Mitteilungen über die Verhandlungen des Ordentlichen Landtags im Königreiche Sachsen / 2. Kammer

II. K. 77. Sitzung, am II. Mai 1910. 3222 (Abg. Fleißner.) es ist leider bei diesen Worten geblieben. Das ist das Bedauerliche, was wir schon wiederholt gerade der nationalliberalen Partei gegenüber zu konstatieren hatten. 9kur mit dieser Einschränkung kann das gelten, was der Herr Abg. Bauer gegenüber meinem Partei freunde Wirth ausgeführt hat. Auch hier liegt es so wie bei dem Anträge Merkel. In der Deputation ist der lebhafte Wunsch ausgesprochen worden, daß die Regierung wenigstens im nächsten Etat dazu kommen möchte, den berechtigten Forderungen der Eisenbahn arbeiter, soweit es die niederen Löhne anlangt, entgegenzukommen, und man kann nur lebhaft wünschen und bei dieser Gelegenheit nochmals be tonen, daß die Wünsche der Deputation auch von Einfluß auf die Regierung sind und daß sich vor allen Dingen der Landtag und die Zweite Kammer überhaupt auf den Standpunkt stellt, den die Depu tation nach der Richtung eingenommen hat. Bisher war es leider immer so: man hat die Not lage der Eisenbahnarbeiter wohl anerkannt, sie aber auf spätere Zeiten vertröstet. Dann sind immer wieder viele Jahre vergangen, ehe etwas gegeben wurde, und wenn etwas gegeben wurde, waren es verhält nismäßig kleine Zulagen, die in keinem Verhältnisse zu dem stehen, was man oben den besser bezahlten Stellen zugelegt hat. Wir haben Berechnungen seitens der Regierung, in denen nach gewiesen wird, ja, seit dieser Zeit haben sich die Löhne um soundso viel Prozent erhöht. Ich möchte wiederholen: diese Prozentzahlen bedeuten für uns gar nichts. Es kommt auf die absolute Höhe des gegenwärtigen Lohnes an, und da haben Sie Angaben aus den Ausführungen unserer Redner entnehmen können, denen gegenüber nicht einmal der Versuch gemacht worden ist, sie zu bestreiten. Darauf kommt es am Es ergibt sich, daß bei dem größten Teile der Eisenbahnarbeiter die Verhältnisse so liegen, daß eine wesentliche Er höhung der Löhne, worauf die Petitionen drängen, notwendig erscheint. Wenn wir uns aber bescheiden müssen, daß das gegeben wird, was gefordert wird, so möchte ich zum Schlüsse im Interesse der schlecht entlohnten Eisenbahnarbeiter dringend betonen, daß im nächsten Etat von vornherein, ohne daß erst dazu gedrängt werden muß, die Regierung dazu kommt, die Forderungen endlich zu bewilligen. Präsident: Das Wort hat der Herr Vizepräsident Bär. Vizepräsident Bär: Meine sehr geehrten Herren! Der Herr Abg. Fleißner hat in seinen Ausführungen Andeutungen gemacht, daß man vielleicht das Handels und Gewerbeschulwesen künftig anders regeln und etwa an die Fortbildungsschule angliedern möchte. Demgegenüber habe ich Bedenken nach meiner lang- ährigen Erfahrung als Mitglied des Handelsschul vorstandes. Wie schon vorhin der Herr Ministerial direktor Geh. Rat vr. Roscher mit Recht ausgeführt hat, legt die König!. Staatsregierung großen Wert darauf, daß die beteiligten Kreise aus Handwerk, Gewerbe, Handel und Industrie mitwirken, nicht nur dadurch, daß sie ihren guten Rat und ihre Arbeit in den Dienst der Schule stellen, sondern auch dadurch, daß sie erhebliche Beiträge leisten. Von diesen be teiligten Kreisen sind bisher große Opfer gebracht worden, und sie sind freudig gebracht worden von Handwerk, Gewerbe, Industrie und Handel, weil diese beteiligten Kreise gerade in den Aufwendungen, die sie für ihre gewerblichen Schulen bringen, die beste Förderung von Handel, Gewerbe und Industrie erblicken. Aus diesem Grunde halte ich nach wie vor das Verhältnis, wie es jetzt in unseren Fachschulen besteht, für richtig und mag nicht etwa empfehlen, daß man diese der Fortbildungsschule angliedert, wie es von manchen beteiligten Kreisen, speziell von Chemnitz aus, gewünscht wird. Ich muß mit ein paar Worten auf Chemnitz zu- kommen. Ich wundere mich, daß gerade von Chemnitz dieser Gedanke ausgesprochen wird, weil dort über zwei Drittel sämtlicher Handelslehrlinge an die ge werbliche Fortbildungsschule und an die gewöhnliche Fortbildungsschule gewiesen werden. Eine derartige Auffassung der Prinzipale ist erfreulicherweise im Lande nirgends so vertreten wie in Chemnitz, wo man die Lehrlinge mehr in der Arbeit ausnutzt als darauf sieht, daß sie in der Schule eine genügende Ausbildung erhalten, in diesem Falle in der Handelsschule. Es war mir ein dringendes Bedürfnis, das ent schieden auszusprechen, was im ganzen Lande eine bekannte Tatsache ist. Ich habe schon in der Vor beratung darauf hingewiesen, daß wir gewiß die Ver dienste des Ministeriums des Innern, speziell des De zernenten, des Herrn Ministerialdirektors vr. Roscher, um die Fachschulen anerkennen, und ich von meiner Seite aus muß sein objektives Eintreten für die Handelsschulen und sein warmes Verständnis für diese anerkennen. Aber bei alledem möchte ich doch bemerken, daß ich hier gleichzeitig auch die Rechte, die die gewerblichen Schulen und Handelsschulen haben, im Interesse des Handels und der Industrie geltend machen muß.