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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.12.1895
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-12-23
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18951223024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895122302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895122302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-12
- Tag1895-12-23
- Monat1895-12
- Jahr1895
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er, i. * r Mer re». Zimmer- reiSlagen. >. 6 an. -Reiuou- !0 an. antie l»« .Urbtil attet. »s, Kau sh. x«r, 6, an ver itz» Mühl sein Lager meu. uren billig. 7S8. Aathe NUvI. t». ««. ««»es Anstalten. tter, » Beer» I unter iae «nf- >s»rech» tichtuug ,i»t »anden. »«t-ULcher. v. l-4Udr täg- ,ujed.TageSz. llhe, Damen: l.v.l o. ö Ubr» eit.9-11 ic.lh b.V,u--Na.hm 1^0. Abt. 1.2.; nabend 2-'/^U '/.S-1I Uhr t. '/^-S Nachm. I Borm !„ Sonuab. '/,S- reitaa ' ,L-Ü U. raße 3. »« verabreichen. Bez«gS.Pret- Sellr. Laae. Abend-Ausgabe. »—-- MA PVst DEUHneN fN» «d Oesterreich: »terleliadrlick ^ t.—. Direct, tüalich« Kreu-bandiradung i»G Ausland: «westlich 7^0. Dt» MorgnoAn-gab« «schekt «» V,? Uhr. di» qws«^»Au-gfbE WachentaAs enn st Itstr» Redarttim »»- LrpedMra: Latzannessaße 8. DieA^peditio» tft Wochentag-»»»nteetzeoche» gi-Imt »«, ftsth 8 bis Astend» ? Ustr. Otto Ale««'» Sarti«. (Alfre» Hstz«), UniverfitSttstratz« 1, Lani» Lösche, Katharinenstr. 14. Part, und König-Platz 7. nWgcr.TMblalt Anzeiger. Drgaa filr Politik, Localgesihichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Arrzeigerr'Preis die 6 gespaltene Petitzeile 80 Pfg. Reclamen unter dem Redactionsstrich (4ge spalten) bO^z, vor den Familiennachrichten (6 gespalten) 40/^. Brößere Schriften laut unserem Preis- »erzeichuih. Tabellarischer und Ziffcrnsatz »ach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gesalzt), »ur mtt der Morgen»Ausgabe, ohne Postbeförderung >li 60.—, mit Postbrfvrderuug 70.--. AnnahMschluß für Anzeigen: Abrud-Ausgabe: Bormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Für die Montag.Morgen-Ausgabe: Sonnabend Mittag. Bei den FUialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. P olz in Leipzig. WS. Montag den 23. December 1895. 8S. Jahrgang. Politische Tagesschau. N" * Leipzig, 23. Decrmber. recht froh sein: sie hat ln für ihren angestammten zesundrn. Die französischen Die Eentr««»presse kann ra Tagen wackere Helfer gegen Herrn Cri-p, gefunden. Die sranzösi Zeitungen haben die Niederlage von Amba Aladschi de nutzt, um dem allerdings noch nicht tobten Löwen die bekannten Fußtritte zu versetzen. Je chauvinistischer die Blätter sind, desto schlechter kommt der greise Ministerpräsident bei ihnen fort; denn daß er ein aufrichtiger Freund Deutsch land- ist und obendrein eiu persönlicher Freund de« Fürsten Bismarck, da« kann ihm die drutschfrefferische Pariser Presse nun einmal nicht verzeihen. Wir wollen nicht sagen, daß der Haß de» Centrum- gegen CriSpi auf denselben Gründen beruhe, aber daß deutsche Blätter mit der deutsch feindlichen Presse in dem Haffe gegen einen ausgesprochen deutschfreundlichen Staatsmann sich begegnen, berührt eigeotyümlich genug. Indessen ist die Abneigung der CentrumS- preffe gegen CriSpi