Kunstwerk ausbaut, — was auch unter seinen Be wunderern viele allein bei ihm sehen, — nein „Goethe als Kunstwerk“ will uns nicht genügen, seine überragende Größe liegt darin, daß ihn die individuelle Vervollkommnung nicht befriedigt und er Erlösung erst darin sieht, daß das persönlich Er rungene für die ganze Menschheit weiterwirkt, „Wir müssen den Begriff einer Weltfrömmigkeit fassen“, sagt er, „nicht nur unsere Nächsten fördern, sondern zugleich die ganze Menschheit mitnehmen. Es gehört zur Großartigkeit seines Bildes, daß Goethe mit dem Gefühl der unerfüllten Sehnsucht nach solchem praktischen Wirken dahingegangen ist. Wir aber wissen, daß er in Wahrheit seine Sehn sucht erfüllt hat. Heute sehen wir nicht nur das statuenhafte Bild eines großen Menschen, wir sehen zugleich auch das Bauwerk, das er für die Mitwelt errichtet hat. Er hat der deutschen Seele der unruhig umherirrenden deutschen Seele ein neues Haus erbaut. Nur zögernd ist sie in dieses Haus gezogen, aber je mehr sie es kennenlernte, um so mehr umfängt es sie mit der Kraft seines Lichtes, dem Reiz seiner Farben, der stillen Schönheit seiner Verhältnisse und der Weite seiner Durchblicke. Man entdeckt festliche Säle darin und geheimnisvolle Stätten der 46