zu drängen. Angesichts dieser Entwicklung wird man in Europa ernstlich fragen müssen, ob cS zweck mäßig ist, gegenüber der nordamerikanischen Hochschutzzoll politik in einer schwächlichen Passivität zu verharren. ZUM Gumbinner Mordproceß. Die „Nat.-Ztg." muß zu ihrem Bedauern über neue Gesetzwidrigkeiten in dem Verfahren gegen den Sergeanten Hickel berichten. ES geht ihr darüber folgende Mittheilung zu: 3 115 der bürgerlichen Strafproceßordnung und 3 177 der MilltärstrafgerichtSordnung verordnen, daß der Verhaftet« spätesten» am Tage nach seiner Einlieferung in daS Gefängniß gehört werden soll. Hot nun der Generalleutenont v. Alten Hickel vorläufig fest- nehmen lassen, so setzt diese Maßregel doch voran», daß Hickel aus der Untersuchungshaft entlassen war; sonst wäre ja die vorläufige Festnahme gänzlich überflüssig gewesen. Ist aber Hickel vorläufig festgenommrn gewesen, so war er jedenfalls aufs Nene verhaftet, und er hätte deshalb gemäß 3 177 M. St. G. O. spätesten- am Tage nach seiner Einlieferung in daS Gefängniß gehört werden müssen. Da» ist aber nicht geschehen. Gleichgiltig war »S, daß Hickel thatsächlich in derfelbru Zell« verblieb. Er wurde vor der Untersuchungshaft in «ine andere Art Haft al« vorläufig Fest genommener übergrführt. Ebenso verändert« der commandirend« General dl» Art der Haft, indem er statt vorläufiger Festnahme Untersuchungshaft anordnete. Auch hier muhte - 177 angewendet und Hickel vernommen werden. Aber auch hier ist »S nicht geschehen. Dohlgemerkt: für Jemand, der annimmt, di» ursprüngliche Untersuchungshaft dauerte noch fort, brauchten diese beiden Vernehmungen nicht stattzuflnden. Wer aber so, wie die beiden Generäl«, mit d«r vorläufigen Festnahme und dem neuen Haft befehl operirte, der mußte couscquenter Weise die beiden Ver nehmungen stattfinden lassen. Wenn man nun aber den Wortlaut deS § 177 sich vor Augen hält, wird sofort klar, weshalb diese beiden gesetzlich vorgejchriebcnen Vernehmungen für die Generäle fortfallen mußten. § 177 ver ordnet nämlich: „Der Verhaftete muß spätens am Tage nach seiner Einlieferung in das Gefängniß über den Gegenstand der Be- schuldigung gehört werden" u. s. w. Der Schwerpnnct ist auf die Worte „über den Gegenstand der Beschuldigung" zu legen. Weder der Divisionsgeneral noch der commandirende General konnten Hickel vernehmen lassen, denn wessen sollten sie ihn be schuldigen? So ist die Disciplinargewalt, krast deren Generalleut nant von Alten Hickel vorläufig festnehmen will, doch wohl nicht beschaffen, daß er einen völlig Unschuldigen fcstnehmcn lassen kann. Nahm er Hickel fest, so mußte Hickel nach der Freisprechung etwas Strafbares begangen haben. Das hatte er nicht gethan, folglich konnte Generalleutnant von Alten ihn keiner strafbaren Handlung beschuldigen, und deshalb konnte er Hickel über die Beschuldi gung auch nicht nach § 177 vernehmen lassen. Es wurde also ebenso wie 8 179 nun auch 8 177 verletzt. Der commandirende General befand sich in derselben Lage. Erließ er einen neuen Haftbefehl, so mußte er nach 8 179 neue VerdachtsgrünLe oder Beweismittel anführen und Hickel mußte gemäß 8 177 über diese neue Beschuldigung vernommen werden. Der commandirende General kannte aber keine neuen Verdachts gründe oder Beweismittel, daher konnte er Hickel nicht nach 8 177 vernehmen lassen. Daß aber bei Erlaß des neuen Haftbefehls weder Generalleutnant von Alten noch der commandirende General v. Finckenstein