keineswegs der einzige Fall, in dem sie dem deutschen Reiche nahestehende Personen unfreundlich be handelt. Man ermnere sich, in wie verletzender Weise der österreichischeKaiser angegriffen wurde, al« er sich unter standen hatte,in der Eivilehesrage dem wiederholt auSgesprochnen Willen der ungarischen Volksvertretung zu entsprechen. Damals wurde ihm zu verstehen gegeben, daß die göttlich« Gerechtigkeit den fürstlichen Sünder ebensp streng bestrafe, wie den sündigen Bettler. Es ist nicht unangebracht, gerade jetzt darauf zurückzukommen, wo die CentrumSpreffe sich bemüht, den rücksichtslosen Angriff de- Major» a. D. und CeatrnmSabgeordneten Szmula auf den österreichischen Kaiser von sich abzuwalzen. Herr Szmula hat ge wissermaßen den österreichischen Kaiser als nicht existent betrachtet, indem er von dem „letzten Könige von Böhmen" im Jahre 1621 sprach. Wenn Herr Szmula so durch seinen slawischen Fanatismus dem Centrum Ungelegen- heilen bereitet, so darf sich dieses uicht darüber beklagen. ES hat ja Herrn Szmula in die Centrnmßfraction ausgenommen, obwohl er au- feinet leidenschaftlich antideutschen Gesinnung niemals eiu Hehl gemacht hat; es hat ja auch ebenso die Herren Strzoda und RadwanSki in oie Partei aus genommen, obwohl auch diese Herren ihre aroßpolnischen Sentiment» niemals verleugnet haben. Da» Ceatrmn hat vamit bekundet, daß e» deutsche oder auch nur dents ch s reu n d l rche Gesinnung nicht al- DorauSsetzung für die Zugehörigkeit zu der Partei erachtet. E» darf sich daher nicht wundern, wenn einmal ein Fraction-mitglied solcher Gesinnung einen frischen und fröhlichen Ausdruck giebt, und die Tvatsache bleibt dann ebenso an den Rockschößen der Partei haften, wie manche andere, zu der da« Centrum sich nicht ausdrücklich bekennt. NrbrigenS theilt sich der österreichische Kaiser in die Ehre gelegentlicher heftiger Angriffe durch CentrumSmitglieder oder die CentrumSpreffe mit dem Könige vonItaliea. DaS Wort von dem „italienischen Raubstaate" ist bei der CentrumSpreffe hoch beliebt und wird besonders gern angrwrudet, wenn etwa der italienische König nach Berlin kommt, um den deutschen Kaiser zu besuchen, oder wenn in irgend einer andern Form die herzlichen Beziehungen zwischen den befreundeten Fürsten und Staaten äußerlich zum Ausdruck kommen. Da- Gympathisiren mit den Polen im Innern und die Abneigung gegen gewisse, dem deutschen Reiche nahestehende Persönlichkeiten im Äu-land sind auf denselben inneren Grund zurückzuführen: aus die Boranstellung confesstoaell-politischer Erwägungen gegenüber vaterländischen Empfindungen. Dadurch werden die letzteren nicht nur geschmälert, sondern häufig genug unterdrückt. verzeichnet 2 Sitzen, die Frei- Die unmittelbare ist selbstverständlich Ministerium trägt und steht in jeder manchmal sogar direct schwer geschädigt. Wie lange werden e- sich noch breite Schichten de- deutschen Bolle» gefallen lasten, daß die Blätter, die sie unterstützen, und di« Männer, denen sie ihr Vertrauen schenken, die Interessen de- deutschen Reiche- gefährden? In Baden siebt da- von Buol bis DrreSbach reichende anti nationalliberale Cartell seinen rastlosen Eifer schlecht belohnt. Die nationalliberale Kammermehrheit ist durch Nachwahlen, die infolge von MandatS-Annullirungen noth- wendig