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Die Uhrmacherkunst
- Bandzählung
- 52.1927
- Erscheinungsdatum
- 1927
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Deutsche Gesellschaft für Chronometrie e.V., Bibliothek
- Digitalisat
- Deutsche Gesellschaft für Chronometrie e.V.
- Lizenz-/Rechtehinweis
- CC BY-SA 4.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id318594536-192701007
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id318594536-19270100
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-318594536-19270100
- Sammlungen
- Technikgeschichte
- Uhrmacher-Zeitschriften
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Ausgabebezeichnung
- Nr. 5 (28. Januar 1927)
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Titel
- Du liebes Wien (29)
- Autor
- Decsey, Ernst
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Artikel
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitschriftDie Uhrmacherkunst
- BandBand 52.1927 -
- TitelblattTitelblatt -
- InhaltsverzeichnisInhaltsverzeichnis III
- AusgabeNr. 1 (1. Januar 1927) 1
- AusgabeNr. 2 (7. Januar 1927) 15
- AusgabeNr. 3 (14. Januar 1927) 27
- AusgabeNr. 4 (21. Januar 1927) 43
- AusgabeNr. 5 (28. Januar 1927) 57
- ArtikelListe der Fabrikanten und Grossisten, die eine Erklärung ... 57
- ArtikelKonfirmationsgeschenke 58
- ArtikelZur Frage der Inventurverkäufe 59
- ArtikelGeldverdienen und Glücklichsein 60
- ArtikelInternationale Fachzeitschriftenschau 62
- ArtikelDer Außenhandel mit Uhren der Schweiz im Kalenderjahr 1926 63
- ArtikelSprechsaal 64
- ArtikelInnungs- u. Vereinsnachrichten 64
- ArtikelVerschiedenes 67
- ArtikelFirmen-Nachrichten 67
- ArtikelNeue Kataloge und Preislisten 68
- ArtikelVom Büchertisch 68
- ArtikelPatentschau 68
- ArtikelFrage- und Antwortkasten 68
- ArtikelEdelmetallmarkt 68
- ArtikelWas der Uhrmacher von der Elektrizität wissen sollte (4. ... 69
- ArtikelDu liebes Wien (29) 71
- AusgabeNr. 6 (4. Februar 1927) 73
- AusgabeNr. 7 (11. Februar 1927) 89
- AusgabeNr. 8 (18. Februar 1927) 107
- AusgabeNr. 9 (25. Februar 1927) 127
- AusgabeNr. 10 (4. März 1927) 149
- AusgabeNr. 11 (11. März 1927) 165
- AusgabeNr. 12 (18. März 1927) 183
- AusgabeNr. 13 (25. März 1927) 201
- AusgabeNr. 14 (1. April 1927) 221
- AusgabeNr. 15 (8. April 1927) 241
- AusgabeNr. 16 (15. April 1927) 261
- AusgabeNr. 17 (22. April 1927) 283
- AusgabeNr. 18 (29. April 1927) 301
- AusgabeNr. 19 (6. Mai 1927) 321
- AusgabeNr. 20 (13. Mai 1927) 341
- AusgabeNr. 21 (20. Mai 1927) 363
- AusgabeNr. 22 (27. Mai 1927) 381
- AusgabeNr. 23 (3. Juni 1927) 399
- AusgabeNr. 24 (10. Juni 1927) 419
- AusgabeNr. 25 (17. Juni 1927) 433
- AusgabeNr. 26 (24. Juni 1927) 455
- AusgabeNr. 27 (1. Juli 1927) 475
- AusgabeNr. 28 (8. Juli 1927) 497
- AusgabeNr. 29 (15. Juli 1927) 513
- AusgabeNr. 30 (22. Juli 1927) 529
- AusgabeNr. 31 (29. Juli 1927) 545
- AusgabeNr. 32 (5. August 1927) 565
- AusgabeNr. 33 (12. August 1927) 581
- AusgabeNr. 34 (19. August 1927) 599
- AusgabeNr. 35 (26. August 1927) XII
- AusgabeNr. 36 (2. September 1927) 633
- AusgabeNr. 37 (9. September 1927) 649
- AusgabeNr. 38 (16. September 1927) 665
- AusgabeNr. 39 (23. September 1927) 683
- AusgabeNr. 40 (30. September 1927) 703
- AusgabeNr. 41 (7. Oktober 1927) 721
- AusgabeNr. 42 (14. Oktober 1927) 743
- AusgabeNr. 43 (21. Oktober 1927) 759
- AusgabeNr. 44 (28. Oktober 1927) 777
- AusgabeNr. 45 (4. November 1927) 805
- AusgabeNr. 46 (11. November 1927) 823
- AusgabeNr. 47 (18. November 1927) 841
- AusgabeNr. 48 (25. November 1927) 861
- AusgabeNr. 49 (2. Dezember 1927) 879
- AusgabeNr. 50 (9. Dezember 1927) 895