neue Verdachtsgründe oder Beweismittel kannten, wird bewiesen werden durch Las Zeugniß desjenigen Kriegs gerichtsraths, welcher Hickel den neuen Haftbefehl des comman- direnden Generals bekannt machte. Hickel, der von seinem Vcr- theidiger angewiesen war, auf diese neuen Verdachtsgrnnde und Beweismittel genau zu achten, sagte dem Kriegsgerichtsrath, es lägen doch keine „neuen Thatsachen und Momente" gegen ihn vor- Darauf erwiderte der Kriegsgerichtsrath: Die haben wir aller dings noch nicht, aber die Untersuchung ist eingeleitet. Diese Aeußerung wird, außer dem Kriegsgerichtsrath und Hickel, der als MilitärgerichtSjchreiber zugezogene Sergeant und der Las Arrest» hauS in Gumbinnen verwaltende Feldwebel bekunden. Wenn aber die Kriegsgerichtsrälhe nichts von neuen Berüachtsgründen und Beweismitteln wissen, dann können die Gerichtsherren hiervon wohl kaum Kcnntniß haben, denn die Gerichtsherren dürfen nach 8 167 an Untersuchungshandlungeu nicht theilnehmen, also solche auch nicht vornehmen. Die Gerichtsherren haben sich jedoch nicht nur über 8 177 und 179 der Militärstrafgcrichtsordnung, sondern auch über 3 345 des selben Gesetzes hinweggesetzt, und bei dieser Gesetzesverletzung können sie schlechterdings nichts zu ihrer Entschuldigung anführen. Nach 8 345 ist dem verhafteten Angeklagten schriftlicher und münd licher Verkehr mit dem Verth eidiger gestattet. Solange die Anklage nicht erhoben ist, kann der Gerichtsherr schriftliche Mittheilungen zurückweisen, deren Einsicht ihm nicht gestattet wird. Der Rechts anwalt Horn ist dem Angeklagten Hickel erst nach Erhebung der Anklage von Amtswegen zum Vertheidiger bestellt. Hickel und Rechtsanwalt Horn durften daher völlig ungehindert Briefe wechseln; kein Dritter war berechtigt, diese Briefe zu öffnen und zu lesen. Der Gerichtsherr hätte vor Er hebung der Anklage auch nicht das Recht gehabt, die Briese des Rechtsanwalts Horn an Hickel ohne Weiteres aufzubrechen und zu lesen; er mußte sie unerösfnet dem Vertheidiger zurückgebcn, falls der Vertheidiger die Einsicht ihm nicht gestattete. Wie die Sache aber hier lag, durste Generalleutnant von Alten die Briefe des Ver» theidigerS an Hickel nicht einmal zurückweisen. Hickel's Briefe an Len Vertheidiger sind diesem stets auch unerösfnet zugegangen. Der Vorsteher des Arresthauses in Gumbinnen, Hauptmann von Renken dorf, hat durchaus correct ungeordnet, daß Hickel diese Briese ver schließen solle. Es war dem Vertheidiger unter diesen Um ständen auch nicht im Entferntesten der Gedanke gekommen, daß seine Briefe an Hickel geöffnet wurden. Erst jetzt ist durch eine gelegentliche Aeußerung Hickel's dieses dem Vertheidiger be kannt geworden. Hickel hat eS nämlich für selbstverständlich ge halten, daß seine Correspondenz von den Mitgliedern deS Kriegs- gerichtS gelesen würde, und hat sich bei seinem Vertheidiger deshalb darüber nicht beklagt. Es steht nun unzweifelhaft fest, Laß alle Briese des VcrtheidigerS an Hickel erbrochen und dem Angeklagten offen zugestellt sind. Alle diese Briese waren in Briefumschlägen enthalten, die den deutlichen Ausdruck auf der Vorderseite trugen: ,,Rechtsanwalt Paul Horn in Insterburg". Briese des Verthridigers, die den Poststempel vom 5. und 6. Juni trugen, sind Hickel erst am 13. Juni zugeslellt. ES bleibt abzuwart,n, ob sich Jemand finden wird, der es unternimmt, diese Gesetzwidrigkeit zu vertheidigen. Der Vertheidiger wird nach 3 299 