geworden waren, wieder hrrgestellt. Die National- liberalen haben den von den Freisinnigen seit fünf Jahren besessenen Wahlkreis Lahr-Land erobert und daS dem Ccntrum im Oktober abgenommene, aber cassirte Mandat für Oberkirch- Achern mit größerer Mebrhrit behauptet, als eS in der Haupt wahl gewonnen war. DieserBezirk ist zu 98 Prvc. katholisch, und die CentrumSpreffe meinte, er habe nur durch ein Mitzver- ständniß den Nationalliberalen in die Hände fallen können; diese Ansicht ist jetzt berichtigt. DaS Centrum nunmehr einen definitiven Verlust von sinnigen eine Einbuße von 1 Sitz, politische Bedeutung dieser Thatsache nicht allzugroß. DaS badische keinen parlamentarischen Charakter Beziehung über den Parteien. Dieses Derhältniß wird natürlich nicht geändert dadurch, daß die nationalliberale Fraction nunmehr wieder über die knappe absolute Majorität in der Zweiten Kammer verfügt, so wenig die bisberige conser- vativ-klerikal-antisemitisch-freisinnig-socialdeniokratische Ein- Stimmeu-Mehrheit einen Einfluß auf die Regierung geübt hat. Vernünftigerweise hat za auch daS Crntrum, daS in der antinationalliberalrn Coalttion allein etwas zu sagen hat, in der letzten Zeit durchaus keine Versuche gemacht, Minister zn stürzen, einerseits aus Mangel an stichhaltigen Beschwerden gegen die bisherige Negierungsführung, andererseits wohl auch in der richtigen Erkenntniß, daß es nicht wohl angehe, aegen diejenige Partei zu regieren, der nur eine einzige Stimme zur absoluten Majorität fehlte und der in den allcrseltensten Fällen überhaupt eine Mehrheit entgegengesetzt werden konnte. Wenn nun aber die Herstellung der nationalliberalen Kammermehrheit keine unmittelbar praktischen Wirkungen haben wird, so versteht sich doch von selbst, daß sie in mehr al« einer Beziehung als ein hvchersreuticheS Ereig- niß begrüßt werden darf. Sie bedeutet ohne Zweifel einen großen moralischen Erfolg gegenüber den vereinigten Gegnern, die den ganzen Wahlkampf unter die Parole stellten, die nationalliberale Mehrheit „zu brechen um jeden Preis", und diese Parole so ernst nahnien, daß sogar Freisinn und Antisemitismus, KleruS und Socialdemokratie vor der Ver brüderung nicht zurückschreckten; es liegt aber auch eine ge wisse Klärung der Situation und Festigung der bestehenden Verhältnisse darin, wenn diejenige Partei in der badischen Kammer auch rein ziffermäßig den Ausschlag zu geben ver mag, in welcher die Regierung doch ihre natürliche und historische Stütze sehen muß. Die badische Zweite Kammer zählt nunmehr 32 nationallibrrale, 21 klerikale, 4 freisinnig demokratische, 3 socialdemokratische, 2 conservative und 1 anti semitisches Mitglied. Der Verlauf der kürzlich in der französischen Kammer stattgehabten Debatte über das CultuSbudget wurde im Batican mit gemischten Gefühlen ausgenommen. Die An nahme deS bereichneten Budgets und die Aufrechthaltung der französischen Botschaft beim Batican konnte selbstverständlich nur Befriedigung wecken; diese wurde jedoch erheblich gedämpft durch die Ankündigung de» Ministerpräsidenten, daß der Kammer demnächst ein neues Vereinsgesetz vorgelegt werden soll. DaS scheint keine günstigen Aussichten für die kirchlichen Congregationen in Frankreich z», eröffnen. Bekanntlich haben die seinerzeit vondenRadicalen