- AusgabeNr. 51 (16. Dezember 1927) 913
- AusgabeNr. 50 (23. Dezember 1927) 933
- BandBand 52.1927 -
- Titel
- Die Uhrmacherkunst
- Autor
- Links
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72 DIE UHRMACHERKUNST Bin furchtbares Schweigen entstand. Man hörte auch die alte Stockuhr schweigen. Tot hing das Pendel. Ganz automatisch trat die Uhrmachersfrau hinzu und gab dem Pendel einen Stoß. Er ging ein paarmal hin nnd her, schwang immer schwächer und blieb kraftlos in der Mitte hängen. Herdrix näherte sich scheu der Christel und nahm ihre schwere Arbeitshand, die schlaff herabhing, sie suchte mit einem Blick in die starren Augen der Prau zu dringen. Plötzlich führte sie die Hand an ihren Mund, und ohne Wort und Grnß eilte sie hinaus. Der Regen hatte gänzlich aufgehört, und hinter dünnen glänzenden Wolken kämpfte sich für Augenblicke die Sonnenscheibe hervor. Die Häuser waren gelb angestrahlt, dann liefen wieder dunkle Schatten drüber. Heiß und erregt erreichte Herdrix das Fünfundzwanziger Hans, und während sie die grünbemooste Stein treppe zum Garten emporstieg, nahm sie den braunseidenen Umhang von den Schultern. Hinter den Gitterlanzen sah sie den alten Herrn im Lüsterröckel, der eben emsig mit dem Fnß auf die Plutzer trat, die die Rabatten kränzten. Den ganzen Weg hatte sie nachgedacht, wie sie ihm am besten beikommen könnte, sie hatte es sich gut zurechtgelegt, nnd jetzt, wo sie vor ihm stand und dieses alte ver- steinte Gesicht erblickte, wollte alles zusammenfalleh. „Grüß di’ Gott", antwortete er trocken auf ihren Grnß, rauchte und Biampfte weiter, wie wenn er auf Köpfe träte. Er ließ sich nicht ablenken, und ohne bie zu fragen, was sie wolle ging er ins Lusthaus. Er band sich eine blaue Arbeitsschürze vor die Btust und kam langsam zurück. Noch immer stand sie auf demselben Platz ängstlich und unschlüssig, während er die Schaufel in die weiche Erde stitß und sich gar nicht um sie kümmerte. Nach einer Weile hielt er ein, stellte wie rastend den Fnß auf den Schaufelrand und sagte: „Da, für die da oben" — er dentete mit der Meerschaumspitze in die Richtung des Eschenhauses — „bin i net z’Haus. Merk’ dir das!“ Er wußte also. Da konnte sie nicht mehr an sich halten. Ihre Stimme brach bebend heraus. „Vater!* Alle Qaal ballte in dem Ruf. Er legte die Schaufel nieder nnd schlürfte langsam an sie heran. Dann murmelte er etwas und streichelte ihren Gretchenkopf. „Jetzt schicken s’ halt di’ zu mir.* Herdrix schüttelte den Kopf. „O, nein, die Clemy weiß es gar nicht. Niemand. Ich ganz allein — es ist keine Viertelstunde her, da ist mir der Gedanke aufgeschossen: ich allein, ich könnte allen helfen — ihnen und den Uhrmachersleuten. Oft ist ein Mensch, der sonst zu gar nichts auf der Welt ist, plötzlich etwas weit, weil er helfen kann.* Und in schluchzend gestoßenen Worten erzählte sie und bat mit zärtlichen Gebärden. Sie lächelte das alte rote Gesicht an, nnd da es vereiste und einschlief und ihr Lächeln nicht erwiderte, fing sie von neuem an, stockend und zandernd: er könne ja als Vater alles tun, er könne ihre Häuser belehnen, oder wie er wolle; mit einer einzigen Unterschrift ist alles gleicbgebracht, ist dieses elende Geld herbeigeschafft, ist Godler vor dem äußersten be wahrt, die Clemy vor unverdienter Schande geschützt und die Schwerengangs vor einem drohenden Verlast. „Ich brauche nichts, ich verzichte auf Vermögen, auf Besitz,* und mit etwas schwärme rischem Tone rief sie: „Glücklich machen soll das tote Geld! Wenn es sonst nichts kann, ist es unnütz. Also mir zuliebe, Vater, hörst du mir zuliebe . . .!