Hinter all dem Wandel und bunten „Zufall“ der Natur steht ihm eine große unwandelbare Kraft. Ihr näher zu kommen und ihr Sein zu begreifen ist der eigentliche tiefere Sinn aller Beschäftigung mit der Natur. Das Zeugnis dieser zentralen Kraft ist für Goethe das, was er das „Urphänomen“ nennt. Ihm spürt er mit dem Auge des Geistes nach, wäh rend er mit dem Auge des Leibes forscht. Das „Ewige im Vorübergehenden ergründen“ nennt er es. Hinter der Einzelerscheinung sucht und sieht er die Idee, die ihr zu Grunde liegt. „Und die seltenste Form bewahrt im Geheimen das Urbild“ hörten wir ihn sagen. „Ich trachte, das Urtier zu finden, das heißt denn doch zuletzt, den Begriff, die Idee des Tieres“ sagt er im Vorwort zu seiner Morphologie. Und ein andermal: „Das Urphänomen ist die Grunderscheinung, innerhalb derer das Mannigfaltige anzuschauen ist, nicht ein Grundsatz, aus dem sich mannigfaltige Folgen er geben“ — (an von Büttel.) Aus alle dem sieht man, daß das, worum es sich bei Goethe handelt, nicht die unseren Sinnen er kennbare materielle Urform ist, also nicht die Zelle, die die materialistische Wissenschaft beschäftigt, sondern die nur dem inneren Auge erschaubare gei stige Urform, die gleichsam in der Zelle schlummert, 3 33