Briffon undGoblet auSge- arbeiteten Gesetzentwürfe, betreffend daS BereinSwcsen, aus nichts Anderes, als auf die Unterdrückung de» VereinSrcchteS der kirchlichen Congregationen abgezielt, deren Bestand vollständig vom Gutdünken der jeweiligen Regierung abhängen würde. Wenn das von Bourgeois in Aussicht genommene Gesetz von dem gleichen Geiste erfüllt sein sollte, wie die früheren aus dem Schoße der radikalen Partei bervorgegangenen Ent würfe — und eS liegen ernste Gründe für eine solche Annahme vor —> so ist geradezu die Vernichtung der kirchlichen Orden in Frankreich vorauszusehen. Man erwartet daher im Batican mit Beunruhigung die Einbringung deS vom französischen Ministerpräsidenten angekündigten Gesetz entwurfes, welche im Laufe deS Januar erfolgen soll. Der Charakter dieser Vorlage wird zweifellos von großem Einflüsse auf dir künftige Haltung deS Vatikans gegenüber der Republik sein. Um ein Erempel zu statuiren, bat die türkische Regierung sich entschlossen, die Armenier, welche daS Blutbad von Zeitnn anrickteten, niedermeyeln zu lassen. Der Feldzug gegen die Aufrührer hat auch schon begonnen, ob er aber in Wirklich keit sich so einfach und rasch durchführen läßt, ist doch noch die Frage. Wenn die Zahl der in Zeitnn lagernden Armenier in derThat die Höhe von l2000Mann erreicht,wie dieKonstanti- nopeler Angaben sie schätzen, so werden sie dem türkischen Truppen- führer mit seinen 10000 Soldaten die Ueberwältigung nicht so ganz leicht machen, zumal da die Armenier wissen müssen, daß sie auf Pardon seitens der mobamedanischen Soldateska nicht rechnen dürfen. Jedenfalls werden sie ihr Leben so theurr als möglich verkaufen. Auf alle Fälle aber muß die Pforte, von ihrem Standpunkte aus betrachtet, nach welchem die armenische Revolution in Blut zu ersticken, von den versprochenen Reformen aber nichts zu gewähren ist. Alles für den Versuch aufbieten, durch einen entscheidenden, möglichst barbarischen Schlag alle „Menschlichkeitsgelüste" der türkischen Christen zu unter drücken, wenn nicht im nächsten Frühjahr der innere Krieg auf der ganzen Linie - der Türkenherrschaft be jahr auch die Macedonier, mit bulgarischem SuccurS, den Kriegspfad betreten würden und die Albanesen, die ebenfalls sehr wenig vertrauenerweckende Allüren zur Schau tragen, dem Bei- C spiel folgten, so könnten sich daraus unberechenbare Consequenzen um so mehr entwickeln, als es auch in Türkisch-Asien, von Armenien ganz abgesehen, an Brandstellen keineswegs fehlt — wir erinnern nur an den Hauran und an Arabien. Aber wir bezweifeln, daß daS Strafgericht in Zeitnn, wenn es auch noch so blutig ausfällt, wenn man selbst nicht einen der 12 000 Armenier am Leben läßt, der Pforte dauernd Ruhe verschaffen wird. Schon kämpft nicht mehr der Freiheits drang der Armenier, sondern Verzweiflung und Hunger gegen die verrottete Türkenherrschaft. Die Nothlage in den klein asiatischen Provinzen muß einen fürchterlichen Grad erreicht haben. Erst neulich wurde gemeldet, daß, wenn nicht baldige Abhilfe geschafft werde, man mit der Möglichkeit rechnen muffe, daß zwei Drittel der kleinasiatischen Christen, dem Hunger und dem Frost er liegen würden. Von der Pforte auö ist bis jetzt noch Nichts, oder nur ganz Unzureichendes geschehen und nun lese man die folgende