25 unterscheiden. Im ersten Falle, welehem die Reizbewegungen der Blatter von Mimosa zugehoren, kehrt das Organ nach einer voriibergehenden Aetion durch selbstregulatorische Thatigkeit in die friihere Gleichgewiehtslage zu- riick, wahrend es im zweiten Falle gerade darauf abgesehen ist, in der Pflanze einen neuen, den veranderten Yerhaltnissen entsprechenden Gleichgewichts- zustand herzustellen 1 ). Ein solcher wird u. a. durch eine keliotropische Krummung geschaffen, nacli deren Yollendung der Stengel in der ge- wonnenen Lage verharrt, so lange der Lichtreiz und die iibrigen Yer- haltnisse unverandert bleiben. Ein analoges Verhaltniss ist geboten, wenn durch Erhohung der Temperatur in einer kaltestarren Pflanze das Waclisthum erst erweckt oder in einer schon thatigen Pflanze beschleunigt wird. Denn die Tempe ratur veranlasst doch nur Thatigkeiten, die mit den in der Pflanze zur Verfiigung stehenden Mitteln und Kraften betrieben werden, und eine auslosende Wirkung kommt der Temperatur ebenfalls zu, wenn durch Er- wiirmen einer Kohle die Verbrennung und damit die Entwicklung von Energie eingeleitet wird. Die Continuitat der Warmewirkung ist aber fur die Erhaltung des stationaren Zustandes ebensogut Bedingung, wie die Continuitat des Liclit- reizes zur Erhaltung der heliotropischen Krummung. Wie diese, so lange Bewegungsfahigkeit zu Gebote steht, mit sinkendem Lichtreiz abnimmt oder schwindet, so vermindert sich mit sinkender Temperatur die von dieser abhangige Thatigkeit. Eine durch eine Yeriinderung angezeigte Reizreaction wird sachge- mass nur beim Uebergang von der einen zu der anderen Gleichgewichts- lage bemerklich. In einem Reizzustand aber befindet sich der Organismus auch in stationarem Gleichgewicht, und ein entsprechender Reizzustand durch Temperatur (oder durch andere Agentien) ist demgemass eine der formalen Bedingungen fur die vitale Thatigkeit. Wenn diese correcte Betrachtung, der wir schon bei Johannes Mulier 2 ) begegnen, in der 1) Zwischen beiden Typen giebt es iibrigens Bindeglieder. 2) lliiller, Haudbueb d. Physiolog. d. Menschen 1844, 4. Aufl., p. 28. 4