“ Sie hatte ihn umgefaßt und ihm in der Herzens angst ihre junge Wange an die welke Backe gelegt. „Vaterl, Vaterl!* Er bückte sich mühselig und hob die Schaufel auf. Dann schlürfte er zu seinem Beet zurück. „So viel schlecht geht’s mir jetzt,* sagte er und hüstelte. „I hab kan Abbatit, und die Füaß, die werden halt alleweil schwächer. Wann ma' kan Abbatit net hat — dann is’ aus . . .* Aus ihrem Gesicht starb das Lächeln weg. Sie stand wieder hilflos wie vordem. Er arbeitete weiter, kiäftig stieß er mit dem Fnß auf die Schaufel und warf eine Erd scholle weit von sich. Eine gelbe Gartenschnecke fiel heraus und zog sogleich den weichen Leib ein. „Vater,“ sagte Herdrix gemartert, „ich bitte dich, nur ein Wort! Hör doch, was ich sage!“ Maxintsack ging rnhig auf die andere Seite des Beetes zog sein blaues Sacktuch nnd wischte sich bedächtig die Stirn; dann fuhr er mit der Schaufel wieder in die Erde und hatte Augen bloß für das Beet Die Sonne glänzte hie und da auf den fettigen Schollen und spielte sternstrahlend auf den roten Glaskugeln. Plötzlich hielt er inne, öffnete lächelnd den Mund, daß die gelben Zähne, drei oder vier, sichtbar wurden. Er sah aus wie ein Faun, als er nun kicherte: „Dir z’ Lieb’, hast g’sagt? Dir z’ Lieb' Meine Liebe, di’ hab’ i viel z’ gern! I bin viel g’scheiter, als du g'aubst. Das ist net dir z’ Lieb’. Das is, denen z’ Lieb’. Und die ? Die gehn mi nix mehr an!* Er änderte die Stimme und sie dröhnte rauh und stark: „Die gehn mi gar nix an!" Bagasch! Bagasch über- anand! Kan Kreuzer net! So lang i leb’ — net an lucketen Kreuzer und — er schleuderte den rechten Arm zum Schwur empor — „so wahr a Gott im Himmel fi km * S ° " aür ® Gott im Himmel is’, net an Kreuzer, so lang i leb. Sie sollen^ betteln gehn, verrecken meinetswegen! Wan i amal net mehr bin — dann, dann kannst tuan, was d’ willst!“ Verlag des Zentralverbandes der Deutschen Uhrmacher (Einheitsverhandt R V WaiuTöIIilÄ rr I , „ , “ Die Stimme brach, und er stöhnte weinerlich: „Es dauert eh’ nimmer- mehr lang. So viel schlecht is’ mir — d’Huasten allaweil — nn j gar kan Abbatit — so viel schlecht . . Sein Gesicht wurde trüb- selig und schlief wieder ein. Herdrix hatte sich zum Gehen gewendet, sie fühlte sich ge- demütigt, wie ein Baum, den sie an den Stricken niederreißen. Die Tiäuen kamen ihr beinahe. Plötzlich schnellte sie' in die Höhe. Nein! Das steckte sie nicht ein! Sie hätte nachher vor Wut ge heult! Sie schluckte ihren Weibszorn hinein, beherrschte sich gewaltsam, um die Kraft nicht zu verlieren, kehrte nm, nnd ging mit einer verdächtig langsamen sicheren Bewegung an ihn heran. Er wich vor ihren vipernden Angen zurück. Sie aber stemmte sich fest gegen den Boden und stach nach ihm mit kühlen, Bpitzen Worten: „Ich bitte! Streng dich nicht an! Du brauchst vor mir keine Komödie zu spielen. Aber du brauchst auch meine Schwester nicht zu beleidigen. Verstanden? Wer meine Schwester schändet, schändet auch mich! Bagasch! Ich bin keine Bagasch, ich bin die Tochter des Herrn Maxintsack, und den hab ich immer für einen Ehrenmann gehalten. Und solang du das nicht gnt machst, Mas du mir eben angetan hast, kenn’ ich dich nicht. Ich brauch’s nicht von dir. Geld zusammenkratzen ist in meinen Augen gar kein Ver dienst!