aus unanfechtbarer Quelle stammende neuerliche Meldung der „Pol. Corr": Wie man uns aus Konstantinopel schreibt, sind neuerdings an die verschiedenen Botschaften von den ihnen unterstehenden Coniulaten in Kleinasien Berichte über die in den betreffenden Provinzen herr schende Nothlage ei'ngelangt. Aus denselben sei zu entnehmen, daß die Nothteidenden außer empfindlichem Mangel an Nahrungsmitteln, ins besondere auch allen Schutzes gegen die kalte Witterung entbehren, bc- sonders in jenen Gebieten, wo die Wohngebäude in Folge der Unruhen ent weder zerstört oder verbrannt wurden. Alle diese Berichte gelangen über einsttmmend zu dem Schlüsse, daß eine rasche, umfassende Hiiss action im größeren Maßstabe dringend nöthig sei, da die daliin gehenden Vorkehrungen der Localbehörden als auch der Consulate in ixolge Mangels an genügenden Mitteln vollkommen unzureichend seien. Nach alledem kann man nur annehmen, daß auch das grausame Maffacre, welches die Armenier in Zeitun unter den dort Eingeschloffenen angerichtet, eine Thal wilder Ver zweiflung war und darum zwar nicht entschuldbar aber erklärlich wird. An ähnlichen Eruptionen wird es auch in der nächsten Zukunft nicht fehlen und eS ist ein Irrthum, anzunehmen, die Lage habe sich gebessert, weshalb auch das italienische Levantegeschwader nach Hause zurückkehre. Was das Letztere betrifft, so schreibt der römische „Esercito", der Rückberufung einiger Schiffe des italienischen Geschwaders aus dem Orient sei kein polilitischer Grund unterzuschieben. Diese sei erfolgt, um eine Division des Reservegeschwaders, welche in den activen Dienst treten soll, an die Stelle der zurückberufenen Schiffe zu setzen. Auch anS Trient wird uns gemeldet, die zweite Division deS ita lienischen Mittelmeergeschwaders werde nach dem Orient in See gehen, nachdem die erste zurückgekehrt sei. Alles deutet daraus hin, daß die Großmächte mehr denn je Ursache haben, auf dem ,.tzui vivo'- zu bleiben. Noch immer ist in den Bereinigten Staaten der finanzielle Katzenjammer, welcher dem durch Cleveland'S unbesonnene Botschaft hervorgerusenen Rausche folgte, nicht überwunden und wird sich wohl auch noch einige Zeit sehr unangenehm bemerkbar machen. Noch ist die Geschäftswelt der Union in Erregung über die großen Goldcntnahmen Europas, welche nicht verfehlen werden, zahlreiche Bankerotte nach sich zu ziehen, und Cleveland bekommt manches Wort höchster Erbitterung zu hören. Zwar wird, da die Bc fürchtungcn bezüglich eines Krieges mit England geringer geworden, die finanzielle Lage etwas hoffnungsvoller angesehen, allein nach den letzten uns vorliegenden im volkswirthschaftlichen Theil abgedruckten Nachrichten ans New-Aork dauert der Goldrückfluß noch in bedenklicher Weise fort. New Yorker Häuser erhalten fortgesetzt von europäischen Firmen Auftrag, selbst Negierungsbonbs zu verkaufen und die Beträge zu remittiren, was in ein flußreichen Bankkreisen am meisten verstimmt hat. Das Schlimmste aber ist, daß das finanzielle Vertrauen Europas zn den Vereinigten Staaten gestört ist. Vor Cleveland'S Botschaft, so schreiben die „Times" nach unserem Dafürhalten zutreffend, hätte Berlin Amerika vielleicht fünfzig und Paris fünfundzwanzig Millionen Dollars geliehen, aber jetzt würde eS für Amerika, außer für