vVo Licht ist, ist auch Schatten — wo könnte nan dieses Dichterwort besser beobachten als an der Sonnenuhr? — Die Völker der Sternenkunde, Chaldäer und Ägypter, verstanden auch, das Kommen und Oehen der Sonn_e zu bemessen und es in Stunden einzuteilen. Hohe Obelisken, auf freie Plätze gestellt, wurden 'hre Gradmesser für den Sonnenstand, von deren Schattenlänge _ sie nach «ruß die genaue Tageszeit ablesen konnten. Nicht anders die Griechen. Der Be weis dieser Zeit ist der „Turm der Winde" in Athen, an dessen Außenwänden mehrere Sonnenuhren angebracht waren, und zwar solche, wie wir sie _heut_e kennen. An der Ruine des Turmes ist von der einstigen marmornen Schönheit und von den Reliefs, die die Winde darstellten, nichts mehr zu sehen; man kann sich jedoch an Hand der gezeigten Rekonstruktionen noch genau vor stellen, wie die Sonnenuhren auf den acht Wänden des Turms angebracht waren und ihre Aufgabe erfüllten. In jenen Ländern, denen die Sonne bei nahe zuviel ihres Lichtes gibt, sind Sonnenuhren das angebrachte Instrument, die Zeit zu bemessen. Nicht aber für die nordischen Länder, wo sich die Sonne mehr als die Hälfte des Jahres hinter Nebeln und Wolken verbirgt. Trotzdem trifft man Sonnenuhren heute in fast jeder Stadt an, weniger der genauen Zeitbestimmung wegen, als zur Zierde und Belehrung. Wir sehen heute, wenn wir eiligen Schrittes durch die Straßen hasten, auf die elektrisch ferngesteuerte Normaluhr oder unsere Armband- und Taschenuhr. Welch ein Unterschied zu der Antike — zu den Ländern des sonnigen Südens und der „südlichen" Ruhe, wo die Menschen schon in alter Zeit die Sonne als Er halterin ihres Daseins betrachteten und verehrten I