de» ReichSstrafgesetzbuches Strafantrag wegen Verletzung des Briefgeheimnisses stellen. E« wird sich dann ergeben, wer di« Briefe geöffnet hat. Dem Vertheidiger ist die allerdings uncontcolirbare Mitth-ilung gemacht, seine an den Sergeanten Hickel in Gumbinnen gerichteten Briese würden beim Eommando deS Dragoner-Regiments von Wedel von der Post ab gegeben, da« Regiment habe di« Briese an da- Kriegsgericht in Insterburg gesandt, von dort kämen sie offen an da- Regiment zurück und würden dann dem Angeklagten Hickel offen zugeslellt. Die Wirren in China. Entfchitzigungsfrage. * PkkiNg, 18. Juni. („Reuter'« Bureau".) Man hat sich jetzt über die Höhe der Entschädigungssumme zu 4 Procent fest qerinigt; nur Japan macht noch Schwierigkeiten, weil e» nicht unter 5 Procent Geld leihen kann. Li« meisten Gesandten gaben dem Wunsche Ausdruck, dies in befriedigender Weise zu regeln. Der amerikanische Vertreter Rockhill hat sich mit einer Erhöhung des Zolltarifs um 5 Proc. einverstanden erklärt, vorausgesetzt, daß China sich bereit erklärt, das Bett des Jangtse und des Peiho zu erweitern und zu baggern, und Zolltarifresormen zugesteht. Die Gesandten halten es für sicher, daß alle fremden Truppen mit Ausnahme der Gesandtschastswachen Ende August Peking verlassen haben. Einsetzung einer neue» obersten ReichSbehördc. Der große Erlaß des Kaisers Kwanghsü, der in Peking durch die Staatszeitung am 12. Februar veröffentlicht wurde, scheint Doch einen ernsteren Anlauf zur Durchführung ein schneidender Reformen darzustellen, als die früheren Reform bestrebungen, die jedesmal nach lustig aufflackerndem Strohfeuer in nichts zusammenfielen. Bekanntlich forderte der Kaiser damals im Auftrage der Kaiserin-Wittwe alle hohen Staats beamten auf, innerhalb zweier Monate Vorschläge zur Besserung der verrotteten Verwaltung des Landes einzureichen, dessen Niedergang mit großer Offenheit und Rücksichtslosigkeit dem pedantischen Conservatismus und dem thörichten Prllfungswesen zugeschrieben wurde. Diese Aufforderung zur Aeußerung war ergangen an alle Mitglieder des Staatsrathes, die sechs Mini sterien, die chinesischen Gesandten im Auslande, die neun haupt städtischen Behörden und an alle Generalgouverneure und Statt halter der Provinzen. In der That haben eine große Zahl dieser höchsten Würdenträger bereits Denkschriften eingereicht. Viele aber haben noch nichts von sich hören lassen. Darüber beklagt sich der Kaiser in einem neuen Erlaß vom 21. April, der am 29. April in dem „King Pau", dem chinesischen Reichsanzeiger, veröffentlicht ist. Es heißt darin, nach einer auf der deutschen Gesandtschaft in Peking gefertigten Uebersetzung u. A. wie folgt: Es handelt sich um eine Angelegenheit von äußerster Wichtig keit. Die eingelaufenen Eingaben und sonstigen Schriftstücke sind überaus zahlreich und mühsam zu verarbeiten. Bei der Würdigung der Zeitumstände wird es darauf ankommen, eine richtige Auswahl des Passenden zu treffen, und zu scheiden, was ausführbar, was unausführbar ist. Ferner wird zu prüfen sein, ob die zur Ausführung erforderlichen Kräfte zur Ver fügung stehen. Ohne eine Centralstelle jedoch, die die Verant wortung übernimmt, lassen sich die Hauptgrundzüge nicht ordnungsmäßig festlegen. Zu diesem Zwecke sehen wir daher jetzt einen Verwaltungs-Anfsichtsrath (Tu Pan Tschöng Wu Tschu) ein, zu dessen Mitgliedern wir ernennen >ven Prinzen Tsching, die Großsekretäre Li-Hung-Tschang, Aunglu, Kunkang, Wangwentschao