“ Wie einen Schneeball warf sie ihm das mitten ins Gesicht. „Und ob der Freiherr von Godler ein Schwindler ist oder nicht — — Mensch ist er und Menschen müssen einander helfen! Du aber, statt ihn hinaufzuziehen, du trittst ihn mit dem Fuß hinunter." Sie schleuderte einen neuen Schneeball, und auch der traf ins Gesicht. „Und wenn du schon für den Godler kein Geld hast, dann wär’ es deine verdammte Pflicht und Schuldigkeit, daß du zum Uhrmacher gehst: Herr, da ist die Schuld! Dreitausend Gulden. Das zahlst du mit einer Hand. Aber das fällt dir nicht ein. Pfui! Habe die Ehre!" Sie drehte dem sprachlosen Gärtner den Rücken und marschierte mit hochgehendem Busen ab wie eine frischgewählte Königin. Er stand mit offenem Munde. Die Schaufel war ihm aus der Hand gefallen. In seinem Leben war er nicht mit Schneeballen so be worfen worden wie hente. Während sie die Treppe hinabstolzierte, kam mit wiegenden Schritten der Wenzel über den Hof, nnd als er sie erblickte, spazierte er ihr entgegen.' Er zog den Hut fast ironisch tief, lächelte sie vertraulich an nnd blieb einen Augenblick stehen, als wollte er ein Gespräi h anknüpfen. Herdrix dankte mit laut betonter Gleichgültigkeit — sie war grade in der richtigen Stimmung — nnd ließ ihn stehen. Im Torgang aber drehte sie sich unwillkürlich nm. Da stand er noch immer, ein Auge zugekniffen, nnd schaute ihr nach. Dann schwang er sich auf dem Absatz herum und siieg pfeifend in den Garten. Was mußte sie sich umschauen! Sie ärgerte sich. Aber sie hatte ein so unbehagliches Gefühl im Rücken gehabt. Diese weißlichen Augen voll kalter Gier . . . Tiefatmmd stand sie vor dem Hause und überlegte: Wohin jetzt? Die Gesichter der Uhrmacherleute wieder sehen? Und mit leeren Händen dabeis<ehen, mitschuldig nnd ohnmächtig? Oder überhaupt aus dem Leben hinaus? Während sie so stand, wurde nebenan aus dem Schusterladen eine Kiste herausgeschoben. Der Lehrling machte sich daran zu schaffen und verschwand. Die Sonne war hervorgekommen und strahlte dnrch blaue Risse auf die Gasse, der Prellstein an der Hauswand und das Straßenpflaster bildeten einen warmen Winkel. Die Schustersfrau hob ihren Schlangenkopf heraus, in wirren Strähnen starrte ihr graues Haar. Sie funkelte das Mädchen an und riß die Lider auseinander, wie wenn sie rufen wollte. Herdrix schauderte zusammen und trachtete davonzukommen. Aber die Frau schien sich zu recken und mit dem steifen Hals zu winken — halb entsetzt, halb mitleidig trat Herdiix auf sie zu. Das Weib war in der Kiste ganz zusammengeknäult, nur im knöchernen Ge sicht, in d-n schwarzstechenden, ruhelosen Augen war noch Leben. Als Herdrix sich niederbeugte, stieß die Lahme angestrengt einige Laute hervor: „Uhrmacher — das — Uhrmacher . . . ich . . . etwas sagen . . . ich — weg schnell! Nicht stehenbleiben!“ Sie keuchte wie ein Gefangener, der rasch zum Gitter hinausspricht. Es klang unverständlich und geheimnisvoll. Was wollte sie? War sie irre? Herdrix nickte ihr unmerklich zu und trat hastig weg. Nachdenklich ging sie die Hauptstraße hinauf. Heute waj Clemys Geburtstag. Nun, der Tag hatte wunderschön begonnen In einer Stunde war so viel Schönes zusammengekommen, wie sonst in einem ganzen Jahre nicht. Und was hatte der Wenze. beim Großvater zu suchen gehabt? War er es, der dem Greis er zählt hatte?^ Sie fuhr sich mit dem Taschentuch über das Gesicht, wie wenn die Augen des Wenzel dort Spuren zurückgelassen hätten. Dieses Anfflhlen ihres Körpers mit den Augen — frech und ver letzend — als ob er schlürfen oder kosten wollte . . . oder sie ent kleiden . . .! S' e plötzlich rascher. Ein Verlangen nach Reinheit stieg in ihr auf, die Sehnsucht nach tröstender Liebe, die Sehnsucht von heute nacht kam wieder, und auf einmal wußte sie, wo ihre Hoffnung war, wo die Erlösung aus aller Wirrnis, der Friede lag, sie wußte, wohin sie gehen mußte: zu Grazian. Und sie ging hin. (Fortsetzung folgt.) ol ze (Saale)
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