hohen Preis, schwer sein, Geld zu bekommen. Man darf daher gespannt darauf sein, ob und unter welchen Bedingungen die europäischen Märkte eine amerikanische Anleihe, welche jetzi für unvermeidlich gilt, annehmen werden. Daher Ernüchterung in allen maßgebenden Kreisen! Nur in Venezuela selbst gehen die Wogen „nationaler" Begeisterung noch hoch. So liegt uns heute folgendes Telegramm vor: * Rew-Aork» 23. December. Nach telegraphischen Meldungen aus Caracas wächst dort die feindselige Stimmung gegen England. Allgemein wird eine umfassende Mobilisirung der Nationalgarde gewünscht. Die Kaosleute, welche darauf drängen, einen Handelskrieg gegen England ins Leben zu rufen, habe» verlangt, daß alle Venezuelaner, welche als britische Consuln fungiren. ihr Exequatur hinsällig werden lassen. Das Cabinet hat öffentlich Der Geiger. ^ Orkgiuak-Romaa vo» Smmy Rosst. Rächten» »«toten. (Fortsetzung.) Kein Gedanke, wie nahe ihr Wunsch seiner Erfüllung, be wegte das Herz der Mutter — aber als ver Kranke die Augen weate das Herz ver Mutter — aber atS der Kraute die Augen auffchlug, begegnete er dem großen, milden Blick der schönen alten Frau. Noch war ihm die Besinnung nicht ganz zurück- 1« in langem Zag, — dann richtete er sich auf: Herbert — Jacque» — kommt — kommt, Mutter ist hier, Mutter, Mutter, Mutter, Aurel!" Und wie todt sank er auf den Boden zurück. Frau von Otzpel schrie uicht, sie weinte nicht, sie rang auch nicht die Hände — aber st« sah so verzweifelt au», daß Olga schrie, weinte und die Hände rang. I» diesem Augenblick kam Dvctor Graumann — er untersuchte schnell den Kranken, dann warf er Olga einen un wirschen Blick zu. „Ruhig doch, wa» soll da» Lamento — der jung« Manu wird morgen wieder hergestellt sein, wenn Sie ihn seitwärt» und mit dem Kopfe hochgeleat hätten, wäre eS schon heute übrrstandiu. — Ich danke indessen herzlich für Ihre Hilfe I Und an» wollen wir ihn in seine bestimmte Wohnung schaffen — er soll entkleidet werden und bequem liegen. Ihr da", er winkte de» Feüah» — aber Frau vo» Oppelu legte die Haad auf seiaen Arm. ^I» mn» Zimmer, ia «ei, Bett, Doctor — e« ist mei» Sohn!" „Wie, Si« wissen?" staunte d«r Arzt und «ine Sorgen falte legte sich um seinen Mund, wie festgenagelt lag der Schreck auf der Mutter blaffe« Antlitz — da entschloß der Doctor sich schnell. ,,E» ist in der Tbat Ihr Sohn — Sie sollte», so bat Aurel von Ovpel Tberes«, e» allmählich erfahren. Aber wozu Ähre Anast, gnädige Frau ich gebe Ihnen mein Wort, r» ist keine Gefahr vorhanden! Herr Herme» hat ia sei»« U»ged«ld »ach ih»ea nicht «mgehaltrn, daß ich ihn gegea Abend vom Hafen holen sollt« — er hat, unbekannt mit der Gefahr, die Mittagsstunde zum Herritt gewählt. Wir Europäer können da- erst nach völliger Gewöhnung wagen, — da Sie aber so schnell entschlossen Hilfe leisteten, ist noch da- Schlimmste verhindert. Nur bringt der rasche Temperaturwechftl OhmnachtSanfalle bervor — er wird auch etwa- Fieber davontragen, aber da- Alle- ist bedeutungslos. Wollen Sie ihn aber hier behalten — desto besser — Fräu lein Olga opfert uns wohl für diese Nacht ihr Bett —" Auf den Steinboden hingekauert, löste Frau von Oppel den Kragen, die Binde ihres Sohnes, sie küßte seinen heißen Mund, streichelte seine lockigen Haare und legte ihre Wange an