und den Vor sitzenden des Schatzamtes Lutschuanlin. Liukunyi und Tschangtschitung sollen gleichfalls aus der Ferne als Berather mitwirken. Der genannte Prinz und die ge nannten Großwürdenträger haben sich in harmonischem Zu sammenwirken über all das schlüssig zu werden, was nach ihrer Ansicht beibehalten und was abzuschaffen ist. Sie haben ihre Vorschläge sorgfältig zu begründen und in gehöriger Reihenfolge an den Thron zu berichten. Nachdem wir darüber Ihrer Majestät der Kaiserin-Regentin Vortrag gehalten hoben, werden wir gelegentlich eine bestimmte Auswahl treffen. Nachdem der Hof zurückgekehrt sein wird, werden wir diese Festsetzungen zur allgemeinen Kcnntniß bringen und dem ganzen Lande kund thun, daß wir es wirklich ernst meinen und ganz unparteiisch zu Werke gehen. Zu Hilfsbeamten dieses Verwaltungsrathes sollen von den genannten Mitgliedern Männer von offener, biederer Gesinnung, die auch Verständnis) haben für die Er fordernisse der Zeit, ausgewählt und dem Throne zur Ernennung vorgeschlagen werden. Bemerkenswerth an diesem jüngsten Erlaß des Kaisers, der das Datum Singanfu, „am 3. Tage des 3. Monats" (21. April), trägt, ist, so wird der „Köln. Ztg." aus Peking, 3. Mai, geschrieben, vor Allem zweierlei. Zunächst die Sicher heit, womit von einer Rückkehr des Hofes nach Peking gesprochen wird. Wir haben hier am Ort aus einheimischen Quellen und aus den bekannten Nachrichtenfabriken in Shanghai schon mehr als ein Dutzend Termine nennen hören, an denen der Hof ganz sicher in Peking zurück sein würde. Zum chinesischen Neujahr z. B. (19. Februar) sollte im Palast, oder wenigstens in dem als „verbotene Stadt" bekannten Thcile der kaiserlichen Residenz, ganz der alte Status guc> wieder hergestellt sein. Seitdem ist in etwa vierzehntägigen Pausen immer ein neuer Tag für die Rückkehr verkündigt worden, abwechselnd mit ebenso „authen tischen" Nachrichten aus Singanfu, daß die Kaiserin Befehl ge geben habe, einen neuen Palast in Honan, Kansu oder wieder im alten Taiyünfu in Schansi aufzubauen, da sie es in Singanfu nicht mehr aushielte. Man kann alle diese thörichten Gerüchte ruhig unbeachtet lassen, denn es spricht zur Zeit eher Alles gegen, als für eine Rückkehr der kaiserlichen Familie. Man wird sich erinnern, daß nach der Zerstörung des SommerpalastcS Auen Ming Men durch die Engländer und Franzosen im Jahre 1860 die durch die Barbaren entheiligte Stätte der Plünderung und Verwüstung vier Jahre lang vom chinesischen Hofe gemieden wurde, bis man sich entschloß, wenigstens den als Wanvschouschan (Berg der zehntausend Ewigkeiten) bekannten Theil des Lustschlosses wieder aufzubauen. Aber endgiltig be wohnt worden ist auch dieser Palast erst wieder nach dem japa nischen Krieg«, also mehr als 30 Jahre nach jenem Besuch Palikao's und Grant's. Nachdem deutsche, französische, italie nische und amerikanische Truppen den Pekinger Palast länger als ein halbes Jahr lang besetzt gehalten haben, nachdem der Oberstcommandirende der verbündeten Truppen in den Räumen der Kaiserin Wittwe selbst gewohnt und ein deutsches Bataillon Kwanghsll's letzte Residenz, den Jnselpalast, noch heute belegt hat, ist es nicht sehr wahrscheinlich, daß der Hof darauf brennt, hierher zurückzukommen. Die unglückliche Feuersbrunst vom 17. April wird den abergläubischen Beklemmungen der Chinesen wahrscheinlich nur noch weitere Nahrung gegeben haben. Beim Inhalt des Erlasses intereffirt