die seinige. Noch hielt sie Bruno'S Unfall für ein Unglück — si« wußte nicht, daß diese Krankheit, die ihn hilflos und schwach wie ein kleine« Kind in ihre Arme warf, eine echte Glückslaune war. Eine Mutter, die ihren Sohn seit 20 Jahren, seitdem er ein ganz kleine- Geschöpf gewesen, nicht wiedergrsehen, und zwar durch eigene« Verschulden nicht wirdergesrhen — findet schwer, trotz heißer gegenseitiger Sehnsucht, — den rechten Ton bei ver ersten Begrüßung. Ist e- ein Wiedersehen in überschwänglicher Zärtlichkeit, so erblaßt hinterher da- Glühroth ver Begeisterung; mischt sich in da- erste Begegnen ein fremde- Gefühl — denn eS fehlen ja die UebergangStöne zur Harmonie, so kann sich dieser Riß in der Vereinigung weit leichter vergrößern al- schließen. Aber als der Kranke am Abend in ihren Armen erwachte, al- ihr Mund ihm da- erste Wort, die erste Tbräne de- Entzückens vom Auge küßte, da war er ganz ihr Kind, hilflos, ihrer Pflege bedürftig, da fanden sich alle die oarmonischen Töne in vollem Accord, ste füllten die leere Vergangenheit auS, sie erfüllten mit Zauberklang die Gegenwart. Wenig sprachen sie mit Worten, aber unlöslich ruhte Hand in Hand. Oft beugte sie sich über ihn, schloß seinen Kopf in beide Arme: „Mein liebes Kind, mein kleiner Bruno!" Dana athmrte er, von Seligkeit fast erstickt, schwer auf und stöhnte nur: „Glück! Glückl" Doch mehrere Tage veraingen, eh« seine Schwäche ihm er laubte, da« Lager zu verlassen. E- war ja auch so entzückend in diesem Asyl, von Mutterhänden gestreichelt, von ihren Küsten geweckt, mit ihren Küsten zur Ruhe begleitet zu werden. Und davei die- wohlige dämmernde Hintraumen, die Welt da draußen im Kamps und Haß versunken, hier der Frieden, da« Glückl Am vierten Abend war er fieberfrei — doch batte er mehr «in Nicken oder Schütteln zur Antwort auf alle Fragen Iw. Graumann'S als Worte. Niemand als dieser und seine Gattin hatten Frau von Oppel bei der Pflege unterstützt. Die sonst selbst der Pflege bedürftige Frau war heroisch er starkt, daS Opfer war ihr eine WohUhat, sonst ewig bin- brütend und ihre Schwäche verhätschelnd, wurde diese Tyat- kraft zum Heilquell für sie selbst. Freude zauberte Farbe auf ihre Wangen, Licht in die matten Auaen und entzückt konnte Bruno auf diesem Antlitz weilen, welchem noch immer der Schönheit Banner voranschwebte. „Heute bin ich noch Dein krankes, kleine- Kind, Mütterchen wie ich ihn zuerst gesehen und auf den ersten Blick liebte, wie er mit einer schlichten Melodie, Deiner Melodie, wie er mir später erzählte, mein ganzes Sein erschütterte. Denn Du mußt wissen, süße Geigenfee, Dein anderer Sohn hat auch Göttin Zwar, eine aber meine Ohren ände." Statt einer Antwort begann sie leise da- Lied vom Glück zu singen: „Was ist das Glück?" „Ich weiß eS", sagte er nach dem Schluß, „das höchste Glück ist — bei seiner Mutter sein!" Da mußte sie bitterlich weinen, und er weinte mit ihr — ach, all« SchmerzenSthränen füllen den Abgrund „Zeit" nicht. Man kann vergeben — vergessen kann man nicht. Aber als er am anderen Morgen „gähnend ausgewacht, da stand'S vor seinem Bett mit Gvttermienen und lacht, und lacht!" Es war zwar noch daS Glück nicht selbst, sondern nur eine kleine Gesandtin desselben. Sie war eben 18 Jahre alt, sehr zierlich, sehr lieblich in ihrem wafferblauen Mullkleid, die Jugend, die Anmuth selbst! Und sie hieß Olga — Olga Rosen. Ganz leise batte sie sein Frühstück auf einem Tablett hrreingebracht, er schlief ja auch fest wie ein Dachs, wie sie durch die Portiere erspäht. Die gnädige Frau hätte sich dies Vorrecht gewiß nicht nehmen lassen, aber sie selbst war heute noch nicht erwacht, nach diesen Tagen der Anstrengung: es war schon 10 Uhr und so entschloß Olga sich in ihrer Reso lutheit, selbst die Schwelle de- Allrrheiligsten zu überschreiten. Bruno hatte gerade in dem Moment die Augen geöffnet, wo sie ihm den Rücken zuwandte; er stellte sich nun weiter schlafend, doch blinzelte er unter den nur halbgeschloffenen Wimpern nach ihr. Richtig, da- war ja da- holde Wesen, welche- ihm zurrst den Labetrunk gebracht. „So steigen Sie doch 'runter von dem alten Esel — Sie thun mir so leid" — Aurel hatte immer nur von Frau Therese gesprochen, nun hielt er diese wafferblaue Libelle, die da ganz ungcnirt in dem Krankenzimmer eines jungen Mannes herumtänzelte, für eine ehrbare Frau Doctor. Wie schade — schon verheirathet! Doch wie mädchenbasi sic auSsah! Noch war er zu sehr mit seinem neuen Liebes glück, Aurel und Mutter, beschäftigt und angefüllt, dennoch ärgerte er sich, daß das „Libellchen" schon vergeben war. Und wenn sie frei wäre, eine Gesellschafterin — und er, der Sohn deS Commerzienratbs L. Hermes. — Desto bester — so brauchte er ja nicht auf Reichthum zu sehen und Rang? Licbc kennt keinen Rang! In der Liebe ist eS, wie das Ccrc moniell am englischen Hof — die Heirath deS Gatten niactu die Frau ebenbürtig. Aber der Papa! Und doch, verhalle ja selbst ein armes Mädchen geheirathet, jreilich, solche Schönl'cil, eine Künstlerin. — Pah, darum verliebt man sich doch nici-l immer in ein Mädchen! Schön war diese „Therese" sicher nicht, aber unendlich lieb und frisch, sie batte etwa« von dem Blitzen und Gleiten der Wasserjungfer, besonders in dem lichtblauen Gewand, — wenn sie eine gute Begabung für Musik hätte, — dann, — ja dann wäre er im Stande, den Doctor zu tobten, dann wäre sie ja vollkommen, — und — bereits verheirathet. So gab eS also keia vollkommenes Glück auf Erden? Eine Stunde später trat er, frisch gekleidet und in bestem Wohlbefinden, in den Salon der Mama. Da saß die Libelle bei einer Handarbeit — sie stand ohne jede Verlegenheit auf, ^streckte ihm beide Hände entgegen. „Gott sei Dank, daß Sie wieder ganz gesund sind. Ihre liebe Mama schläft noch — Sie müssen schon die Güte baben, mit mir so lauge fürlieb zu nehmen. Ich bin die Gesell schafterin der gnädigen Frau, Olga Rosen!" „Olga — ich dachte Therese"; er kam sich ia diesem Moment unsäglich albern vor, sowohl de- Ausspruch- wegen, al- daß er die- Ideal einer Mädchenerschrinung mit frau licher Würde bekleidet. Sie aber lachte — lachte wie da- Glück. „Therese war, ich bin! Therese ist Frau vr. Graumann, die große, starke Frau, die Ihnen doch alle die Tage da« Esten gebracht!" „Und Sie waren jene Frau, die mir den Trunk zum Esel ebracht? Ich glaube, ohne Sie wäre ich auf dem alten Krauthier festgewachsen." Nun plauderten sie wie alte Bekannte. Am Abend aber, al- Bruno hinüber in sein Häu-chrn übersiedelte. zog isch und Linsen-
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