sodann besonders die Auswahl der Beamten, die diese neue oberste Aufsichtsbehörde zusammen setzen sollen. Von den sechs ständigen Mitgliedern sind drei Mandschu, Prinz Tsching, Kunkang, Jungk u, und drei Chinesen, Li-Hung-Tschang, Wangwen tschao, Lutschuanlin. Das sind, mit den beiden ein flußreichen und aufgeklärten Dicekönigen des Süden» zusammen, so ziemlich die größten Namen, die da» Land zur Zeit aufweisen kann. Aber damit ist noch lange der Erfolg, der Behörde wirklich ernsthafte Reformen vorzuschlagen und durchzuführen, nicht verbürgt. Die Generalgouverneure der Liangschiang-Pro. vinzen (Liukunyi) und der von Hukwang (Tschangtschitung) sind zu alt, um noch auf längere Zeit ein so schwieriges und lang wieriges Werk, wie daS de» Wiederaufbau«» China», leiten zu können. Von Li und Wangwentschao, dem Staatsrathsmit- gliedc und früheren Generalgouverneur von Tschili, gilt dasselbe. Prinz Tsching hat sich während der Friedensverhandlungen al« ein zu schwacher, schwankender Mann erwiesen, als daß man von ihm viel erwarten könnte. Und Mnglu, der als Comman- dirender der Nordarmee keine Lorbeeren geerntet hat, Lutschualin, der sich den Gouverneurssitz von Hunan, Schensi, Ssetschuan nacheinander erkauft hat, sind keine Freunde von abendländischen Ideen, während der mandschurische Großsekretär Kunkang geradezu als Fremdenhasser bekannt ist. Der Krieg in Südafrika. Ei» kanadischer Boercnfreund in England. Der liberale kanadisch-französische Abgeordnete Bourassa trifft in den nächsten Tagen in Liverpool ein, um zu Gunsten der Boeren eine Vortragsrerse Durch England zu unternehmen. Bourassa hat sich Den Auftrag hierzu in zahlreichen Massen versammlungen der französischen Kanadier geben lassen und will dm Engländern zu Gemüthe führen, daß Vie Sympathien Der Canadier für die jetzige britisch« Reichspolitik Durch ein längeres Andauern des Vernichtungskrieges gegen die Boeren stark ge fährdet seien. Die Commission zur Prüfung der Ettrschädtgnttgsfordcrungen Der aus Südafrika ausgewiesenen Personen nahm gestern in London ihre Sitzungen wieder auf. Der Vertreter des Kriegs amtes, Sir John Ardagh, behauptete, Den Angestellten der Niederländischen Südafrikanischen Eisen bahn-Gesellschaft dürften, obgleich sie Unterthanen eines befreundeten Staates seien, keine Entschädigungsansprück)« eingeräumt werden, wenn sie nicht im Stande seien nachzu weisen, daß sie auf ihre Eigenschaft als Neutrale Anspruch er hoben und Diese aufrecht erhalten haben. Er wolle nicht Die Ersenbahnangestellten in die allgemeine Schlußfolgerung ein begreifen, daß die Eisenbahn zu den Kriegführenden gehörte, doch müßten die Angestellten beweisen, Daß sie Schritte gethan Haden, um ihre Neutralität zu beanspruchen. Eine billigere Civilvcrwaltung im Transvaalk Aus Pretoria, Mitte Mai, schreibt man uns: Die Gelder für Die hiesige Verwaltung scheinen in der letzten Zeit nicht mehr ganz so reichlich bemessen, wie es früher der Fall war, und das Bestreben der Behörden, nach Kräften zu sparen, ist nicht zu verkennen. Mehrere Aemter sollen abgeschasft werden, so z. B. Das des Specialarztes für Leprakranke. Es wird an genommen, daß der Districtsarzt Das LeprahoSpital mit seinen nach mehreren Hundert zählenden Patienten ganz gut „nebenbei" verwalten kann und es fragt sich nur, wer bei dem Arrangement mehr zu bedauern ist, der Districtsarzt oder die Leprakranken. Wahrscheinlich leider die Letzteren. Einem früheren hiesigen Richter, welcher ein Gehalt von 1750 Pfund Sterling hatte, wurde kürzlich ein Stelle unter der neuen Administration mit 800 Pfund Gehalt angeboten, welche Offerte er aber mit Entrüstung zurückwies. Es wurde von englischer Seite stets behauptet, Dieses Land lasse sich mit einem weit kleineren und billigeren Personal ver walten, als dies unter «der 'BoereNherrschaft^der Fall war, und es läßt sich nicht verkennen, daß darauf hingearbeitet wird, Diese Behauptung praktisch zu beweisen. Kenner der hiesigen Ver hältnisse stehen diesem Versuch aber vorerst noch recht sceptisch gegenüber. Einig« der hohen Beamten, besonders der Präsident mit seinem Gehalt von 7000 Pfund per Jahr (nebst Extra- zulagen), waren ja sehr gut bezahlt, aber das Heer der niedrigen Beamten bekam im Verhältniß zur hiesigen Lebenshaltung wahre Hungerlöhne und war theilwerse geradezu au'f unehrenhaften Nebenerwerb angewiesen. Soll unter dem neuen Regime Der Beamtenstand sanirt werben, so müssen di« unteren Beamten besser bezahlt werden; ferner muß auch sofort ein Pensionsgesetz geschaffen werden, dessen gänzlicher Mangel unter der früheren Verwaltung ein schreiender Uebelstand war. Alles in Allem genommen, scheint es eher, Daß Die Ver waltung kostspieliger als billiger werben wird; es wäre Denn, die Engländer bewirkten durch Ermäßigung Der seit herigen Einfuhrzölle, Eisenbahnfrachten, Steuern u. s. w. sofort eine weit billigere Lebenshaltung. Deutsches Reich. tt Berlin, 18. Juni. (Die Entwickelung der deutschen Verkehrsmittel unter der Concurrenz des Auslandes.) Unter diesem Titel veröffentlicht Otto Graf Moltke, Mitglied deS preußischen Abgeordneten hauses, soeben eine Studie, welche die Beachtung weiter Kreise verdient. Die Schrift nimmt ihren AuSgang von den jüngsten Kämpfen um die preußischen Wasserstraßen- Entwürfe und rückt die Nachtbeile einer einseitigen Eisenbabnpolitik in scharfe Beleuchtung, ohne jedock nach irgend einer Seite hin verletzend zu wirken. Die Notbwenditzkeit einer zielbewußten Concentration aller wirtbschaftlichen Kräfte und der gleichmäßigen Aus bildung aller Verkehrsmittel angesichts der immer mehr wachsenden Concurrenz deS Auslandes, insbesondere Nord amerikas, wird in knapper BeweiSsübrung dargrtban. Letztere ruht auf ausgiebigem thatsäcblichen Material und statistischen Nachweisen. Der Verfasser kommt am Schluffe seiner Be trachtungen, wie in Sachen dec Wasserstraßen-Politik Weiler vorgegangen werden soll, zu folgenden Vorschlägen: „ES scheint, al- wenn hierfür die Methode i» Frage kommen könnte, welche die österreichische Regierung, gewitzigt vielleicht durch die von un- gesammelten, etwas schmerzhaften -rfohrnngen gewählt hat. Sie besteht bekanntlich darin, von vornherein eineu sehr weiten, umfassenden Rahmen für di« Entwickelung deS Masserstraßen-Verkehr- innerhalb eines großen Zeitraumes aufzustrllen und innerhalb diese» Rahmen- di« einzelnen.Prv- jecte, nach ihrer Dringlichkeit geordnet, succesfiv« zur Aus führung zu bringen. Einer solchen Methode würde auch diejenige Elasticität eigen sein, welche »«Irrmöglichte, hi« einzeln«, Betraten zu etatisirrn, wenn die« von einer besonders kritisch veranlagten Landtag-Majorität gewünscht werden sollte. Ganz unzweifelhaft richtig dürst« ,« sein, daß man unter diese« Geflchtspnnch
- Current page (TXT)
- METS file (XML)
- IIIF manifest (JSON)
- Show double pages
- Thumbnail Preview
First Page
Back 10 Pages
Previous Page